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Regula Julia Leemann, Moritz Rosenmund, Regina Scherrer, Ursula

Streckeisen und Beatrix Zumsteg (Hrsg.)

Schule und Bildung aus soziologischer Perspektive

Ein Studienbuch für Lehrpersonen in Aus- und Weiterbildung

ISBN Print: 978-3-0355-0358-6

ISBN E-Book: 978-3-0355-0691-4

1. Auflage 2015
Alle Rechte vorbehalten
© 2015 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.ch

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1 | Moritz Rosenmund

Bildung als soziale Institution: Prozesse und Formen der Institutionalisierung

Einleitung

1Zwei Ansichten sozialer Institutionen

1.1Institutionalisierung im sozialen Mikrokosmos

1.2Das Bildungswesen im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang

2Institutionalisierung als historischer Prozess

2.1Die Entwicklung organisierter Bildung in der Neuzeit

2.2Institutioneller Wandel im Zeitalter der Nationenbildung

2.3Die Ausbreitung der weiterführenden Bildung

2.4Das Bildungswesen als globale Institution

3Institution als soziologischer Begriff

4Literatur

Kapitel 2 | Ursula Streckeisen

Zur Soziologie des Lehrberufs
Geschichte, gesellschaftliche Lage und berufliches Selbstverständnis: Das Beispiel von Lehrerinnen und Lehrern an Volksschule und Gymnasium

Einleitung

1Berufs- und professionstheoretische Erörterungen

1.1Zum Berufsbegriff

1.2Zum Professionsbegriff

1.3Alte und neue Professionen

2Geschichte und aktuelle Entwicklung des Lehrberufs

2.1Mittelalterliche Anfänge: Lehrmeister und gelehrte Mönche

2.2Renaissance und Reformation: Küsterlehrer und Theologen

2.3Die Aufklärung und der Aufstieg der Pädagogik

2.4Die Verberuflichung der Lehrtätigkeit im 19. Jahrhundert

2.5Tertiarisierung der Volksschullehrerausbildung und Wandel der Gymnasiallehrerausbildung im 20. Jahrhundert

2.6Deprofessionalisierung der Lehrberufe im 20. und 21. Jahrhundert

3Berufliche Spannungen und das Selbstverständnis moderner Lehrkräfte

3.1Die pädagogischen Aufgaben der Lehrkräfte

3.2Die Selektionsaufgaben der Lehrkräfte

3.3Die Spannung zwischen pädagogischen und Selektionsaufgaben im beruflichen Selbstverständnis von Volksschullehrkräften

4Zusammenfassendes Fazit

5Literatur

Kapitel 3 | Regula Julia Leemann

Zum gesellschaftlichen Wert, den Funktionen und der (ungleichen) Verteilung von Bildung

Einleitung

1Bildung als gesellschaftlicher Wert

1.1Institutionalisierung von Wert

1.2Zertifizierung von Bildung

2Funktionen des Bildungssystems

2.1Qualifikations- und Sozialisationsfunktion

2.2Selektions- und Allokationsfunktion

2.3Legitimationsfunktion

2.4Ideologie der Chancengleichheit in Bildung und Beschäftigung

3(Ungleiche) Verteilung von Bildung

3.1Legitime Bildungsungleichheiten

3.2Illegitime Bildungsungleichheiten

4Literatur

Kapitel 4 | Regula Julia Leemann

Mechanismen der Herstellung und Reproduktion von Ungleichheiten im Bildungsverlauf

Einleitung

1Bildung als Mittel der Reproduktion und Legitimation von sozialen Ungleichheiten

1.1Gesellschaft: sozialer Raum und Klassen

1.2Eine Schule für die Privilegierten – von der ‹Illusion der Chancengleichheit›

1.3Unterschiedliche familiäre Sozialisationsmilieus – Kapitalien und Habitus

1.4Die ungleichen Wertigkeiten von Kapital – das legitime Kapital

1.5Habitus – oder Bildung als Mittel zur sozialen Absetzung

1.6Distinktion, symbolische Kämpfe und symbolische Gewalt

1.7Analysen von Mikroprozessen der Reproduktion von Bildungsungleichheiten – Familie und Kindergarten

2Bildungsungleichheiten als Ergebnis individuellen rationalen Bildungsverhaltens

2.1Sekundäre Herkunftseffekte – die Theorie der rationalen Entscheidungswahl (Rational Choice)

2.2Das rational handelnde und Nutzen maximierende Individuum

2.3Ungleichheiten bei der Kosten-Nutzen-Risiko-Abschätzung von Bildung

2.4Das Modell des rationalen Bildungsverhaltens

2.5Die Perspektive auf die Bildungslaufbahn

3Bildungsorganisationen als Orte der Herstellung von Bildungsungleichheiten

3.1Schule als Organisation – die «effiziente Schulwelt» und weitere Schulwelten

3.2Handlungskoordination durch formale Regelungen, informelle Abläufe, Routinen und Erwartungen

3.3Zum Umgang der Organisation Schule mit Heterogenität

3.4Organisationale Rahmenbedingungen der Leistungshomogenisierung einer heterogenen Schülerschaft

3.5Die Frage der Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Schule

3.6Das Zustandekommen von Selektionsentscheidungen und deren Rechtfertigungen

3.7Mechanismen der Diskriminierung

3.8Institutionelle Diskriminierung im Bildungsbereich

4Literatur

Kapitel 5 | Regina Scherrer und Beatrix Zumsteg

Bildungsverlauf als Teil des Lebensverlaufs in westlichen Gesellschaften

Einleitung

1Lebensverlauf

1.1Lebensverlauf und Lebensverlaufsmuster

1.2Episoden, Statuspassagen und Pfadabhängigkeiten

1.3Lebensverlauf in westlichen Gesellschaften – Entwicklung und Wandel

1.4Lebensverlauf heute – eindeutiges Muster oder Vielfalt?

2Bildungsverlauf

2.1Exkurs: (Aus-)Bildungssystem der Schweiz

2.2Statuspassagen und Bildungspfade im (Aus-)Bildungssystem

3Zusammenspiel von Bildungs- und Lebensverlauf

3.1Die Bedeutung der Volksschule im Bildungsverlauf

3.2(Aus-)Bildungsabschluss und Erwerbszyklus: Positionierung auf dem Arbeitsmarkt

3.3(Aus-)Bildungsabschluss und Familienzyklus: Partner- und Partnerinnenwahl und generatives Verhalten

4Lebens- und Bildungsverlauf – gesellschaftlich geprägt und verschränkt

5Literatur

Kapitel 6 | Moritz Rosenmund

Lebenslanges Lernen: Neuausrichtung der Bildungssysteme moderner Gesellschaften im Zuge des sozialen Wandels

Einleitung

1Von den bildungspolitischen Postulaten zur soziologischen Problemstellung

2Das dynamische Feld Bildungswesen (B) – Individuum (I) – weiterer sozialer Kontext (K)

2.1Entwicklung des Bildungswesens (B)

2.2Entwicklung des Individuums (I)

2.3Entwicklung des umfassenden sozialen Kontexts (K)

3Wechselwirkungen im dynamischen Feld von Individuum, Bildungswesen und Kontext

3.1Lebenslanges Lernen als institutioneller Wandel des Bildungswesens in einem sich verändernden Kontext

3.2Lebenslanges Lernen als Antwort auf pluralisierte Problemlagen des modernen Menschen

3.3Das Lebenslange Lernen als fundamentale Herausforderung der Bildungsinstitution

4Fazit

5Literatur

Vorwort

Der Bereich Bildung und Erziehung ist in der Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerbildung in jüngerer Zeit fast ausschliesslich von den Disziplinen Pädagogik, Psychologie und Didaktik bearbeitet worden. Dies sind gewiss die einschlägigen Bezugsdisziplinen, wenn es um das Lehren und Lernen sowie um die persönliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler geht.

Bildung und Erziehung findet jedoch in einer gesellschaftlichen Einrichtung – der Schule – statt. Deren inneres Gefüge und ihr Regelwerk wie auch der weitere gesellschaftliche Kontext, mit dem sie auf vielfältige Weise verknüpft ist, prägen wesentlich den Rahmen, in dem sich Lehren, Lernen und Entwicklung vollziehen. Aber auch ausserschulische Faktoren beeinflussen zunehmend die Bildungsprozesse und Bildungswege der Gesellschaftsmitglieder. Im Berufsalltag finden sich Lehrpersonen und Bildungsverantwortliche oft in Situationen wieder, die ohne ein Verständnis gesellschaftlicher Zusammenhänge schwer zu deuten und dementsprechend schwer zu bewältigen sind. In solchen Situationen ist gesellschaftswissenschaftliches Grundwissen hilfreich, ja oft geradezu unverzichtbar.

Vor diesem Hintergrund muss es eigentlich überraschen, dass die Soziologie zumindest in der Schweiz recht spät und zögerlich als eigenständiges Fach in die Lehrerinnen- und Lehrerbildung Einzug gehalten hat. Zwar finden soziologische Konzepte und Theorien im Lehrangebot anderer Fächer seit längerer Zeit Berücksichtigung und tragen dabei durchaus zum Verständnis von Problemen bei, die sich bei der Gestaltung von Lern- und Entwicklungsprozessen stellen. Sehr oft werden sie jedoch in einer rein individualistischen Perspektive verwendet und aus den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen herausgelöst und damit verkürzt.

Das hier vorliegende Studienbuch stellt Schule und Bildung aus einer Strukturperspektive dar – ohne dabei die wichtigsten Akteure, Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und deren Handeln aus dem Blick zu verlieren. Es werden genuin soziologische Zugänge zum Berufsfeld von Lehrpersonen sowie Bildungsverantwortlichen dargestellt und, wo immer möglich, mit empirischen Studien und Daten zu den Verhältnissen in der Schweiz unterlegt. Vor diesem Hintergrund sollen Studierende in Aus- und Weiterbildung den eigenen Beruf und das schulische Feld mit seinen spezifischen Anforderungen, Spannungsfeldern, Problemen und Entwicklungen besser verstehen und auf individueller wie institutioneller Ebene das Spektrum von Antwort- und Bearbeitungsmöglichkeiten ausloten können.

Das Studienbuch richtet sich zunächst an Studierende der Pädagogischen Hochschulen, aber auch an Lehrpersonen in der Weiterbildung und Weiterqualifizierung an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten sowie an Personen, welche sich für die Steuerung und Leitung von Bildungsorganisationen qualifizieren. Nicht zuletzt soll der Band für die forschungsbasierten Aus- und Weiterbildungselemente von Pädagogischen Hochschulen Grundlagen liefern und mögliche Ansätze aufzeigen. Die Texte des Buches lassen sich in Seminarveranstaltungen, Vorlesungen und im Rahmen des Selbststudiums einsetzen.

Die Autorinnen und der Autor des vorliegenden Studienbuches verfügen über mehrjährige Lehrerfahrung an Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz. Vorfassungen der meisten Kapitel sind mit Studierenden erprobt worden. Die Autorinnen und der Autor bedanken sich an dieser Stelle für die Übernahme der Druckkosten durch das Institut Sekundarstufe I/II der Pädagogischen Hochschule Nordwestschweiz. Dank gilt auch den Pädagogischen Hochschulen Zürich, Nordwestschweiz und Bern für die finanzierte Arbeitszeit, welche der Autor und die Autorinnen für die Überarbeitung ihrer Kapitel einsetzen konnten.

Basel, Zürich und Bern, im August 2015

Regula Julia Leemann, Moritz Rosenmund, Regina Scherrer,
Ursula Streckeisen, Beatrix Zumsteg

KAPITEL 1

Bildung als soziale Institution: Prozesse und Formen der Institutionalisierung1

Moritz Rosenmund

Einleitung

Wenn sich die Soziologie mit Schule und Bildung befasst, so tut sie es namentlich aus zwei Blickwinkeln. Entweder richtet sie den Blick auf das, was man gemeinhin das Bildungs-, Erziehungs- oder Schulwesen nennt, also auf die Gesamtheit der Einrichtungen, die in der einen und anderen Weise Beiträge zur Bildung von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen und älteren Menschen leisten. Anders als jene Disziplinen, die sich mit dem Unterrichten und Lernen befassen, interessiert sie sich in diesem Zusammenhang für die gesellschaftlich verankerte Ordnung, in deren Rahmen Lehr- und Lernprozesse stattfinden.

Aus einer zweiten Perspektive interessiert sich die Soziologie für Bildung als ein gesellschaftlicher Wert: Bildung wird in unserer Welt als etwas Erstrebenswertes angesehen; dies sowohl aus Sicht der einzelnen Menschen wie auch aus Sicht der ganzen Gesellschaft. Entsprechend bemühen sich nationale und im Falle der Schweiz kantonale Bildungsverwaltungen sowie Lehrpersonen darum, das Gut ‹Bildung› hervorzubringen. Und ein wachsender Teil der Bevölkerung ist damit beschäftigt, sich Bildungsgüter anzueignen, also Kompetenzen und Qualifikationen zu erwerben und Abschlusszertifikate zu erlangen. Neben Fragen, wie dies am besten zu bewerkstelligen sei, stellen sich in diesem Zusammenhang auch Fragen der Verteilung. Wer soll wie viel von dem kostbaren Gut erwerben können? Welche Ursachen sind für eine ungleiche Verteilung verantwortlich und welche Folgen ergeben sich aus dieser?

Während dieser zweite Aspekt später ausführlich behandelt wird (vgl. Kapitel 3), wird in diesem Kapitel dargelegt, wie sich Bildung in der ersten Perspektive als soziale Institution beschreiben lässt. Dazu ist es zunächst erforderlich, den Begriff mit Inhalt zu füllen und ihn sodann zu Schule und Bildung in Beziehung zu setzen (Abschnitt 1). Dabei erweist es sich als nützlich, den Institutionsbegriff aus zwei Blickwinkeln zu bestimmen, nämlich einerseits aus einer Perspektive ‹von unten›, die sich für den alltäglichen Handlungszusammenhang menschlicher Subjekte interessiert (Abschnitt 1.1), anderseits ‹von oben›, das heisst ausgehend von einem Blick auf den gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang (Abschnitt 1.2).

Dabei wird rasch deutlich werden, dass sich die Bildungsinstitution kaum angemessen beschreiben und verstehen lässt, wenn man nicht auch ihre Entstehung und historische Entwicklung in Betracht zieht. Der zweite Teil des Kapitels vermittelt deshalb einen kurzen Abriss der Institutionalisierung, das heisst der Entwicklung und Verfestigung des Bildungswesens als eines eigenen Bereichs der Gesellschaft, über die vergangenen fünf Jahrhunderte. Dabei geht es nicht um die möglichst lückenlose Darstellung einer Chronologie, sondern darum herauszuarbeiten, wie sich einige Grundmerkmale des uns heute vertrauten Bildungswesens über die Zeit hinweg herauskristallisiert und verfestigt haben. Die Darstellung erfolgt in vier Schritten: Auf die Beschreibung der Herausbildung eines dreigeteilten Schulwesens in der ständischen Gesellschaft (Abschnitt 2.1) folgt eine Diskussion des Wandels, dem es im Übergang zu einer offeneren Gesellschaftsordnung und im Rahmen der Nationenbildung unterworfen war (Abschnitt 2.2). Die beiden folgenden Abschnitte thematisieren die ‹Erfolgsgeschichte› der Bildung im 20. Jahrhundert, nämlich einerseits deren Erweiterung um Formen sekundärer und tertiärer Bildungseinrichtungen (Abschnitt 2.3) und andererseits die Institutionalisierung von Bildung im globalen Massstab (Abschnitt 2.4).

Der letzte Teil (Abschnitt 3) führt wieder zum Ausgangspunkt zurück. Dabei wird versucht, den Begriff der sozialen Institution als soziologisches Konzept etwas systematischer zu fassen. Wenn dabei von einer «sozialen Institution» die Rede ist, so bezeichnet dieser Begriff über das ganze Kapitel hinweg nicht etwa solche Organisationen, die sich in irgendeiner Weise besonders um benachteiligte Menschen kümmern: Das Beiwort «sozial» ist vielmehr gleichbedeutend mit «gesellschaftlich». Wie man noch sehen wird, kann es sich auf Einrichtungen unterschiedlichster Art beziehen.

1Zwei Ansichten sozialer Institutionen

Wer sich mit dem Begriff der sozialen Institution befasst, sieht sich mit einem Paradox konfrontiert. Auf der einen Seite handelt es sich dabei um eine sehr gebräuchliche, häufig verwendete Wortverbindung, anderseits aber sind deren Konturen äusserst unscharf, weil sie in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen auftauchen. Dies gilt gewiss für die Alltagssprache, in der zuweilen so unterschiedliche Dinge wie die AHV, die Familie oder das Stimm- und Wahlrecht, aber auch ein Jugendheim oder eine Pädagogische Hochschule als ‹Institutionen› charakterisiert werden. Es gilt jedoch auch für die Soziologie, für die der Institutionsbegriff zwar eines der zentralen Konzepte darstellt, der es jedoch nicht gelungen ist, sich auf eine einzige, überzeugende Definition zu verständigen.

Ein Hauptgrund dafür dürfte darin zu suchen sein, dass das, was der Begriff aus Sicht des Fachs bezeichnet, vom Blickwinkel abhängig ist, den man beim Versuch einnehmen kann, die ‹Architektur› von Gesellschaft zu beschreiben. Das vorliegende erste Kapitel versucht dies exemplarisch an zwei Zugängen aufzuzeigen, die im Verlauf der soziologischen Theorieentwicklung ausgearbeitet wurden. Es handelt sich zum Ersten um die Theorie von Peter L. Berger und Thomas Luckmann, die den Institutionsbegriff ausgehend vom elementaren Handlungszusammenhang von zunächst zwei, später dann mehreren Menschen entwickeln, zum Zweiten um den Vorschlag von Émile Durkheim, der soziale Institutionen als gegeben annimmt und ganze Gesellschaften als Zusammenhang und Zusammenwirken solcher Institutionen untersucht.

Es kann sich bei der Gegenüberstellung der beiden Ansätze nicht darum handeln, ‹die› angemessene soziologische Definition des Begriffs der sozialen Institution herauszudestillieren. Vielmehr soll deutlich gemacht werden, dass sich Phänomene, die sich im Zusammenhang mit Schule und Bildung beobachten lassen, aus unterschiedlichen Perspektiven beschreiben lassen und dass daraus auch unterschiedliche Darstellungen und Erklärungen von ein und demselben Phänomen resultieren können. Wer nach einer einzigen, in Fachkreisen allgemein anerkannten Definition des Institutionenbegriffs sucht, sieht sich enttäuscht. Dafür ist der begrifflich zu bestimmende Gegenstand zu vielgestaltig und komplex. Wie im Schlussabschnitt des Kapitels noch zu zeigen ist, lassen sich aber immerhin ein paar grundlegende Merkmale benennen, die für Institutionen charakteristisch sind.

1.1 Institutionalisierung im sozialen Mikrokosmos

Beginnen wir mit der Erzählung einer Begebenheit, die sich tatsächlich so zugetragen hat: Die ehemaligen Schülerinnen und Schüler einer Primarschulklasse begegnen sich anlässlich eines Klassentreffens nach 20 Jahren wieder. Etwa 25 Frauen und Männer versammeln sich zunächst zu einem Aperitif im einstigen Klassenzimmer. Anschliessend geht es mit dem Bus zu einem Restaurant auf dem Land. Wie nicht anders zu erwarten, drehen sich die Gespräche darum, wer welchen Beruf erlernt, wer bereits eine Familie gegründet hat und wer nicht. Und natürlich werden Erinnerungen an die Schulzeit ausgegraben. Gleichsam parallel dazu ereignet sich jedoch Merkwürdiges; etwas, womit man nicht unbedingt rechnen würde, wenn sich erwachsene, fest in ihrem je eigenen Leben stehende Menschen begegnen: Die ehemaligen Klassenkameraden und -kameradinnen ‹spielen›, ohne sich dessen gewahr zu werden, nochmals 6. Klasse Primarschule. Es finden sich die Cliquen von damals wieder zusammen, die sich wie einst von den anderen abgrenzen. Die mehr oder weniger gutartigen Scherze, die dabei ausgetauscht werden, klingen wie das Echo der verbalen Auseinandersetzungen, die zwanzig Jahre zuvor stattgefunden hatten. Zu guter Letzt rechnet einer der Anwesenden in hoch emotionaler Weise mit dem ebenfalls eingeladenen, inzwischen im Ruhestand lebenden, Klassenlehrer ab, zählt ihm die Situationen auf, in denen er ihn damals falsch beurteilt und ungerecht behandelt habe.

Dies alles ist ein höchst erstaunliches Verhalten vernünftiger junger Erwachsener, für welche die gemeinsame Zeit im Alter von zehn bis zwölf Jahren bezogen auf ihr heutiges Leben in aller Regel nicht mehr von höchster Relevanz, sondern als Erinnerung an einen Teil der persönlichen Biografie im Gedächtnis verankert ist. Es stellt sich deshalb die Frage, wieso das ‹Rollenspiel› nach so langer Zeit doch noch einmal aufgeführt wird und was es damit überhaupt auf sich hat. Insofern es sich dabei nicht um ein Spiel mit festen, überall geltenden Regeln wie etwa Schach oder bestimmte Kartenspiele handelt, sondern um ein in der betreffenden Primarschulklasse entwickeltes und nur ihr bekanntes Spiel, mag es sich lohnen, der Frage nach seiner Entstehung nachzugehen.

Peter L. Berger und Thomas Luckmann haben sich in ihrem Buch Die soziale Konstruktion der Wirklichkeit zwar nicht mit der eben beschriebenen Klasse, aber im Grunde mit einer analogen Frage beschäftigt (Berger und Luckmann 1980). Ihr Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass sich die Menschen in ihrer natürlichen, besonders aber auch in ihrer sozialen Umwelt nicht nach genetisch festgelegten Instinkten und Programmen bewegen, sondern angemessene Handlungsweisen im Verlauf der Sozialisation erwerben beziehungsweise im Zusammenhang mit bestimmten Situationen überhaupt erst selber entwickeln müssen.

Für den einzelnen Menschen geht es dabei zunächst darum, nicht jede alltägliche Handlung jedes Mal wieder neu erfinden, nicht mehr jedes Mal aus einer grossen Bandbreite möglicher Handlungen eine ganz bestimmte Abfolge neu auswählen zu müssen. Das wäre ohne Frage viel zu zeit- und kräfteraubend. Wer sich Tag für Tag noch halb verschlafen das Frühstück zubereiten muss, ist dankbar dafür, über einen problemlos abrufbaren, gewohnten, mehr oder weniger automatisierten Handlungsplan zu verfügen, nach dem die Handlungskette ‹Frühstück zubereiten› ablaufen kann. Berger und Luckmann bezeichnen den Prozess, in dem die Handlungskette zur gewohnten Routine wird, als Habitualisierung. In Bezug auf die Handlungskette ‹Frühstück zubereiten› sprechen sie von einer Typisierung in dem Sinne, dass es sich dabei nicht um ein zufälliges Zusammentreffen von Einzelhandlungen wie ‹Kühlschrank öffnen›, ‹Pfanne hervorholen›, ‹Milch hineingiessen› und so weiter handelt, sondern um eine Verknüpfung all dieser Einzelhandlungen zu einer für den Handelnden Sinn tragenden Einheit – ‹Frühstück zubereiten› eben. Und sie vertreten den Standpunkt, dass Typisierung beziehungsweise Habitualisierung gleichsam die Vorstufe, jedenfalls aber notwendige Voraussetzung jeder Institutionalisierung seien.

Die Zubereitung des Frühstücks im beschriebenen Sinn ist allerdings selber noch keine Institution. Damit im Sinne der Autoren von einer Institution gesprochen werden kann, müssen einige weitere Bedingungen erfüllt sein: Erstens müssen mehr Subjekte als nur die einzelne ein Frühstück zubereitende Person an dem Vorgang beteiligt sein. Um zu verdeutlichen, wie dies gemeint ist, bringen Berger und Luckmann eine zweite, in einem völlig anderen kulturellen Zusammenhang sozialisierte Person ins Spiel, die – ähnlich wie der Eingeborene Freitag in Daniel Defoes Roman Robinson Crusoe (1719) – zunächst keine Ahnung hat, was da vor sich geht, wenn jemand Frühstück zubereitet; die aber interessiert zusieht und nach mehrmaliger Wiederholung des (habitualisierten) Vorgangs ihrerseits in der Lage ist, die entsprechende Handlungskette als einen Handlungstyp zu identifizieren. Nach einer gewissen Zeit mag sich diese Person gar ein Herz fassen und in den Ablauf eingreifen und beispielsweise zum richtigen Zeitpunkt die Milchpfanne hervorholen, was wiederum der ersten Person nicht entgeht. Damit wird das, was sich ein einzelner Mensch quasi ‹privat› als sinnhafte Handlungskette unter dem Begriff ‹Frühstückzubereiten› zurechtgelegt hat, zu einem Handlungstyp, der auch für eine oder mehrere andere Personen denselben Sinn hat. Berger und Luckmann verwenden dafür den Begriff der reziproken, also wechselseitigen Typisierung. Wechselseitig typisiert werden dabei nicht nur die Handlungsabfolge ‹gemeinsam Frühstück zubereiten›, sondern auch die Rollen, welche die Beteiligten darin einnehmen, beispielsweise als ‹Milchausdemkühlschranknehmer› oder ‹Pfannebereitsteller›. Der Handlungsablauf entwickelt sich nicht anders, als wenn kleine, einander zunächst fremde Kinder auf dem Spielplatz ein Spiel erfinden und dabei zugleich auch unterschiedliche Rollen festgelegt werden.

Dieses interpersonale und in diesem Sinne nun soziale Arrangement stellt eine weitere Annäherung an das dar, was als soziale Institution gelten kann, entspricht aber noch nicht dem, was Berger und Luckmann darunter verstehen. Denn noch steht das ‹Arrangement› den handelnden Personen frei zur Disposition; sie können es abwandeln, völlig neu konzipieren oder auch ganz aufgeben – ganz wie auch spielende Kinder es zuweilen tun. Dies ist aber dann nicht mehr der Fall, wenn es im Rahmen der Sozialisation an Kinder und Kindeskinder weitergegeben wird. Denn diesen tritt das, was die ursprünglichen ‹Konstrukteure› des interpersonalen Arrangements noch als eigene, im Prinzip umkehrbare Schöpfung verstehen konnten, als objektive, selbstverständliche, unveränderliche Wirklichkeit gegenüber. Aus dem ‹so machen wir das› ist ein ‹so macht man das› geworden. Dazu bedarf es zweierlei: Zunächst muss begründet werden, weshalb man die Dinge so und nicht anders tun soll. Institutionen wollen mit anderen Worten legitimiert sein. Dies wiederum funktioniert erst unter der Voraussetzung, dass das ursprünglich erfahrungsgebundene Wissen in irgendeiner Weise sprachlich repräsentiert wird, sodass man Handlungen nicht mehr konkret vorzeigen muss, sondern sie in sprachlich objektivierter Form stellvertretend für die Handlung selber betrachten und diskutieren kann. Unter diesen beiden Voraussetzungen kann Wissen institutionalisiert und auch im Laufe der Sozialisation erlernt beziehungsweise als subjektive Wirklichkeit internalisiert werden. Institutionelle Wirklichkeit verdoppelt sich so im institutionalisierten ‹Wissen› über diese Wirklichkeit, das in der Generationenfolge durch einen gesellschaftlichen Apparat, beispielsweise das Schulwesen, tradiert und auf Dauer gestellt wird.

Als Rezeptwissen leitet solches Wissen gemäss Berger und Luckmann das Handeln derer an, die an Institutionen teilhaben, als Erklärungs- und Rechtfertigungswissen macht es deren Sinnhaftigkeit plausibel. In dem Masse, wie es von den Mitgliedern einer Gruppe oder einer ganzen Gesellschaft geteilt wird, wirkt es auch als Kontrollmechanismus. Abweichungen von den dadurch nahegelegten Handlungsweisen sind auch Abweichungen gegenüber den entsprechenden Wissensbeständen und werden entsprechend – sanfter oder härter – sanktioniert. Durch Vergegenständlichung beziehungsweise Objektivierung und durch Internalisierung – unterstützt durch Mechanismen der Legitimation und Kontrolle – erhalten durch reziproke Typisierung entstandene Handlungsmuster gleichsam ein Eigenleben. Sie werden zu einem Stück gesellschaftlicher Wirklichkeit, das unabhängig von zufälligerweise anwesenden Akteuren existiert.

Es wäre allerdings ein Missverständnis, würde man annehmen, die Menschen wären in ihrem täglichen Leben völlig frei, solche Prozesse anzustossen und neue Institutionen zu schaffen. Sie tun dies vielmehr stets im Rahmen und unter den Einschränkungen bereits bestehender, mächtiger institutioneller Ordnungen. Bereits die eingangs vorgestellte Primarschulklasse konnte ihre innere soziale Ordnung, ihr institutionelles Arrangement nicht ganz nach eigenem Gutdünken entwickeln. Sie tat es vielmehr in einem Feld, das durch vorgegebene Regelungen relativ eng begrenzt war, etwa durch ein fest etabliertes Autoritätsverhältnis zwischen Lehrer und Schülern oder durch die räumliche und zeitliche Organisation des Unterrichts. Immerhin aber entwickelte sie in diesem Rahmen ein Geflecht reziproker Typisierungen und ein ihm entsprechendes ‹Wissen›, das es ihr nach zwanzigjährigem Unterbruch erlaubt, das damals gespielte ‹Spiel› mühelos wieder aufzunehmen.

1.2 Das Bildungswesen im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang

Wie einleitend bereits kurz erwähnt, setzte Émile Durkheim, Professor für Pädagogik und Soziologie zunächst an der Universität Bordeaux und später an der Sorbonne in Paris, das Bestehen sozialer Institutionen als gegeben voraus und verstand Gesellschaften als Gefüge solcher aufeinander bezogener Institutionen. Wohl als einer der Ersten bezog er diese Idee in seiner 1922 veröffentlichten Schrift Education et sociologie (Durkheim 1985) auch auf das Feld von Erziehung, Schule und Bildung. Dabei unternahm er im ersten Teil – überschrieben mit «L’ éducation, sa nature et son rôle» – den Versuch, das Erziehungssystem als eigenen, historisch gewachsenen, integralen Bestandteil von Gesellschaft zu bestimmen:

«Wenn man die Frage nach der idealen, von zeitlichen und räumlichen Umständen völlig unabhängigen Bildung an den Anfang stellt, so nimmt man damit implizit an, dass es ein Bildungssystem als eigene gesellschaftliche Wirklichkeit in keiner Weise gibt. Es wird dann nicht als eine Gesamtheit von Praktiken und Einrichtungen erkennbar, die sich im Laufe der Zeit allmählich organisiert haben; die auf alle anderen sozialen Institutionen abgestimmt sind und diese ausdrücken; die sich demzufolge nicht nach Belieben verändern lassen, sondern nur bei gleichzeitiger Veränderung der Gesellschaftsstruktur selbst. […] Es ist müssig zu glauben, wir könnten unsere Kinder nach unserem freien Ermessen aufziehen. Es gibt Gebräuche, an die uns anzupassen wir gehalten sind.» (Durkheim 1985, S. 44 f.; Übers. M. R.)

Diese Formulierungen wirken zögernd, fast als wäre sich der Verfasser seiner Sache nicht ganz sicher. Er konstruiert den Begriff der Bildung als gesellschaftliche Institution in Abgrenzung von den seiner Einschätzung nach zu seiner Zeit vorherrschenden, idealistischen oder aber auf individuellen Nutzen bezogenen Auffassungen von Bildung, in deren Rahmen ein Begriff von Bildung als einer gesellschaftlichen Einrichtung oder eben einer sozialen Institution noch nicht einmal gedacht werden konnte.2

Wesentlich für Durkheims (neuen) Begriff ist zunächst die Vorstellung, dass der in einer bestimmten Epoche vorherrschende Typ der Bildung und Erziehung, das heisst die ihm entsprechenden Auffassungen und Praktiken, als Produkte historischer Entwicklung zu verstehen sind, die sich aus den Erfordernissen des gesellschaftlichen Lebens insgesamt herleiten:

«Nicht wir als Individuen haben die Gebräuche und Ideen hervorgebracht, welche diesen Typ bestimmen. Sie sind Produkt des gesellschaftlichen Lebens und Ausdruck seiner Anforderungen. Sie sind gar zum grösseren Teil das Werk früherer Generationen. […] Allein schon um ein vorläufiges Verständnis des Bildungsbegriffs zu bekommen, um die Sache zu bestimmen, die man mit diesem Begriff bezeichnet, erscheint deshalb eine historische Betrachtung als unumgänglich.» (Durkheim 1985, S. 46 f.; Übers. M. R.)

Wie wird nun dieses Bündel von «Gebräuchen und Ideen» in sich näher beschrieben und zum gesellschaftlichen Ganzen in Beziehung gesetzt? Hier formuliert Durkheim eine fundamentale Spannung, die für die Bildungsinstitution kennzeichnend ist – auch unabhängig vom Typ der sich in einer bestimmten Epoche vorfinden lässt:

«Es gibt, um es so auszudrücken, keine Gesellschaft, in der das Bildungssystem nicht einen Doppelcharakter hat. Es ist zugleich einheitlich und mannigfaltig. […] In der Tat kann man in einem gewissen Sinn sagen, dass es so viele unterschiedliche Arten der Bildung gibt wie unterschiedliche Milieus innerhalb einer Gesellschaft vorkommen.» (Durkheim 1985, S. 47; Übers. M. R.)

Betrachtet man die Antike, die feudale mittelalterliche Welt oder auch die indische Kastengesellschaft, lassen sich, so Durkheim, stets Unterschiede der Formen und Einrichtungen der Erziehung finden, so etwa zwischen Patriziern und Plebejern, Rittern und Menschen gemeiner Herkunft, Angehörigen verschiedener Kasten. Aber auch in jüngeren Epochen, so argumentiert er weiter, gibt es solche Unterschiede, etwa zwischen Bürgertum und Arbeitern, Berufsständen, Stadt und Landgebieten. Allerdings steht dieser Mannigfaltigkeit gemäss Durkheim stets auch das gegenüber, was er als «einheitlich» bezeichnet, womit er vor allem das für alle Gemeinsame meint:

«Aber welches auch immer die Bedeutsamkeit dieser besonderen Spielarten der Bildung sein mag, machen diese doch nicht die ganze Bildung aus. [W]o auch immer man sie betrachtet, unterscheiden sie sich erst ab einem bestimmten Punkt voneinander, bis zu dem sie sich ähnlich sind. Sie beruhen alle auf einer gemeinsamen Grundlage. Es existiert kein Volk, in dem es nicht eine bestimmte Anzahl von Ideen, Wahrnehmungen und Praktiken gibt, welche in der Erziehung ohne Unterschied allen Kindern beigebracht werden müssen, welcher gesellschaftlichen Kategorie sie auch immer angehören. Eine Gesellschaft ist nur lebensfähig, wenn unter ihren Mitgliedern ein hinreichendes Mass an Homogenität besteht. Anderseits jedoch wäre ohne eine gewisse Diversität Kooperation unmöglich: Das Bildungswesen stellt diese Diversität dadurch sicher, dass es sich selber diversifiziert und spezialisiert.» (Durkheim 1985, S. 88 f.; Übers. und Hervorh. M. R.)

Zieht man ein Zwischenfazit aus dieser Darstellung des Bildungswesens als sozialer Institution, so verdienen zwei Dinge besonders hervorgehoben zu werden: Erstens lässt sich diese Institution anscheinend nur dann angemessen erfassen, wenn man sie als ein Produkt historischer Entwicklung begreift und sie zugleich in ihrer Abstimmung mit einer gegebenen historischen Gesellschaft versteht. Institution und Institutionalisierung, der Zustand, der zu einem bestimmten Zeitpunkt gegeben ist, und der Prozess, der dahin geführt hat, gehören somit unweigerlich zusammen. Zweitens scheint es ein Strukturmerkmal zu geben, das die Institution unabhängig von ihrem jeweiligen Entwicklungsstand zu charakterisieren scheint, nämlich die erwähnte eigentümliche Spannung zwischen Gemeinsamkeit und Mannigfaltigkeit, zwischen Homogenisierung im Sinne der Vermittlung eines allen Gesellschaftsmitgliedern gemeinsamen Grundstocks an Werten und Weltanschauungen, einer gemeinsamen Kultur also, und Differenzierung im Sinne eines Herstellens von Ungleichheit zwischen ihnen mittels unterschiedlichen Lehrprogrammen und Zertifikaten, die in der Gesellschaft als unterschiedlich wertvoll angesehen werden (vgl. Kapitel 4).

2Institutionalisierung als historischer Prozess3

2.1 Die Entwicklung organisierter Bildung in der Neuzeit

Frühformen organisierter Bildungsprozesse hat es, was Europa betrifft, bereits in der Antike und im frühen Mittelalter gegeben. Sie zielten damals jedoch entweder auf die Kultivierung einer kleinen Elite oder dann auf die ‹Einweihung› ausgewählter Personen, beispielsweise Priester, in nicht allgemein zugängliche Wissensbestände meist religiösen Inhalts. Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz kam es zwar schon ab dem späten 12. Jahrhundert zur Gründung von Stadt- und Ratsschulen (Gymnasien) und einzelne städtische Behörden erlaubten auch die Eröffnung von muttersprachlichen Schulen für Lesen, Schreiben und Rechnen, die zu Vorläufern der späteren Volksschulen wurden (Historisches Lexikon der Schweiz4). Für die grosse Mehrheit der Bevölkerung jedoch fand die Weitergabe von Wissen nicht in schulähnlichen Einrichtungen statt, sondern gleichsam nebenbei, im Rahmen des ganz normalen Alltagslebens der Familien und lokalen Gemeinschaften. Dies änderte sich ab dem 16. Jahrhundert; zu dieser Zeit kam ein Prozess in Gang, an dessen Ende die Bildungsinstitution als ein komplexes Gefüge von spezialisierten Organisationen, Rollen und Verwaltungsstrukturen wie auch von eigenen Normen und Regelungen stand.

Der Beginn dieser Entwicklung fällt nicht zufällig in die Zeit der Reformation. Sie hat offensichtlich mit der Spaltung Europas in zwei konfessionelle Lager zu tun. Hüben wie drüben war man darauf bedacht, innerhalb der eigenen Territorien eine bestimmte Sicht der Welt – eben entweder die katholische oder reformierte – zu verankern. Was die höhere Bildung anbelangt, begründete Johannes Calvin in der protestantischen Republik Genf 1559 das Collège. 1599 erschien die Schrift Ratio atque Institutio Studiorum Societatis Iesu, kurz Ratio Studiorum, in welcher Ignatius von Loyola die grundlegende Ausrichtung der jesuitischen Kollegien in den katholischen Gebieten formulierte.5 Für die protestantischen Städte Bern und Zürich vermeldet der Historiker Pietro Scandola:

«Die beiden Stadtstaaten Zürich und Bern führten beide 1523/1525 resp. 1528 die Reformation in ihrem Staatsgebiet ein. In der Folge bauten sie ein eigenständiges höheres Bildungssystem auf, das der Ausbildung eines reformierten Pfarrernachwuchses dienen sollte: 1525 die ‹Propezey› (später Collegium Carolinum) in Zürich und 1528 die ‹Hohe Schule› in Bern. Als Grundlage der beiden neu gegründeten Akademien wurden die bestehenden städtischen Lateinschulen ausgebaut. Der Pfarrerberuf wurde bald ein Privileg der städtischen Bürgerschaften der Haupt- und Munizipalstädte, die ebenfalls über eigene, kleinere Lateinschulen verfügten. […] Die Lateinschulen waren Schulen der ganzen Bürgerschaft, waren also mehr als nur Vorbereitungsanstalten auf das Pfarrerstudium und vermittelten im 16. Jh. ein breites humanistisches Wissen» (Scandola 1991, S. 589).

Es ging somit nicht allein um die Vermittlung eines konfessionell geprägten Weltbildes. Wie Hutmacher (2002) betont, wurde namentlich in den Städten eine nicht bloss religiöse, sondern in einem weiteren Sinne kulturelle Gemeinsamkeit der Bürgerschaft, das heisst der städtischen Eliten, innerhalb der ständischen Gesellschaftsordnung angestrebt. Wir finden hier eine historische Illustration dessen, was wir bereits bei der Darstellung der Position von Durkheim angetroffen haben, nämlich die Spannung zwischen (kultureller) Homogenisierung und (sozialer) Differenzierung. Denn einerseits waren die Bemühungen offensichtlich darauf gerichtet, der (nicht adligen, sondern bürgerlichen) städtischen Elite durch eine gemeinsame, humanistische Bildung, und das heisst durch einen Prozess der ‹Kultivierung›, zur Konstitution und Integration als einem einzigen, sich vom Adel und vom einfachen Volk abhebenden gesellschaftlichen Stand zu verhelfen. Auf der anderen Seite jedoch wirkte sich dieselbe Operation dahingehend aus, dass sie diese Gruppe im Gefüge der Standesgesellschaft gegenüber anderen, etwa gegenüber dem Adel, positionierte.

Auch die Entwicklung der Landschulen stand im Zeichen der (konfessions-)kulturellen Homogenisierung. Das sogenannt niedere Schulwesen erfuhr nach der Reformation eine beschleunigte Ausbreitung.6

«Mit Hilfe der unteren Schulen strebte man zur Reinerhaltung der konfessionell definierten Glaubenslehre die Lesefähigkeit des Volks (Alphabetisierung) an, damit die Bibel beziehungsweise im katholischen Gebiet der Katechismus gelesen und auswendig gelernt werden konnte. […] Genf führte unter dem Einfluss von Johannes Calvin bereits 1536 das Schulobligatorium ein. Kurz nach 1536 begann Bern, die Waadtländer Gem. bei der obligatorischen Gründung von Schulen zu unterstützen. 1615 beziehungsweise 1637 beauftragten Bern beziehungsweise Zürich alle Gemeinden, Schulen einzuführen.» (Historisches Lexikon der Schweiz, o. S.7)

Allerdings beschränkte sich auch das niedere Schulwesen nicht darauf, den ‹richtigen› Glauben zu verbreiten, sondern es bezog sich in einem umfassenderen Sinn auf eine mit diesem kompatible, ‹sittliche› Lebensführung. Schulung der Landbevölkerung bedeutete deren Hinführung zu einem gottgefälligen, dem Seelenheil zuträglichen Lebenswandel. Das Landschulwesen war damit so etwas wie ‹präventive› seelsorgerische Tätigkeit. Scandola stellt für den Kanton Bern fest:

«Die orthodoxe reformierte Glaubenslehre liess sich nur dann einheitlich durchsetzen, wenn die Gemeinden nicht unter dem Vorwand, einen Lehrer anzustellen, einem religiösen Häretiker Unterschlupf gewährten. Zum anderen kontrastierten die Sitten und Gebräuche des Landvolkes immer mehr zu den Ansprüchen einer Geistlichkeit, welche dank entsprechend neuer Erziehung Selbstdisziplin und methodisch-rationale Lebensführung als Voraussetzung zum ewigen Heil betrachtete. Die Schule sollte daher den immer wieder kritisierten Lastern des Volkes, wie dem Fluchen und Schwören, entgegenwirken.» (Scandola 1991, S. 594)

Wie das Zitat nahelegt, bemühte sich die städtische und insbesondere die kirchliche Obrigkeit um die Kontrolle der Schulung des ‹einfachen Volkes›, namentlich der unter ihrer Herrschaft lebenden Landbevölkerung.8 Es ging in den Unterrichtsinhalten im Wesentlichen um das Einüben in den Katechismus. Der Unterricht im Lesen sollte aus Sicht der kirchlichen Obrigkeit – zumindest jener der protestantischen Gebiete – vor allem den Zugang zu Bibeltexten ermöglichen. Allerdings wäre es problematisch, die ländlichen Gemeinden einfach als passive, einem obrigkeitlichen Diktat unterworfene Gemeinschaften zu sehen. Einige von ihnen hatten sich schon früher aus eigener Initiative um die Schaffung schulischer Einrichtungen bemüht. Nicht zuletzt aufgrund eigener Interessen und Initiativen hatten die Landgemeinden denn auch bezüglich ihrer Schulen, beispielsweise im Zusammenhang mit der Anstellung von Lehrern, durchaus ein Wort mitzureden (Tröhler 2007). Ebenso dürften sich die Auffassungen bezüglich der Unterrichtsziele und -inhalte nicht vollständig mit denen der Obrigkeit gedeckt haben, wurde doch Lesefähigkeit im Zuge der sich ausbreitenden Schriftlichkeit der Staatsverwaltung auch ausserhalb der religiösen Sphäre zu einem Desiderat nicht nur der tonangebenden städtischen Kreise, sondern zunehmend auch der städtischen Untertanen und der Landbevölkerung. Dennoch: Wie die ersten Landschulordnungen für den Kanton Bern (1628) und den Kanton Zürich (1637) zeigen, blieben die Landschulen einstweilen eine Domäne der Kirche. Allerdings geriet das Landschulwesen im Zuge der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung spätestens in der Zeit der Aufklärung in die Kritik, was beispielsweise die zürcherische Obrigkeit dazu bewog, sich 1771/1772 im Rahmen einer flächendeckenden Umfrage unter den Dorfpfarrern ein Bild der Verhältnisse zu machen, um eine Reform des Landschulwesens vorbereiten zu können.9

Vor den bis hierher beschriebenen zwei Schulungstypen, dem sogenannten niederen Schulwesen (Elementarbildung) und dem höheren Schulwesen für die gehobenen städtischen Stände, hatte sich in den Städten seit dem späten Mittelalter ein dritter etabliert: Es waren die Zünfte, welche die Ausbildung in zahlreichen handwerklichen Berufen in einem eigenen Bildungssystem organisierten, das noch keine Schulen im heutigen Verständnis des Wortes kannte, sondern auf dem Prinzip der Meisterlehre beruhte: Eine – eher geringe – Zahl von städtischen männlichen Jugendlichen erhielt die Chance, das betreffende Handwerk gegen Entrichtung eines Lehrgeldes zu erlernen. Sie lebten für die Zeit der Ausbildung auch in der Familie des Meisters. Nach dem Ablegen einer Abschlussprüfung und dem Absolvieren einiger Wanderjahre hatten sie die Möglichkeit, in der Heimatstadt die Meisterprüfung abzulegen und einen eigenen Handwerksbetrieb zu eröffnen (Jenzer 1998, S. 106 f.).

In einer ersten Zusammenfassung lässt sich festhalten, dass sich in der Zeit bis zur Französischen Revolution drei hauptsächliche Bildungsinstitutionen etabliert haben. Die Institutionalisierung der Bildung vollzog sich in dieser Periode als Etablierung von drei hauptsächlichen, voneinander separierten Teilen, die auch Basis und Ausgangspunkt für die weitere Entwicklung des Bildungswesens im 19. und 20. Jahrhundert darstellten. Carlo Jenzer (1998) bezeichnet sie als

eine gelehrte Bildung, wie sie an Lateinschulen und Gymnasien vermittelt wurde und die nur der städtischen Elite vorbehalten war;

eine Volksschulbildung, die für die breite Schicht des einfachen Volks gedacht war;

eine Berufsausbildung in den Städten, wo das Handwerk zunftmässig organisiert war.

Gesellschaftlicher Rahmen dieses aus drei eigenständigen Säulen bestehenden Systems war die ständische Ordnung des Ancien Régime, also einer Gesellschaftsordnung, in welcher die Zugehörigkeit der Menschen zu einem der Stände wie auch ihre Möglichkeit, an Bildungsprozessen teilzuhaben, von Geburt auf weitgehend vorbestimmt war. Wer auf dem Land zur Welt kam, wurde unweigerlich Adressat des Landschulwesens; wer in die städtische Oberschicht hineingeboren wurde, gelangte in den Genuss der gelehrten Bildung; einigen wenigen städtischen Jugendlichen wurde das Glück zuteil, eine Meisterlehre durchlaufen zu können. Diese Möglichkeit hatten jedoch nur männliche Jugendliche, deren Familien in der Lage waren, das erforderliche Lehrgeld aufzubringen. Und über die Jahrhunderte hinweg genügte auch dies immer weniger, versuchten doch die Zünfte mehr und mehr, die Lehrlinge ausschliesslich aus den eigenen Kreisen zu rekrutieren (Jenzer 1998).

Gleichsam die Kehrseite der eben skizzierten Entwicklung findet sich in einem parallel verlaufenen Prozess, der am Übergang zur Neuzeit begonnen hatte und bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Wesentlichen abgeschlossen war, nämlich die Trennung von Familie und Schule, das heisst die Schulung von Kindern und Jugendlichen in gesonderten Einrichtungen. Was zuvor die Familien in eigener Verantwortung übernommen hatten, wurde nun zunehmend in einer Arbeitsteilung zwischen Schule und Familie organisiert. Dass diese Arbeitsteilung von allem Anfang an nicht immer harmonisch gewesen ist, mag das folgende Zitat illustrieren:

«Den Eltern soll nit gestattet werden, den Schul- und Lehrmeistern fürzuschryben, noch ihnen die Rutten und straffen zu wehren […]» (zit. n. Scandola, Rogger und Gerber 1992, S. 5)

Wie schon angedeutet, vollzog sich im Nachgang zur Aufklärung und zur Französischen Revolution und dem dadurch beschleunigten Untergang der alten, ständischen Ordnung eine Weiterentwicklung der Bildung unter radikal veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Bevor hier auf diesen Umbruch und seine Folgen eingegangen wird, soll zunächst ein Blick auf jene Dinge geworfen werden, die sich zwischen Neuzeit und Moderne kaum verändert haben. Es sind dies insbesondere Merkmale, welche die Struktur und Funktionsweise der Bildungseinrichtungen, also der Schulen, betreffen.

Erstens blieben schulische Einrichtungen und das Lehrpersonal10 einer den Familien und lokalen Gemeinschaften übergeordneten Autorität unterstellt, die im Namen einer höheren Instanz Entscheidungsgewalt beanspruchte über Dinge wie Bildungsinhalte und -formen, Qualifikation und Anstellung der Lehrpersonen und anderes mehr. Für lange Zeit war es namentlich die Kirche, welche diese Aufsicht im Namen christlicher Werte ausübte. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts ging diese Rolle allerdings zunehmend an den Nationalstaat über.

Zweitens entwickelten sich bestimmte, über Zeit hinweg zunehmend standardisierte Formen der Arbeitsorganisation innerhalb der Schulen, die ihrerseits die Grenze zwischen der sich festigenden Institution und der übrigen Gesellschaft sicht- und erfahrbar machten.

«Wenn Pause aus ist, ist wieder richtig Schule.»11

Diese lapidare Aussage einer Primarschülerin12 bringt es eigentlich auf den Punkt, verweist sie doch klar und deutlich auf die eben erwähnte Grenze. Denn was heisst «richtig Schule» im Erfahrungshorizont einer Primarschülerin?

Es verweist zunächst auf eine räumliche Abgrenzung. Nach dem Pausensignal heisst es, sich wieder in einem besonderen Gebäude in einen ganz bestimmten Raum zu begeben, der für eine nächste Stunde den räumlichen Rahmen «richtig[er]» Schule abgibt. Und damit ist auch schon die zweite Komponente angesprochen: eine zeitliche Ordnung, die sich von derjenigen des kindlichen Alltags recht drastisch abhebt.

Diese zeitliche Komponente ist zunächst in den sich täglich mehrfach wiederholenden, wenig kontinuierlichen Übergängen zwischen «Pause» und «richtig Schule» erfahrbar, im Weiteren auch in einer administrativen Rhythmisierung durch 45- oder 50-minütige Lektionen und entsprechende fünf-, zehn- oder fünfzehnminütige Pausen. Schliesslich kann oder konnte sie sich doch auch im Verlauf einer einzelnen Lektion fortsetzen, wenngleich wohl eher selten in so drastischer Weise, wie es im folgenden Zitat zum Ausdruck kommt:

«Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schlägt man für die Schule mit wechselseitigem Unterricht folgenden Stundenplan vor: 8.45 Eintritt des Monitors, 8.52 Ruf des Monitors, 8.56 Eintritt der Schüler und Gebet, 9 Uhr Einrücken in die Bänke, 9.04 erste Schiefertafel, 9.08 Ende des Diktats, 9.12 zweite Schiefertafel usw.» (zit. n. Foucault [1977, S. 193])

Jenseits der durch das Pausenzeichen markierten Grenze, das heisst im Schulhaus und im Klassenzimmer, gibt es auch eine hierarchisch-disziplinarische Ordnung. An deren Spitze kann beispielsweise eine Schulleitung stehen, der die Lehrpersonen und das pädagogische und das übrige Hilfspersonal untergeordnet sind. Die Hierarchie kann von Fall zu Fall unterschiedlich ausgestaltet sein. Gewiss ist, dass sich die Schülerinnen und Schüler auf der untersten Sprosse befinden, wenngleich das Autoritätsverhältnis zwischen Lehrperson und Schülerschaft auch in diesem Fall nicht so drastisch in Erscheinung treten muss, wie es das Journal pour l’instruction élémentaire im Jahre 1816 postulierte:

«Geht in eure Bänke! Beim Wort Geht legen die Schüler vernehmlich ihre rechte Hand auf die Bank und setzen ein Bein in die Bank; bei in eure Bänke ziehen sie das andere Bein nach und setzen sich vor ihre Schiefertafel […] Nehmt die Tafeln! Beim Wort Nehmt legen die Kinder die rechte Hand an die Schnur, mit der die Tafel am Nagel aufgehängt ist, und mit der linken fassen sie die Tafel; bei die Tafeln nehmen sie sie ab und legen sie auf den Tisch.» (Journal pour l’instruction élémentaire [1816]; zit. n. Foucault 1977, S. 215 f., [Hervorh. i. Original])

2.2 Institutioneller Wandel im Zeitalter der Nationenbildung

Am Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert kommt es in Europa zum bereits erwähnten fundamentalen gesellschaftlichen Umbruch, dem auch die Bildungsinstitution unterworfen ist. Gemeint ist der Zerfall der ständischen Ordnung des Ancien Régime. Dieser schritt in den europäischen Ländern mit verschiedener Geschwindigkeit voran. Wo er stattfand und eine zunehmend nicht mehr ständisch gebundene Gesellschaft entstehen konnte, hatte er Folgen sowohl für die gesellschaftliche Positionierung der Individuen als auch für die zuvor territorialstaatlichen Gebilde13:

Die soziale Stellung des Einzelnen sollte nicht mehr von Geburt an vorbestimmt sein. Vielmehr hatten die Menschen nun in zunehmendem Masse die Möglichkeit, sich mit Tüchtigkeit und Glück eine gesellschaftliche Position selber zu erarbeiten.