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Erfolgreich im Parcours

Instinktives Bogenschießen mit traditionellen Bögen

von
Klaus Schmidt

Impressum

© 2016 Klaus Schmidt

Umschlaggestaltung: Dominik Schmidt

Illustration: Klaus Schmidt, Louisa Hauser

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN Paperback: 978-3-7345-6284-6
ISBN Hardcover: 978-3-7345-6285-3
ISBN e-Book: 978-3-7345-6286-0

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Vorwort

Einleitung

Bogenschießen ist herrlich!

Das Training

Das Kreuz

Safety first

Weitere Trainingsvarianten

3D-Ziele haben keine farbig markierte Trefferzone!

Einen Punkt fokussieren

Problementfernung

Out of range

Variable Mensch

Psyche

Weitschüsse

Point of aim- Methode

Ermittlung der Entfernung

Der perfekte Schuss

Verpflegung und Bekleidung

Schießen bei Regen

Parcoursregeln

Regelwerk

Tops und Flops

Verletzungen vorbeugen

Die Pausenfalle

Clout-Schießen

Ab ins Gelände

Fußangeln / Tücken

Der Fehlschuss

Halt drunter

Bewegliche Ziele

Danke!

Danke!

Vorwort

Als instinktives Bogenschießen bezeichne ich das Schießen mit Bögen ohne Zielhilfe. Der Schütze fokussiert intensiv sein Ziel und vertraut fest auf seine Augen-/Hand-Koordination. Während des kompletten Bewegungsablaufes sind beide Augen geöffnet und erfassen das Ziel. Der Schuss löst sich selbstständig, sobald das sichere Körpergefühl der Hand signalisiert, die Sehne in einer fließenden Bewegung frei zu geben. Dabei ist es faszinierend zu sehen, wie zuverlässig der Pfeil in der Regel seinen Weg ins Ziel findet.

Der olympische Recurve-Schütze hingegen stattet seinen Bogen mit einem Visier aus, um punktgenau treffen zu können. Stabilisatoren balancieren den Bogen aus und reduzieren unerwünschte Schwingungen.

Das Training eines erfolgreichen Recurveschützen ist streng organisiert. Ein Bewegungsablauftraining wechselt sich mit dem Zielbildtraining ab. Die körperliche und geistige Fitness werden unablässig geschult. Die Kombination aus allen diesen Trainingsprogrammen ergibt in der Summe einen Turnierschützen, der nichts dem Zufall oder einem Körpergefühl überlässt. Nicht umsonst sind trainierte Schützen zuverlässig in der Lage, das ca. 12cm große, goldfarben Ziel einer Turnierscheibe aus einer Entfernung von 70 Metern konstant zu treffen.

Talentierte Schützen erzielen in diesen Wettkämpfen bis zu 700 von 720 möglichen Ringen.

So ist es auch nicht ungewöhnlich, dass genau diese Schützen oftmals nicht nur mit ihrem Recurvebogen Siege feiern, sondern auch parallel mit einem Compoundbogen oder Feldbogen erfolgreich sind.

Die Schießtechniken sind eng miteinander verbunden!

Warum also sollten wir Instinktiv-Schützen nicht auch von den Trainingsmethoden der technisierten Bogenwelt profitieren?! Ich selbst habe ebenfalls über den olympischen Recurvebogen meinen Weg zum Bogensport gefunden und nach diesem Schema trainiert.

In diesem Buch fasse ich die Trainings-Elemente des technisch orientierten Bogensports mit den Anforderungen, die an instinktiv schießende Schützen gestellt werden, zu einem Leitfaden zusammen, der Ihnen helfen wird, im Parcours erfolgreich zu sein.

Einleitung

Vielen Dank, dass Sie sich für dieses Buch entschieden haben.

Es ist das zweite Buch aus der Serie: „Instinktives Bogenschießen mit traditionellen Bögen.“

Im ersten Buch haben wir uns eingehend mit der idealen Schießtechnik und der Ausrüstung des Schützen befasst.

Wir haben uns ausführlich mit Bogentuning und Pfeiltuning beschäftigt.

Der mentale Aspekt im Wettkampf wurde beleuchtet.

Aufbauend auf diese Themenkreise, dreht es sich in diesem Buch um das Schießen im Gelände, im Parcours und bei 3D-Wettkämpfen, sowie um Training, Regelkunde und legale Kniffs für den erfolgreichen Bogenschützen.

Auch dieses Buch soll Ihnen ein wertvoller Wegbegleiter sein und als hilfreiches Nachschlagewerk dienen.

Bogenschießen ist herrlich!

Wie schön das Bogenschießen doch ist!

Die Sonne scheint, es ist ein wunderschöner Tag. Ein paar kleine Schönwetterwolken ziehen langsam über den blauen Himmel und sorgen immer wieder für angenehm kühlenden Schatten.

Die Temperatur ist genau richtig. Es ist nicht zu warm und auch nicht zu kühl.

Optimale Bedingungen, um ein paar Pfeile fliegen zu lassen. Also nichts wie ab zum Bogenplatz.

Ein T-Shirt, passend zur Shorts, das reicht. Wir wollen ja nicht ins Schwitzen geraten. Die Flip-Flops an den Füßen tragen sich bei diesem sommerlichen Wetter ebenfalls ausgesprochen bequem.

Der Bogen ist schnell aufgespannt und los geht`s.

Die Technik aus dem ersten Buch vom Schmidt haben wir uns verinnerlicht.

Da kann also nichts schiefgehen.

Unsere Lieblingsscheibe steht, wie üblich, auf der 25-Meter-Linie. Das goldfarbene Zentrum der Scheibenauflage leuchtet bei besten Lichtverhältnissen und wartet förmlich schon darauf, von den Pfeilen gespickt zu werden. Also alles wie gewohnt!

Beste Voraussetzungen für einen erfolgreichen Tag am Bogenplatz.

Das Vereinsheim als Quelle der Erfrischung und Oase der Entspannung und Erholung ist nur wenige Schritte weit entfernt. Ein paar Kollegen haben es sich dort bereits gemütlich gemacht. Also erholen wir uns erst einmal von den geschossenen Probepfeilen in einer geselligen Runde.

Dann fällt im Hintergrund das Stichwort, welches die Alarmglocken schrillen und den Kopf herumrucken lässt.

„Ein 3D–Turnier im Parcours!“

Ein Turnier auf Bezirksebene mit Qualifikation zu einem weiterführenden Turnier auf Landesebene steht an.

Die Temperatur scheint schlagartig von „sommerlich“ auf gefühlt „tropisch“ zu steigen und löst Hitzewallungen aus.

Eine Teilnahme an einem 3D-Turnier, das wäre schon eine Herausforderung!

Sich einmal mit anderen Schützen zu messen und zwar im unwegsamen Gelände, bei wechselnden Lichtverhältnissen. Auf Ziele zu schießen, die in der Größe variieren und deren Entfernung nicht bekannt ist. Sich mehrere Stunden im Gelände zu bewegen, was eine gewisse Kondition von uns abverlangt.

Wir brauchen einen Plan!

Also heraus aus der Komfortzone und rein ins „Abenteuer“!

Das Training

Die Vorbereitung auf ein 3D-Turnier beginnt am Bogenplatz!

Nur gilt es, sich hier, wo die Schussentfernungen und die Ziele durch das Fita-/WA-Reglement klar definiert sind, ein Umfeld und Trainingsmöglichkeiten zu schaffen, die eine intensive Vorbereitung auf ein Turnier im Gelände zulassen.

Der Bogenplatz ist bei den meisten Vereinen den Erfordernissen der Fita/WA-Schützen angepasst. Das Gelände ist dementsprechend flach und eben wie ein Brett. Die einzelnen Schießbahnen sind oftmals im Rasen vorgezeichnet und weisen den Weg zum Ziel. Die Scheiben stehen neben den Entfernungstafeln in 18, 25, 40, 50, 70 und 90 Metern Entfernung. Die Scheibenauflagen in den gängigen Größen von 40, 60, 80, oder 122 cm sind auch schon angebracht. Das goldfarbene Zentrum der Scheibenauflagen befindet sich in einer Höhe von zirka 120 Zentimetern. Windfähnchen auf den Scheiben zeigen die Windrichtung an. Die gepflasterte Schießlinie lässt die Einnahme des perfekten „Parallelen Standes“ zu. Es ist also für alles gesorgt. Man muss nur noch die Entfernung ablesen und das Visier entsprechend einstellen.

Im Parcours ist alles anders!

Die 3D-Ziele stehen in der Regel im unwegsamen Gelände. Von Ziel zu Ziel bewegen sich die Schützen oft bergauf und bergab über Entfernungen von 100 Meter und mehr. Die gesamte Wegstrecke beträgt mehrere Kilometer. Die Schussentfernung zum Ziel ist nicht bekannt. Wenn Zweige oder Bäume die Sicht auf das Ziel verdecken und einen Schuss im Stehen nicht zulassen, ist es oftmals unumgänglich kniend zu schießen. Schüsse den Hang hinauf oder talwärts erfordern die Einnahme einer speziellen Körperhaltung. Denn: das „T“ muss stehen! Licht und Schatten wechseln sich ständig ab. Die Ziele sind auch nicht mit farbigen Trefferflächen versehen, denn der Sinn des 3D-Schießens besteht ja gerade darin, auf lebensnahe, dreidimensionale Tiernachbildungen zu schießen. Die Trefferzonen der Tiernachbildungen sind deshalb eher dezent gehalten, um die möglichst realistische Darstellung des Zieles nicht zu stören. Gleichzeitig ist genau dies die große Herausforderung an den Schützen, den Pfeil perfekt dorthin zu platzieren, um möglichst viele Trefferpunkte zu erhalten.

Also keine klar definierte Trefferfläche und auch keine Information bezüglich der Entfernung zum Ziel.

Kein „Paralleler Stand“ und Ziele, die sich sowohl in Bodennähe befinden oder auch überhöht an einem Hang stehen können.

Um genau diese Situationen am Bogenplatz zu üben, erfordert es Kreativität. In vielen Bogenvereinen ist das Schießen auf lebensnahe 3D-Nachbildungen nicht gerne gesehen. Dennoch wollen wir intensiv trainieren, ohne jedoch den Bogenplatz komplett umzugestalten. Selbstverständlich möchten wir auch keinen Ärger mit der Fakultät der Olympisch-Recurveschützen provozieren, die sich in der Ausübung ihres Trainings gestört fühlen könnte.

Mit etwas Fantasie und einigen wenigen kleinen Hilfsmitteln lässt sich dennoch ein anspruchsvolles 3D-Training, parallel zu einem Fita/WA-Training, absolvieren.

Das Kreuz

Die 3D-Ziele stehen im Parcours in unterschiedlicher und vor allem unbekannter Entfernung. Es gibt keine deutlich sichtbare Trefferzone. Auf diese Situation möchten wir uns am Bogenplatz vorbereiten.

Um ein adäquates Ziel zu gestalten, benötigt es lediglich eines Filzstiftes und einer Scheibenauflage.

Für unsere einfache aber hocheffektive Trainingsvariante, um unklare Ziele zuverlässig treffen zu können, drehen Sie die Scheibenauflage einfach um und pinnen sie mit der bunten Seite nach hinten auf die Scheibe. Auf die Ihnen zugewandte weiße Rückseite der Scheibenauflage zeichnen Sie mit einem schwarzen Filzstift ein Kreuz. Die Seitenlänge sollte in etwa 80 Zentimeter betragen. Die Breite in etwa 30 Zentimeter. Mehr benötigt es nicht und schon haben wir die erste Trainingsauflage für uns traditionellen Schützen auch schon fertig gestellt.

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Abbildung: Scheibenauflage mit unklarer Trefferzone

Die beiden Balken, die zusammen das Kreuz ergeben, sind zwei als isoliert zu betrachtende Ziele und schulen unterschiedlichen Fähigkeiten des Schützen.

Nehmen Sie als erstes den horizontalen Balken des Kreuzes aufs Korn. Wenn Sie aus einer Entfernung von 18 Metern schießen und mehrmals hintereinander Ihre Pfeile in diese Trefferzone gruppieren möchten, ist das schon sportlich. Das aber ist der Anspruch, den Sie an sich stellen sollten.

Durch diese Trainingsform wird der Schütze geschult, sich auf eine lediglich schwarz umrandete helle Fläche, ohne klar definierte Trefferzone, zu fokussieren und möglichst viele Pfeile dort zu platzieren. Zunächst werden Sie sicher Mühe haben, sich überhaupt auf dieses weiße Feld zu konzentrieren. Ihre Augen suchen einen Fixpunkt, um diesen zu fokussieren, welcher aber im Rahmen dieser Trainingsvariante nicht existiert. Daraus resultierend, werden Sie die Pfeile über die gesamte Höhe der Scheibe verteilen. Es benötigt mehr als nur ein paar Trainingseinheiten, bis sich die ersten Erfolge einstellen. Das permanente Wiederholen dieses Trainings bringt mittelfristig den Erfolg. Unser Unterbewusstsein lernt langsam aber kontinuierlich die Pfeile in eine optisch leere Trefferzone zu gruppieren. Die Hoch-/Tief-Abweichungen der Pfeile werden mit der Zeit immer weniger, bis schließlich die Mehrzahl der Pfeile im horizontalen Balken gruppieren. Diese, für Ihren sportlichen Erfolg wichtige, Übung sollte zukünftig fester Bestandteil Ihrer Trainingseinheiten werden.

Wenn Sie sich sicher fühlen und die überwiegende Zahl der Pfeile in dem horizontalen Teil des Kreuzes stecken, haben Sie die erste Hürde genommen.

Nun konzentrieren Sie sich auf den vertikalen Balken des Kreuzes. Trainieren Sie nun auf diese Trefferfläche und versuchen Sie möglichst viele Pfeile dort zu platzieren.

Das Trefferbild wird anfänglich dem vorangegangenen ähneln, nur streuen die Pfeile jetzt über die gesamte Breite der Scheibenauflage. Trainieren Sie mit der gleichen Ausdauer und schulen Sie Ihr Unterbewusstsein, eine Fläche, die keinen markanten Fixpunkt enthält, als klares Ziel zu definieren.

Durch das Schießen auf die beiden an sich isoliert zu sehenden Trefferflächen, die auf der Scheibe ein Kreuz bilden, trainieren Sie zweierlei Fähigkeiten, die nicht nur im Parcours für den sportlichen Erfolg entscheidend sind, sondern genauso bei Turnieren in der Halle. Zum einen das unterbewusste Ermitteln der Entfernung zum Ziel (horizontaler Balken) und zum anderen eine immer wieder reproduzierbare Schusstechnik (vertikaler Balken). Um den Schwierigkeitsgrad zu steigern, können Sie das Kreuz auf einer weiteren Scheibenauflage in etwas kleinerer Form aufzeichnen. Versuchen Sie jetzt die Pfeile, wie beschrieben, abwechselnd in die beiden Balken zu schießen. Variieren Sie auch in der Schussentfernung. Dadurch trainieren Sie Ihr Unterbewusstsein, die Distanz zum Ziel immer wieder richtig einzuschätzen und abzuspeichern.

Sie können aus dem Trefferbild wichtige Rückschlüsse über den Fortschritt Ihres Trainings ziehen!

1. Trefferbild horizontaler Balken:

stecken Ihre Pfeile häufig oberhalb oder unterhalb der horizontalen Trefferfläche, hat Ihr Unterbewusstsein noch Probleme mit der Einschätzung der Entfernung zum Ziel.

Sie schießen ja instinktiv, wie im Buch „Das T muss stehen“ ausführlich beschrieben. Also mit geöffneten Augen und das Ziel fokussierend. Sie verlassen sich also auf die Augen-/Hand-Koordination. Einfach ausgedrückt bedeutet das, die Augen blicken zum Ziel, das Unterbewusstsein hebt die Bogenhand in die entsprechende Position und veranlasst die Zughand die Sehne freizugeben. Bei diesem ungleichmäßigen Trefferbild wurde die Bogenhand jedoch offensichtlich nicht kontinuierlich optimal positioniert und verursacht so Hoch- bzw. Tiefschüsse. Das Unterbewusstsein muss also noch mit entsprechenden Informationen über die Entfernung gefüttert werden. Keine Sorge, das geschieht im Prinzip ganz von selbst. Aber vor dem Erfolg steht der Trainingsfleiß. Trainieren Sie also immer wieder diese Situation, indem Sie auf den horizontalen Balken schießen. Aufgrund von Treffern und Fehlschüssen lernt das Unterbewusstsein selbständig und speichert ab, wo die Bogenhand stehen muss, damit der Pfeil im Ziel steckt.

Dieser „Schatz“ aus Erfahrungen, den Sie unterbewusst sammeln, sorgt dafür, dass Sie die Bogenhand automatisch genau in die richtige Position bringen, damit der Pfeil das Ziel trifft. Allerdings funktioniert das nicht von heute auf morgen. Es benötigt schon einige hundert Pfeile, bis das Unterbewusstsein seinen „Erfahrungsschatz“ angereichert hat, um die Bogenhand auf die perfekte Höhe anzuheben.

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Abbildung: horizontaler Balken mit Hoch- Tiefschüssen.

Es gibt aber auch noch einen weiteren, in diesem Fall technischen Aspekt, welcher der Auslöser für diese Fehlschüsse sein könnte.