The Cover Image

Reclams
Lateinisches Zitaten-Lexikon


Von
Muriel Kasper

Reclam

Für Raban und Maura

 

2014 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

Covergestaltung: Stefan Schmid Design, Stuttgart

Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen

Made in Germany 2017

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN: 978-3-15-960488-6

ISBN der Buchausgabe: 978-3-15-019196-5

www.reclam.de

Einleitung

So ein paar grundgelehrte Zitate zieren den ganzen Menschen.

Heinrich Heine, Reisebilder, Zweiter Teil   

Es mag seltsam anmuten, daß eine Sammlung lateinischer Zitate mit einem Spruch eines deutschen Dichters beginnen soll – zumal einem so ironischen. Kaum ein anderes Zitat jedoch gibt die Zwiespältigkeit eines solchen Unterfangens in der heutigen Zeit so treffend wieder.

   Auch wenn im Internet Kommunikationen in lateinischer Sprache stattfinden, so ist generell eher eine rückläufige Tendenz in der ernsthaften Auseinandersetzung mit der Sprache und Kultur Roms zu verzeichnen – eine Tendenz, die bei der zunehmenden Relevanz anderer Wissensbereiche verständlich ist, die Liebhaber der Reichtümer jener Kultur jedoch eine enorme geistige Verarmung der kommenden Zeiten voraussehen läßt.

   Dieser Tendenz steht die oft mißbrauchte Aura der Gelehrsamkeit gegenüber, die in den Augen vieler die lateinische Sprache auch heute noch umgibt: Manch einer bedient sich solcher Zitate, um mit ein paar souverän dahergesagten lateinischen Worten seine vermeintlich »tiefe Gelahrtheit anzubringen« (wieder Heine, siehe oben). »Delirant, isti Romani!« – »Die spinnen, die Römer!« mag sich da der mit unverständlichem Latein bombardierte Gesprächspartner sagen.

   Sowohl dem Verschwinden einer ganzen Kultur als auch dem seichten, allein auf Prestige bedachten Wissen möchte dieses Büchlein entgegenwirken. Es soll Neugierde wecken, zu weiterer Lektüre anregen und vor allem die Bedürfnisse der Benutzer erfüllen, die ein bestimmtes Zitat suchen: durch knappe, exakte Hinweise auf den genauen Wortlaut eines Zitats, dessen Fundort und, wenn nötig, durch Erläuterungen zum literarischen Kontext und kulturellen Hintergrund. Leser, die mit der Sprache Roms bislang keinen Kontakt hatten, sind hier ebenso angesprochen wie Kenner der lateinischen Literatur, da neben den Informationen zur Situierung der Zitate häufig Parallelstellen aufgeführt werden. Die streng alphabetische Anordnung der Einträge erlaubt es, auch ohne Kenntnis des Lateinischen ein im Wortlaut vorliegendes Zitat ausfindig zu machen. Wer lediglich rudimentäre Sprachkenntnisse besitzt, dem soll durch die textnahen (für deutsche Ohren daher bisweilen vielleicht etwas widerspenstigen) Übersetzungen der lateinischen Originale wieder auf die Sprünge geholfen und das Zitat so auch sprachlich nähergebracht werden. Die »Holprigkeit« mancher Übersetzung wird, wo dies möglich ist, durch analoge sprichwörtliche Wendungen des Deutschen wettgemacht, die in vielen Fällen Karl Simrocks Sammlung deutscher Sprichwörter entnommen sind. Bei der Suche nach dem Ausspruch eines bestimmten Urhebers leistet ein Quellenregister, das bei den wichtigsten Schriftstellern nach Einzelwerken oder Werkgruppen aufgegliedert ist, eine Hilfestellung. Lesern, die ein Zitat für einen bestimmten Anlaß suchen oder sich nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern, mag ein knappes Schlagwortregister dienlich sein.

   Die ausgewählten Zitate beschränken sich nicht auf antike Quellen, sondern illustrieren das Fortleben der lateinischen Sprache über das Mittelalter hinaus bis in die Neuzeit: Queen Elizabeth II. hat mit ihrem Ausspruch aus dem Jahre 1992 hier in zeitlicher Hinsicht das letzte Wort. Außer literarischen Zitaten fanden auch zahlreiche Wendungen aus dem kirchlichen und juristischen Bereich sowie aus Studentenliedern neben Aussprüchen historischer Persönlichkeiten Eingang. Frappant ist bereits nach kurzem Schmökern die gedankliche Nähe vieler Zitate zu heutigen Lebenssituationen; häufig zeigt sich auch eine Parallelität zu den sprachlichen Motiven des Deutschen (z. B. »Una hirundo non facit ver« – »Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling«). Befremdlich hingegen sind etwa die zahlreichen misogynen Einträge, die, auch wenn bereits das Zeitalter der ›political correctness‹ eingeläutet wurde, hier aus zwei Gründen nicht fehlen sollen: Zum einen wäre die Sammlung ohne sie nicht vollständig und würde das Bild des überlieferten Gedankenguts verfälschen. Zum andern bieten Hintergrundinformationen zu solchen Zitaten mitunter die Mittel, ewig Gestrige zu entwaffnen, wurden doch manche Aussprüche erst im Laufe ihres Gebrauchs frauenfeindlich gedeutet, während sie im Kontext des Originals anders intendiert waren.

 

   Um einen effektiven Gebrauch dieses Buchs zu gewährleisten, sind noch einige Hinweise vonnöten:

   Wie erwähnt, sind die Zitate streng alphabetisch geordnet. Bei Prosa-Zitaten können einleitende Partikel (z. B. »et«, »nam«) wegfallen, auch wenn sie dem Original voranstehen. Ausschlaggebend für eine solche Auslassung ist die jeweils gängige Zitierweise – ein Vorgehen, das sicherlich anfechtbar ist. Verse hingegen werden unter Beachtung der Satzgrenzen vollständig zitiert. Sind Aussprüche in mehreren Formen überliefert, so wird dies durch Verweise vermerkt (siehe z. B. »›disiecti membra poetae‹, häufig zitiert als ›disiecta membra poetae‹«).

   Bei den Quellenangaben wurde stets versucht, einen wörtlichen Beleg für die überlieferte Wendung zu finden, was nicht immer möglich war. Ist der Eintrag gegenüber dem Original nur geringfügig syntaktisch verändert, so wird dies durch Zufügung von »nach« (z. B. »nach Cicero«) verdeutlicht. Eine Ausnahme bilden allerdings vollständige Sätze, die im Original in eine längere Periode eingebettet sind; sie werden als in sich geschlossene Sätze zitiert. Sind Zitat und Quelle nur inhaltlich miteinander verwandt, wird der Fundort mit »vgl.« eingeleitet. Wendungen, die bereits in der Antike als sprichwörtlich galten, werden als solche gekennzeichnet. Ein besonderes Anliegen dieses Büchleins liegt darin, möglichst die jeweils älteste Quelle anzugeben; darauf folgen bei besonders bekannten Zitaten in chronologischer Reihenfolge, wenn diese feststellbar ist, Beispiele für eine Wiederaufnahme oder Weiterentwicklung des jeweiligen Zitats. Sie stellen jedoch nur eine geringe Auswahl dar, da der Rahmen dieses Buches es nicht erlaubt, die komplette Geschichte eines Motivs oder Gedankengangs vorzulegen. So wird man vergeblich nach Verweisen auf die Verwendung der Zitate in den einzelnen Nationalliteraturen suchen.

   Schlecht überlieferte Textstellen sowie versus suspecti werden nicht als solche markiert, sofern sie in den geläufigen Textausgaben enthalten sind. Generell richten sich die Stellenangaben nach den Zählungen der Standardausgaben (vornehmlich Teubner, Oxford University Press und Loeb). Dies gilt auch für Fragmentsammlungen; da hier die Zählungen stark divergieren, findet der jeweils konsultierte Editor Erwähnung. In den seltenen Fällen auffälliger Archaismen wurden Zitate orthographisch vereinheitlicht; die Interpunktion geht einen Mittelweg zwischen syntaktischer und semantischer Motivation, ähnlich den Gepflogenheiten englischsprachiger Editoren. Bei Bibelstellen folgt die Zählung der Vulgata.

   Für zahlreiche lateinische Zitate ließen sich griechische Quellen angeben. Hier sollen sich jedoch die Angaben auf Fälle beschränken, in denen das Lateinische eine mehr oder weniger wörtliche Übersetzung einer griechischen Textstelle darstellt, der lateinische Autor selbst auf eine griechische Fassung verweist oder die griechische Urheberschaft so offensichtlich ist, daß sie nicht unerwähnt bleiben durfte. Die Titel der griechischen Werke sind in deutscher oder lateinischer Sprache angegeben, die Namen der Autoren nach der jeweils geläufigen Form standardisiert.

 

   Nun wird sich der Leser fragen, nach welchen Kriterien hier entschieden wurde, was ein Zitat sei und in welcher Form es aufgenommen werde, vielmehr noch: wieso überhaupt ein neues Zitatenlexikon einer toten oder zumindest für tot erklärten Sprache publiziert werden müsse.

   Zunächst zur Auswahl: Das vorliegende Büchlein ist natürlich den Sammlungen verpflichtet, die im Anschluß an dieses Vorwort aufgelistet werden. Die Überlegung, daß manche Zitate nur noch als solche gelten, weil ein Lexikon-Verfasser sie vom vorausgehenden übernahm, verwehrte jedoch einigen Zitaten die Aufnahme. Statt dessen avancierte der tatsächliche Gebrauch der Wendungen zum ausschlaggebenden Kriterium – mit der Einschränkung, daß in Zweifelsfällen auch persönliche Vorlieben zum Tragen kamen. Andere Eintragungen beruhen auf der eigenen Sammlung häufig zitierter Wendungen. Der Wortlaut richtet sich generell nach dem Original; wenn Original und zitierte Version stark voneinander abweichen, wird dies erwähnt.

   Keine Berücksichtigung fanden sprichwörtliche Wendungen, die nicht auf eine konkrete Quelle zurückgehen, Floskeln und Versatzstücke, die gelegentlich in Fremdwörterlexika und recht umfassend bei Bartels erläutert werden. Nach »De gustibus non est disputandum« etwa wird man vergeblich suchen. Nur in seltenen Fällen wird mit dem Kürzel »HW« auf Hans Walthers Proverbia sententiaeque Latinitatis medii aevi verwiesen. »HWS« bezeichnet die Weiterbearbeitung durch Schmidt. Aussagen historischer Persönlichkeiten entbehren gelegentlich einer konkreten Quelle. Wenn sie jedoch in mehreren Geschichtswerken belegt werden, fehlen sie auch in diesem Buch nicht. Amüsanten Maccaroni-Sprüchen, Hybriden aus lateinischen und deutschen Wörtern, wie Zoozmann sie bisweilen darbietet, wurde hier keine Aufmerksamkeit zuteil.

   Doch wozu ein weiteres lateinisches Zitatenlexikon? Zugegeben: Die Zahl der erst in den letzten Jahren in lateinischer Sprache geäußerten Worte, denen Flügel verliehen wurden, ist beklagenswert gering. Von der Aufnahme aktuell hinzugekommener Zitate kann also nur in wenigen Fällen die Rede sein. Verbesserungsbedürftig schien in den meisten bisherigen Werken jedoch vor allem die Quellenforschung: Bisweilen werden die Quellen nur vage angegeben oder fehlen gänzlich, obwohl sie eindeutig zu lokalisieren sind; nicht selten finden sich leider auch falsche Angaben. Auch das vorliegende Büchlein stellt in dieser Hinsicht nur einen kleinen Fortschritt dar, keineswegs eine endgültige Erkenntnis. Daneben wurde im Vergleich zu einigen Vorgängern vermieden, Zitate nach Vertauschung der Wortreihenfolge mehrfach unter verschiedenen Buchstaben des Alphabets erscheinen zu lassen, da dies den Eindruck von der Größe des überlieferten Zitatenschatzes fälscht und denjenigen, der mehrere Buchstaben hintereinander liest, verwirrt. Neu ist in dieser Sammlung vor allem die kompakte Form, sowohl was das Format betrifft als auch in Hinblick auf die Länge der Erklärungen, ohne daß dadurch die Zahl der Einträge oder die Verständlichkeit beeinträchtigt würde. Sicherlich wird ein jeder Leser einige Zitate vermissen oder auch zur einen oder anderen Quelle eine Ergänzung bieten können; entsprechende Hinweise nehme ich dankbar entgegen.

 

   Nach diesen spröden Präliminarien ist es mir eine Freude, Dr. Thorsten Fögen und Dr. Antje Schäfer meinen Dank für ihre zahlreichen Hinweise und Ratschläge während der gesamten Arbeitsphase auszusprechen. Mein besonderer Dank gilt ebenso Daniela Bästlein, Tanja Diemer-Benedict und Dr. Christoph Benedict, Dr. Sigrid Eckart, Dr. Dr. Sotera Fornaro, Dr. Wilfried Henning, Dr. Stephan Kriesel, Matthias Müller, Dr. Eleonore Pieh, Kerstin Stange, Dr. Thorsten Umland, Prof. Dr. Hans-Joachim Zimmermann und meinen Lehrern in Würzburg und in Heidelberg. Daneben soll die Bibliothek des Instituts für Klassische Philologie der Universität Heidelberg nicht unerwähnt bleiben; ohne die dortigen hervorragenden Arbeitsbedingungen wäre dieses Werk wesentlich erschwert worden.

 

   Nun bleibt nur noch der Wunsch an den Leser, diese Sammlung möge ihm Freude bereiten und ihn weniger zu unreflektiertem Zitieren lateinischer Worte als vielmehr zu eigenen Gedanken inspirieren, denn:

   Nemo gloriari nisi suo debet.

   Niemand soll sich einer Sache rühmen außer der eigenen.

   Seneca, Epistulae morales 41,7.

 

Anmerkung zur vierten Auflage

An dieser Stelle möchte ich den zahlreichen Lesern danken, die durch ihre Hinweise wesentlich zur Verbesserung der vorhergehenden Auflagen beigetragen haben, besonders Bert Füssenich, Prof. Dr. Mathias Schmoeckel, Andrea-Eva Smolka, Prof. Dr. Rodney Thomson, Prof. Dr. Andrew Watson und Friedemann Weitz.

M. K.   

Benutzte und zitierte Literatur

Bartels, Klaus: Veni, Vidi, Vici. Geflügelte Worte aus dem Griechischen und Lateinischen. Zürich/München 21992.

Bayer, Karl: Expressis verbis. Zürich/München 1996.

– Nota bene! Das lateinische Zitatenlexikon. Zürich/München 31999.

Büchmann, Georg: Geflügelte Worte. Der Zitatenschatz des deutschen Volkes. Berlin / Frankfurt a. M. / Wien 411998.

Bury, Ernst: In medias res. Lexikon lateinischer Zitate und Wendungen. Berlin 1999. (Digitale Bibliothek. 27.)

Cato, Otto: Lateinische Zitate, Kernsprüche und Redensarten. Hildesheim 1981. Neu bearb. von Hugo Birnbaum. Ebd. 51991.

Duden. Bd. 12: Zitate und Aussprüche. Bearb. von Werner Scholze-Stubenrecht [u. a.]. Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1993.

Eichholz, Karl: Lateinische Citate mit deutscher Übersetzung. Lateinische Sprüche, Wörter und Sprüchwörter. Hamburg 21900.

Finzi, Giuseppe: Dizionario di Citazioni Latine ed Italiane. Palermo 21979.

Helfer, Christian: Crater Dictorum. Saarbrücken 21995.

Kudla, Hubertus: Lexikon der lateinischen Zitate. München 1999.

Liebs, Detlef: Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter. München 61998.

Otto, August/Häussler, Reinhard: Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer. Leipzig 1890. Nachdr. Hildesheim 1988.

Reichert, Heinrich: Unvergängliche lateinische Spruchweisheit. Hamburg 81997.

Sellner, Alfred: Latein im Alltag. Wiesbaden 261998.

Sepp, Bernhard: Varia. Eine Sammlung von lateinischen und deutschen Versen, Sprüchen und Redensarten. Augsburg 81894.

Simrock, Karl: Die deutschen Sprichwörter. Frankfurt a. M. 1846. Neuausg. Stuttgart 1988. 1995.

Tosi, Renzo: Dizionario delle sentenze Latine e Greche. Mailand 111996.

Walther, Hans: Carmina medii aevi posterioris Latina. Bd. 2: Proverbia sententiaeque Latinitatis medii aevi. Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters in alphabetischer Anordnung. Ges. und hrsg. von Hans Walther. 5 Tle. Göttingen 1963–67. [Zit. als: HW.]
Bd. 2. N. F.: Proverbia sententiaeque Latinitatis medii aevi ac recentioris aevi. Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters und der frühen Neuzeit in alphabetischer Anordnung. Aus dem Nachlaß von Hans Walther hrsg. von Paul G. Schmidt. 3 Tle. Ebd. 1982–86. [Zit. als: HWS.]

Werner, Jakob / Flury, Peter: Lateinische Sprichwörter und Sinnsprüche des Mittelalters. Heidelberg 21966.

Zoozmann, Richard: Zitaten- und Sentenzenschatz der Weltliteratur. Überarb. von Otto A. Kielmeyer. Reinbek b. Hamburg 1997.

A

ab alio amentatas hastas torquere

Speere verschießen, die ein anderer mit Schwungriemen versehen hat

(d. h.: sich auf eine Autorität berufen; vgl.: Büchsenspanner)

Nach Cicero, De oratore 1,242. Vgl. hastas iacere …

Ab alio exspectes, alteri quod feceris.

Erwarte vom anderen, was du (selbst) ihm getan.

Publilius Syrus, Sententiae A 2; ebenso Seneca (Epistulae morales 94,43), der den Spruch als bekannte Regel bezeichnet. Vgl. Fragment Fab. pall. ex inc. inc. fab. 82 Ribbeck; Matthäus 7,12, und Lukas 6,31. Vgl. Ne quid exspectes …

Abducet praedam, qui occurrit prior.

Die Beute wird mit sich fortführen, wer sich als erster auf sie stürzt.

(Vgl.: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.)

Nach Plautus, Pseudolus 1198 f.

Ab hac regula mihi non licet transversum digitum discedere.

Von dieser Richtschnur darf ich keinen Finger breit abweichen.

Nach Cicero (Academici libri priores 2,58), der die Wendung bereits als Sprichwort bezeichnet.

ab hoc et ab hac et ab illa

von diesem und von dieser und von jener

Epigramm von Friedrich Taubmann, Taubmanniana, Abt. 4. Angesichts schwatzender Waschfrauen verkündet er: »Quando conveniunt ancilla, Sibilla, Camilla sermonem faciunt, & ab hoc, & ab hac, & ab illa.« (»Wenn die Magd, Sibilla und Camilla zusammenkommen, schwätzen sie von diesem und von dieser und von jener.«)

Abi atque abstine manum!

Geh weg und nimm deine Hand weg!

Plautus, Casina 229; vgl. Terenz, Adelphoe 781.

ab igne ignem

vom Feuer Feuer

Cicero, De officiis 1,52. – Es galt als Pflicht, jedem Bedürftigen Feuer vom eigenen Herd zu gewähren.

Abi in malam crucem!

Geh zur Kreuzigung!

(Vgl.: Geh zum Henker!)

Nach Plautus, Mostellaria 850; vgl. Poenulus 295; Terenz, Andria 317.

Abiit, excessit, evasit, erupit.

Er ging weg, entschwand, entkam, stürzte davon.

Cicero (In L. Catilinam 2,1) über Catilina.

ab imis unguibus usque ad verticem summum

von den Zehen bis oben zum Scheitel

(vgl.: vom Scheitel bis zur Sohle)

Cicero, Pro Q. Roscio comoedo 20; vgl. Petron, Satyrica 102,13: »a capillis usque ad ungues« (»von den Haaren bis zu den Zehen«) und Apuleius, Metamorphoses 3,21.

ab imo pectore

aus tiefster Brust

Nach (z. B.) Lukrez, De rerum natura 3,57; Catull, Carmina 64,198; Vergil, Aeneis 1,371 und 1,485; Ovid, Metamorphoses 2655 f.

Ab initio nullum semper nullum.

Anfangs nichtig, immer nichtig.

Vgl. Digesta 50,17,29.

Ab Iove principium, musae: Iovis omnia plena.

Von Jupiter her (nehmet) den Anfang, Musen: Alles ist von Jupiter erfüllt.

Vergil, Bucolica 3,60; vgl. auch Aeneis 7,219.

A bove maiore discat arare minor.

Vom größeren Ochsen lerne der kleinere pflügen.

(Vgl.: Wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen.)

HW: 04.

ab ovo

vom Ei an

Horaz (Ars poetica 147) spielt hier auf das Zwillingsei der Leda an, aus dem Helena geschlüpft war. Er lobt Homer, da er den Trojanischen Krieg eben nicht mit der Geburt Helenas, sondern »in medias res« (148), d. h. mitten im Geschehen begonnen habe.

ab ovo / usque ad mala

vom Ei bis zu den Äpfeln

(d. h.: vom Anfang bis zum Ende)

Horaz, Sermones 1,3,6 f. – Das römische Mahl wurde häufig mit einem Ei begonnen und mit einem Apfel beendet. Vgl. ab ovo.

Absens heres non erit.

Wer nicht zur Stelle ist, wird nicht erben.

HWS: 34367.

absentem qui rodit amicum

wer einen abwesenden Freund herabsetzt

Horaz, Sermones, 1,4,81.

Absit invidia verbo!

Mißgunst sei dem Worte fern!

(D. h.: mit Verlaub, mit Respekt)

Livius, Ab urbe condita 9,19,15; vgl. 36,7,7. Oft auch zitiert als: »Absit invidia dicto.« (»Mißgunst sei dem Gesagten fern.«)

Absoluta sententia expositore non indiget.

Vollkommene Worte bedürfen keines Interpreten.

Vgl. Digesta 32,25,1.

ab urbe condita (a.u.c.)

seit Gründung der Stadt (d. h.: Roms)

Varro (De gente populi Romani) hatte das Jahr 753 als Zeitpunkt der Gründung Roms errechnet. Livius benannte seine 142 Bücher umfassende Geschichte Roms bzw. des Römischen Reiches entsprechend Ab urbe condita.

Abusus non tollit usum.

Mißbrauch hebt ein Gebrauchsrecht nicht auf.

Vgl. Cicero, Topica 17.

A cane non magno saepe tenetur aper.

Ein kleiner Hund fängt oft einen wilden Eber.

Ovid, Remedia amoris 422.

a capillis usque ad ungues siehe ab imis unguibus …

accepto damno ianuam claudere

die Türe schließen, nachdem Schaden erlitten wurde

(vgl.: … wenn das Kind bereits im Brunnen liegt)

HWS: 34389.

Accidit in puncto, quod non speratur in anno.

Es ereignet sich in einem Augenblick, was man sich in einem ganzen Jahr nicht erhofft.

(Vgl.: Im Augenblick kann sich begeben, was man nie gedacht im Leben.)

Laut Julius Wilhelm Zincgref (Teutscher Nation Apophthegmata 1, S. 78) pflegte Kaiser Ferdinand I. diese Worte zu äußern, »wann etwas unversehens zugieng«. Vgl. HW: 242.

Accipe quam primum; brevis est occasio lucri!

Greif schleunigst zu; kurz nur bietet sich die Gelegenheit, zu Geld zu kommen.

Martial, Epigrammata 8,9,3.

Accipere quam facere praestat iniuriam.

Unrecht erleiden ist besser als Unrecht tun.

Cicero, Tusculanae disputationes 5,56. Vgl. Patiare potius …

accipitri columbas credere

einem Habicht Tauben anvertrauen

(vgl.: den Bock zum Gärtner machen)

Nach Ovid, Ars amatoria 2,363.

Accusare nemo se debet nisi coram deo.

Niemand muß sich selbst bezichtigen – außer vor Gott.

Liebs A 15.

Acheronta movebo siehe Flectere si nequeo superos …

Acheruntis pabulum

Futter für den Acheron

Plautus, Casina 157. – Der Acheron ist einer der vier Ströme der Unterwelt.

A Corydon, Corydon, quae te dementia cepit!

Ach Corydon, Corydon, welch Wahnsinn hat dich ergriffen!

Vergil, Bucolica 2,69.

acta agere

Erledigtes erledigen

(vgl.: leeres Stroh dreschen)

Nach (z. B.) Plautus, Cistellaria 703 und Pseudolus 260, sowie Terenz, Phormio 419, der die Wendung bereits als geläufig bezeichnet. Vgl. Cicero, De amicitia 85 und Ad Atticum 9,18,3.

actus fidei

Glaubensakt

Die Quelle dieses Ausdrucks ist unbekannt. Er wurde im Portugiesischen zu auto da fé, womit die Urteilsverkündigung und -vollstreckung der spanischen und portugiesischen Ketzergerichte bezeichnet wurde.

Acu tetigisti siehe Tetigisti acu

ad absurdum

bis zur Sinnwidrigkeit

Die Wendung ist so in der Antike nicht belegt. Vgl. z. B. Cicero, Tusculanae disputationes 1,61: »Absurdum id quidem.« (»Das ist Unsinn.«)

adamanta movere

Stahl (d. h.: ein hartes Herz) bewegen

Nach Ovid, Amores 3,7,57 f. und Ars amatoria 1,659.

ad bestias

zu den wilden Tieren

(d. h.: zum Kampf mit wilden Tieren verurteilt werden)

(z. B.) Digesta 28,1,8,4.

Adde fidem dictis auxiliumque refer!

Halte dein Versprechen und erwidere die Hilfeleistung!

Ovid, Heroides 12,194.

Adde, quod insidiae sacris a vatibus absunt.

Dazu kommt, daß den heiligen Dichtern Hinterhältigkeit fernliegt.

Ovid, Ars amatoria 3,539.

Additus ab insolente Gallo ponderi gladius.

Vom dreisten Gallier wurde zum Gewicht ein Schwert hinzugelegt.

Livius, Ab urbe condita 5,48,9. – Im Jahre 390 v. Chr. warf der Senonenfürst Brennus nach der Einnahme des Kapitols beim Abwiegen des Lösegelds aus Überheblichkeit sein Schwert auf die Waagschale und tat den berühmten Ausspruch: Vae victis! (»Wehe den Besiegten!«).

adhuc flagranti crimine

bei noch brennendem Verbrechen

(d. h.: auf frischer Tat)

Nach Codex Iustinianus 9,13,1,1. – Die Wendung wurde später abgekürzt zu in flagranti (›auf frischer Tat‹).

Adhuc sub iudice lis est siehe Grammatici certant …

Adhuc tua messis in herba est siehe Sed nimium …

Ad impossibilia nemo obligatur siehe Impossibilium nulla obligatio est

ad incitas redigere

in höchste Verlegenheit bringen

Nach Plautus, Poenulus 907. – Zu ergänzen ist calces (›Spielsteine‹), so daß die Wendung wörtlich bedeutet ›die Spielsteine unbeweglich machen‹, d. h. jemanden schachmatt setzen.

ad infinitum usque

weiter bis ins Unendliche

(z. B.) Quintilian, Institutio oratoria 11,2,41.

Ad ingenium redis.

Du kehrst zu deiner Veranlagung zurück.

(D. h.: Du wirst wieder du selbst.)

Terenz, Hecyra 113.

Aditum nocendi perfido praestat fides.

Redlichkeit ermöglicht einem Treulosen Zugang zu schädlichem Handeln.

Seneca, Oedipus 686. – Jemand, der sich durch vermeintliche Redlichkeit Vertrauen erheischt hat, kann, dieses Vertrauen ausnutzend, um so größeren Schaden anrichten.

Adiuvat in bello pacatae ramus olivae.

Im Krieg ist der Zweig des friedlichen Ölbaumes von Nutzen.

Der in der Verbannung befindliche Ovid (Epistulae ex Ponto 1,1,31) erwähnt den Friedenskaiser Augustus in seinen Gedichten und erhofft sich dadurch eine Verbesserung seiner Situation.

Adiuvat in duris aliquos praesentia rebus.

Im Unheil nützt manchen persönliches Erscheinen.

Ovid, Epistulae ex Ponto 2,7,53.

ad Kalendas Graecas (soluturi)

an den griechischen Kalenden (werden sie bezahlen)

Nach Sueton (Vita divi Augusti 87,1) war dies eine Redewendung des Kaisers Augustus. – Im römischen Kalender bezeichnete man den Monatsersten als ›Kalenden‹. Die Griechen hingegen zählten die Tage des Monats ohne besondere Bezeichnung und hatten folglich keine Kalenden. So ist die Wendung also vergleichbar mit dem deutschen »Sankt Nimmerleinstag«.

Ad maiorem Dei gloriam (vicit pietas).

Zum größeren Ruhme Gottes (siegte die Frömmigkeit).

Papst Gregor I., Dialogi 1,2,6. – Die Wendung wurde durch Ignatius von Loyola zum Wahlspruch des 1534 gegründeten Jesuitenordens.

Ad medicam dubius confugit aeger opem.

Wer bedenklich krank ist, sucht ärztlichen Beistand.

Ovid (Epistulae ex Ponto 3,4,8) bittet seinen Freund Rufinus, seine Dichtung wohlwollend aufzunehmen: So wie ein Kranker einen Arzt, so brauche er, der durch die Verbannung geschwächte Dichter, einen geneigten Leser. Vgl. Parcendum est animo …

admodum tenui filo suspensum esse

an einem ziemlich dünnen Faden hängen

(vgl.: an einem seidenen Faden hängen)

Nach Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 6,4,1.

ad nauseam usque

bis zum Erbrechen, bis zum Überdruß

HWS: 34444a.

Adnuit et totum nutu tremefecit Olympum.

(Jupiter) nickte gewährend und ließ durch sein Nicken den ganzen Olymp erbeben.

Vergil, Aeneis 9,106.

Ad nummum convenit.

Es stimmt auf den Pfennig.

Cicero, Ad Atticum 5,21,12.

ad oculos

vor Augen

Cicero, Partitiones oratoriae 20. – »ad oculos demonstrieren« bedeutet ›jemandem etwas vor Augen führen‹.

Adolescentia deferbuit.

Die Jugend hat sich ausgetobt.

Nach Cicero, Pro M. Caelio 43.

Ad omnia alia aetate sapimus rectius.

In allen anderen Angelegenheiten werden wir mit dem Alter weiser.

Terenz, Adelphoe 832 ff.: »Ad omnia alia aetate sapimus rectius. / Solum unum hoc vitium adfert senectus hominibus: / adtentiores sumus ad rem omnes quam sat est: / quod illos sat aetas acuet.« (»In allen anderen Angelegenheiten werden wir mit dem Alter weiser. Nur dieses eine Laster bringt das Alter den Menschen: Wir streben alle über die Gebühr nach Besitz: Diesbezüglich wird das Alter jene genügend anspornen.«)

Adora, quod incendisti!

Bete an, was du eingeäschert hast.

Nach Gregor von Tours (Historia Francorum 2,31) war der Hl. Remigius, Bischof von Reims, von Clodovechs Frau zur Taufe ihres Mannes gerufen worden. Während der Zeremonie soll er folgende Worte gesprochen haben: »Mitis depone colla, Sigamber; adora, quod incendisti, incende, quod adorasti.« (»Beuge gelassen deinen Nacken, Sicamber; bete an, was du verbrannt hast, verbrenne, was du angebetet hast.«)

Ad praesens ova cras pullis sunt meliora.

Heute Eier (zu haben) ist besser als morgen Hennen.

(Vgl.: Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach.)

Rabelais, Gargantua et Pantagruel 3,42.

Ad summam laetitiam cumulus accedit.

(Dies) kommt als Gipfel zur übergroßen Freude (noch) hinzu.

Nach Cicero, Ad Atticum 4,21.

ad usum Delphini

für den Gebrauch des Dauphin

Dauphin war seit dem 12. Jahrhundert der Beiname der Grafen von Albon, dann Titel der Grafen von Vienne. Ihr Land, die Dauphiné, eine historische Provinz im Südosten Frankreichs, fiel 1349 an die französische Krone. Es wurde dem jeweiligen Thronfolger, von nun an auch Dauphin genannt, als Apanage bestimmt. – König Ludwig XIV. hatte Jacques Bossuet und Pierre Daniel Huet damit beauftragt, für seinen Sohn, den Dauphin, eine von anstößigen Stellen gereinigte Lektüre klassischer Werke zu erstellen. Heute wird diese Bezeichnung auch ironisch für zensierte oder für den Schulgebrauch zurechtgemachte Textausgaben verwendet.

Adversae res admonent religionum.

Unglück erinnert an die Religion.

(Vgl.: Not lehrt beten.)

Nach Livius, Ab urbe condita 5,51,9.

adverso flumine

gegen den Strom

(z. B.) Caesar, De bello Gallico 7,60,3; 7,61,3 und De bello civili 3,30,4. – Die Wendung ist bei Caesar wörtlich gemeint. Später erst wurden ähnliche Wendungen bildlich gebraucht, z. B. bei Juvenal, Saturae 4,89 f.

adversum stimulum calces (iactare)

wider den Stachel löcken

(d. h.: vergeblich Widerstand leisten)

Terenz, Phormio 78; vgl. Apostelgeschichte 26,14. – Dieses Bild findet sich bereits in der griechischen Literatur bei Aischylos (Agamemnon 1624) und Euripides (Die Bacchantinnen 795).

Adversus necessitatem ne dii quidem resistunt.

Gegen (den Zwang der) Notwendigkeit leisten nicht einmal die Götter Widerstand.

Nach Livius, Ab urbe condita 9,4,16.

advocatus diaboli

Anwalt des Teufels

Volkstümliche Bezeichnung des amtlichen Vertreters der Gegenargumente bei Selig- und Heiligsprechungsprozessen (auch promotor fidei ›Förderer des Glaubens‹), dessen Widersacher der advocatus Dei ›der Anwalt Gottes‹ oder auch postulator ›Forderer (der Heiligsprechung)‹ war.

Aegroto dum anima est, spes est.

Solange einem Kranken Atem innewohnt, gibt es noch Hoffnung.

Cicero (Ad Atticum 9,11,3) erwähnt dieses Sprichwort, um seine eigene Situation zu schildern: Solange Pompeius noch in Italien war, hegte Cicero die Hoffnung, daß ein Bürgerkrieg noch zu vermeiden sei. Vgl. Dum spiro, spero.

A.E.I.O.U.

(En!) Amor Electis Iniuriis Ordinat Ultor. (Sic Fredericus ego rex mea iura rego.)

(Siehe!) Liebe, Rächer des Unrechts, waltet über den Auserwählten. (So führe ich, König Friedrich, mein Recht aus.)

Der Legende zufolge soll Friedrich der Schöne (Friedrich III.) diese Auslegung der Abkürzung an einem Schrank angebracht haben, nachdem ein Widersacher die Abkürzung an die Burgwand geschrieben und ihre Bedeutung als »Aller erst ist Österreich Verderben« erklärt hatte. (Die Buchstaben ›U‹ und ›V‹ wurden gleich geschrieben.) In einer anderen Version wird das Akronym mit Albrecht III. in Verbindung gebracht:

Albertus Electus Imperator Optamus Vivat – Der zum Kaiser gewählte Albrecht lebe hoch.

Weitere Auslegungen sind:

Archidux Electus Imperator Optime Vivat – Der zum Kaiser gewählte Erzherzog lebe bestens hoch.

Austriae Est Imperare Orbi Universi – Es ist Aufgabe Österreichs, den ganzen Erdkreis zu beherrschen.

Austria Erit In Orbe Ultima – Österreich wird bestehen bzw. sich ausdehnen bis ans Ende der Welt.

Austria Et Imperium Optima Unita – Österreich und das Reich sind bestens vereint.

Aller Ehren ist Österreich voll.

Alles Erdreich ist Österreich untertan.

Aequalitas non parit bellum.

Kräftegleichheit bringt keinen Krieg hervor.

HWS: 34523.

Aequam memento rebus in arduis / servare mentem.

Denke daran, in widrigen Zeiten ein ruhiges Herz zu bewahren.

Horaz (Carmina 2,3,1 ff.) warnt in epikureischer Gesinnung ebenso vor übermäßiger Freude, die die Seelenruhe stören könnte: »… non secus in bonis / ab insolenti temperatam / laetitia, moriture Delli.« (»… und es [das Herz] in guten Zeiten ebenso von übermütiger Freude fernzuhalten, sterblicher Dellius.«)

Aequat omnis cinis.

Die Asche macht alle gleich.

(Vgl.: Der Tod macht alle gleich; er frißt Arm und Reich.)

Seneca, Epistulae morales 91,16.

Aequitas numquam contravenit legi.

Billigkeit läuft niemals dem Gesetz zuwider.

Liebs A 53.

Aequo animo audienda sunt imperitorum convicia.

Die Schmähungen der Einfältigen muß man sich mit Gleichmut anhören.

(Vgl.: Was von mir ein Esel spricht, das acht' ich nicht.)

Seneca, Epistulae morales 76,4.

Aequo animo poenam, qui meruere, ferant.

Wer die Strafe verdient hat, soll sie gleichmütig ertragen.

Nach Ovid, Amores 2,7,12.

Aequum atque iniquum regis imperium feras.

Ertrage den Befehl des Königs, ob gerecht oder ungerecht.

Seneca, Medea 195.

Aequum est / peccatis veniam poscentem reddere rursus.

Es ist billig, daß, wer um Nachsicht für Verfehlungen bittet, sie seinerseits gewährleistet.

Horaz, Sermones 1,3,74 f.

aere perennius siehe Exegi monumentum …

Aeris alieni comes miseria.

Elend ist der Begleiter von Schulden.

(Vgl.: Borgen macht Sorgen.)

Nach Plinius d. Ä. (Naturalis historia 7,119) ist dies einer der drei weisen Sprüche Chilons, die zu Delphi in Gold niedergeschrieben waren.

Aetas cinaedum celat, aetas indicat.

Die Zeit verhüllt einen Lüstling, die Zeit enthüllt ihn.

Publilius Syrus, Sententiae A 24.

Aetas volat.

Die Zeit fliegt dahin.

Nach Cicero, Tusculanae disputationes 1,76.

Aetate fruere! Mobili cursu fugit.

Genieße das Leben! In schnellem Lauf flieht es dahin.

Seneca, Phaedra 446.

Aethiopem lavare

einen Äthiopier waschen

(Vgl.: Einen Mohren kann man nicht weiß waschen. Und: Schwarz geboren hat's Waschen verloren.)

Jeremia 13,23; vgl. Hieronymus (In Sophoniam 2,12 und Adversus Rufinum 2,23), der ein ähnliches (judäisches) Sprichwort erwähnt. Wie aus Zenobius (Paroemiographi Graeci) 1,46 ersichtlich, geht die Wendung auf ein griechisches Sprichwort zurück (Aesop, Fabulae 274 Hausrath).

Affirmantis probatio.

Der Beweis (obliegt) dem, der eine Behauptung aufstellt.

Vgl. Digesta 22,3,2.

Afflavit deus, et dissipati sunt.

Gott blies, und sie wurden zersprengt.

Inschrift auf einer Gedenkmünze zur Erinnerung an den Untergang der spanischen Armada im Jahre 1588.

Age, libertate Decembri utere!

Wohlan, genieße die Dezemberfreiheit!

Nach Horaz, Sermones 2,7,4 f. – Im Dezember fanden die Saturnalien, eine Art Fastnacht, statt, während deren sich z. B. Sklaven als Herren aufführen durften. Vgl. Non semper Saturnalia erunt.

Agnosco veteris vestigia flammae.

Ich erkenne die Spuren der alten Flamme wieder.

Vergil, Aeneis 4,23. – Dido entdeckt im Gespräch mit Anna die Liebe zu ihrem verstorbenen Mann Sychaeus wieder.

Agunt opus suum fata.

Die Schicksalsgöttinnen sind am Werke.

Seneca, Ad Marciam de consolatione 21,6.

A Iove percussus non leve vulnus habet.

Wer von Jupiter getroffen ist, trägt keine leichte Wunde davon.

Ovid, Epistulae ex Ponto 1,7,50.

A lasso rixa quaeritur.

Wer müde ist, sucht Streit.

Der Spruch wird schon von Seneca (De ira 3,9,5) als altes Sprichwort bezeichnet.

albae gallinae filius

der Sohn einer weißen Henne

Nach Juvenal, Saturae 13,141. – Der Bezug dieser Wendung ist ungeklärt. Eventuell besteht eine Verbindung zu den seit Livia am Kaiserhof gehaltenen weißen Hühnern. Aus dem Kontext geht hervor, daß sich Calvinus für etwas Besonderes hält, womöglich wie sich ein kaiserliches weißes Huhn von der Schar gewöhnlicher Hühner abhebt.

Albus an ater sit, nescio.

Ob er weiß oder schwarz ist, weiß ich nicht.

(D. h.: Er ist mir gleichgültig.)

Nach Catull, Carmina 93,2.

Alea iacta est.

Der Würfel ist geworfen.

Laut Sueton (Vita divi Iulii 32) tat Caesar diesen Ausspruch (»iacta alea est« nach Menander, überliefert bei Athenaios 13,599e) im Jahre 49 v. Chr., als er den Rubicon überschritt und somit als Ausdruck seines Machtanspruchs gegenüber Rom trotz Verbots die Grenzen seines Amtsbereichs mit dem Heer verließ. Plutarch (Pompeius 60) zufolge bediente sich Caesar des griechischen Idioms, das den Imperativ (lat. esto) statt des Indikativs verwendet. Vgl. Caesar citra …

Aliam aetatem alia decent.

Für unterschiedliche Lebensalter ziemen sich jeweils andere Dinge.

(Vgl.: Alles zu seiner Zeit. Und: Andere Zeiten, andere Sitten.)

Nach Plautus, Mercator 984: »Itidem ut tempus anni, aetatem aliam aliud factum condecet.« (»Wie für unterschiedliche Jahreszeiten, so ziemt sich auch für unterschiedliche Lebensalter eine andere Handlungsweise.«)

Aliena nobis, nostra plus aliis placent.

Fremdes gefällt uns, Unseres mehr den anderen.

Publilius Syrus, Sententiae A 28. Vgl. Horaz, Epistulae 1,14,11: »Cui placet alterius, sua nimirum est odio sors.« (»Wem das Los eines anderen gefällt, dem ist das eigene natürlich verhaßt.«) Ähnlich Seneca, De ira 3,31,1.

Aliena vitia in oculis habemus, a tergo nostra sunt.

Die fremden Fehler haben wir vor Augen, die eigenen liegen hinter unserem Rücken.

(vgl.: den Balken im eigenen Auge nicht sehen)

Seneca, De ira 2,28,8; vgl. Matthäus 7,3 und Lukas 6,42.

alienis gloriari bonis

sich fremder Güter rühmen

(vgl.: sich mit fremden Federn schmücken)

Nach Phaedrus (Fabulae 1,3,1), der in Anlehnung an Äsop am Beispiel der Dohle, die sich mit Pfauenfedern schmückt, die Eitelkeit der Menschen aufzeigt. Vgl. Horaz, Epistulae 1,3,18 ff., und Hieronymus, Praefatio ad Paulinianum. Beide sprechen, ähnlich der deutschen Wendung, von fremden colores (›Farben‹, d. h. bunten Federn).

Alii sementem faciunt, alii metent.

Die einen säen, die anderen werden ernten.

HWS: 34620.

Aliis inserviendo consumor.

Im Dienst für andere verzehre ich mich.

(z. B.) Gabriel Rollenhagen, Nucleus Emblematum selectissimorum, Embleme 31. Er vergleicht einen Herrn, der sich um seine Untergebenen verdient macht, mit einer Kerze, die anderen Licht spendet und dabei selbst vergeht. Bismarck hat die Wendung in einem Brief vom 6. November 1852 an Leopold von Gerlach zu »Patriae inserviendo consumor« (»Im Dienst für das Vaterland verzehre ich mich«) umgemünzt.

Aliis leporem excitavi.

Für andere habe ich einen Rammler aufgescheucht.

Bei Petron (Satyrica 131,7) wird diese schlüpfrige Wendung als Sprichwort bezeichnet.

Aliis ne feceris, quod tibi fieri non vis.

Tu anderen nicht an, was du nicht erleiden willst.

(Vgl.: Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem andern zu.)

Nach Historia Augusta, »Vita Alexandri Severi« 51,8; vgl. Matthäus 7,12 und Lukas 6,31. Vgl. Quod tibi …

Aliis si licet , tibi non licet.

Auch wenn es anderen erlaubt sein mag: Dir ist es nicht erlaubt.

Terenz, Heauton timorumenos 797. Vgl. Quod licet Iovi …

a limine

von der Schwelle

Nach Catull, Carmina 68,4. – Der Dichter antwortet hier auf den Brief seines Freundes Allius, der ihn u. a. gebeten hatte, ihn »von der Schwelle des Todes zurückzuholen«. Heute wird die Wendung »einen Antrag a limine ablehnen« in der Bedeutung von ›einen Antrag gleich abweisen, ihn gar nicht erst behandeln‹ verwendet.

Aliud legunt pueri, aliud viri, aliud senes.

Anderes lesen sich Knaben, anderes Männer, anderes Greise heraus.

HW: 792a.

Aliud sceptrum, aliud plectrum.

Das Szepter ist eine Sache, die Laute eine andere.

(D. h.: Jeder versteht sich auf etwas anderes.)

HW: 792b.

alius et idem

anders und doch derselbe

Nach Horaz, Carmen saeculare 10.

Alter alterius auxilio eget.

Der eine bedarf der Hilfe des anderen.

Nach Sallust, Bellum Catilinarium 1,7.

alter ego siehe Amicus est tamquam alter ego

Alter frenis eget, alter calcaribus.

Der eine bedarf der Zügel, der andere der Sporen.

Laut Cicero (Ad Atticum 6,1,12) hat Isokrates so die Historiker Ephorus und Theopompus beschrieben.

Alterius non sit, qui suus esse potest.

Einem anderen gehöre nicht, wer sich selbst gehören kann.

Nach Cicero, De re publica 3,37.

Alternant spesque timorque vicem.

Hoffnung und Furcht wechseln sich ständig ab.

Ovid, Heroides 6,38.

Alter rixatur de lana saepe caprina.

Der andere streitet oft um die Ziegenwolle.

Horaz, Epistulae 1,18,15. – Die Frage, ob man bei dem Fell einer Ziege von ›Haaren‹ oder von ›Wolle‹ sprechen müsse, stand sprichwörtlich für gänzlich nichtige Angelegenheiten.

Altissima flumina minimo sono labuntur.

Die größten Flüsse gleiten mit dem geringsten Geräusch dahin.

Nach Curtius Rufus, Historia Alexandri Magni 7,4,13. – Kobares erwähnt hier ein Sprichwort der Baktrianer: »… canem timidum vehementius latrare quam mordere altissimaque flumina minimo sono labi« (»… daß ein ängstlicher Hund heftiger belle als beiße und daß die tiefsten Flüsse mit dem geringsten Geräusch dahinglitten.«)

altum silentium

tiefes Schweigen

Nach Vergil, Aeneis 10,63.

amabilis / insania

liebenswürdiger Wahnsinn

Horaz, Carmina 3,4,5 f.

amantes amentes

Verliebte, Verwirrte

(Vgl.: Minne verkehrt die Sinne.)

Titel eines Lustspiels von Gabriel Rollenhagen, wohl nach Plautus, Mercator 82: »Amens amansque ut animum offirmo meum.« (»Liebend und rasend, wie ich war, faßte ich mir ein Herz.«) Vgl. Inceptio est amentium, non amantium und Nemo in amore videt.

Amanti nihil difficile siehe Nihil difficile amanti

Amantium irae amoris integratio est.

Der Zorn der Liebenden ist Erneuerung der Liebe.

(Vgl.: Liebeszorn ist neuer Liebeszunder.)

Terenz, Andria 555.

Amare et sapere vix deo conceditur.

Zu lieben und (dabei) den Verstand zu bewahren ist selbst einem Gott kaum möglich.

Publilius Syrus, Sententiae A 22.

amare tamquam oculos

wie die (eigenen) Augen lieben

(vgl.: wie seinen Augapfel hüten)

Nach Plautus, Miles gloriosus 984.

Ambages narras.

Du sprichst in Rätseln.

Nach Terenz, Heauton timorumenos 318 f.

Amens incurrit in columnas.

Ein Verrückter rennt gegen Säulen.

Nach Cicero, Pro M. Aemilio Scauro 45m.

Ames iudicio, non amore iudices.

Mögest du mit Urteil lieben, aber nicht nach der Liebe urteilen.

Pseudo-Seneca, De moribus 48.

Amici, diem perdidi!

Freunde, ich habe einen Tag verloren!

Sueton (Vita divi Titi 8,1) über den Kaiser Titus: »Atque etiam recordatus quondam super cenam, quod nihil cuiquam toto die praestitisset, memorabilem illam meritoque laudatam vocem edidit: Amici, diem perdidi.« (»Und als er sich einmal beim Abendessen daran erinnerte, daß er während des ganzen Tages niemandem irgendwie dienlich gewesen war, tat er den bekannten, oft gepriesenen Ausspruch: ›Freunde, ich habe einen Tag verloren!‹«) Vgl. Ausonius, Gratiarum actio ad Gratianum imperatorem pro consulatu 16.

Amicitiae immortales, mortales inimicitiae debent esse.

Freundschaften sollen unsterblich, Feindschaften sterblich sein.

Livius (Ab urbe condita 40,46,12) führt dies bereits als Sprichwort an.

amico amicus

dem Freund (wie) ein Freund (gesinnt)

Terenz, Phormio 562: »Solus est homo amico amicus.« (»Nur der Mensch ist Freund dem Freund.«) Vgl. Plautus, Miles gloriosus 660.

Amicum esse unum animum in duobus corporibus.

Ein Freund sei eine Seele in zwei Körpern.

Nach Aristoteles, Nikomachische Ethik 9,4,1166a 31.

Amicus certus in re incerta cernitur.

Ein sicherer Freund läßt sich in unsicheren Umständen erkennen.

(Vgl.: Freunde in der Not gehen zehn auf ein Lot.)

Cicero (De amicitia 64) zitiert hier Ennius, Hectoris lytra Fragment 216 Warmington.

Amicus esse mihi coepi.

Ich habe angefangen, mir selbst ein Freund zu sein.

Seneca (Epistulae morales 6,7) zitiert hier Hekaton mit der Erklärung, wer sich selbst ein Freund geworden sei, habe große Fortschritte gemacht: Er werde niemals allein und stets allen ein Freund sein.

Amicus est tamquam alter ego.

Ein Freund ist gleichsam ein zweites Ich.

Nach Ambrosius, De spiritu sancto 2,13,154. – Die Bezeichnung eines guten Freundes als zweites Ich geht laut Diogenes Laertius (Vitae philosophorum: Zenon 7,23) auf Zenon zurück. Bei Aristoteles (Nikomachische Ethik 9,4,1166a 31) findet sich »allos autos« (»ein zweiter eben solcher«). Ähnlich bei Cicero (De amicitia 80): »(verus amicus) est enim is, qui est tamquam alter idem.« (»[Ein wahrer Freund] ist nämlich der, der gleichsam ein zweiter solcher [wie man selbst] ist.«)

Amicus Plato, sed magis amica veritas.

Platon ist mir ein Freund, doch mehr Freund ist mir die Wahrheit.

Nach Aristoteles, Nikomachische Ethik 1,4,1096a 16.

Amittit merito proprium, qui alienum adpetit.

Es verliert zu Recht Eigenes, wer Fremdes anstrebt.

Phaedrus, Fabulae 1,4,1.

amor ac deliciae generis humani

Liebe und Liebling (d. h.: Wonne) des Menschengeschlechts

Sueton (Vita divi Titi 1,1) bezeichnet so den Kaiser Titus.

Amor electi … siehe A.E.I.O.U.

Amore, more, ore, re / iunguntur amicitiae.

Durch Liebe, Sitte, Tat und Mund geschlossen wird der Freundschaftsbund.

HW: 999.

amor fati

Liebe zum Schicksal

Nietzsche, Ecce homo, »Warum ich so klug bin«, 10.

amor sceleratus habendi

verbrecherische Habsucht

Ovid, Metamorphoses 1,131.

Amor vincit omnia siehe Omnia vincit Amor …

Anathema sit!

Er soll verflucht sein!

Galaterbrief 1,8 f.; vgl. Römerbrief 9,3 und Korintherbriefe 1,12,3 und 1,16,22.

Anceps malum urget.

Ein doppeltes Übel droht.

(vgl.: zwischen zwei Feuer geraten)

Nach Livius, Ab urbe condita 3,28,9.

An ego totiens de eadem re audiam?

Soll ich mir so oft (noch) dasselbe anhören?

(vgl.: ewig das alte Lied, immer dieselbe Leier hören)

Terenz, Adelphoe 128.

Anguilla est, elabitur.

Er ist (wie) ein Aal; er entschlüpft.

Plautus, Pseudolus 747.

anima candida

eine lautere Seele

Nach Horaz, Sermones 1,5,41.

Anima est amica amanti.

Die Freundin ist des Liebenden Lebenskraft.

Plautus, Bacchides 193.

Animam debet.

Er schuldet seine Seele.

(Vgl.: mit Leib und Seele verschuldet sein)

Terenz, Phormio 661.

anima naturaliter Christiana

die von Natur aus christliche Seele (des Menschen)

Nach Tertullian, Apologeticum 17,6.

animi sub vulpe latentes

unter einem Fuchspelz versteckte Gesinnung

Horaz, Ars poetica 437.

animula vagula blandula

schweifendes, schmeichelndes Seelchen

Hadrian, Fragment 3,1 Baehrens.

Animum rege, qui nisi paret, / imperat siehe Ira furor brevis est …

Animus aequus est optimum aerumnae condimentum.

Bei Trübsal ist Gleichmut die beste Würze.

Plautus, Rudens 402.

Animus est in patinis siehe Iam dudum animus …

Animus meminisse horret.

Die Seele erschaudert bei der Erinnerung.

Vergil, Aeneis 2,12. – Aeneas erschaudert, als ihn Dido vom Untergang Trojas berichten läßt. Plinius d. J. (Epistulae 6,20,1) zitiert diese Stelle zu Beginn seines Briefes über den Vesuv-Ausbruch des Jahres 79 n. Chr.

An nescis longas regibus esse manus?

Weißt du etwa nicht, daß die Hände der Könige weit reichen? (Vgl.: Große Herren haben lange Hände.)

Ovid, Heroides 17,166. Vgl. auch Seneca, Epistulae morales 82,5.

An nescis, mi fili, quantilla prudentia mundus regatur (bzw. regatur orbis)?

Weißt du etwa nicht, mein Sohn, mit wie geringem Verstand die Welt regiert wird?

Diese Worte, oft auch als »Videbis, mi fili, quam parva sapientia regatur mundus?« zitiert, soll Axel Oxenstierna zu seinem Sohn gesagt haben, als dieser zögerte, die Aufgabe des schwedischen Gesandten in Münster anzunehmen. Evtl. Ausspruch von Papst Julius III. gegenüber einem portugiesischen Mönch (vgl. Büchmann).

annus horribilis

ein schreckliches Jahr

Königin Elisabeth II. von England bezeichnete so rückblickend das Jahr 1992, das von zahlreichen Krisen innerhalb der königlichen Familie geprägt war. Im Gegensatz zu »Annus Mirabilis«, dem Titel eines Historiengedichtes von John Dryden.

ante antidotum quam venenum

das Gegenmittel vor dem Gift (geben)

Hieronymus (z. B. in Adversus Rufinum 2,34) verwendet dieses schon in der Antike bekannte Sprichwort hier ironisch: Er fragt Rufinus, warum er denn das Vorwort zu den Büchern, die er anklagt, nicht kenne. Rufinus erfülle wohl das Sprichwort, indem er sich schon gegen diese Bücher wappne, bevor er sie überhaupt läse.

Ante mortem nemo beatus siehe Dicique beatus …

aperta transire

an Offensichtlichem vorbeigehen

(vgl.: den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen)

Nach Seneca, Epistulae morales 68,4.

Apes debemus imitari.

Wir müssen es den Bienen gleichtun.

(vgl.: fleißige Bienen)

Seneca (Epistulae morales 84,3) bezeichnet diese Aufforderung bereits als Sprichwort. Vgl. Horaz, Carmina 4,2,27 ff.

apices iuris

juristische Spitzfindigkeiten

Digesta 17,1,29,4.

Apparet id etiam caeco.

Das sieht auch ein Blinder.

Nach Livius, Ab urbe condita 32,34,3.

Appello a papa male informato ad papam melius informandum.

Ich appelliere vom schlecht informierten Papst an den gründlicher zu informierenden Papst.

Martin Luther zugeschrieben.

Apta mihi vis est, vi tristia nubila pello.

Mir ziemt Gewalt, mit Gewalt vertreib ich das düstere Gewölk.

Ovid, Metamorphoses 6,690. – Der Windgott Boreas droht mit Gewalt, nachdem die Athener ablehnend auf seine Werbung um die geliebte Oreithya, Tochter des athenischen Königs Erechtheus, reagiert haben.

Apud paucos post rem manet gratia.

Bei wenigen bleibt nach (Erhalt) der Sache Dankbarkeit.

Seneca, De beneficiis 1,12,2.

Aqua et panis est vita canis.

Wasser und Brot, das ist ein Hundeleben.

HW: 1234a.

Aqua haeret.

Das Wasser stockt.

Cicero (De officiis 3,117) bezeichnet diese Worte als Sprichwort. – Gemeint ist vermutlich das Wasser in einer Wasseruhr: Wenn es stehen bleibt, kann man nicht mehr sehen, wieviel Uhr es ist, d. h. man weiß nicht mehr, woran man ist. Mitunter wird auch die Übersetzung »Da hapert es« geboten.

Aquam a pumice nunc postulas.

Du verlangst nun Wasser von einem Bimsstein (d. h.: Geld von einem Armen).

Plautus, Persa 41.

Aquila non captat muscas. Auch: Aquila non aucupatur.

Ein Adler fängt keine Fliegen.

Erasmus, Adagia 3,2,65. Vgl. Leones non sunt …

arare bove et asino

mit einem Ochsen und einem Esel pflügen

(d. h.: ungeschickt vorgehen)

Nach Deuteronomium 22,10, und Hieronymus, Epistulae 123,5.

Arare ma(ve)lim quam sic amare!

Ich wollte lieber pflügen als so lieben!

Plautus, Mercator 356.

arbiter elegantiae

Schiedsrichter über die Eleganz

Nach Tacitus (Annales 16,18,2) Beiname Petrons, der aus dessen Funktion am Hofe Neros resultierte.

Arbores serit agricola, quae alteri saeculo prosint siehe Serit arbores …

arcem facere e cloaca

aus einer Kloake eine Burg machen

(vgl.: aus einer Mücke einen Elefanten machen)

Cicero, Pro Cn. Plancio 95. Vgl. E rivo flumina magna facis.

Arcus nimium tensus rumpitur.

Ein allzu stark gespannter Bogen bricht entzwei.

Phaedrus (Fabulae 3,14,10) warnt: »Cito rumpes arcum, semper si tensum habueris.« (»Schnell wirst du den Bogen brechen, wenn du ihn immer gespannt hältst.«)

Arduum videtur res gestae scribere.

Es erscheint schwierig, Geschichte niederzuschreiben.

Sallust, Bellum Catilinarium 3,2.

Arma amens capio, nec sat rationis in armis.

Von Sinnen ergreife ich die Waffen, doch auch in den Waffen ist nicht genügend Rat.

Vergil, Aeneis 2,314.

Arma nisi ut summoveas.

Waffen nur, um Waffen abzuwehren.

HWS: 899.

Armaque in armatos sumere iura sinunt.

Das Recht läßt zu, Waffen gegen Bewaffnete zu ergreifen.

Ovid, Ars amatoria 3,492.

Arma virumque cano (Troiae qui primus ab oris …)

Aeneis