ERWIN RUDOLF DIETZ

DAS LEBEN DES RD
ODER

IN FÜNF MINUTEN WAR ALLES VORBEI

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Jugend und Kindheit

Geburt

Plötzlich wurde es dunkel

Kindergarten

Schule und Krieg 1

Meine Schwester Rita wird geboren

Schule und Krieg 2

Eine Notschlachtung

Mord oder Totschlag?

Das Ende des Krieges naht

Die Amerikaner kommen in unser Dorf

Mein Tag der ersten hl. Kommunion

Der Ministrant- die Ratschenbuben

Weiter mit der Schule 3

Sehnsucht nach Wärme

Politisches Neuland nach dem zweiten Weltkrieg

Dieb sein lohnt sich nicht- Ende der Schulzeit 1951

Meine Lehrzeit

Der Kirchweihbrauch.- Die Licht-oder Spinnstube

Jugend

Endlich verliebt

Der Beginn des eigenen Lebens

Die Hochzeit

Das alltägliche Leben

Die Zeit als zweiter Bürgermeister

Plötzlich Bürgermeister

Das Jahr 1977

Plötzlicher Tod von MdB Bürgermeister Alex Hösl

Der Amtsbeginn

Zur Situation im Gemeindeteil Neustädtles

Plötzlich war das, was gut war, nicht mehr gut

Die Schattenseiten des Amtes

Verbände und Vereine

Der Abwasserzweckverband Obere Streu

Der Schulverband Nordheim v.d. Rhön

Der Forstbetriebsverband

Die Entwicklung des Schuldenstandes der Gemeinde Nordheim v.d. Rhön von 1976 bis 1992

Vereine

Versetzung in den Ruhestand

Meine Rücktrittserklärung

Die 1200 Jahrfeier 1989

Eine Weihnachtsgeschichte

Erinnerungen

Die Lebenskreise schließen sich

Der erste Kreis schliesst sich

Der Waldruch- der zweite Kreis schliesst sich

Ein dritter Kreis schliesst sich

Der 30. September 1994 rückte unaufhaltsam näher

Meine Schriften

VORWORT

Mein Geburtsort ist Nordheim vor der (v.d.) Rhön. Er ist ein malerischer, typisch fränkischer Ort, eingebettet in das Tal der Streu. Diese entspringt am Ellenbogen in der thüringischen Rhön und teilt den Ort in zwei Teile. Die Streu abwärts rechts, die im Volksmund so bezeichnete Kleine Seite, und links, der eigentliche und weitaus größere Ortsteil mit dem Marktplatz. Neben anderen Fischarten, die die Streu beherbergt, ist besonders die Rhöner Forelle als Köstlichkeit bekannt.

Bis Christi Geburt war die Rhön von Kelten besiedelt. Nordheim zählt zu den sogenannten Windrosenorten. Nordheim- Norden, Ostheim- Osten, Sondheim- Süden und Stetten, nach dem Stand der Abendsonne- Westen. Das lernten wir schon in der Schule.

Erste urkundlich gesicherte Erwähnung von Nordheim vor der Rhön: „Die Urkunde des Klosters Fulda vom 27. Februar 789.“ (Stengel Nr. 183) Schreiben an die Gemeinde Nordheim v. d. Rhön.

Die Wiesen um das Streutal schmücken im Sommer die Landschaft mit einem satten Grün. Der Blick zum Mittel-Gebirge der Rhön zeigt eine abwechslungsreiche, teils kegelförmige Bergformation. Die in einem Rhönlied besungenen hohen Matten sind zu einem kleinen Teil sichtbar. Wie ein Schutzwall zieht sich streuabwärts, linker Hand der Hochwald von Fladungen, über Heufurt und Nordheim bis nach Ostheim, wo die Lichtenburg an längst vergangene Zeiten erinnert.

Ebenfalls linker Hand, zwischen Heufurt und Nordheim unterhalb der steinernen Brücke, nur von einem schmalen Pfad - dem Weingässchen - zur Streu getrennt, erhebt sich steil nach oben der Pfaffenberg, der einst ein Weinberg war. Während die Pest im Jahre 1635 und in darauffolgenden (Dr. F. Georg Benkert, die Kapelle zum heiligen Sebastian, Würzburg 1858) viele Bürger dahinraffte, gelobten die Nordheimer, eine Kapelle auf dem Pfaffenberg zu bauen. Sie wurde dem Pestheiligen Sebastian gewidmet. Die noch erhaltene Eremitage und die Kapelle grüßen die Menschen, die mit allerhand Verkehrsmitteln auf der B 285 unterwegs sind, die mitfahrenden Kinder und Erwachsenen in der Museumsbahn, die Wanderer und die frommen Pilger, die die 14 Stationen des Kreuzweges zum Kapellenberg betend hochwandern. Ja, so etwas gibt es noch.

Rechter Hand die Streu abwärts, fällt vom Kapellenberg ein besonders schöner Blick über meinen Heimatort, mit seiner herrlichen Dachlandschaft. Dann weiter zum Sommerberg und Osterberg. Die fruchtbare Acker- und Wiesenlandschaft nach Sondheim und Stetten ist durchschnitten von dem Bächlein Bahra, das unterhalb der Kirche von Urspringen seine Quelle hat. Vom Sondheimer Ortsteil Stetten fließt gemächlich, gleich einem Rinnsal, der Stettbach herunter. Er entspringt unter der Linde in der Mitte des Dorfes. Der Bach vereinigt sich auf der Nordheimer Flur „Bruchwiesen“ mit der Bahra und diese wird von der Streu, an der Bünd vorbei, rechts von der Au-Brücke, aufgenommen.

Geht man in meinem Heimatort abends oder des nachts entlang des Friedhofes und der Schulturnhalle spazieren, grüßt heute der Funkturm vom Kreuzberg und der vom Heidelstein. Bei klarer Sicht und ohne den Rhöner Nebel, erkennt man die roten Lichter, die wie Morsezeichen an den Sendemasten funkeln.

Die Höhenlage der Gemeinde liegt bei 314 Meter NN. Die höchste Erhebung ist die Königsburg mit einem kleinen Aussichtsturm und der beschriebenen Historie des Platzes mit 533 Meter NN. Höhenunterschiede in Nordheim bis zu 219 Metern. Auch das wurde uns in der Schule beigebracht.

Die alte Baustruktur der Gemeinde zum Zeitpunkt des Geschehens zeigt ein fränkisches Haufendorf. Enge Gassen und kleine Bauernhöfe. An dem Wohnhaus ist der Vieh- und Pferdestall angegliedert, vor dem Stall die Miste. Dann geht es weiter zu den Schweine-, Hasen- und Hühnerställen mit Durchgang zur Scheune. Mal sind die einzelnen Höfe in einem kleinen Viereck eng aneinandergebaut, mal mit einem sogenannten Handtuchgrundstück in die Länge gezogen. Das Rathaus, Pfarrhaus und Zehnthaus, das frühere Schulgebäude am Kirchberg, sowie der malerische Kirchaufgang, sind stattlich. Ebenso die Gebäude des Gelben und des Weißen Schlosses. Einstige Besitztümer der Herren von der Thann. Stolz grüßt der Kirchturm in das Land.

Die bereits erwähnte Streu führte im Jahr zweimal Hochwasser. Einmal im Herbst, wenn die Gräben in der Flur vom Regenwasser gefüllt waren und einmal nach der Schneeschmelze, im zeitigen Frühjahr. Zur damaligen Zeit war der Bach noch nicht in ein Mauerwerk eingezwängt. Das Vieh konnte am Rande der Streu im Ort noch getränkt werden. Enten- und Gänsefamilien watschelten, je nach Laune, aus den Höfen über die Straßen in das Wasser des Streulaufes. Eine einzigartige Idylle, die zur damaligen Zeit viele Maler, besonders wegen des Kirchaufganges, angezogen hat.

Das Hochwasser der Streu hatte zur Folge, dass Verluste an Vieh, und große Schäden an den Straßen und Bauten entstanden.

Das war offensichtlich auch im September 1780 oder 1782 so. Der Herzog Carl August von Weimar bereiste mit Johann Wolfgang von Goethe sein Hoheitsgebiet. Auf dem Weg nach Ostheim v.d. Rhön fuhren sie durch Nordheim. Die Kutsche von Goethe hatte einen größeren Schaden in Ortsmitte, der Furt der Streu, genommen. Dieser konnte nicht so schnell behoben werden. (Quelle: Bezüglich der Reise von Carl August, die Internetseite der Stadt Ostheim vor der (v.d.) Rhön. Angewidert soll Von Goethe gesagt haben: „Wann kommen wir endlich von diesem Drecknest fort?“ (Diesen angeblichen Ausspruch von Goethe berichtete mir der „Graumanns Friede“, so wurde dieser in Ostheim genannt, schon im Jahre 1954). Dort war ich zu der Zeit im dritten Lehrjahr bei der Firma Eugen Klee.

Ausgeprägt sind die Charaktere der Bevölkerung. Fleißig, ehrlich, fröhlich, herb, auch stur, zuweilen ein bisschen verschlagen und sprachfaul. Auch zu mir passt jede Einzelheit dieser charakterlichen Würdigung.

Der Dialekt beherrscht die Sprache. Onnä ist unten, und oowä ist oben. Hennä ist hinten, on vonnä ist vorne. Haaröm ist rechtsherum, und wiström ist linksherum. Mein Sohn ess mei Jong und meine Tochter ess mei Mädle. Meine Frau ess mei Fraa. Und mein Mann ess mei Moo. Das harte „T“ gibt es überhaupt nicht. Aus diesem wird ein dd. Und so könnte man unendlich fortfahren.

Die Nordheimer – Nuudemer - senn die Lensegööger, sind die Linsengöger (Gockelhähne). Warum? Es gibt zwei Möglichkeiten. Einmal die Möglichkeit, weil viele Linsen in vergangenen Zeiten angebaut wurden. Und zum Zweiten, die Nuudemer guggä, schauen gerne, bei den anderen in die Töpfe, sprich sie sind neugierig, senn neugierich, „boos annere so mache.“ Was andere tun.

Und in diesen wunderbaren Ort, in dem die Ortsvereine die Gesellschaft tragen, bin ich am 24. März 1937, in der Karwoche, hineingeboren worden, aufgewachsen und mache mich daran, nach einem erfüllten Leben nun auch hier zu sterben.