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Digitale Erstausgabe (MOBI) Juli 2013

Digitale Neuauflage (MOBI) Juni 2019

 

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2008 J.L. Langley

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»With Caution«

 

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2019 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

 

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

 

Umschlagillustration: Marek Purzycki

Bildrechte Umschlagillustration: CURAphotography;

vermittelt durch Shutterstock LLC

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: hanne's designküche

 

ISBN-13: 978-3-95823-529-8

 

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-side.de


 

J.L. Langley

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Aus dem Amerikanischen
von Uta Stanek

 


 

Liebe Lesende,

 

vielen Dank, dass ihr dieses eBook gekauft habt! Damit unterstützt ihr vor allem die*den Autor*in des Buches und zeigt eure Wertschätzung gegenüber ihrer*seiner Arbeit. Außerdem schafft ihr dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der*des Autor*in und aus unserem Verlag, mit denen wir euch auch in Zukunft erfreuen möchten.

 

Vielen Dank!

Euer Cursed-Team

 

 

 

 

Klappentext:

 

 

Er rettet seinem Gefährten das Leben und schenkt ihm ein neues. Doch ihre Zukunft ist alles andere als gewiss...

 

Remis neues Leben als Werwolf wird von der Angst vor seinem Vater überschattet. Nicht nur, dass er seinen kleinen Bruder vor seinen Gewaltausbrüchen schützen muss, er versucht auch heftig, sich gegen seine Gefühle für Jake zu wehren – denn schwul sein passt nicht in Remis Weltbild. Sein Herz und sein Wolf machen ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung, denn beide fühlen sich immer stärker zu Jake hingezogen. Als die Situation mit seinem Vater eskaliert, muss Remi eine folgenschwere Entscheidung treffen...


 

Widmung

 

 

Für Dick D und Kimberly Gardner. Ihr beide wart bei diesem Buch meine Lebensretter. Eure Meinung und eure Ermutigungen waren unverzichtbar für mich. Deswegen an euch beide: Ich freue mich darauf, dass Ihr mir Autogramme geben könnt.

 

Außerdem danke ich Andre und dem Rest meiner Familie, die sich mit meinen langen Arbeitsstunden arrangiert haben, und darüber hinaus allen, die mir Feedback gegeben haben.


 

Kapitel 1

 

 

»Verdammt, ich liebe deinen Mund.« Remis Kopf sank zurück ins Kissen. Seine Augen waren geschlossen, während er jede noch so kleine Empfindung genoss. Das Saugen an seinem Schwanz wurde stärker, als die clevere Zunge an seinem Schaft entlangtanzte.

»Oh, Fuck. Komm gleich. Stopp. Noch nicht…« Er bekämpfte den wachsenden Druck in seinem Inneren und krallte die Finger in die Haare. Indem er diese köstlichen Lippen von sich wegzog, versuchte er, das Unvermeidbare hinauszuzögern.

Ein sanfter, verführerischer Kuss kitzelte seinen Bauch und ließ ihn seinen Griff lockern. Sobald seine Hand zurück auf die Matratze fiel, wurde sein Penis erneut komplett geschluckt.

Er erschauderte und die Muskeln in seinem Hintern verspannten sich. Seine Hoden zogen sich dichter an seinem Körper zusammen und seine Beine spannten sich an. Ein Prickeln schoss seine Wirbelsäule entlang.

Nein, noch nicht. »Oh Gott, oh –« Die wundervolle Hitze um seinen Schwanz zog sich zurück. Remi entfuhr ein Geräusch, das halb Knurren, halb Lachen war. »Das ist gemein.«

Ein Schnaufen antwortete ihm, dann wurde seine Erektion gepackt und aufrecht festgehalten, ehe eine Zunge von der Spitze bis zu den Hoden entlangleckte. Wieder vergrub Remi seine Finger in dem dichten Haar, als er das Gesicht näher an seinen Schritt zog.

»Jaaaah, das fühlt sich gut an.«

Seine Beine wurden weiter nach oben gedrückt, sodass er noch mehr entblößt wurde, und die vorwitzige Zunge leckte an seiner Spalte, schlängelte sich tiefer…

Riiiing.

Das Lecken ging weiter. Mit aller Macht versuchte Remi, sich auf die feuchte Liebkosung seines Damms zu konzentrieren, auf den warmen Atem, der über seine Hoden strich. Das war so –

Riiiing.

Laut. So laut, als ob es direkt neben seinem Ohr wäre. Er sah sich um, seine Finger zogen sich aus dem dunklen Haar zurück. Er erinnerte sich nicht daran, dass dort ein Telefon gewesen wäre. Es klingelte wieder und die feuchte Hitze verschwand von seinem Schwanz. Was zum…?

Blinzelnd öffnete Remi die Augen, kniff sie aber gleich darauf wieder gegen das Sonnenlicht, das durch das Fenster schien, zu. Scheiße. Er hatte vergessen, den Vorhang zuzuziehen – oder eher die Decke, die er als Vorhang benutzte. Was für ein Tag war heute? Oh, ja, Samstag. Er hatte gerade eine Vierundzwanzig-Stunden-Schicht hinter sich gebracht und die nächste wartete bereits in den nächsten vierundzwanzig Stunden auf ihn.

Seine Morgenlatte pulsierte. Die feuchte Spitze lag auf seinem unteren Bauch. Mit einer Hand umschloss er die Erektion und drückte sie durch den dünnen Stoff seiner Unterhose. »Fuck.« Der Traum. Immer und immer wieder hatte er denselben verdammten Traum. Na ja, das Klingeln mal ausgeklammert. Das Telefon war neu –

Riiiing.

Mein Handy. Er angelte nach dem Telefon auf dem Nachtschrank und warf nebenbei einen Blick auf den Wecker. 07:02 Uhr morgens. Falls das Chay war, der mit ihm durch die Gegend rennen wollte, würde Remi ihn erwürgen.

Er griff nach dem Handy und klappte es auf, bevor es ein viertes Mal klingelte. »Ja?«

»Remi.« Sterlings Stimme brach. »Sie machen es schon wieder. Bitte komm her und hol mich, ich kann hier nicht bleiben. Du musst kommen.«

Remi schoss in eine sitzende Position hoch. Sein Atem kam abgehackt, sein Ständer schrumpfte in sich zusammen und wurde von einem Knoten in der Brust abgelöst.

»Wo bist du?« Er warf die Bettdecke zur Seite, sprang aus dem Bett und sah sich in derselben Bewegung bereits nach seiner Jeans um. »Sterling, wo bist du? Bist du im Haus?«

»Beeil dich, Remi. Sie sind schon seit sechs Uhr dabei.«

»Was? Warum hast du mich nicht eher angerufen?« Vom Fußboden am Ende des Bettes sammelte Remi eine Jeans auf. Loses Kleingeld flog aus den Taschen und verteilte sich auf dem grauen Teppich.

»Ich dachte, du bist mit Chay unterwegs.«

Er erstarrte. Das Herz rutschte ihm in die Hose und Kälte kroch seinen Nacken empor. »Psst. Sterling, ich hab dir doch gesagt, dass du ihn im Haus nicht erwähnen sollst. Wenn Dirk das hört –«

»Ich bin draußen.«

Das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt, zwang Remi sich wieder in Bewegung und schüttelte die Hose aus. »Sterling, du darfst Dirk nicht mitbekommen lassen, dass ich immer noch mit Chay befreundet bin. Wenn er das herausfindet…«

Mit einem Fuß stieg er in die Jeans. Er wollte gar nicht daran denken, was passieren würde, wenn das Arschloch herausbekam, dass er immer noch mit der verdammten Schwuchtel rumhing. Nachdem er seinen anderen Fuß in die Jeans geschoben hatte, zog er sie über seine Hüften und schnappte sich das schwarze T-Shirt, das über dem Schreibtischstuhl beim Bett hing.

»Geh schon mal in Richtung Stadt los. Ich bin unterwegs.«

»Aber du musst ihn aufhalten.«

Den Teufel würde er tun. Was er tun musste, war, Sterling da rauszuholen, bevor der alte Sack beschloss, sich ihn vorzuknöpfen. »Tu, was ich sage, und lauf los.«

Remi bewegte sich schneller, zerrte sich das T-Shirt über den Kopf und riss seine schwarze Baseballjacke aus dem Schrank. Der Kleiderbügel flog an ihm vorbei und krachte klappernd gegen die Seite seines altmodisches Bettes, das wie ein übergroßer Schlitten geformt war. Als er das Hemd über seinen rechten Arm zog, rutschte ihm das Handy von der Schulter. Hastig griff er danach, jonglierte kurz damit herum und bekam es dann zu fassen, um es sich wieder zwischen Schulter und Ohr zu klemmen.

»Beweg dich endlich, verdammt noch mal. Leg auf und geh weg vom Haus.« Angesichts des schneidenden Tonfalls in seiner Stimme fuhr Remi zusammen. Er blaffte Sterling nicht oft derart an, aber er hatte Angst. Wenn irgendetwas passierte… wenn – Nein, daran würde er gar nicht erst denken.

»Mach ich doch. Ich gehe schon, aber Remi, was, wenn –«

Sekunde. Bedeutet das etwa –? Remi nahm das Handy vom Ohr und überprüfte die Nummer auf dem Display. Sterling rief von seinem Handy aus an. Wenn der Bastard Sterling mit einem Handy erwischte, würde er ihnen beiden den Arsch aufreißen. Dirk hatte Remi verboten, Sterling eins zu kaufen, weil der Kleine angeblich keins brauchte.

Der Witz des Jahrhunderts. Sterling brauchte unbedingt eins. Wie sollte er Remi sonst anrufen, wenn er in Schwierigkeiten steckte? Ganz sicher konnte er nicht das Festnetz im Haus benutzen. Was genau der Grund dafür war, warum Remi es gekauft und Sterling gesagt hatte, es zu verstecken. Und traurigerweise hatte er das Handy bereits mehrmals benutzt.

Remi klemmte das Telefon wieder ein und sah sich nach seinen Stiefeln um, die er schließlich am Fuß des Bettes entdeckte. Socken. Er brauchte auch noch Socken.

»Ich werd das nicht noch mal mit dir durchkauen. Sie will meine Hilfe nicht. Ich hab schon mehrmals versucht, ihr zu helfen. Man kann niemandem helfen, der deine Hilfe nicht will.« Scheiß auf die Socken. Er ließ sich auf dem Bettrand nieder, schnappte sich einen Stiefel und zwang seinen nackten Fuß hinein. Er schnürte ihn zu und griff nach dem anderen Schuh. Oh Gott, Sterling hat doch nicht – »Du hast nicht versucht, sie auseinanderzubringen, oder? Hat er dich geschlagen?«

»Nein. Ich hasse es, wenn er rumschreit. Ich bin aus meinem Fenster raus und hinten rum gegangen.«

Nachdem er den zweiten Stiefel zugebunden hatte, stand Remi auf und sicherte das Telefon mit einer Hand. »Gut. Versuch nie, dich zwischen sie zu stellen.«

Schlüssel, Schlüssel, Schlüssel, wo zum Teufel waren seine Schlüssel? Himmel, sein Zimmer versank im Chaos. Ach, Küche. Er hatte sie in der Küche liegen gelassen, als er letzte Nacht von der Feuerwache nach Hause gekommen war.

»Werd ich nicht. Beeil dich, Remi.« Sterlings Stimme zitterte, als würde er weinen.

Ich beeile mich ja schon. Mit einer Hand sammelte er seine Schlüssel und den Helm von der Anrichte, ehe er das Telefon wieder zwischen Ohr und Schulter klemmte, damit er die Tür abschließen konnte. Dann nahm er das Handy wieder in die Hand und joggte die Stufen von seiner Wohnung runter zu seinem Motorrad.

Er hasste es, das Gespräch abzubrechen, aber er hatte keine Wahl. »Ich lege jetzt auf. Ich bin in ungefähr zehn Minuten da.«

»'kay. Dann bis gleich. Ich gehe einfach weiter.«

»Gut, bis in ein paar Minuten.«

Remi klappte das Handy zu und stopfte es in seine Tasche. Er startete das Motorrad und setzte sich den Helm auf. Seine Hände zitterten so heftig, dass er ihn kaum festzurren konnte, aber irgendwie schaffte er es doch. Er musste zu Sterling. Falls das Arschloch das Haus verlassen sollte und Sterling weggehen sah…

Remis Kehle schnürte sich zu und erschwerte ihm das Atmen. Nein, nein, alles okay, Mom würde Sterling in Schutz nehmen und sagen, dass sie ihm erlaubt hätte, das Wochenende mit Remi zu verbringen; das tat sie immer. Aber sollte der alte Sack Sterling dabei erwischen, wie er wegging, und erkennen, dass er nicht rechtzeitig abgeholt worden war…

»Fuck.«

Rückwärts fuhr Remi vom Parkplatz unter dem Vordach herunter und steuerte das Reservat an.

 

***

 

Sterling stieg vom Motorrad, löste den Helm und zog ihn sich vom Kopf. Sein kurzes, schwarzes Haar stand in alle Richtungen ab. Remi glättete die abstehenden Strähnen.

Sterling hatte einen ordentlichen Wachstumsschub gehabt und war mittlerweile fast schon so groß wie Remi. Der Kleine wurde erwachsen und zudem ganz ansehnlich.

Die dunkle Färbung – Haut, Haare, Augen – hatte er von ihrem Apachen-Vater geerbt. Von ihrer weißen Mutter hatte er die weicheren Gesichtszüge und die gerade, schmale Nase abbekommen, die sich am Ende ein wenig nach oben bog. Sein Gesicht war weniger kantig als bei den meisten Apachen, obwohl er die hohen Wangenknochen ihres Vaters geerbt hatte. Zweifellos würde er die Frauen in ein paar Jahren mühelos um den Finger wickeln, wenn er das nicht schon längst tat.

»Dankeschön.« Sterlings Unterlippe zitterte leicht, dann nahm er einen tiefen Atemzug und reichte Remi den Helm zurück. Mit den Fingern fuhr er sich durch die Haare und sammelte sich wieder.

»Du brauchst mir nicht zu danken. Dafür bin ich doch da.« Er nahm ihm den Helm ab und befestigte den Gurt am Lenker. In der Hektik, seinen Bruder zu erreichen, hatte er komplett vergessen, zwei Helme mitzunehmen. Glücklicherweise galt die Helmpflicht per Gesetz nur für Unter-Achtzehnjährige. Seiner Meinung nach eine total dämliche Regelung – jeder sollte einen Helm tragen –, aber er hatte keine andere Wahl gehabt, als ohne Helm zu fahren.

Er legte einen Arm um die Schultern seines kleinen Bruders und führte ihn in Richtung des Restaurants. Mit der Armbeuge drückte er Sterlings Nacken und brachte so gleichzeitig ihre Köpfe dichter zusammen. Sein Herz hämmerte immer noch heftig, wie jedes Mal, wenn er einen Anruf von seinem Bruder bekam.

Sterling schlang einen Arm um Remis Taille und drückte ihn kurz, zog dann aber die Schultern hoch und ging einen Schritt schneller. »Okay, Kumpel, du zerstörst meinen Ruf. Ich bin keine sechs mehr.«

Remi lachte leise und gab der Schulter des kleinen Scheißers einen Stoß. Etwas von der Anspannung fiel von ihm ab, als Sterling sich allmählich wieder wie ein Vierzehnjähriger benahm.

»Kröte. Ich lade dich zum Frühstück ein und das ist der Dank dafür.«

Mit einem Nicken öffnete Sterling die Tür zum Diner und hielt sie für Remi auf. »Hm-hm.«

Eine Vielzahl von Gerüchen attackierte Remis Nase, die sich daraufhin kräuselte. Gott. Würde er sich jemals an all diese starken Gerüche gewöhnen? Für seine Sinne war es die Hölle, ein Werwolf zu sein.

Eine Platzanweiserin trat hinter dem Empfangspult hervor und begrüßte sie. Lächelnd reckte sie ihre Brüste ein wenig vor und ging zum Tresen hinüber, wo sie die Speisekarten und in eine Serviette eingewickeltes Besteck aus der Ablage an sich nahm, ehe sie fragte: »Für zwei?«

»Ja«, antwortete Remi, während sein Blick auf seinem Bruder ruhte und er gleichzeitig versuchte, die auf ihn einstürmenden Gerüche auszusperren.

Mit Sterling schien alles okay zu sein, aber Remi ließ sich nicht so leicht täuschen. Er wusste, wie furchteinflößend die Situation war. Der Kleine hielt sich gut. Jetzt, da er vom Haus weg war, war er viel ungezwungener, aber Scheiße wie diese ließ sich nun mal nicht so leicht abwaschen. Remi wusste das aus eigener Erfahrung. Sein ganzes Leben lang hatte er damit klarkommen müssen.

Seufzend nahm er in der Nische, die ihnen die junge Frau zugewiesen hatte, seinem Bruder gegenüber Platz. Sie überreichte ihnen die Speisekarten und beugte sich dann deutlich weiter als nötig über den Tisch, um das Besteck abzulegen.

Wow, daher kam also dieser überwältigende Blumenduft. Hatte sie in dem Parfüm gebadet? Was machte sie da überhaupt? Remi sah auf und bekam einen ziemlich guten Ausblick geboten. Himmel, der Frau fiel gleich etwas aus ihrer weißen Bluse. Remi wandte den Blick von ihren Brüsten ab, nur um gleich darauf ihrem zu begegnen.

»Ihre Kellnerin heißt Sally, sie kommt sofort zu Ihnen.« Sie zwinkerte. »Aber lassen Sie es mich wissen, falls es da etwas gibt, das ich für Sie tun kann.«

Hatte ihre Stimme schon so einschmeichelnd geklungen, als sie sie vorhin begrüßt hatte? Remi nickte und schenkte ihr ein höfliches Lächeln. Normalerweise hätte er zurückgeflirtet, aber unter den gegebenen Umständen war er nicht in der Stimmung.

Außerdem sagte ihm ihr Geruch nicht zu. Und das war eindeutig zu skurril, um länger darüber nachzudenken. Die Verrücktheiten, die damit einhergingen, ein Werwolf zu sein, hörten nie auf, ihn zu erstaunen.

Sterling grinste von einem Ohr zum anderen und klimperte mit den Wimpern. »Oh, das wird er, da bin ich mir ganz sicher.«

Remi biss sich auf die Unterlippe, um ein Lachen zu unterdrücken, und zog eine Augenbraue in Richtung der Kröte hoch. Die Platzanweiserin lächelte Sterling an, ehe sie Remi noch mit einem letzten Blick bedachte und dann verschwand.

Remi wartete, bis sie außer Hörweite war. »Was sollte das denn?«

Sterling zuckte mit den Schultern, aber seine Augen leuchteten vor Schadenfreude. »Hab nur versucht, dir zu helfen. Die steht total auf dich. Außerdem hast du mich schon immer als Frauenmagnet benutzt. Da dachte ich, ich dreh das noch ein bisschen höher. Du brauchst eine Freundin.« Sterling wickelte das Besteck aus der dunkelgrünen Stoffserviette.

»Ich benutze dich nicht als Frauenmagnet. Du scheinst sie nur immer von alleine anzuziehen.« Was absolut der Wahrheit entsprach. Remi hatte Sterling nie mitgenommen, um die Aufmerksamkeit von Frauen auf sich zu ziehen.

Nichtsdestotrotz hatte er sehr schnell herausgefunden, dass ein Teenager, der ein Kind mit sich herumschleppte, genau das tat. Scheiße, sogar als Remi Anfang zwanzig und Sterling in der Grundschule gewesen war, hatte er noch Telefonnummern zugesteckt bekommen und Angebote erhalten, bei denen er Sterling für gewöhnlich die Ohren zuhalten musste.

»Und ich brauche keine Freundin.« Ganz besonders keine, die in Parfüm badete.

»In letzter Zeit hattest du nicht gerade viele Dates.«

»Und wann genau wurdest du zu meinem Aufpasser ernannt?«

»Ich dachte…« Erneut zuckte Sterling mit den Schultern. »Sorry. Ich hab nur versucht, zu helfen. Du scheinst einsam zu sein. Du hängst kaum noch mit Chay rum und bleibst neuerdings lieber für dich allein – außer, du bist mit mir zusammen. Sie war hübsch, oder?«

Remi langte über den Tisch und griff nach Sterlings Hand. Er musste das hier auf der Stelle im Keim ersticken. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, während er versuchte zu lernen, ein Werwolf zu sein, war eine Freundin.

»Sie war ganz okay. Aber ich meine das ernst. Wenn ich ein Date will, organisier ich mir selbst eins.«

»Du solltest mit Chays Assistentin ausgehen. Tina ist nett.« Sterling grinste.

Aus irgendeinem unerfindlichen Grund tauchte Tinas Bruder, Jake, vor seinem inneren Auge auf. Jake war groß, dunkel und auf eine wilde, raue Art attraktiv. Und außerdem sprach er Remis Geruchssinn an.

Remis Schwanz wurde hart und er hätte schwören können, dass er Jake riechen konnte, aber es war nur seine Einbildung. Selbst wenn Jake tatsächlich im Restaurant gewesen wäre: Wer hätte bei den ganzen Leuten hier drinnen überhaupt irgendetwas riechen können? Und warum zur Hölle wurde er immer hart, wenn er an Jake dachte? Jake war ein Mann.

Remi stöhnte. Er sollte seinen Bruder davon abhalten, für ihn den Verkuppler zu spielen, und nicht versuchen, seine seltsamen Reaktionen auf einen anderen Mann zu analysieren. »Sterling…«

»Hmmm, was will ich denn essen?« Immer noch lächelnd, wandte Sterling den Blick ab, schnappte sich die Speisekarte und schlug sie auf. Ein rötlicher Fleck blitzte unter dem Ärmel seines langärmligen Shirts hervor. Es sah aus wie...

Das Übelkeitsgefühl, das Remi bis dahin verbannt hatte, kehrte mit aller Macht zurück. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand ein Messer ins Herz gerammt. Er packte Sterlings Hand und der ließ die Karte fallen.

»Was –?«

Remi zerrte den Ärmel beiseite und begutachtete die Blutergüsse. Sie entsprachen exakt der Form einer Hand. Jemand hatte Sterling am Handgelenk festgehalten – kräftig festgehalten. Weiter oben an seinem Arm wurden die Flecken größer.

Übelkeit stieg in Remis Hals hoch und ließ ihn hart schlucken. Er biss die Zähne zusammen und seine Sicht trübte sich. Wenn dieser Hurensohn Sterling wehgetan hatte…

»Wann? Wann ist das passiert? Hat Dirk dich geschlagen? Wo bist du sonst noch verletzt?« Er knurrte, obwohl er – sehr erfolglos – versuchte, die Wut aus seiner Stimme herauszuhalten.

Prügel, die er in der Vergangenheit bekommen hatte, geisterten durch sein Bewusstsein. Die Angst, der Schmerz und die Wut hatten mit dem Alter nicht nachgelassen. Es war schon schlimm genug, dass Sterling Zeuge der Gewalt ihres Vaters gegenüber ihrer Mutter und hin und wieder sogar gegenüber Remi geworden war, aber Remi würde um nichts in der Welt zulassen, dass der Bastard seinen kleinen Bruder schlug.

»Antworte mir.«

Sterlings Augen weiteten sich erschrocken. Langsam schüttelte er den Kopf. »Er hat mich nicht geschlagen.«

Noch nicht. Ihr Vater hatte Sterling noch nicht geschlagen, aber er würde es tun. Remi stand kurz davor, sich zu übergeben. Sogar jetzt noch, nach all der Zeit, hatte er panische Angst davor, dem alten Sack gegenüberzutreten, und hasste sich selbst für diese Schwäche. Irgendwie hatte er sich selbst eingeredet, dass schon alles in Ordnung kommen würde, wenn er nur der vorbildliche Sohn war. Er hatte versprochen, sich zu benehmen, solange Sterling nicht verletzt wurde, aber jetzt hatte er seinen Bruder aufgrund seiner eigenen Angst in diese Lage gebracht. Er hätte sich den Kleinen schon vor Jahren schnappen und mit ihm weglaufen sollen. Warum hatte er bloß geglaubt, dass das Arschloch seinen Teil der Abmachung einhalten würde?

Remi schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug. Ein warmer, frischer Geruch stieg in seine Nase und ein Gefühl der Ruhe überkam ihn. Nein, nicht wirklich Ruhe, er war alles, nur nicht ruhig. Es war seltsam, eher ein Gefühl der Sicherheit, als würde sich seine körperliche Anspannung ein wenig lösen, wenn sich nicht sogar der Nebel um seinen Kopf ein wenig lichtete.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter. »Remi. Ein Glück, dass ich dir hier über den Weg laufe. Ich hab etwas für dich, kannst du mit nach draußen kommen?«

Remi sah auf und direkt in ein kantiges Gesicht mit fast schwarzen Augen. »Jake, hey, äh…« Es war Jake gewesen, den er zuvor gerochen hatte.

Mit einem kurzen Blick auf Sterling legte Jake eine Hand um Remis Oberarm und zog daran. »Entschuldigst du uns kurz für einen Moment?«

Sterling murmelte etwas, aber Remi war zu beschäftigt damit, sich zu fragen, warum Jake ihn von seinem Platz zerrte, um die Worte zu verstehen. Ihm schwirrte der Kopf, sodass er kaum mitbekam, wo oben und unten war. Für einen ausgebildeten Feuerwehrmann eine ziemliche Seltenheit, aber in Anbetracht der Umstände und Jakes Nähe bezweifelte Remi, dass ihm das irgendjemand zum Vorwurf machen konnte. Nicht, dass er irgendjemanden wissen lassen würde, was Jake für eine Wirkung auf ihn hatte…

Stolpernd kam Remi auf die Füße. Er hatte gar keine andere Wahl, so wie Jake weiterhin an ihm herumzerrte. Was zur Hölle? Warum führte Jake ihn aus dem Diner? Auf halbem Weg zur Tür mobilisierte Remi genug Kraft, um seinen Arm zurückzuziehen.

»Was –?«

»Deine Augen. Komm schon.«

Hä? Seine Augen? Fuck. Alles um ihn herum war schwarz-weiß. Was vermutlich Jakes Schuld war. Jedes Mal, wenn Jake nur noch einen Meter von ihm entfernt stand – Oh Scheiße. Was, wenn Sterling was mitbekommen hatte?

Er folgte Jake zur Tür hinaus und zu seinem SUV, während er sich gleichzeitig darauf konzentrierte, Farben zu sehen, genau so, wie Keaton es ihm beigebracht hatte.

Jake öffnete die Wagentür und schob ihn auf den Sitz. Remi setzte sich und sah zu seinem… tja, seinem Freund auf. Während der letzten Monate, seit Remi ein Werwolf geworden war, war Jake zu einem Freund geworden. Trotz seiner Anstrengung, den anderen Mann zu meiden, fand Remi sich in Vollmondnächten für gewöhnlich doch an Jakes Seite wieder und sie gingen zusammen jagen.

»Wo bist du so plötzlich hergekommen?«

Den Arm gegen die Tür abgestützt, starrte Jake Remi an. Er nahm die verspiegelte Sonnenbrille, die er ins Haar hochgeschoben hatte, und reichte sie ihm. Verdammt, Jake war so groß... Er nahm die Sonnenbrille entgegen und setzte sie auf, dann schüttelte er den Kopf, um ihn freizubekommen.

»Ich hab dich gewittert, als du reingekommen bist. Ich wollte rüberkommen und kurz Hallo sagen, nachdem ich fertig gefrühstückt hatte, aber dein Geruch hat sich geändert. Also hab ich gedacht, ich versuche besser, dir zu helfen, die Dinge in den Griff zu bekommen.« Stirnrunzelnd sah Jake zum Diner hinüber und dann zurück zu Remi. »Alles okay?«

Zum Teufel, nein, nichts war okay. Er verspürte nicht länger den Adrenalinrausch, der von seiner Wut angestachelt worden war, aber nun musste er sich gegen seine Erregung zur Wehr setzen. Stöhnend vergrub Remi das Gesicht in den Händen. Verdammter Chay. Hatte ihn in einen Werwolf verwandelt und es geschafft, sein Leben noch komplizierter zu machen.

Remi hob den Kopf. »Alles gut.«

»Du wirst immer grundlos innerhalb weniger Sekunden wütend und dann panisch? Ja, klar, verarschen kann ich mich selbst. Was ist los, Remi?«

Wo er gerade von Arsch sprach… Jakes Arsch war… Und wo zur Hölle kam dieser Gedanke jetzt her?

Remi seufzte und für einen Moment dachte er darüber nach, Jake alles zu erzählen, aber er tat es nicht. Er hatte noch nie über Dirk gesprochen. Nicht einmal mit seinen Freunden. Auf keinen Fall würde er riskieren, dass noch jemand – insbesondere ein Freund – da reingezogen wurde. Er sah geradewegs in Jakes dunkle Augen und hoffte, dass er es einfach auf sich beruhen lassen würde.

»Das ist mein kleiner Bruder da drin.«

Jake wandte den Kopf und blickte zurück zum Diner. »Hab ich mir schon gedacht. Hübsches Kerlchen. Er sieht aus wie du.«

Remi folgte Jakes Blick und entdeckte Sterling am Fenster, ehe der sich außer Sichtweite duckte und zurück zu ihrem Tisch huschte. Er grinste. Ja, Sterling sah aus wie er, von den Augen mal abgesehen. Sterling hatte Dirks braune Augen. Nein, er hatte die Augenfarbe des Arschlochs. Sterlings Augen waren nicht so verschlagen und tot wie die des Hurensohns.

»Allerdings hab ich das nicht gefragt.«

Remi seufzte. War ja klar. Jake würde es nicht auf sich beruhen lassen.

»Ich will nicht drüber reden.« Er musste sich zusammenreißen und wieder reingehen. Jake zu erzählen, was er für ein Feigling war, wenn es um seinen Vater ging, kam nicht in Frage. Er musste mit seinen eigenen Verfehlungen leben. Das hier war sein Problem und er musste es in den Griff bekommen. Und dazu musste er mit Sterling sprechen. Farben. Konzentrier dich.

»Blau.«

»Hm?«

»Du trägst ein blaues Hemd.« Ein enges, dunkelblaues Hemd, unter dem sich Jakes Brustmuskeln abzeichneten und – Fuck, er sah schon wieder nur schwarz-weiß. Er musste sich auf irgendetwas anderes als Jake konzentrieren.

Jake lachte leise, ein tiefer, dunkler, sexy Laut. Der Kerl hätte damit ein Vermögen im Radio machen können. »Sie haben sich zurückverwandelt, nicht wahr?«

»Hat sich mein Geruch wieder verändert?«

»Japp.«

Konnten Werwölfe gegenseitige Anziehung riechen? Gott, er hoffte nicht. Er konnte es zumindest nicht. Nein, das stimmte nicht, er konnte alle möglichen Gerüche wahrnehmen, die die Menschen verströmten, aber er wusste nicht, was sie im Einzelnen bedeuteten.

Er lernte immer noch, die Beute zu wittern und die unterschiedlichen Düfte der Natur auseinanderzuhalten, wenn er jagen ging. Wie peinlich war es bitte, dabei erwischt zu werden, auf einen anderen Kerl scharf zu sein? Er war nicht schwul, verdammt noch mal.

Remi sah an dem großen Mann vorbei auf das Auto, das neben dem SUV parkte. Welche Farbe hatte es?

»Lass mich dir helfen, Remi.« Jakes tiefe Stimme klang weich wie eine Liebkosung. »Ich möchte dir helfen.«

Die Aufrichtigkeit in dem Tonfall war Remis Untergang. Mit geschlossenen Augen ließ er den Kopf nach vorne sinken. Scheiße, einfach unglaublich. Das kleinste Anzeichen von Besorgnis und er knickte ein.

Nein, das stimmte nicht, es lag an Jake. Remi hatte nie ein Problem damit gehabt, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, wenn seine Freunde versucht hatten, ihm zu helfen. Er hatte immer gewusst, dass ihre Hilfe alles nur noch schlimmer machen würde, nicht nur für ihn, sondern für jeden, der involviert war.

Aber mit Jake… irgendetwas an dem Mann gab Remi das Gefühl, dass er immer für ihn da sein würde.

Jakes Hand legte sich auf seine Schulter. »Tief durchatmen. Entspann dich. Wenn du dich wieder aufregst, hilft das bestimmt nicht dabei, deine Augen wieder normal werden zu lassen.«

Mit einem Nicken richtete er seine Aufmerksamkeit wieder an Jake vorbei und atmete tief durch. Irgendetwas strich über seine Wange und ließ ihn perplex zurück. Mit einem Ruck setzte Remi sich aufrecht hin und versuchte, herauszufinden, was gerade passiert war.

Jake starrte ihn an, die Augen riesengroß, und trat zurück.

Oh Fuck. Er hatte sich gegen Jakes Hand gelehnt und seine Wange an ihr gerieben. Was zur Hölle hatte er sich dabei gedacht? Er sah nach unten und versuchte, gelassen zu reagieren. »Tut mir leid, ich… äh, ich –«

»Kein Problem. Du hast mich nur überrascht. Erzähl mir von deiner Familie. Was ist mit Sterling?«

Meine Familie? Remis Kopf schoss hoch. Woher weiß er, dass es etwas mit Sterling zu tun hat? Wie hatte er vergessen können, dass Jake ein Privatdetektiv war? Vielleicht konnte er tatsächlich helfen...

»Kannst du jemanden für mich überwachen und Informationen über ihn einholen?« Er wusste verdammt genau, dass sein Vater ein korrupter Bulle war – genau das machte ihn ja so gefährlich. Aber vielleicht konnte Remi es beweisen und die Information den richtigen Leuten zuspielen und dabei müsste niemand erfahren, dass er oder Jake etwas damit zu tun hatten.

Jake legte den Kopf schief. »Darüber musst du mir erst mehr erzählen, aber ja, kann ich machen.«

Remi entspannte sich. Jetzt, da er sich eine Art Plan zurechtgelegt hatte, fühlte er sich deutlich besser. Er hatte zwar keine Ahnung, woher er die Kohle nehmen sollte, um Jake zu bezahlen, aber er würde sich schon etwas einfallen lassen. Sterling davor zu bewahren, was er selbst durchgemacht hatte, war es definitiv wert.

Er stand auf und Jake trat noch einen Schritt zurück, jedoch nicht schnell genug, bevor Remi einen ausgiebigen Hauch von ihm erhaschen konnte. Verdammt, er roch wild und männlich und – er tat es schon wieder. Wenn er wirklich zuließ, dass Jake ihm half, musste er unbedingt diese Vernarrtheit loswerden.

Remi schlug die Tür zu und wollte Jake die Sonnenbrille zurückgeben, aber der schüttelte den Kopf. »Behalt sie. Du wirst sie vielleicht noch mal aufsetzen müssen.«

Mit einem Nicken schob sich Remi die Sonnenbrille ins Haar. War wahrscheinlich keine schlechte Idee, wenn man bedachte, dass Jakes Nähe ihn immer total aus dem Konzept brachte.

»Na komm, ich stell dir meinen kleinen Bruder vor. Du kannst dein Frühstück mit zu uns an den Tisch bringen.«


 

Kapitel 2

 

 

Remi stopfte sich in dem Versuch, nicht über Jakes Gesichtsausdruck zu lachen, ein Stück Pfannkuchen in den Mund. Der arme Kerl. Sterling hatte Jake sofort mit Beschlag belegt. Und sobald sich Sterling erst einmal bei jemandem wohlfühlte… Remi hatte ihn seit Jahren nicht so gesprächig erlebt, aber Jake schien das endlose Geschnatter gelassen hinzunehmen. Er war von den ganzen Fragen nicht im Geringsten genervt.

»Jagst du manchmal auch Kleinkriminelle?« Sterling stützte die Ellenbogen auf den Tisch und lehnte sich vor.

»Du meinst, so wie ein Kopfgeldjäger?« Jake nickte bereits, während er noch schnell einen Schluck von seinem Orangensaft nahm. »Hin und wieder. Wobei eher Rhys für die Jagd auf flüchtige Verbrecher zuständig ist als ich.«

»Wer ist Rhys?« Remi runzelte die Stirn. Jake hatte ihn vorher noch nie erwähnt. Dann fiel ihm ein, dass er Jake noch gar nicht so gut kannte. Zwar hatte er die letzten drei Vollmonde mit dem Mann verbracht, aber da waren sie beide in Wolfsgestalt gewesen. Das war einer gepflegten Unterhaltung nicht gerade sehr zuträglich.

»Mein Geschäftspartner. Du bist ihm schon mal begegnet.«

»Nicht, dass ich wüsste.« Oder doch? Wann? Rhys war ein ungewöhnlicher Name, an den er sich mit Sicherheit erinnert hätte.

»Vor drei Wochen, als wir jagen waren.«

»Oh.« Ja sicher, Rhys war ein Wolf. Wie sollte Remi denn den Namen eines Wolfs kennen, der ein paar Stunden vor Sonnenaufgang zu ihnen gestoßen war? Er war ein großer, schwarzer Wolf, genau wie Jake und Chay. Scheiße, sogar wie er selbst. Sie sahen alle gleich aus.

Oh, na schön, das war fies gewesen. Remi brach in Gelächter aus, unfähig, es zurückzuhalten. Für einen Kerl, der selbst schon seine eigenen Erfahrungen mit Rassismus gemacht hatte, hätte er sich eigentlich schämen sollen.

Sterlings Kopf fuhr herum. »Was?«

Jake grinste ein bisschen verwirrt.

»Ignoriert mich einfach. Hab nur gerade an was Lustiges gedacht.« Immer noch lächelnd zuckte Remi mit den Schultern.

»Ähm, dir ist schon klar, dass das ein Zeichen für eine Geisteskrankheit ist, ja?«, stichelte Sterling.

Remi nahm einen Schluck von seinem Kaffee und fing Jakes Blick über den Rand seiner Tasse auf. »Japp. Und so was ist meist genetisch bedingt.«

Zustimmend brummte Jake, während er auf seinem Omelett herumkaute. »Und es soll mit jeder weiteren Generation stärker hervortreten.«

»Ja, das glaube ich sofort. Es zeigt sich besonders durch exzessives Geplapper.« Remi wandte seine Aufmerksamkeit Sterling zu, der neben ihm saß, und hob die Tasse erneut an seine Lippen.

Aufstöhnend rollte Sterling mit den Augen und stieß Remis Schulter mit seiner eigenen an.

Remi lachte, während er gleichzeitig seine überschwappende Kaffeetasse ausbalancierte. Er stellte sie auf dem Tisch ab und wischte sich mit der Serviette einen lauwarmen Tropfen von seinem Unterarm, ehe er Sterling mit dem Stück Stoff bewarf.

Darauf war Sterling nicht vorbereitet gewesen. Überrascht ruderte er wild mit den Armen, aber sobald er die Serviette aufgefangen hatte, flog Jakes über den Tisch und landete auf seinem Kopf.

»Okay, nicht fair.« Er riss sich die grüne Stoffserviette vom Kopf und versuchte, die beiden anderen finster anzustarren. »Ihr zwei verbündet euch gegen mich. Und seit wann gehst du überhaupt jagen, Remi?« Er warf Jakes Serviette zu ihm zurück. »Ich will auch.«

»Äh…« Scheiße. Remi blinzelte. Wie kam er da jetzt wieder raus?

Nachdem Jake die Serviette aufgefangen hatte, legte er sie zurück in seinen Schoß. »Wann hast du denn Zeit? Dann nehmen wir dich mit.«

Remi wusste nicht, ob er Jake dankbar sein sollte oder nicht. Nun musste er sich mit Fragen über das Jagen und wann er Sterling denn endlich mal mitnahm herumschlagen.

»Was jagt ihr denn?«

Woher zum Teufel sollte Remi wissen, was gerade auf dem Jagdkalender stand? War es Zeit für Rehe? Enten? Wachteln? Verdammt, er hatte nicht die geringste Ahnung. Er war noch nie mit einem Gewehr und so Zeugs zum Jagen losgezogen. »Enten.«

»Kaninchen«, antwortete Jake in derselben Sekunde.

Kacke. Beinahe hätte Remi laut aufgestöhnt.

»Ja, was denn nun?« Sterling runzelte die Stirn.

Jake begegnete seinem Blick, seine Augen blitzten. »Ein bisschen von beidem.«

Oh Mann, gerade noch mal gerettet. Remis Lippen zuckten. »Aber hauptsächlich Enten.«

»Oder Kaninchen.«

Sterling schnaubte genervt. »Ihr geht gar nicht wirklich jagen, oder?«

»Na klar gehen wir jagen. Normalerweise schießen wir nur nichts.« Was der absoluten Wahrheit entsprach. Sie jagten, fingen die Beute und brachen ihr das Genick. Remi grinste Jake an. Jake grinste zurück.

»Also kann ich beim nächsten Mal mitkommen, ehrlich?«, fragte Sterling.

»Sicher.« Jake hob eine Braue und sah Remi an. »Aber du musst ganz leise sein, um die Kaninchen nicht zu erschrecken. Oder die Enten.«

Remi konnte nicht anders und musste wieder lachen. Er würde sich einfach später Gedanken darum machen, wie er Sterlings zahllose Fragen zum Thema Jagen beantworten würde. Oh Mann, er mochte Jake. Na ja, zumindest, wenn er nicht gerade scharf auf ihn war.

Wo er gerade darüber nachdachte… die Vollmondnächte waren eins der wenigen Dinge, die ihm noch Spaß machten. In Wolfsgestalt herrschte ein angenehmes Schweigen zwischen ihnen. Eigentlich hätte es ihn nicht überraschen dürfen, dass er als Mensch genauso gut mit Jake klarkam. Bisher war er nur noch nie in Jakes Gegenwart gewesen, ohne dass er nicht nebenbei versucht hätte, die wölfische Seite in sich zu kontrollieren. Er stellte fest, dass er seine Gesellschaft genoss.

»Genau, weil Kaninchen sehr scheue, kleine Tiere sind. Und Enten auch.«

Jake lächelte. Ein breites, glückliches Lächeln. Es hellte sein Gesicht auf und ließ seine dunkelbraunen Augen funkeln. Und es schoss direkt in Remis Schwanz. Seine Sicht verschwamm und seine Fangzähne kribbelten im Zahnfleisch.

Fuck.

Remi zog sich Jakes Sonnenbrille aus seinen Haaren und setzte sie auf.

 

***

 

Lachend schob Sterling Remi durch die Tür vom Diner und schoss an ihm vorbei.

»Und was machen wir jetzt?« Er rannte über den Parkplatz zu Remis Motorrad. Als er sich zu Jake und Remi umdrehte, hatte er ein gigantisches Grinsen im Gesicht. »Darf ich fahren?«

Jake lachte leise. Sterling war genau so, wie ein kleiner Bruder sein sollte, wie ein verspielter, kleiner Welpe, lebhaft und voller Energie. Er war nicht nur klug und niedlich, sondern auch sympathisch. Jake argwöhnte, dass der Kleine noch nie jemandem begegnet war, den er nicht um den Finger wickeln konnte.

Während er Jake seine Sonnenbrille zurückgab, schüttelte Remi schnaubend den Kopf. »Nicht in der Stadt.«

Mit ein wenig Abstand folgte Remi Jake zu seinem Motorrad. Er steckte den Schlüssel in die Zündung und blinzelte dann zu Jake hinüber. Die Sonne erwischte seine Augen genau im richtigen Winkel und brachte die ungewöhnliche grüne Farbe zum Leuchten.

»Vielleicht können wir morgen irgendwann zusammen ein Bier trinken gehen und darüber reden, was wir vorhin besprochen haben?«

Verdammt, seine Augen waren unfassbar schön. Das erste Mal, als Jake sie gesehen hatte, hatte er geglaubt, Remi würde Kontaktlinsen tragen. Tat er aber nicht. Selbst in Wolfsgestalt funkelten seine Augen wie ein reiner Peridot-Diamant. Er musste unbedingt damit aufhören, so zu denken.

Er setzte seine Sonnenbrille auf. Wenn er sich zu sehr gehen ließ, würde seine eigene Erregung Remis triggern. Und Remi war nicht einmal annähernd so gut darin, sie zu verstecken, wie Jake.

Jake zwang sich dazu, seine Gedanken lange genug von dem durchdringenden Grün abzuziehen, um eine Antwort zustandezubringen. »Sicher. Du hast meine Telefonnummer?«

»Ja, du hast sie mir gegeben, als du auf Keaton aufgepasst hast.« Remi schnappte sich den Helm, der am Lenker hing, ehe er ein Bein über den Sitz schwang. Nachdem auch Sterling einen Platz auf dem Motorrad gefunden hatte, reichte Remi den Helm zu ihm nach hinten.

Sterling nahm den Helm entgegen, als sein Kopf zur Seite zu Jake ruckte. »Du hast auf Keaton aufgepasst? Wie ein Bodyguard oder so was? Das ist so cool. Warum brauchte Keaton überhaupt einen Bodyguard? Gab's Probleme am College? Hat er einen Studenten durchfallen lassen oder so? Oh.« Sterlings Augen weiteten sich. »Oder war es, weil er schwul ist?«

Mit zusammengezogenen Brauen kniff Remi Sterling ins Bein.

»Auu.« Der Kleine heulte auf und starrte seinen Bruder finster an. »Was?«

»Psst… das ist unhöflich.« Remi sah zu Jake auf. »Sorry, Jake, ignorier ihn ein–«

»Warum ist das unhöflich? Ich bin nur neugierig. Vielleicht will ich später ja auch mal Privatdetektiv werden. Für den Fall muss ich so was wissen«, schoss Sterling zurück.

Fasziniert beobachtete Jake die beiden. Mit einem Schnauben verdrehte Remi in Sterlings Richtung die Augen und warf einen grimmigen Blick über seine Schulter. Als er sich umwandte, fiel seine Baseballjacke vorne auseinander und das enge, schwarze T-Shirt spannte sich straff über seinen Muskeln.

»Du bist eine Nervensäge und Jake hat Besseres zu tun, als deine endlosen Fragen zu beantworten. Außerdem dachte ich, du willst Feuerwehrmann werden.«

Jake schmunzelte, obwohl er nur mit einem Ohr dem gutmütigen Gezanke der Geschwister lauschte. Er hatte genug damit zu kämpfen, seinen Blick von Remis Brust abzuwenden. Auch wenn er wusste, was sich unter der Kleidung verbarg, da er Remi schon bei seiner Verwandlung zugesehen hatte, hatte es etwas sehr Verführerisches an sich, wie sich die kantigen Brustmuskeln unter dem Stoff abzeichneten. Es ließ Jakes Finger kribbeln; sie wollten berühren.

Er würde es lieben, diese Nippel zu zwicken und Remi dabei zu beobachten, wie er sich unter ihm wand und nach mehr verlangte, nach ihm verlangte. Remis Haut würde vor Schweiß feucht glänzen und –

Jake riss sich aus seinen Träumereien. Remi war hetero. Es lag durchaus im Bereich des Möglichen, dass er nie wirklich Jakes Gefährte werden würde, geschweige denn, sich Jakes dominanteren Tendenzen unterordnen.

Sterling zuckte mit den Schultern und lenkte damit Jakes Aufmerksamkeit auf sich. »Okay, schön, ich bin eine Nervensäge.« Er setzte sich den Helm auf. »Ich will es nur wissen, weil ich Keaton mag. Mir egal, was Dirk dazu –«

Remi ließ den Motor aufheulen.

Interessant. Jake fragte sich, was er da wohl gerade verpasst hatte.

»Ich ruf dich später an.« Remi neigte das Motorrad ein wenig zur Seite, um den Ständer mit dem Fuß einzuklappen. Er trug keinen Helm.

Sterling schlang die Arme um Remis Taille. »Bye, Jake.«

»Stopp.« Jake packte Remis Arm. Nie im Leben würde er zulassen, dass sein Gefährte ohne einen Helm losfuhr. Werwolf oder nicht, eine Kopfverletzung konnte jeden töten. Wölfe mochten schneller heilen als Menschen, aber tot war tot.

Fuck. Sobald Jake ihn berührt hatte, veränderte sich Remis Geruch. Er wurde schwerer – erregt – und schoss Jake direkt zwischen die Beine. Remis dunkle Augenbrauen zogen sich zusammen. Das Grün breitete sich in das Weiß seiner Augen aus und sein warmer Arm verspannte sich unter Jakes Hand.

»Was ist?«

Mit einem Räuspern ließ Jake Remis Arm los. »Wo ist dein Helm?« Jake reichte Remi seine Sonnenbrille und schaute aus dem Augenwinkel zu Sterling.

Remi musste so hart schlucken, dass sein Adamsapfel auf und ab hüpfte, er blinzelte und setzte die Sonnenbrille auf. Mit dem Daumen deutete er über seine Schulter nach hinten. »Ich war so in Eile, dass ich seinen Helm vergessen habe. Also trägt er meinen.«

Jetzt galt es, ein wenig Fingerspitzengefühl an den Tag zu legen. Wenn Jake verlangte, dass Remi auf seine Sicherheit achten sollte, würde ihm das wahrscheinlich ziemlich sauer aufstoßen.

»Wie wär's, wenn Sterling bei mir mitfährt und ich dir bis zu dir nach Hause hinterherfahre? Dann musst du nicht ohne Helm fahren.«

Remi schüttelte den Kopf. »Ich –«

»Na komm, Sterling. Auf dem Weg verrate ich dir noch ein bisschen mehr über das Leben als Privatdetektiv.« Jake hielt dem Kleinen eine Hand hin. Ein Nein als Antwort würde er nicht akzeptieren.

Wie erwartet grinste Sterling und löste seinen Helm. »Cool. Willst du den Tag heute mit uns verbringen? Hey, Remi, können wir ein paar Bälle werfen?«

Remi drehte den Kopf. »Sterling…«

Sterling schwang ein Bein über den Sitz, sprang vom Motorrad und drückte Remi den Helm in die Arme. Seufzend nahm Remi ihn an. »Jake, sicher, dass das okay für dich ist? Ich meine, wenn du arbeiten musst oder –«

»Absolut okay.« Jake lächelte. Es war vielleicht ein bisschen hinterhältig, aber er hatte soeben den Schlüssel zu seinem Gefährten gefunden, und er würde ihn definitiv benutzen.

Er schaute zu Sterling, der ungeduldig auf seinen Zehen herumwippte. Wenn er über Sterling näher an Remi herankam… dann sollte es so sein. Glücklicherweise mochte Jake den Kleinen, deshalb würde er ihn weniger benutzen, als vielmehr auch ein Auge auf ihn haben. Von dem, was er von dem Gespräch zwischen Remi und Sterling mitbekommen hatte, bevor er Remi nach draußen gezerrt hatte, konnte der Kleine jeglichen Schutz und jede Unterstützung gebrauchen, die er bekommen konnte.

Eine Hand auf Sterlings Schulter gelegt, führte Jake ihn zu seinem Chevy hinüber. »Bälle werfen?«

»Japp, Football. Ich will nächstes Jahr versuchen, in das Junior-Schulteam zu kommen.«

Remi fuhr neben sie, den Helm auf dem Kopf, und deutete warnend auf Sterling. »Benimm dich.« Er winkte Jake zu. »Wir sehen uns bei meiner Wohnung.«

Oh ja, das würde wunderbar funktionieren. Jake nickte und drückte einen Knopf an seinem Schlüssel, um den schwarzen Tahoe zu entriegeln. Sterling kletterte in den Wagen und legte den Sicherheitsgurt an.

Als Jake die Tür auf seiner Seite öffnete und auf den Fahrersitz rutschte, beobachtete Sterling ihn mit schief gelegtem Kopf. Auch als Jake den Wagen startete und rückwärts aus der Parklücke fuhr, blieb er stumm. Das war wahrscheinlich kein gutes Zeichen, wenn man bedachte, wie viel der Kleine sonst redete.

»Was ist los? Plötzlich bist du ziemlich schweigsam, ich dachte, du bist neugierig auf meine Arbeit?«

»Vor wem hast du Keaton beschützt?«

Einem psychopathischen Werwolf. »Das musst du Keaton fragen. Schweigepflicht und so.«

»Ich sehe Keaton nicht besonders oft. Remi nimmt mich kaum noch mit, wenn er zu Chay geht.«

»Warum nicht?«

Sterling blinzelte. »Dirk, äh, ich meine, unser Vater…« Er drehte den Kopf weg.

Jake lag die Frage auf der Zunge, warum Sterling seinen Vater Dirk nannte, aber er war begierig darauf, mehr über Remis Vater zu erfahren und warum der Mann Keaton nicht mochte.

»Euer Vater… was?«

»Bist du schwul?«

»Wie bitte?« Jake trat ein bisschen heftiger als nötig auf die Bremse und der SUV kam mit einem Ruck zum Stehen.

»Bist du schwul?«

Okay, diese Frage hatte er nicht erwartet. Außerdem hatte er keine Ahnung, wie er sie beantworten sollte. Er fuhr wieder an und vom Parkplatz herunter, um Remis Wohnung anzusteuern. Er wollte Sterling nicht anlügen, aber er war sich nicht sicher, ob es gut war, es dem Kleinen zu sagen, da er und Remi sich so nahestanden.

Laut Chay hatte Remi leicht homophobe Tendenzen. Remi he-rausfinden zu lassen, dass Jake schwul war, war eventuell nicht der beste Weg, sich ihm anzunähern. Und wie verdammt beschissen war es, dass er möglicherweise nie die Gelegenheit dazu bekommen würde, seinen Gefährten in Besitz zu nehmen, weil der hetero war?

»Du musst es mir nicht sagen.« Sterling zuckte mit den Schultern. »Ich bin nur neugierig. Aber ich hab gesehen, wie du Remi ansiehst.«

Na wunderbar. Ein Plappermaul und auch noch aufmerksam. »Und das ist deine Art, mir zu sagen, ihn in Ruhe zu lassen?«

Sterling schmunzelte und schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn ich will, dass du ihn in Ruhe lässt, sage ich das auch. Remi ist für mich eher ein Vater als ein großer Bruder und ich liebe ihn sehr. Ich will, dass er glücklich ist, aber im Moment mache ich mir Sorgen um ihn. Er braucht Freunde.«

»Und was macht es für eine Freundschaft mit deinem Bruder für einen Unterschied, ob ich schwul bin oder nicht?« Falls es immer noch Probleme zwischen Remi und Chay geben sollte, hatte Jake sie nicht mitbekommen. »Soweit ich weiß, steht Remi auf Frauen.«

»Dir gegenüber verhält sich Remi anders.«

Wusste der Kleine etwas oder spielte er nur mit Jake? In dem Versuch, ein Gefühl für ihn zu bekommen, warf Jake einen Blick zu ihm hinüber.

Sterling starrte aus dem Fenster. Er schien gelassen zu sein. »Er hatte seit Jahren kein einziges Date mehr.«

»Das beantwortet aber immer noch nicht meine Frage, Kleiner. Willst du damit sagen, dass es ihn immer noch stört, dass Chay mit Keaton zusammen ist?«

»Nee, er ist nur im ersten Moment ein bisschen ausgeflippt, weil er Angst hatte, dass Dirk es herausfinden könnte. Chay ist sein bester Kumpel und er wollte nicht, dass Dirk ihn dazu zwingt, den Kontakt zu Chay abzubrechen. Remi mag sogar Keaton, obwohl er hin und wieder das Gegenteil behauptet.«

Für ein paar Sekunden blieb Sterling still. Jake spürte die stumme Musterung. Er drehte den Kopf und begegnete Sterlings Blick.

Schließlich tat Sterling einen tiefen Atemzug und nickte. »Na ja, alles, was ich weiß, ist, dass ihr gut miteinander auskommt. Er verhält sich wie er selbst, wenn du in der Nähe bist. Bei dir fährt er seine Schutzschilde runter. Das macht er bei niemandem außer bei mir.«

Jake hatte gedacht, dass die Veränderung an Sterlings Anwesenheit lag. Lag es also eher daran, dass außer Sterling niemand anderes da war, anstatt daran, weil Sterling da war? Remi war heute Morgen anders gewesen. Normalerweise tendierte er dazu, wachsamer zu sein. Für gewöhnlich hatte er eine größere Klappe. Jake hatte das schon immer für eine Fassade gehalten.

»Remi ist ein erwachsener Mann, ich sehe also keinen Grund, warum die Meinung seines Vaters – Dirks Meinung eine Rolle spielt, wenn Chay doch sein bester Freund ist.« Aber es war eine fantastische Offenbarung und ließ Jake hoffen. »Und warum zum Teufel nennt ihr euren Vater Dirk? Er ist dein und Remis richtiger Vater, oder nicht?«

»Ja.«

»Warum nennt ihr ihn dann Dirk?«

Sterling zuckte mit den Schultern. »Er will nicht, dass wir Dad zu ihm sagen.«