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Inhalt

Vorwort – »Da draußen herrscht Krieg«

I Die Akteure

Zu groß, zu mächtig – Die Banken

Herrscher der Welt: 29 Banken

Vom Wesen einer Bank und vom Bankwesen

Branchenführer in Deutschland: Deutsche Bank & Co.

Unterschiedliche Traditionen: Geschäftsbanken und Investmentbanken

Kooperation statt Konkurrenz: Die Deutschland AG

Die Modernisierung des Machtkartells

Neue Bankenmacht: Finanzmärkte und Investmentbranche

Prioritätenwechsel: Vom Kredit zur Kapitalanlage

25 Prozent plus X: Shareholder-Value

Magisches Dreieck: Rendite, Risiko, Liquidität

Riskante »Risikomessmodelle«

Was bleibt?

Schöpfer des Geldes – Die Zentralbanken

Glückliche Schweizer: Minuszinsen

Woher kriegen Banken eigentlich Geld?

Preisstabilität als Ein und Alles: Die Bundesbank

Die Politik der Europäischen Zentralbank

Alternative Strategie: Die Fed

Die Grenzen der Notenbanken

Was bleibt?

Systemrelevant in der Krise – Die Versicherer

Hauptsache, Allianz versichert

Armut als Markt: Die Mikroversicherungen

Katastrophen-Anleihen gegen das Wetter

Rüsten für die Krise

Wankender Koloss: AIG

Was bleibt?

Risikoliebhaber – Die Fondsgesellschaften

»Sei kein Opfer des Kapitalismus«

Geschlossene und offene Fonds

Die Palette: Vom konservativen Renten- bis zum riskanten Hedgefonds

Verkaufte Rente

Riester-Falle

Junk-Bonds

Was bleibt?

Nervenkitzel und Gier – Kleines Panoptikum der Zocker

Die Jagd nach dem Extraprofit

George Soros und die Leerverkäufe

Nick Leeson und die Derivate

Jérôme Kerviel und die Warentermingeschäfte

Kweku Adoboli und die Delta-One-Kontrakte

Was bleibt?

Vom Gutachter zum Akteur – Die Ratingagenturen

Die großen Drei

Unabhängig im Urteil?

Konkurrenz belebt das Geschäft

Was bleibt?

II Werkzeuge

Orte der geregelten Spekulation – Die Börsen

Markt- und Finanzplätze

Das Auf und Ab der Kurse

Was bleibt?

Die bunte Welt der neuen Finanzprodukte – Die Derivate

Derivate-Boom: 600 Billionen Dollar im Umlauf

Die solide Grundlage: Warentermingeschäfte

Grenzenlose Phantasie: 800 000 Zertifikate an einer Börse

Schreckgespenster: Leerverkäufe, Kreditausfallversicherungen und Carry-Trades

Lernen aus der Krise

Was bleibt?

Versuchungen der öffentlichen Hand – Swaps und Cross-Border-Leasing

Auch Bürgermeister zocken

Klamme Kommunen

Der falsche Goldesel: Cross-Border-Leasing

Langzeitbindung durch Öffentlich-Private Partnerschaften

Was bleibt?

Spekulation auf doppeltem Boden – Wetten auf Lebensmittelpreise

Agrarprodukte als Anlageobjekte

Moderner Landraub

Was bleibt?

Die Idee zum Finanzkapitalismus – Die Neoklassik

Das Dogma des Gleichgewichts

Interessierte Wissenschaftler

Vom Star zum Flop

Was bleibt?

III Die Große Krise

Missachtete Warnsignale – Die Vorgeschichte

Bekannte Krisenphänomene

Erstes Opfer: Die Tigerstaaten

Die Liberalisierung und Entgrenzung der Finanzmärkte

Selbstbeschränkungen und wirtschaftspolitische Regulierungen

Als die Blase platzte – Die Immobilien-, Banken- und Finanzkrise

Verzockt: Subprime-Kredite und Kreditverbriefungen

Dubiose Geschäftspraktiken der Hypo Real Estate

Regierungen gierig wie Manager: Das Debakel der Landesbanken

Der Untergang von Lehman Brothers

Unterschiedliche Auswirkungen in Europa

Neues Risiko: Kein Bargeld in der Kasse

Realwirtschaft: Krise droht

Unterschiedliche Reaktionen – Rettungspakete und Wirtschaftsboom

»Größte Garantie der Weltgeschichte«

Verkehrte Welt: Schwächelnder Norden, aufstrebender Süden

Kein Ende in Sicht – Staatsschuldenkrise und Euro-Krise

Staatsschulden: Besser als ihr Ruf

Sorgenkind Japan

Zocken gegen die Zocker: Europäische Rettungsschirme

Normalität oder Ausnahme? – Kapitalismus in der Krise

Kapitalismus: Rationaler Irrsinn

Kapitalismus: Ungerecht

Kapitalismus: Möglichkeiten

Die Alternative

Der demokratische Markt Europas

Anhang

Abkürzungen

Glossar

Zum Autor

Anhang

Zum Autor

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Hermannus Pfeiffer

Jahrgang 1956; Dr. rer. pol.; Soziologe und Wirtschaftswissenschaftler; Spezialgebiet Banken – Versicherungen – Finanzmärkte; seit 1995 freier Wirtschaftspublizist, u. a. für Frankfurter Rundschau, Neues Deutschland, taz, ZEIT.

Zahlreiche Buchveröffentlichungen zu Finanzthemen, u. a. »Das Imperium der Deutschen Bank« (1987); »Die Macht der Banken« (1993); »Der Kapitalismus frisst seine Kinder« (1997); »Die Zähmung des Geldes« (2000); »Deutschland AG«, in: »Schwarzbuch Deutschland« (2009).

Im Ch. Links Verlag erschien: »Seemacht Deutschland. Die Hanse, Kaiser Wilhelm II. und der neue Maritime Komplex« (2009).

Glossar

Aktie Ein Wertpapier, mit dem der Aktionär ein verbrieftes Recht an einer Aktiengesellschaft (AG) erwirbt. Im Regelfall wird jährlich eine Dividende gezahlt. Das Stimmrecht wird üblicherweise an eine Bank übertragen (siehe Depotstimmrecht).

Anleihe (Rentenpapier) Ein Wertpapier mit festgelegter Verzinsung, Laufzeit und Rückzahlungsverpflichtung, jedoch ohne Stimmrecht.

Arbitrage Das risikolose Ausnutzen von Preisunterschieden auf verschiedenen Märkten für dasselbe Finanzprodukt.

Asset Backed Securities (ABS) Kredite, die als Wertpapiere verbrieft wurden. Dazu werden vor allem Immobiliendarlehen in einer Zweckgesellschaft (Schattenbank) zusammengefasst und in Form von Wertpapieren weiterverkauft.

Bad-Bank Eine Zweckgesellschaft zur Bereinigung von Bankbilanzen.

Baisse (Bärenmarkt) Anhaltender Kursrückgang an der Börse.

Bank Ein Dienstleister rund ums Geld. Banken vergeben Kredite und nehmen zu ihrer Refinanzierung fremde Gelder an (Einlagengeschäft) oder begeben Anleihen (Schuldverschreibungen). Siehe auch Geschäftsbank, Investmentbank, Universalbank, Großbank.

Bank of England (BoE) Zentralbank Großbritanniens.

Bank of Japan (BoJ) Zentralbank Japans.

Bärenmarkt Siehe Baisse.

Bargeld Das Bargeld umfasst Banknoten und Münzen.

Basel II Ein umfassendes Regelwerk, das Banken in vielen Ländern bindet. Es schreibt vor allem vor, wie viel Eigenkapital vorhanden sein muss. »Basel III« wird von den Zentralbanken vorbereitet.

Bilanz Darstellung der Vermögens- und Kapitalverhältnisse eines Unternehmens an einem Stichtag.

Bilanzsumme Betrag, der sich ergibt, wenn man entweder sämtliche eingesetzten Finanzmittel (Aktiva) oder sämtliche Passiva (Eigenkapital, Rücklagen, Spareinlagen u. a.) addiert.

Blase Wenn die Preise einer Finanzproduktart, wie beispielsweise Aktien oder Immobilien, weit höher als ihr »tatsächlicher« Wert sind.

Bond Das englische Wort für Schuldverschreibung.

Bonität Maß für die Kreditwürdigkeit von Unternehmen, privaten Bankkunden oder Gemeinwesen.

Börse Marktplatz, auf dem Wertpapiere, Devisen oder auch Waren nach bestimmten Regeln gehandelt werden. Kurse bzw. Preise werden vom Börsenmanagement nach Angebot und Nachfrage festgelegt.

Bretton-Woods-System Am Ende des Zweiten Weltkrieges einigten sich in der US-amerikanischen Stadt Bretton Woods 44 Staaten auf ein internationales Währungssystem mit festen Wechselkursen und dem US-Dollar als Leitwährung. Das Abkommen begründete den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank. Das Bretton-Woods-System bestand bis 1973.

Broker Händler oder Unternehmen, die als Makler Wertpapierhandel auf Rechnung Dritter betreiben.

Bruttoinlandsprodukt (BIP) Summe aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr hergestellt werden. Maß für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft. Bis 1999 als Bruttosozialprodukt bezeichnet.

Buchgeld (Giralgeld) Guthaben bei einer Bank, über die der Bankkunde täglich verfügen kann (z. B. Girokonto).

Bullenmarkt Siehe Hausse.

Bundesbank Zentralbank der Bundesrepublik. Sie gehört zum »Europäischen System der Zentralbanken« und operiert in der Praxis als Tochtergesellschaft der Europäischen Zentralbank (EZB), die allein über die Geldpolitik in der Euro-Zone entscheidet. Andererseits ist die staatliche Bundesbank größter Anteilseigner der EZB, und der Bundesbank-Präsident gehört dem höchsten Gremium, dem EZB-Rat, an.

Bundeswertpapier Schuldverschreibung, die vom Bund und dessen Sondervermögen herausgegeben wird. Es gibt mehrere Arten z. B. Bundesanleihen, Bundesschatzbriefe oder Finanzierungsschätze. Diese unterscheiden sich u. a. durch Laufzeit und Art der Verzinsung.

Carry-Trade Arbitrage-Geschäft zwischen niedrigeren und höheren Zinsen in unterschiedlichen Währungen.

Clusterrisiko Ein unausgewogenes und daher besonders riskantes Portefeuille, mit dem beispielsweise alles auf die eine Karte »Chemieaktien« gesetzt wird.

Credit-Default-Swap (CDS) Siehe Kreditausfallversicherung.

Cross-Border-Leasing Leasing, bei dem Leasinggeber und Leasingnehmer in unterschiedlichen Staaten beheimatet sind.

Dachfonds Fonds, der in andere Fonds investiert bzw. sie unter einem Dach zusammenfasst.

Darlehen Siehe Kredit.

Dax Im Deutschen Aktienindex sind die Kurse der 30 größten und an der Börse umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland zusammengefasst.

Deflation Ein anhaltendes Sinken der Preise.

Depotstimmrecht (Vollmachtsstimmrecht) Anleger treten ihr Stimmrecht an einer Aktiengesellschaft an ihre Bank per Vollmacht ab.

Derivat Finanzprodukt, dessen Preis/Kurs/Zins von der Entwicklung einer zugrundeliegenden Bezugsgröße abhängt, also abgeleitet ist. Als Basiswerte sind u. a. Aktienindizes, Rohstoffpreise und Zinssätze üblich. Derivate sind eine Wette auf die Wette und gelten als besonders riskant für die Stabilität der Finanzmärkte.

Deutschland AG Netzwerk von großen deutschen Unternehmen und Institutionen, die sich vor allem um die Deutsche Bank gruppieren. Der Vernetzung dienen Geschäftsbeziehungen, personelle Verflechtungen, Depotstimmrechte und Kapitalbeteiligungen.

Dividende Teil des Gewinns, den eine Aktiengesellschaft an ihre Aktionäre ausschüttet.

Dominoeffekt (Systemisches Risiko) Bei Zahlungsunfähigkeit eines Marktteilnehmers sind andere Marktteilnehmer nicht mehr in der Lage, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.

Dow Jones Der Aktienindex Dow Jones Industrial Average setzt sich heute aus 30 der größten US-Unternehmen zusammen.

EFSF (Europäische Stabilisierungsfazilität) Wurde 2010 von den EUStaaten eingerichtet, um die finanzielle Stabilität in Europa zu sichern. Die Fazilität (eigentlich »Möglichkeit«) kann am Kapitalmarkt maximal 440 Milliarden Euro aufnehmen. Die Wertpapiere dafür werden von den Euro-Staaten garantiert.

EFSM (Europäischer Finanzstabilisierungsmechanismus) Ermächtigte 2010 die EU-Kommission, Mittel von bis zu 60 Milliarden Euro aufzunehmen, um sie an kriselnde Euro-Länder auszuleihen.

Eigenkapital Mittel, die einem Unternehmen von dessen Eigentümern zur Verfügung gestellt werden, etwa von den Aktionären einer Aktiengesellschaft. Die Aktionäre erhalten dafür Wertpapiere, die Aktien. Der Gegensatz ist Fremdkapital, etwa Kredite von Banken.

Eigenkapitalrendite Das Verhältnis des Gewinns zum Eigenkapital.

Emission Ausgabe neuer Wertpapiere, z. B. Aktien.

ESFS (Europäisches System für die Finanzaufsicht) Neue europäische Finanzaufsicht, die Anfang 2011 mit drei Aufsichtsbehörden in London, Frankfurt und Paris begonnen hat, Banken (EBA), Versicherungen (EIOPA) und Fonds (ESMA) zu kontrollieren.

Euribor (Euro Interbank Offered Rate) Durchschnittszinssatz, zu der eine Bank einer anderen Bank Euro leiht.

Euro Gemeinsame Währung der an der Europäischen Währungsunion teilnehmenden Staaten.

Eurobond Staatsanleihe, die nicht ein einzelnes Land auflegt, sondern alle Euro-Länder gemeinsam. Dadurch soll der Zinssatz für die meisten teilnehmenden Länder sinken, für Deutschland würde er steigen.

Europäische Zentralbank (EZB) Währungsbehörde für die Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion. Die EZB verleiht das von ihr geschaffene (Zentralbank-)Geld an Banken. Für diese Kredite müssen Banken Sicherheiten stellen. Im Fall einer Bankpleite könnte die EZB diese Pfänder verkaufen.

Federal Reserve System (Fed) Zentralbank der USA.

Finanzdienstleister Ein Wirtschaftsbetrieb, der zwar keine Bank ist, aber einige bankähnliche Geschäfte wie Anlageberatung oder Leasinggeschäfte betreibt.

Finanzmarkt Ein Begriff, der sowohl die Abwicklung aller klassischen Bankgeschäfte als auch den Handel mit Aktien, Anleihen, Terminkontrakten umfasst. Finanzmärkte können festen Regeln folgen (Börse) oder freihändig (Over-the-Counter) organisiert sein.

Finanzprodukt Oberbegriff für alle Formen der Geldanlage und der Finanzinvestition – vom Sparbuch über die Lebensversicherung bis zur Kapitalbeteiligung an einem Hedgefonds.

Finanztransaktionssteuer Siehe Transaktionssteuer.

Fonds Siehe Investmentfonds.

Fremdkapital Siehe Eigenkapital.

Geld Das in einer Gesellschaft allgemein anerkannte Tausch- und Zahlungsmittel. Geld fungiert auch als Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Es kann unterschiedliche Formen annehmen, beispielsweise als Bargeld oder Buchgeld.

Geldmenge Alles Geld in den Händen von Nichtbanken. Da der Begriff des Geldes unscharf ist, gibt es unterschiedlich definierte Geldmengen.

Geldpolitik Alle Maßnahmen einer Zentralbank.

Geschäftsbank Bank, die im Gegensatz zur Investmentbank vor allem das klassische Spar- und Kreditgeschäft betreibt. Meist universell tätig, betreibt also alle Bankgeschäfte.

Geschäftsvolumen Entspricht bei Banken weitgehend der Bilanzsumme.

Geschlossener Fonds Investmentfonds, an dem sich Anleger nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt beteiligen können; riskante unternehmerische Beteiligung.

Giralgeld Siehe Buchgeld.

Großbank Nach der Bilanzsumme herausragend große Bank. In Deutschland traditionell Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank; in der Bundesbank-Statistik seit 1999 auch die Bayerische Hypo- und Vereinsbank und seit 2004 die Postbank. 2009 ging die Dresdner Bank in der Commerzbank auf; 2010 erwarb die Deutsche Bank die Mehrheit an der Postbank.

Hausse (Bullenmarkt) Anhaltender Kursanstieg an der Börse.

Hebel Ein Kredit, mit dem das zur Verfügung stehende eigene Kapital aufgestockt wird, zumeist um mehr Profit zu erzielen.

Hedgefonds Weitgehend unregulierte Fonds, die im Regelfall eine hochriskante Anlagestrategie verfolgen und dafür von Banken Kredit erhalten.

»Heuschrecken« Siehe Private-Equity.

High-Yield-Anleihe Siehe Junk-Bond.

Inflation Ein längerer Preisanstieg. Dadurch verliert das Geld an Kaufkraft.

Institutionelle Investoren Im Gegensatz zum privaten Anleger sind dies Unternehmen und Institutionen wie Banken, Investmentfonds, Versicherungen, Industriekonzerne und Staaten.

Interbankenmarkt Handel von Geld und Wertpapieren zwischen Banken.

Internationaler Währungsfonds (IWF) Fördert die internationale Zusammenarbeit in der Währungspolitik und greift in die Geldpolitik von kriselnden Ländern ein. Früher traf es die »Dritte Welt«, heute auch »Industriestaaten«. Bruderorganisation der Weltbank.

Investmentbank Bank, die kein Spar- und Kreditgeschäft, aber Wertpapiergeschäfte betreibt.

Investmentfonds Ein gemischtes Vermögen u. a. aus Wertpapieren, Bankeinlagen und Immobilien. Anleger können Miteigentümer am Fondsvermögen werden, indem sie Anteile in Form von Wertpapieren (Investmentzertifikate) kaufen. Siehe auch Dachfonds, Geschlossener Fonds, Hedgefonds, Offener Fonds, Offshore-Fonds, Pensionsfonds, Private-Equity.

Junk-Bonds (High-Yield-Anleihen) Sogenannte Schrottpapiere (siehe dort), Anleihen mit schlechter Bonität.

Kredit Die zeitlich begrenzte Überlassung von Geld. Der Kreditnehmer (Schuldner) zahlt dem Kreditgeber (Gläubiger) dafür einen Zins. Bei revolvierenden Krediten werden alte Darlehen durch neue ersetzt. Bei »faulen«, notleidenden Krediten ist der Schuldner mit der Erfüllung seiner Pflichten in Verzug geraten oder ein solcher droht nach Ansicht der Bank.

Kreditausfallversicherung (Credit-Default-Swap) Derivat, das ursprünglich gegen mögliche Verluste bei Exportkrediten eingesetzt wurde. Heute genutzt, um gegen Euro-Staaten zu wetten.

Kreditverbriefung Siehe Verbriefung.

Kreditversicherer Versicherungsunternehmen, das vorrangig Im- und Exportgeschäfte der Industrie finanziell absichert. Nicht zu verwechseln mit den oft hochspekulativen Kreditausfallversicherungen.

Kurswert Preis, der für Wertpapiere oder Devisen an der Börse gezahlt wird. Siehe auch Nennwert.

Landesbank Öffentlich-rechtliche Bank, Dienstleister für Sparkassen. Überwiegend im Eigentum von Bundesländern.

Leerverkauf (Short-Seller) Spekulation mit fremden Vermögenswerten, geliehenen oder ganz »ohne« eigene Wertpapiere (nackter oder ungedeckter Leerverkauf).

Leitzinsen Zinssätze, zu denen sich Banken von der Zentralbank Geld leihen oder überschüssige Reserven bei dieser anlegen können.

Lender of Last Resort Die Zentralbank als letzter Retter in der Not. Diese Funktion gehört zu den Aufgaben der amerikanischen Fed, aber offiziell nicht zu denen der EZB.

Leverage-Effekt Siehe Hebel.

Leverage-Ratio Kennzahl, die das Verhältnis des Eigenkapitals einer Bank zu ihrer Bilanzsumme festlegt (Eigenkapital mal X gleich Bilanzsumme). Durch ein niedriges Leverage-Ratio wird das maximal mögliche Geschäftsvolumen reduziert und gedeckelt. Über eine gesetzliche Vorgabe für das Leverage-Ratio könnte die Größe von Banken reguliert und damit zugleich das Risiko für eine Volkswirtschaft begrenzt werden.

Libor (London Interbank Offered Rate) Durchschnittszinssatz, zu der weltweit eine Bank einer anderen Bank Devisen leiht.

Liquidität Beschreibt, wie »flüssig« eine Geldanlage ist, wie leicht sie also ge- oder verkauft werden kann.

Maastricht-Vertrag Wirtschaftsliberales »Grundgesetz« der Europäischen Union.

Mindestreserve Geldpolitisches Instrumentarium, das die EZB von der Bundesbank übernommen hat. Banken müssen ein bestimmtes Mindestguthaben bei der Zentralbank halten. Derzeit 1 Prozent auf kurzfristige Kundeneinlagen.

Mortgage Backed Securities Wertpapier, das durch Hypotheken abgesichert ist. Solche verbrieften Hauskredite lösten 2007 die Große Krise aus.

Nennwert (Nominalwert) Der auf einem Wertpapier genannte Betrag. Bei börsengehandelten Wertpapieren kann der Nennwert erheblich vom Kurswert abweichen.

Notenbank Siehe Zentralbank.

Offener Fonds Investmentfonds, dessen Anteile Anleger gewöhnlich jederzeit kaufen oder verkaufen können; Massenprodukt.

Offenmarktgeschäfte Geldpolitische Operationen der Zentralbank, mit der den Banken Geld (Liquidität) zur Verfügung gestellt wird.

Offshore-Fonds Im Allgemeinen Fonds, die im Ausland aufgelegt werden; im Besonderen Fonds, die in weitgehend liberalisierten Finanzoasen beheimatet sind.

Option Recht, beispielsweise Aktien oder Devisen zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt und einem vorab vereinbarten Preis von einem Vertragspartner zu kaufen oder an diesen zu verkaufen.

Over-the-Counter (OTC) Handel mit Finanzprodukten außerhalb einer Börse.

Pensionsfonds Ein vom Unternehmen ausgegliedertes Sondervermögen zum Zweck der Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung der Beschäftigten.

Pfandbrief Besonders sicheres Wertpapier, das entweder durch Hypotheken oder Grundschulden abgesichert ist oder durch die Garantien eines öffentlichen Haushaltes.

Portefeuille (Portfolio) Alle Finanzprodukte, die eine Bank, ein Unternehmen oder ein privater Haushalt besitzen.

Private-Equity (»Heuschrecken«) Kapital, das private Gesellschaften in nicht-börsennotierte Unternehmen investieren; häufig um ein Unternehmen aufzukaufen und in Einzelteile filetiert weiterzuveräußern. Das Kapital dazu wird häufig in einem Fonds gesammelt (Private-Equity-Fonds).

Rating Einstufung von Banken, Unternehmen, Staaten und von ihnen herausgegebenen Wertpapieren nach deren Bonität.

Refinanzierung Wenn sich Geschäftsbanken bei ihren Sparkunden, anderen Banken oder der Zentralbank Geld leihen, um beispielsweise Kredite zu vergeben.

Rendite Die Rendite gibt den Gewinn einer Investition wieder. Die Rendite kann aus Zinsen, Dividenden oder realisierten Kurssteigerungen bestehen.

Rentenpapier Siehe Anleihe.

Rezession Konjunkturelle Abschwungsphase. Nach der gängigen Definition liegt eine Rezession vor, wenn das BIP in zwei aufeinander folgenden Quartalen im Vergleich zu den Vorjahresquartalen stagniert oder schrumpft.

Risiko Bezogen auf ein Finanzgeschäft die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Finanzprodukt nicht den gewünschten Erfolg hat. Im schlimmsten Fall besteht das Risiko darin, das gesamte eingesetzte Kapital zu verlieren.

Schattenbank (Zweckgesellschaft) Unternehmen, das – oft in Finanzoasen angesiedelt – bankähnliche Geschäfte betreibt, ohne den gesetzlichen Vorgaben einer Bank zu unterliegen. Meist wird die Schattenbank nur für einen bestimmten Zweck gegründet.

Schrottpapiere (Ramschpapiere) Anleihen, zurzeit vornehmlich Staatsanleihen, deren Kurswert weit unterhalb des Nennwertes liegt. Siehe auch Junk-Bond.

Schuldverschreibung Anleihe/Rentenpapier, mit dem der Gläubiger dem Aussteller der Schuldverschreibung (Emittent) einen bestimmten Betrag für eine gewisse Zeit überlässt. Emittenten sind staatliche Stellen (öffentliche Anleihen), Banken (Bankschuldverschreibungen, Pfandbriefe) und Industrieunternehmen (Industrieanleihen).

Shareholder-Value Wörtlich Aktionärswert. Eine Zielgröße, die den Erfolg eines Unternehmens hauptsächlich oder allein am Börsenkurs misst. Dies führt zu einer besonders aggressiven Geschäftspolitik durch den Vorstand, der vor allem auf kurzfristige Profite abzielt, um den Aktienkurs des Unternehmens zugunsten der Aktionäre (Eigentümer) in die Höhe zu treiben. Investitionen, die erst auf mittlere oder lange Sicht Erträge versprechen, unterbleiben oft.

Short-Seller Siehe Leerverkauf.

Soffin (Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung) Ein Sonderfonds des Bundes, der im Oktober 2008 eingerichtet wurde, um die Banken zu stützen. 2012 wurde der Rettungsfonds reaktiviert.

Solvabilität Eigenkapitalausstattung von Unternehmen, hier besonders Versicherer.

Solvency II Projekt der Europäischen Kommission, das – in Anlehnung an »Basel II« und »Basel III« – neue Solvabilitätsvorschriften für die Versicherungswirtschaft formuliert.

Sondervermögen Vielfältig einsetzbare rechtliche Konstruktion, in der Vermögensgegenstände verwaltet werden, beispielsweise das angelegte Kapital von Fondsanlegern (Investmentfonds) oder der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) des Bundes. Wird auch als Schattenbank eingesetzt, um riskante Finanzspekulationen abzuwickeln.

Spareinlagen Gelder von Kunden, die den Banken zur Refinanzierung für Kredite, Aktienkäufe und andere Geschäfte dienen.

Sparkassen Öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, deren Träger meist Kommunen sind.

Spread Differenz von Preisen oder Renditen, zum Beispiel zwischen den Zinssätzen, die Deutschland und Griechenland für ihre jeweiligen Staatsanleihen bieten.

Spread-Ladder-Swap Wette auf den Zinsabstand von zwei ähnlichen Finanzprodukten.

Staatsanleihe Anleihe, mit der Staaten ihre Schulden finanzieren.

Stabilitäts- und Wachstumspakt In dem 1996 beschlossenen Pakt verpflichten sich die EU-Länder, auch nach Eintritt in die Währungsunion Haushaltsdisziplin zu wahren. Die Obergrenze für die jährlichen Haushaltsdefizite liegt grundsätzlich bei 3 Prozent, der Schuldenstand bei höchstens 60 Prozent des BIP.

Stresstest Simulation der Auswirkungen extremer Ausnahmen von normalen Marktentwicklungen. Umstritten, da die Kriterien willkürlich gewählt werden.

Subprime-Krise Millionen »zweitklassige« Immobilendarlehen (Hypothekenkredite) von US-amerikanischen Hausbesitzern mit geringer Bonität wurden von Banken verbrieft und im Paket an Banken und Finanzdienstleister weltweit verkauft.

Swap Derivat; Vereinbarung über den Tausch von Finanzprodukten, beispielsweise US-Dollar- und Euro-Zertifikate, zu einem festgelegten Termin in der Zukunft.

Systemrelevanz Auf den Finanzmärkten in der Regel bezogen auf eine Bank oder Bankengruppe. Diese sind laut Bundesbank systemrelevant, wenn ihre Zahlungsunfähigkeit das Funktionieren des inländischen Finanzsystems oder »wesentlicher Teile« davon gravierend beeinträchtigen würden und zudem »negative Auswirkungen« auf die Realwirtschaft hätten. In der Krise können auch Versicherer und Hedgefonds systemrelevant sein.

Tender (-verfahren) Ein Tender ist ein standardisiertes Auktionsverfahren, mit dem die Zentralbank Geld an Banken verleiht.

Termingeschäft Finanzgeschäft, bei dem der Vertragsabschluss und die Vertragserfüllung zeitlich auseinander liegen.

Trader Händler, der überwiegend auf eigene Rechnung mit Wertpapieren handelt, meist kurzfristig (Daytrader) und riskant.

Transaktionssteuer (Tobin-Steuer) Von dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler James Tobin 1972 vorgeschlagene Umsatzsteuer auf grenzüberschreitende Devisengeschäfte.

Trennbankensystem Im Gegensatz zu Geschäftsbanken/Universalbanken dürfen Trennbanken nicht gleichzeitig das Kredit- und das Wertpapiergeschäft betreiben. Damit sollten in den USA und Japan Interessenkonflikte zwischen beiden Geschäftsfeldern vermieden werden.

Treasury Üblicherweise US-amerikanische Staatsanleihe.

Universalbank Institut, das alle Geschäfte einer Bank betreibt, insbesondere das Kredit- und das Wertpapiergeschäft. In Deutschland sind die meisten Banken als Universalbank tätig.

Verbriefung (Securitization) Unter Verbriefung versteht man die Umwandlung von Krediten oder anderen Finanzprodukten in handelbare Wertpapiere.

Versicherer Unternehmen, das Versicherungsschutz an private Kunden, Firmen – auch andere Versicherer – sowie öffentliche und private Institutionen verkauft.

Volatilität Maß für die Schwankungen beispielsweise eines Finanzmarktpreises innerhalb einer bestimmten Periode.

Volks- und Raiffeisenbanken Genossenschaftlich organisierte Banken, vor allem in Deutschland.

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen (VGR) Darstellung der gesamtwirtschaftlichen Größen einer Volkswirtschaft, vor allem des BIP. Die VGR liefert das Datenmaterial für politische Entscheidungen.

Vollmachtsstimmrecht Siehe Depotstimmrecht.

Währung Das hoheitlich geordnete Geldwesen eines Staates. Der Begriff steht auch für den Namen einer Geldeinheit wie Euro oder US-Dollar.

Warentermingeschäft Termingeschäft mit oder auf Waren wie Erdöl, Kaffee oder Weizen.

Wechsel Ein Wertpapier, mit dem sich der Aussteller verpflichtet, einen bestimmten Betrag zu einem späteren Zeitpunkt bei Vorlage des Wechsels zu zahlen.

Wechselkurs Der Wechselkurs (Devisenkurs) ist das Austauschverhältnis zweier Währungen.

Weltbank 1944 auf der Konferenz von Bretton Woods gegründet. Aufgabe der Weltbankgruppe, die aus fünf Organisationen besteht, ist die Förderung von weniger entwickelten Staaten. Die Weltbank gehört den Mitgliedsländern der Vereinten Nationen, größter Anteilseigner sind die USA. Siehe auch Internationaler Währungsfonds.

Wertpapier Ein Wertpapier verbrieft ein Vermögensrecht. Wertpapiere sind beispielsweise Aktien, Schuldverschreibungen (Anleihen/Rentenpapiere) und Investmentfondsanteile.

Xetra (Exchange Electronic Trading) Elektronisches Handelssystem für Wertpapiere der Deutschen Börse.

Zentralbank (Notenbank) Zuständig für Geldpolitik und das Geldwesen in einem Land. Verwaltet die Währungsreserven und gibt als im Wortsinne Notenbank Banknoten und Münzen aus. Die Zentralbank kann auch Banken beaufsichtigen und den Zahlungsverkehr vor allem mit dem Ausland abwickeln.

Zertifikat Ein Derivat, mit dem die Teilnahme an der Kursentwicklung eines Basiswertes, wie Aktien oder Devisen, verbrieft wird.

Zins Preis für die zeitweise Überlassung von Geld. Den Zins zahlt der sogenannte Kapitalnehmer dem Kapitalgeber. Typischerweise ist der Zins umso höher, je länger ein Kredit läuft.

Zinseszins Wiederverzinsung aufgelaufener Zinsen, die der Gesamtsumme zugeschlagen werden.

Zweckgesellschaft Siehe Schattenbank.

Vorwort – »Da draußen herrscht Krieg«

»Wir verstehen alle nicht, wie diese Krise funktioniert.« Dieser Satz entschlüpfte dem prominenten Gastgeber eines Wirtschaftsforums, und mit »wir« war die versammelte deutsche Prominenz aus Bankbossen, Präsidenten von Unternehmensverbänden und Industrievorständen gemeint. Sollte selbst oder gerade die wirtschaftliche Elite nicht wissen, wie ihr Laden funktioniert? Das wäre wirklich Irrsinn. Dabei folgt dieser Irrsinn doch rationalen Strategien, wirft Profit ab und degradiert Politik und Demokratie zu gefügigen Spielgefährten.

Im Sommer 2007 platzte in den USA eine Spekulationsblase, die aus Krediten für Häuser von Millionen Amerikanern bestand; diese US-Immobilienkrise vertrieb Hunderttausende aus ihren Heimstätten und vernichtete bald Banken in Europa; aus der Bankenkrise wurde eine globale Finanzkrise, und diese mündete in eine Weltwirtschaftskrise. Die Nachbeben der geplatzten Immobilienblase in Amerika spüren wir heute in der Staatsschuldenkrise in Europa (und den USA und Japan …) und morgen vielleicht in der nächsten Rezession. Infolge dieser seit 2007 andauernden Großen Krise stieg die öffentliche Verschuldung in allen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Vor allem, weil im Verlauf der Krise die EU-Regierungen 4,6 Billionen Euro aufbrachten, um den Finanzsektor zu retten. Bis zur Großen Krise hatte dieser unter anderem von niedrigen Steuersätzen profitiert. Eine Mehrwertsteuer, wie für jedes andere Produkt, gab es für Geldgeschäfte nicht. Irrsinn.

An jenem Tag, an dem ich begann, dieses Buch zu schreiben, geriet eine eher seriöse Zeitung mit internationalem Renommee über einen Aktienkursrutsch in »Furcht«, und ein Wirtschaftsblatt titelte »Da draußen herrscht Krieg«. Dabei war im Spätsommer 2011 lediglich Alltägliches geschehen: Es hatten einige Aktienkurse und auch sie nur um wenige Prozentpunkte nachgegeben, und selbst für diejenigen, die mit dem Niedergang ihre Geschäfte machen, zeichnete sich kein Allzeithoch ab. Vielmehr hatte sich eine Bewegung fortgesetzt, die man seit 15 Jahren an den Börsen beobachten kann: ein ständiges Auf und Ab, Auf und Ab, Auf und Ab. Davon leben Börsianer, Makler und Banker. Ihnen ist es meistens egal, ob die Kurse hochfliegen oder runterrauschen, Hauptsache, sie bewegen sich. Nicht, dass es aufwärts geht, ist das Lebenselixier der Finanzmarktakteure, sondern Bewegung. Der Weg, nicht ein Ziel, lockt mit extraordinären Gewinnen. Daher haben Finanzakteure kein Interesse an Stabilität und nachhaltigem Wohlstand, sondern schätzen das chaotische Auf und Ab der Kurse.

Bei einem existenziellen Thema wie der Ökonomie macht sich die Fixierung der Medien auf Menschelndes, auf krachend Spektakuläres und auf aktualistische Neuigkeiten schmerzlich bemerkbar. Wissenschaftler, Insider und Bankanalysten werden wahlweise zu »Gurus« und »Popstars« des Abstiegs oder des Aufstiegs aufgeblasen, irgendein Fachmann wird im Fernsehen zum »Gesicht der Krise« gemacht. Gesicht der Krise? Der Mann, der zu diesem Gesicht gehört, betreibt lediglich eine Art von Sportwetten und ist mit üppig ausgestatteter Festanstellung bei einer Mini-Bank in der bayerischen Provinz gesegnet. Er ist nicht arbeitslos, hungert nicht und begeht nicht Selbstmord, weil der Familie das Häuslein genommen wird. Die Berichterstattung über Wirtschaft und Geld – die Grundlagen unseres Lebens – verkommt zu einem schrillen Infotainment; laut und bunt fallen die Ereignisse aus der Welt des Geldes via Bild und »Tagesschau« über uns her. Unterhalb von Furcht und Panik, von Katastrophe und Desaster geht es kaum noch ab, in der Sprache und damit im Denken. Bestenfalls stimmen Fakten. Von Wissen finden sich nur selten Spuren im Treibsand der tagtäglichen Schreckensmeldungen.

Besonderer Beliebtheit in der Öffentlichkeit erfreuen sich Börsen. Die Säulentempel des Kapitalismus hinterlassen nachvollziehbare Spuren im Stadtbild der Metropolen, und das »Parkett«, auch wenn es menschenleer ist und der Handel längst in blitzschnellen Computernetzen entschwunden ist, gibt »echte« Bilder her. Das Geschehen dahinter, »die Finanzmärkte«, entzieht sich der Gier nach Fotos und Filmaufnahmen. Dort geht es zu wie in jedem Büro, in jeder Abteilung, in jeder Führungsetage. Unspektakulärer Irrsinn. Übrigens besitzen von 100 Bundesbürgern weniger als fünf eine Aktie.

Wenn hinter Börsenbildern und dem Hochfrequenzhandel von Wertpapieren die wirkliche Welt verschwindet, mag dies als Irrsinn gelten. Doch Politikern geht es nicht besser als uns Konsumenten: »Kan niks verstaan«, stellte sich ein europäischer Regierungschef auf einem der europäischen Gipfeltreffen selbst bloß. Er hatte sich bei dem Versuch, finanztechnische Details eines der vielen Rettungspakete zu erklären, um Milliarden von Euro verhauen. Irrsinn.

Irrsinnig erscheint es auch, wenn die Weltwirtschaft zu Schanden zu kommen droht, weil eine Handvoll Analysten die größte Volkswirtschaft auf Erden von »Eins plus« auf eine glatte »Eins« minimal abwertet. Irrsinnig, dass zu diesem Ratingurteil Informationen und Bewertungen führten, die seit Monaten jedem halbwegs informierten Zeitgenossen bekannt waren.

Irrsinn, wenn Computersysteme »aus Versehen« die Staatsanleihen eines Landes plötzlich als Ramsch bewerten oder die Aktienkurse zum Fallen bringen.

Irrsinn auch, wenn eines der kleinsten Länder der Europäischen Union scheinbar ein ganzes Währungssystem zum Einsturz bringen könnte, obwohl alle von uns gewählten Politiker steif und fest am Euro festhalten wollen.

Irrsinn, dass die amerikanische Zentralbank Fed und deutsche Großbanken einen US-Zocker-Fonds mit Unsummen retten, wenn diesem die Pleite droht. Irrsinn, wenn derselbe Fonds vorher dank moderner Finanzwerkzeuge mit Milliarden spekulieren konnte, obwohl er selbst nur Millionen besitzt.

Und was ist davon zu halten, wenn einer der weltgrößten Versicherungskonzerne gleichzeitig eine Bilanz mit roten und eine mit schwarzen Zahlen für denselben Stichtag vorlegt? Was ist davon zu halten, wenn eine einst im besten Sinne hanseatische Bank sich über Scheinfirmen in Irland auf dem US-Immobilienmarkt verzockt?

Irrsinn auch, wenn ein Spekulant gegen die altehrwürdige Bank von England Milliarden Pfund gewinnt, sich später als Altruist gebärdet und wohlfeile Ratschläge gegen die Globalisierung hinausposaunt, der er neben Können und Glück seinen Reichtum verdankt.

Irrsinn, wenn in einer der größten Volkswirtschaften und der ältesten Demokratien ein Superreicher ernsthaft Chancen beim Wahlvolk hat, zum Präsidentschaftsanwärter aufzusteigen, obwohl er kaum Steuern für sein üppiges Einkommen zahlt. Welches er zudem der Tätigkeit als Manager eines zumindest umstrittenen Finanzinvestors verdankt.

Kurzum, es erscheint irrsinnig, wenn die Protagonisten auf den wild gewordenen Finanzmärkten seit drei Jahrzehnten den real existierenden Kapitalismus in Fabriken, Handwerksbuden und Büros vor sich herjagen.

Möglich machen dies drei Todsünden im modernen Kapitalismus:

Anrührend wirkt es angesichts dessen, wenn ein Nobelpreisträger, gefragt nach der Lage der Weltwirtschaft, auf »viel Ungewissheit« verweist und auf »Glück« hofft. Konsequenterweise ist Edmund S. Phelps auch hinsichtlich der zukünftigen Aufgaben der Wirtschaftswissenschaften ratlos: »Das ist schwer zu sagen.« Und als gäbe es nicht seit zwei Jahrhunderten eine Ökonomik, die den Kapitalismus analysiert, fordert er seine Kollegen auf, »eine Menge an Grundlagenarbeit« zu leisten, »um die derzeitigen Probleme besser zu verstehen«.

Doch was auf den ersten Blick als Irrsinn erscheint, muss nicht irrational sein. Neid und Gier und Hass spielen im Billionenspiel eine Rolle, und doch verläuft das Spiel durchaus kalkuliert, und es folgt Regeln, die geldgeile Boni-Banker nutzen, aber nicht geschaffen haben. Diese Zocker in Nadelstreifen mögen die Puppen tanzen lassen, aber sie sind selbst Teil eines größeren Theaterstücks, das in die Jahre gekommen sein mag. Doch sein Name – je nach Sicht – berauscht oder schreckt immer noch: Kapitalismus. In diesem Stück haften andere für eingetretene Risiken, die einige Zocker eingingen; verletzen staatliche Notenbanken die eigenen Regeln und plädieren rechte Politiker für Rettungsfonds, die sie vor kurzem noch für linkes Teufelswerk hielten. Verlass ist eigentlich nur noch auf parteiliches Lagerdenken, interessengebundene Lobbys und eine politische Korrektheit, die jede offene Diskussion im Keime erstickt.

Der Irrsinn auf den Finanzmärkten stieß schon viele Menschen in den Abgrund, kapitale Pleitiers, aber auch Rentnerinnen und solide Familienväter. Und die Auswirkungen, wenn es schiefgeht, können verheerend sein. Man denke nur an den Schwarzen Freitag, nach dem die amerikanische Börse an der Wall Street im Oktober 1929 zusammenbrach. Er vernichtete Banken und Beschäftigungsverhältnisse zunächst in den USA – bald waren fast 25 Prozent aller Arbeitskräfte ohne Job –, und er löste die Weltwirtschaftskrise aus, schaffte den Nährboden für den Hitler-Faschismus, in dessen Gefolge die Menschheit 1939 in den Zweiten Weltkrieg taumelte. Vor dem Crash hatte US-Präsident Herbert Hoover noch triumphiert: »Wir sind dem endgültigen Sieg über die Armut heute näher als je zuvor in unserer Geschichte.« Irrsinn.

Trotz allen Irrsinns: Die Finanzmärkte sind rational organisiert. Es gibt Gewinner und Verlierer, Täter und Opfer. Dabei sind – das sei gleich hier festgehalten – längst nicht alle Manager und Banker, Fondsinvestoren und Versicherungsvertreter schuldig zu sprechen.

Doch bevor wir uns den Akteuren und ihren Werkzeugen zuwenden, werfen wir einen Blick auf das Terrain, auf dem sich der alltägliche Irrsinn abspielt, die Bühne für die Dramen und die Trauerspiele, kurzum: Werfen wir einen Blick auf die Finanzmärkte oder griffiger: »die Märkte«. Seit geraumer Zeit sind sie in den Nachrichten allgegenwärtig, fast immer im Plural treten sie wie ein Mann auf, versetzen nationale Regierungen in Angst und Schrecken wie sonst nur die Globalisierung und bleiben wie diese stets anonym. »Die Märkte«, eine irgendwie launische Bestie, dürfe man, so heißt es, auf keinen Fall verärgern, schon gar nicht die Politiker. Dabei hat sich die anonyme Allmacht, die »den Märkten« in den Medien wie selbstverständlich attestiert wird, in kaum einem Menschenalter herausgebildet.

Am Anfang der Entgrenzung, Entfesselung und Verselbständigung des Finanzkapitals und seiner Märkte stand ein Ende, der Abschied von »Bretton Woods« Anfang der 1970er Jahre. Durch die endgültige Entkoppelung vom Gold wurde Geld unzweideutig zu einer fiktiven Ware, und durch die Abkehr vom 1944 von den Vereinten Nationen in Bretton Woods beschlossenen System fester, aber durchaus anpassungsfähiger Wechselkurse wurde der Finanzspekulation der Boden bereitet. Das Spiel konnte beginnen. Damit es existenzielle Dimensionen annehmen konnte, fehlte allerdings noch zweierlei.

Zum einen mussten Regeln gelockert, Beschränkungen aufgehoben werden. Dafür sorgte die Politik ab Anfang der 1980er Jahre unter der britischen Premierministerin Margaret Thatcher und dem US-amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan mit der Liberalisierung der Finanzmärkte. Die exzessive Spekulation wurde gesellschaftsfähig.

Zum zweiten bedurfte es der Erhöhung des Einsatzes, sprich: Es musste Geld her, viel Geld. Betrachtet man das Verhältnis von weltweiter Realwirtschaft und Finanzwirtschaft, das um 1980 noch 2 : 1 betrug, so hat es sich drei Jahrzehnte später mit 1 : 3,5 mehr als umgekehrt, das heißt, die monetären Vermögenswerte weltweit sind dreieinhalb Mal so hoch wie die wirklichen, handfesten Werte auf der ganzen Welt.

Die enorme Ausweitung der Finanzwirtschaft liegt auch daran, dass drei Jahrzehnte lang in vielen Ländern Steuersätze und Bemessungsgrundlagen für Reiche und Unternehmen nach unten gedrückt wurden. Es fand sich immer ein Land mit noch niedrigeren Sätzen, auf das von interessierten Kreisen mit dem Satz »Es sind Arbeitsplätze in Gefahr!« verwiesen wurde. Die Politik sonnte sich bei ihren Senkungsorgien in der wirtschaftsliberalen und doch vergeblichen Hoffnung, das steuerlich befreite Kapital würde dann mehr Kapital außerhalb der Finanzmärkte investieren. Dies dürfte der grundlegende Irrtum, im Wortsinne also Irrsinn, gutmeinender Politiker gewesen sein.

Geldkapital ist also im Überfluss vorhanden. Woher stammt aber diese monetäre Flut? Werden die Reichen immer reicher? Ja. Diese Lieblingsthese der Sozialisten seit dem 19. Jahrhundert stützt auch die amerikanische Investmentbank Merrill Lynch mit ihren Zahlen: Vor einem Jahrzehnt teilten sich noch rund sieben Millionen Menschen einen Großteil des globalen Kuchens aus Geld, Aktien und Finanzgewinnen. Diesen »HNWI« (High Net Worth Individuals) gehörte ein Gesamtvermögen von umgerechnet 26,2 Billionen US-Dollar – was etwa dem Zehnfachen des bundesdeutschen Bruttosozialproduktes entsprach, also der Summe aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr in Deutschland erarbeitet wurden. Wer ein HNWI sein will, muss wenigstens eine Million Dollar an liquiden Finanzmitteln besitzen – »unflüssige« Immobilien, langfristige Geldanlagen oder Firmeneigentum zählen nicht. Dem »World Wealth Report« zufolge, den Merrill Lynch zusammen mit den Unternehmensberatern von Capgemini herausgibt, ist die Population der Millionäre inzwischen von sieben auf fast elf Millionen angewachsen, und deren gesamtes Finanzvermögen beträgt bereits 42,7 Billionen Dollar. Die globale »HNWI-Population« (O-Ton Merrill Lynch) bleibt »hochkonzentriert« in den Vereinigten Staaten, Japan und Deutschland. Jeder zweite Millionär stammt aus diesen drei Industriestaaten.

Wichtiger als die elf Millionen Millionäre und Milliardäre wie Bill Gates, Nicky Oppenheimer oder die Familienstämme Flick und Quandt, deren Vermögen teilweise in Stiftungen ruht oder das als Stiftungen Großkonzerne wie Thyssen-Krupp dominiert, sind für die Finanzakteure »die Unternehmen«. Angesichts grundsätzlich gesättigter Märkte investieren sie nur einen Teil ihrer Gewinne neu. Der andere Teil wird auf den Finanzmärkten angelegt. Die zur Verfügung stehenden Beträge sind gewaltig: Der Netzwerkausrüster Cisco zählte 2011, laut amerikanischen Medien, liquide Mittel von 43 Milliarden Dollar; der von Gates mitgegründete Softwarespezialist Microsoft bilanzierte Geldvorräte von 53 Milliarden Dollar. Die Computerfirma Apple, deren überwiegend in China hergestellte Handys und Tablet-Computer »iPhone« oder »iPad« einen Zeitgeschmack treffen, meldete am Ende ihres Geschäftsquartals Barmittel von 76 Milliarden Dollar. Nach einer Studie der Ratingagentur Moody’s hatten US-amerikanische Konzerne, die nicht dem Finanzsektor angehören, Ende 2010 liquide Mittel von 1,24 Billionen Dollar angehäuft. Ein Journalist rechnete mit spitzem Bleistift nach: Die Kohle allein dieser Cash-Könige entspräche dem Bruttoinlandsprodukt von 126 (wirtschaftlich schwächeren) Staaten, darunter Bulgarien, Ecuador, Sri Lanka und Costa Rica.

Die (über-)flüssigen Finanzmittel sind aber tatsächlich noch üppiger. Dazu zählen dann auch Geldäquivalente wie Reserven ausländischer Währungen, kurzfristige Spareinlagen, Staatsanleihen oder Aktien, die keinem unternehmerischen Zweck, sondern lediglich als Geldanlage dienen. Dieses Cash-Phänomen taucht im Kapitalismus ständig auf: Der von Arbeitern und Angestellten über ihren Lohn hinaus produzierte Mehrwert – also die Gewinne – wird vom Kapitaleigentümer nicht in vollem Umfange reinvestiert, oder er wird in Bereichen angelegt, in denen massenhaft Konkurrenten ihr Heil suchen. Überproduktionskrisen sind daher im Kapitalismus vorprogrammiert. Und eine solche in Form von zu vielen zu teuren Häusern löste dann auch im Sommer 2007 die Immobilien-Banken-Finanz-Wirtschafts-Staatsschuldenkrise aus. Aber dazu später mehr.

Im ersten Teil des Buches schauen wir uns die Hauptakteure des Finanzkapitalismus an. Auf den globalen Märkten sind dies Banken, die auf eigene und fremde Rechnung spekulieren, mit den Banken vernetzte Versicherungen sowie große Fonds, die mit Hilfe von Bankkrediten täglich billionenschwere Geldgeschäfte kreuz und quer über den Globus tätigen. Ratingagenturen werden dagegen vor allem von Politikern gern überbewertet. Moderne Finanzinstrumente, »Derivate« und »Hebel«, helfen den Akteuren dabei, die Welt aus den Angeln zu heben. Von diesen Werkzeugen wird im zweiten Teil die Rede sein, bevor wir uns dann der Analyse des jüngsten Ergebnisses des Finanzkapitals zuwenden: der Großen Krise.

In der folgenden Zusammenschau soll also verständlich werden, was auf den Finanzmärkten weltweit geschieht, was zur Großen Krise geführt hat, wer davon profitierte und profitiert. Dabei geht es nicht um eilfertige Schuldzuweisungen, sondern um das Aufzeigen der Rationalität hinter dem profitablen Irrsinn. Zu diesem »finanzakteursgetriebenen Kapitalismus« wird am Ende dieses Buches schließlich die Alternative formuliert: der »demokratische Markt«.

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