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Nr. 286

– ATLAN exklusiv Band 147 –

 

Angriff auf Kraumon

 

Die Methans kommen – das Ende einer Stützpunktwelt naht

 

von Harvey Patton

 

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Das Große Imperium der Arkoniden kämpft erbittert um seine bloße Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen.

Gegen diese inneren Feinde ist Kristallprinz Atlan, der rechtmäßige Thronerbe von Arkon, mit seinen inzwischen rund 15.000 Helfern bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Seine geheime Zentrale, von der die meisten Aktionen gegen Orbanaschol ihren Anfang nehmen, ist Kraumon.

Auch auf diesem abgelegenen Planeten ist inzwischen bekannt, dass Orbanaschols Position immer unhaltbarer wird. Daher rechnet sich Atlan längst eine reelle Chance aus, den Usurpator zu stürzen, zumal die Sache des Kristallprinzen zunehmend an Popularität gewinnt.

Diese Popularität hat jedoch auch ihre Schattenseiten. Sie erregt die Aufmerksamkeit der Maahks, die folgerichtig zu dem Schluss kommen, dass Atlan an der Spitze des Imperiums ein gefährlicherer Gegner für sie wäre als Orbanaschol in seinen besten Tagen.

Deswegen schleusen die Methans einen Spion und Verräter bei den Arkoniden ein – deswegen starten sie auch den ANGRIFF AUF KRAUMON ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Corpkor – Der Tiermeister macht einen unfreiwilligen Besuch auf dem Planeten der Unsterblichen.

Morvoner Sprangk – Kommandant von Kraumon.

Terc on Akouhl – Ein Wissenschaftler macht ein folgenschweres Experiment.

Gonozal VII. – Der alte Imperator übernimmt ein fremdes Bewusstsein.

Grek-1 – Befehlshaber der 274. Einsatzflotte der Maahks.

Mekron Dermitron – Kommandant der MEDON.

1.

 

Der Gleiter landete am Rand einer ausgedehnten Savanne, die von niedrigen Hügeln begrenzt wurde. Sie lag in der Äquatorgegend von Kraumon, und es war Mittagszeit. Die kleine namenlose Sonne, die nur diesen einen Planeten besaß, stand im Zenit und überschüttete die Landschaft mit Licht und Wärme.

Sie war eintönig, denn Kraumon war ein alter Planet, dessen Blütezeit bereits Jahrmillionen in der Vergangenheit lag. Seine Meere waren fast ausgetrocknet, die Landmassen größtenteils von Wüsten bedeckt. Auch die Äquatorialzone begann allmählich zu versteppen, besonders in den höher gelegenen Gebieten. Nur in den Senken und Gebirgstälern, wo es noch genügend Wasser gab, herrschten noch gute Lebensbedingungen für Flora und Fauna.

Die relativ dünne und trockene Atmosphäre erwärmte sich zur Mittagszeit sehr stark. Das bekamen auch die beiden Insassen des Gleiters zu spüren, als sie nun ausstiegen und die klimatisierte Kabine verließen. Die Hitze überfiel sie förmlich und nahm ihnen sekundenlang den Atem.

»Ich werde zerschmelzen!«, jammerte Eiskralle sofort. Sein zwergenhafter Körper krümmte sich unwillkürlich, das kleine Gesicht war ängstlich verzogen. Das Blut in seinen Adern begann rascher zu pulsieren.

Man konnte das deutlich sehen, denn Eiskralles Körper war vollkommen transparent wie Glas oder klares Eis. Für einen fremden Betrachter bot er ein ungewöhnliches, im ersten Moment erschreckendes Bild. Er war ein Chretkor und das einzige bekannte Exemplar seiner Rasse, deren Heimatwelt irgendwo im Dschungel der Sterne lag. Der Bauchaufschneider Fartuloon hatte ihn von einer seiner Reisen mitgebracht, und er war in Atlans Gefolge aufgenommen worden.

»Bitte keine leeren Versprechungen«, meinte sein Begleiter Corpkor erheitert. »Diese Reden höre ich nun schon jahrelang – ist es kalt, fürchtest du zu erstarren, ist es warm, hast du Angst, zu zerschmelzen. Dabei ist nichts von alldem wahr. Du solltest endlich einen Psychiater konsultieren, damit er dich von diesem unbegründeten Trauma befreit.«

»Wieso Psychiater – ich bin doch nicht verrückt!«, fuhr der Kleine auf. »Du bist verrückt, wenn du so etwas behauptest. Was weißt du schon von meiner Rasse, du eingebildeter Arkonide, he?«

»Das wenige genügt mir vollauf«, meinte Corpkor schmunzelnd. »Ein Dutzend von deiner Sorte hier bei uns, und Kraumon wäre bald entvölkert. Wer hält dieses dauernde Gejammer schon aus?«

Natürlich war dieses kleine Wortgeplänkel nicht ernst zu nehmen. Corpkor und Eiskralle verstanden sich gut, und ihre Neckereien waren durchaus freundschaftlicher Natur. Im Lauf der Zeit hatten sie zusammen mit Atlan zahlreiche Abenteuer bestanden. Seit einiger Zeit hielten sie sich aber meist auf Kraumon auf und unterstützten Morvoner Sprangk, der das Kommando führte, wenn der Kristallprinz abwesend war.

Das war auch im Augenblick der Fall.

Atlan war aus dem Großen Imperium eine Nachricht zugeleitet worden, die sein Interesse geweckt hatte. Angeblich wollte irgendeine hochgestellte Persönlichkeit von Arkon I Kontakt zu ihm aufnehmen. Ein Mitglied der mächtigen Organisation »Macht der Sonnen« sogar, die seit einiger Zeit gegen den Imperator Orbanaschol III. Stellung bezogen hatte.

Dachten diese Leute ernsthaft daran, den Prinzen und rechtmäßigen Thronprätendenten an die Spitze des Imperiums zu manövrieren? Früher hatten sie geschlossen hinter Orbanaschol gestanden, dem sie Macht und Reichtum verdankten. Warum nun dieser plötzliche Umschwung?

War es überhaupt einer? Das Ganze konnte ebenso gut auch nur eine Falle sein! Vielleicht wollten diese Männer Orbanaschol und Atlan beseitigen, um dann einen Strohmann ihrer Wahl in den Kristallpalast zu bringen. Möglich war alles in dieser turbulenten Zeit. Jeder dachte an sich selbst zuerst, und die Nutznießer dieser Haltung waren die Maahks. Wenn es so weiterging, mussten sie den Krieg gegen Arkon gewinnen.

Atlan musste mit allem rechnen, hatte sich aber trotzdem entschlossen, auf das Angebot einzugehen. Er hatte zusammen mit Fartuloon und dreißig weiteren Männern Kraumon in einem Kreuzer verlassen, um ins Cerhu-System zu fliegen. Auf dem Planeten Imp sollte er näheres erfahren.

Corpkor und Eiskralle wären gern mitgeflogen, aber Atlan hatte auf ihre Begleitung verzichtet. Seiner Meinung nach wurden sie auf Kraumon nötiger gebraucht, denn Morvoner Sprangk war nicht mehr der jüngste.

An diesem Tag hatten sie frei und beschlossen, eine Jagdexpedition zu unternehmen. Die Ernährung auf Kraumon war recht eintönig und bestand zu einem großen Teil aus Konzentratnahrung, durch gute Lebensmittel nur dann ergänzt, wenn ein Schiff der kleinen Flotte Atlans irgendwo Beute gemacht hatte. Das war nicht sehr oft der Fall, obwohl besonders die MEDON unter Mekron Dermitron heranschaffte, was sie konnte.

Auf dem Planeten hielten sich nun schon fast fünfzehntausend Gefolgsleute Atlans auf, und die Stadt Gonozal-Mitte platzte aus allen Nähten. Benachbarte Täler waren bereits mit in die Siedlung einbezogen worden, an mehreren anderen Stellen gab es kleinere Stationen. Ein reger Gleiterverkehr herrschte, und die ohnehin nicht sehr zahlreiche Tierwelt wurde immer mehr verdrängt. Man musste schon weit fliegen, wenn man noch auf jagdbares Wild stoßen wollte.

Corpkor und Eiskralle hatten sich etwa fünfhundert Kilometer von der Stadt entfernt. In dieser Gegend war bisher noch kaum jemand gewesen, also konnten sie auf Beute hoffen. Sie nahmen nun ihre Waffen und bestiegen einen der Hügel, um Ausschau zu halten.

So weit sie sehen konnten, gab es nur Grasland, mit Gruppen von niedrigen Büschen und Bäumen bestanden. Das Gelände war fast eben, die Luft darüber flirrte im Sonnenglast. Corpkor nahm sein Fernglas hoch und spähte in die Runde. Dann wies er mit der Hand in nordwestliche Richtung.

»Dort hinten scheint es einen Fluss oder Bachlauf zu geben«, erklärte er. »Die Bäume und Büsche stehen viel dichter, das Gras wirkt höher und dunkler. Eine ideale Gegend also für die Arten von Tieren, die wir suchen. Komm, machen wir uns auf den Weg dorthin.«

»Zu Fuß?«, fragte der Chretkor entsetzt. »Mann, das müssen doch einige Meilen sein! Wozu haben wir denn den Gleiter?«

»Bestimmt nicht zum Verjagen der Beute«, meinte Corpkor trocken. »Das wäre nämlich die unweigerliche Folge, wenn wir angebraust kämen. Sicher, wir könnten auch von dem Fahrzeug aus schießen, aber das wäre dann nur ein Abschlachten. Mit Jagd hätte es nichts mehr zu tun, die aus dem Anschleichen und Überlisten der Tiere besteht.«

»Ein schöner Sport ...«, seufzte Eiskralle, folgte ihm jedoch ohne weitere Proteste.

 

*

 

Auf Morvoner Sprangks Schreibtisch leuchtete ein Lämpchen auf. Der Kommandant drückte eine Taste, und die Stimme einer jungen Frau kam aus dem Sprechgerät: »Der Arzt Terc on Akouhl ersucht um eine Unterredung mit Ihnen, Kommandant.«

»Sofort?«, fragte Sprangk unwillig. Er war ein alter Soldat und ein Mann der Tat, der von dem »Verwaltungskram«, wie er ihn nannte, nicht sehr viel hielt. War er aber einmal an der Arbeit, ließ er sich nur ungern dabei stören.

»Er ist bereits hier«, bestätigte die junge Frau. »Er gibt an, dass es sich um Dinge im Zusammenhang mit Imperator Gonozal VII. handelt. Näheres will er Ihnen selbst sagen.«

Morvoner runzelte die Stirn und hatte bereits eine Absage auf der Zunge. Dann überlegte er es sich aber wieder anders. Er hatte noch unter Gonozal gekämpft und daher ein besonderes Verhältnis zu dieser tragischen Gestalt. In seinem Herzen rangierte der frühere Imperator gleichwertig mit Atlan, dem Sohn und Kristallprinzen.

»Gut, schicken Sie ihn herein«, entschied er kurz. Seufzend schaltete er das Mikro-Lesegerät ab, mit dem er sich zuvor beschäftigt hatte, und schob einige Papiere zur Seite. Gleich darauf trat Terc on Akouhl ein.

Der Wissenschaftler war noch jung, kleiner als die meisten Arkoniden und ziemlich korpulent. In einem runden Gesicht saßen blassrote Augen über einer Sattelnase, die Wangen und das Kinn wiesen Grübchen auf. Das weißblonde Haar war schon stark gelichtet, aber sorgfältig frisiert, um diesen Mangel zu überdecken.

Im ersten Moment wirkte er irgendwie farblos, doch dieser Eindruck schwand sofort, als er zu reden begann. Seine Stimme klang voll und tönend und äußerst selbstbewusst. In diesem Mann steckte mehr, als seinem Aussehen nach anzunehmen war.

»Ich grüße Sie, Kommandant. Es tut mir leid, Sie mitten in der Arbeit stören zu müssen, aber mein Anliegen ist wichtig. Ich habe die Angelegenheit bereits mit dem Prinzen besprochen und erhielt von ihm den Auftrag, gewisse Vorbereitungen zu treffen. Diese sind nun abgeschlossen, aber Atlan ist nicht hier; deshalb komme ich zu Ihnen.«

Morvoner Sprangk wies auf einen Sessel und fragte: »Es hat mit Gonozal VII. zu tun? Macht er Ihnen Sorgen?«

Diese Frage war berechtigt, denn der alte Imperator machte allen Ärzten Sorgen, die sich um ihn zu kümmern hatten.

Vor rund sechzehn Jahren war er während eines Jagdausflugs auf Erskomier einem Komplott seines Bruders Orbanaschol zum Opfer gefallen. Außer diesem waren noch vier Männer daran beteiligt gewesen, durch das Versprechen von Geld und Macht verblendet. Orbanaschols Leibdiener Offantur hatte ihn umgebracht, nachdem sein Leibarzt Fartuloon durch einen Trick von ihm fortgelockt worden war. Offiziell war es ein »Jagdunfall« gewesen, kaum jemand ahnte die schreckliche Wahrheit.

Damals war Atlan erst vier Jahre alt gewesen, und somit wurde Orbanaschol automatisch zum Regenten von Arkon. Sein Plan, den Neffen und rechtmäßigen Thronfolger auch noch zu beseitigen, ging jedoch nicht auf. Fartuloon hatte Atlan in Sicherheit gebracht und durch seine Erziehung darauf vorbereitet, eines Tages den Brudermörder zu stürzen und die ihm zustehende Herrschaft über das Große Imperium zu übernehmen.

Gonozal VII. war in der KARSEHRA auf dem Planeten Hocatarr bestattet worden und hatte dort lange Jahre einbalsamiert geruht. Dann aber hatte Atlan in einem Handstreich seine Leiche entführt und durch ein »Lebenskügelchen« wieder belebt. Der erhoffte Erfolg war jedoch ausgeblieben.

Sein Vater »lebte« zwar, vom rein biologischen Standpunkt her gesehen, aber sein Geist war tot. Sein Gehirn steuerte die rein motorischen Funktionen des Körpers, doch das war auch alles. Nichts von seiner früheren Intelligenz war mehr vorhanden, kein eigener Gedanke entstand mehr in seinem Kopf. Er reagierte zwar auf Anweisungen in einem gewissen Rahmen, aber das geschah rein reflektorisch. Er tat nichts aus eigenem Antrieb, sprach kein Wort, weil die Denkprozesse fehlten, die dazu ablaufen mussten. Wäre er nicht sorgsam gepflegt, ständig beaufsichtigt und sogar gefüttert worden, wäre er unweigerlich ein zweites Mal umgekommen.

Er war ein lebender Leichnam, mehr nicht.

Natürlich hatte Atlan alles versucht, um diesem Zustand abzuhelfen. Viele namhafte Ärzte hatten sich seiner angenommen, zahlreiche Experimente waren an ihm durchgeführt worden. Alles war jedoch vergebens geblieben. Selbst die geheimnisvollen Goltein-Heiler, von deren aufsehenerregenden Erfolgen man überall im Imperium sprach, hatten ihm nicht helfen können.

Jetzt befand er sich auf Kraumon, aber normalerweise bekam ihn niemand zu Gesicht. Das eigens für ihn eingerichtete Haus an einem Berghang im Süden des Tales von Gonozal-Mitte lag einsam in einem Parkgelände. Nur Ärzte, Medogehilfen und Pflegerinnen hatten dort Zutritt. Außer ihnen dachte kaum noch jemand an ihn.

Sprangk dagegen hatte ihn nie vergessen. Nun lehnte er sich vor und sah Akouhl mit gerunzelter Stirn an.

Dieser winkte jedoch ab. »Im Befinden des Imperators hat sich nichts geändert, wenn Sie das meinen. Es könnte sich aber vielleicht etwas tun, falls meine Pläne Erfolg haben sollten. Hat Sie der Prinz nicht davon unterrichtet?«

Der Kommandant schüttelte den Kopf und sah den Arzt erwartungsvoll an. Terc on Akouhl lächelte leicht.

»Gut, dann will ich Ihnen die Angelegenheit erklären. Ich bin nicht nur Arzt, sondern beherrsche mehrere Wissensgebiete, darunter auch die Hyperphysik. Eine Zeitlang war ich sogar auf Arkon ein ›großes Tier‹, denn es gelang mir, einige hyperenergetische Phänomene zu klären. Dann wurde ich aber zu groß für einige Arrivierte, die um ihre fetten Posten fürchteten – nun, Sie wissen ja wohl, wie das auf fast allen Gebieten so ist. Man begann gegen mich zu intrigieren und schickte mir unter fadenscheinigen Vorwänden sogar die POGIM auf den Hals. Ich begriff sehr schnell, setzte mich rechtzeitig ab und kam dann auf Umwegen nach Kraumon.«

Morvoner Sprangk nickte, denn er entsann sich nun, Akouhls Personalakte gelesen zu haben. Der Arzt gehörte seit einiger Zeit zu den Betreuern Gonozals, deren Team von Albragin geleitet wurde, dem früheren Bordarzt der ISCHTAR. Bisher war er jedoch noch nicht besonders hervorgetreten.

»Was haben hyperenergetische Vorgänge aber mit Gonozal VII. zu tun?«, erkundigte er sich skeptisch.

Terc on Akouhl machte eine weit ausholende Gebärde.

»Alles in diesem Universum hängt irgendwie miteinander zusammen, Kommandant. Der Normalzustand ist das Nichts – der leere Raum, in dem die Galaxien schwimmen wie Inseln im Meer. Niemand weiß bisher zu sagen, wie sie entstanden sind, aber sie sind da. Ihre Schwerkraftlinien durchziehen das Universum, von den Massen der Sonnen und sonstiger Materie ausgehend. Masse ist aber nur eine besondere Form der Energie und unterliegt in gewissem Rahmen denselben Gesetzen. Über allem steht jedoch die übergeordnete Energie des Hyperraums, der wir die Bezeichnung ›fünfdimensional‹ zubilligen. Bei jeder Schiffstransition werden Sie für wenige Sekundenbruchteile damit konfrontiert, ohne sie aber erfassen zu können.«

Sprangk griff sich unwillkürlich ins Genick, wo sich die ziehenden Transitionsschmerzen am unliebsamsten bemerkbar machten. Dann flog ein leicht verlegenes Lächeln über sein narbiges Gesicht.

»Akzeptiert, Bauchaufschneider. Sie haben mir aber immer noch nicht erklärt, inwiefern hier ein Zusammenhang zwischen Hyperenergie und dem Zustand des Imperators existieren soll.«

Akouhl richtete sich auf, seine Augen blitzten.

»Wir Wissenschaftler bemühen uns, Zusammenhänge auch dort zu entdecken, wo sie ein Laie nie vermuten würde. Ich habe mich unter anderem zeitweilig auch mit dem Phänomen jener Leute beschäftigt, die übersinnliche Gaben besitzen, meist Mutanten genannt. Natürlich war ich nicht der erste, schon viele andere haben das getan. Alle sind jedoch übereinstimmend zu der Überzeugung gekommen: Die so genannte Psionische Energie ist der normalen Geistesenergie genauso übergeordnet, wie die Hyperenergie der des Normaluniversums. Jeder von uns besitzt etwas davon, sie ist das, was wir Geist oder Seele nennen, gewissermaßen der Initialzünder für jede Intelligenz. Die meisten denkenden Wesen besitzen nur wenig davon und werden sich ihrer nie bewusst. Ohne sie geht aber nichts – verstehen Sie jetzt?«

Morvoner Sprangk nickte langsam.

»Ich weiß jetzt wenigstens ungefähr, worauf Sie hinauswollen, Akouhl. Sie betrachten Gonozals jetzigen Zustand auch von dieser Warte aus! Er lebt zwar im biologischen Sinn, doch ihm fehlt jene Initialzündung, die ihm das Lebenskügelchen allein nicht geben konnte. Sie wollen also nun versuchen, ihm dazu zu verhelfen?«

»Vollkommen richtig, Kommandant«, sagte der Wissenschaftler. »Ich habe Atlan schon vor einiger Zeit mit diesem Vorhaben vertraut gemacht, und er war im Prinzip einverstanden. Er hängt naturgemäß sehr an seinem Vater und dessen geistige Todesstarre, wie er es selbst genannt hat, bedrückt ihn sehr. Er hat mich bevollmächtigt, ein entsprechendes Experiment vorzunehmen, sobald ich irgendwelche Erfolgsaussichten sehe.«

Sprangk lehnte sich zurück. »Jetzt sehen Sie offenbar welche, sonst wären Sie nicht damit herausgekommen. Wie wollen Sie es aber anfangen? Das menschliche Hirn ist ja schließlich kein mechanisches Gerät wie etwa ein Hyperkom, den man durch entsprechende Energiezufuhr zum Aufnehmen oder Emittieren von Hyperimpulsen bringt.«

Akouhl lächelte, die Grübchen in seinen Wangen vertieften sich.

»Natürlich nicht, aber dieser Vergleich ist trotzdem gar nicht so abwegig, wie Sie denken. Auch das Gehirn steht gewissermaßen ständig unter Strom, Morvoner. Bei jedem Denkvorgang, bei jedem Befehl, der zu den Organen oder Extremitäten geht, fließen diese Ströme. Sie sind außerordentlich schwach, aber mit den geeigneten Instrumenten doch messbar. Gehirn- und Neurochirurgen führen schon seit langem Manipulationen zu therapeutischen Zwecken durch, bei denen bestimmte Gehirnzonen durch schwache Stromstöße stimuliert werden.«

Der Kommandant verzog das Gesicht. »Nicht nur sie allein, Bauchaufschneider; es gibt auch Leute die das zu gänzlich anderen Zwecken tun. Die Verhörspezialisten der Geheimpolizei zum Beispiel wenden die gleichen Mittel an, um hartnäckige Schweiger zum Reden zu bringen ...«

Der Wissenschaftler hob die Hände. »Alles in der Welt hat zwei Seiten, Kommandant. Man kann die besten Dinge ins genaue Gegenteil verkehren, wenn man sie missbräuchlich benutzt. Doch zurück zu unserem Thema: Ich beabsichtige, dem leeren Hirn des Imperators schwache Stöße modifizierter Hyperenergie zuzuführen, die so etwas wie eine künstliche psionische Energie darstellen. Ähnliche Experimente wurden schon vor langem von Belzikaan auf Goshbar durchgeführt, der auch eine Abhandlung darüber geschrieben hat. Er äußerste darin die Vermutung, dass diese ›Lebensenergie‹ teils aus übergeordneten Dimensionen stamme, teils aber auch von psionisch begabten Lebewesen unbewusst abgestrahlt würde. Da aber im Universum bekanntlich nichts verlorengeht ...«

Morvoner Sprangk stoppte seinen Redefluss mit einer kurzen Handbewegung.

»Verschonen Sie mich bitte mit Theorien, Akouhl! Ich bin ein Soldat und Praktiker, kann da also nicht mitreden. Sie werden schon wissen, was Sie tun, und es sollte niemanden mehr freuen als mich, wenn Ihnen ein Erfolg beschieden wäre. Was kann ich nun für Sie tun?«