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Prof. Dr. Sven Barnow leitet den Lehrstuhl für Klinische Psychologie/Psychotherapie an der Universität Heidelberg. Er ist Psychotherapeut, Coach und Supervisor. Seit einigen Jahren verbindet Prof. Barnow seine Leidenschaft für die Fotografie mit der Psychologie. Als Fotograf geht es ihm vor allem darum, authentische Porträts zu erstellen. Außerdem möchte er Fotografinnen und Fotografen ermutigen, sich mehr Zeit für den fotografischen Prozess zu nehmen, die eigene Kreativität zu schulen und so einen eigenen achtsamen Stil zu entwickeln.

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Psychologie der Fotografie: Kopf oder Bauch?

Über die Kunst, Menschen zu fotografieren

Prof. Dr. Sven Barnow

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Lektorat: Gerhard Rossbach
Projektkoordination: Miriam Metsch
Copy-Editing: Sandra Gottmann, Münster-Nienberge und Susanne Rudi, Heidelberg
Satz: Ulrich Borstelmann, Dortmund
Herstellung: Susanne Bröckelmann
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Druck und Bindung: Schleunungdruck GmbH, Marktheidenfeld

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:
Print    978-3-86490-270-3
PDF    978-3-86491-829-2
ePub    978-3-86491-830-8
mobi    978-3-86491-831-5

1. Auflage 2016
1., korrigierter Nachdruck
Copyright © 2016 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg

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»Das Wesen des Menschen
bei der Aufnahme sichtbar zu machen,
ist die höchste Kunst der Fotografie.
«

– Friedrich Dürrenmatt –

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1
Einführung: Was erwartet Sie in diesem Buch?

Kapitel 2
Der fotografische Prozess als bewusstes Gestalten

Vertrauen und Intimität: die Grundlagen eines guten Porträts

Die Kunst des Coachings in der Porträtfotografie oder warum links nicht gleich rechts ist

Kapitel 3
Coachen des Models: Die Kunst, Vertrauen aufzubauen

Kapitel 4
Körpertechniken: Welche Bedeutung hat die Körperhaltung des Models?

Interview mit Walter Schels

Kapitel 5
Kreativität

Interview mit Robert Mertens: Kreativität in der Fotografie

Fehlt da nicht noch etwas? Die Bedeutung der Kamera und Talent

Und was ist mit Talent?

Übungen zur Schulung der Kreativität

Die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte zum Schluss

Der Kreativ-Workshop: Wenn Gefühle verrückt spielen

Kapitel 6
Kopf versus Bauch

Auf die Balance kommt es an!

Kopf versus Bauch: Wesenszüge fotografieren – was dominiert bei der Person, die ich Porträtiere? Wie finde ich das heraus und wie kann ich es fotografisch festhalten?

Kapitel 7
Psychologie der Fotografie: Mindfulness

Kapitel 8
Das Objektiv-und-Kamera-kaufen-müssen-Syndrom (Gear Acquisition Syndrome, GAS) und wie man es überwinden kann

Wie lässt sich GAS überwinden?

Kapitel 9
Fototherapie und Fotografie als Selbsterfahrung/-erkundung

Danksagung

Literatur

Kapitel 1

Einführung: Was erwartet Sie in diesem Buch?

Was hat die Psychologie mit der Fotografie zu tun? Und warum schreibt ein Psychologe ein Buch für Fotografinnen und Fotografen? Ein Fotograf (folgend verwende ich aus stilistischen Gründen nur die männliche Form, meine aber natürlich sowohl Fotografin als auch Fotograf) möchte Emotionen einfangen oder ausdrücken, eine Geschichte erzählen, auf etwas hinweisen, jemanden anrühren, vielleicht auch das Wesen eines Menschen einfangen oder einfach nur Fotografien erzeugen, die schön sind, die etwas beim Betrachter auslösen, Fantasien wecken. All dies hat mit Psychologie zu tun. In diesem Buch geht es deshalb um die Psychologie der Fotografie. Also unter anderem darum, eine Person so zu fotografieren, dass ihr Wesen oder besser ein Wesenszug oder eine dominante Emotion deutlich wird. Einen Moment einzufangen, der so nicht mehr herstellbar ist, aber gleichzeitig auch »die ganze Geschichte« zu erzählen – das ist es, was Menschenfotografie für mich ausmacht. Man könnte es auch »psychologische Porträtfotografie« nennen. Dazu bedarf es Ruhe, Entschleunigung, Achtsamkeit, Fokus und die Konzentration auf den Prozess.

Worin unterscheiden sich Fotografien, die uns anrühren und etwas bewirken, von solchen, die das nicht tun? Diese und andere Fragen beschäftigen mich seit vielen Jahren. Als Psychologe und leidenschaftlicher Fotograf bin ich darum bemüht, einen Menschen in seiner Gesamtheit wahrzunehmen und abzubilden. Nicht das Äußere ist dabei entscheidend, sondern vor allem das Wesen, die Persönlichkeit, die Ausstrahlung. So kann jemand vor Energie sprühen oder wie abgestumpft, erstarrt wirken; sich verbergen oder präsent sein, sich mit herausgestreckter Brust und erhobenem Kinn präsentieren oder mit herabhängenden Schultern und nach unten gerichtetem Blick. Manche Menschen wirken fragil, sensibel, andere »ordentlich«, stabil. Selbstverliebte Menschen erscheinen vielleicht befremdlich, dominante Personen lösen eventuell erst einmal Angst aus. All dies bietet ein wahrhaft spannendes Feld an fotografischen Darstellungsmöglichkeiten! Man muss nur »Sehen lernen«. Als Psychologe arbeite ich zudem oft mit Patienten, die psychische Probleme haben. Einige dieser Patienten fotografiere ich auch (siehe Leica Fotografie International [LFI] Blog: »When feelings going crazy«, Link https://lfi-online.de/ceemes/de/blog/). Das erfordert ein ganz besonderes Gespür für die Persönlichkeit und Geschichte dieser Menschen. Kann man die Seele, das Wesen fotografieren, den wahren Menschen zeigen? Geht so etwas in zwei Minuten, wie ein bekannter Fotograf behauptet?

Manche Fotografen versuchen gefällige Porträts zu erstellen. Dies ist jedoch nicht mein Ziel und hierzu werden Sie in diesem Buch wenig finden. Sie werden in diesem Buch auch keine Hinweise zur Technik der Porträtfotografie finden. Stattdessen möchte ich Mut machen zu Porträts, sei es im Studio oder auf der Straße, die einfach, aber nicht immer attraktiv und doch schön sind. Es geht in diesem Buch um das »Sehen«, aber auch um das sensible Coachen des Models, auch darum, wie man kreative Prozesse verstärkt, und um das Erschaffen, wie ich es nenne, wahrhafter, ehrlicher, einfacher, aber trotzdem intensiver, oder sagen wir »psychologischer Porträts«. Die Intensität der Beziehung, die sich während einer Porträtsitzung einstellt, wenn man psychologisch herangeht, ist zudem etwas zutiefst Befriedigendes. Das kann ein Porträt des Partners sein, aber auch ein Projekt, in dem es ganz allgemein um Menschen und ihr Lebensumfeld geht, oder auch die Straßenfotografie. Im Kapitel zu Kopf versus Bauch geht es vor allem darum, wie viel Kopf (Planung, Vernunft, Information) oder Bauch (Intuition, Emotion, Empathie) ein Fotograf benötigt, um relevante Fotos zu kreieren. Sie können sich testen, sind Sie ein Kopf- oder Bauchfotograf? Was bedeutet das eine und was das andere? Wie wichtig ist die Balance zwischen Kopf und Bauch? Die Kapitel zur Kreativität und Mindfulness räumen mit Mythen auf und zeigen Ihnen, gespickt mit vielen praktischen Tipps und Übungen, wie Sie Ihre Kreativität und Achtsamkeit steigern können. Hierzu finden Sie auch eine Vielzahl von Links zu Internetseiten und Buchempfehlungen. Weiterhin gehe ich auf das Gear Acquisition Syndrome (GAS, dt.: die Gier, Kameras und Objektive kaufen zu müssen) ein (inkl. Test) und beschreibe, wie es sich überwinden lässt. Im letzten Kapitel geht es dann darum, wie sich die Fotografie therapeutisch nutzen lässt, und zwar sowohl in der Begegnung mit sich selbst als auch im Sinne der Hilfe für andere.

Dieses Buch wird Sie dann inspirieren, wenn Sie sich als Fotograf weiterentwickeln möchten, speziell wenn Sie planen, sich selbst mehr einzubringen und den fotografischen Prozess zu entschleunigen und zu vertiefen. Außerdem wird es Ihre Porträtfotografie auf ein anderes Niveau bringen.

Kapitel 2

Der fotografische Prozess als bewusstes Gestalten

»When you take a photograph,« she said, »you look in a more objective way,« but there is also a connection between photographer and subject. »It’s recognition, as Diane Arbus said.«

Manche Fotografen fokussieren möglicherweise zu stark auf die Technik, »Schärfe« ist für sie das wichtigste Konzept. Offensichtlich glauben sie, der Realität damit am nächsten zu kommen. Dies kann durchaus auch so sein, sofern die Schärfe nicht dem Selbstzweck, sondern der Gestaltung dient. Aber kommt es in der Porträtfotografie wirklich immer auf die Schärfe an? Wird nicht sogar in der Beauty-Fotografie oft die Haut geglättet und jede Falte entfernt, um das Porträt eben gefälliger zu machen oder dem anzupassen, was wir in der Regel als schön empfinden? So konnte beispielsweise eine Untersuchung an den Universitäten Rostock und Regensburg zeigen, dass das, was wir als »Beauty« wahrnehmen, dem Durchschnittlichen nahe kommt. Das heißt, dass wenige Unterschiede in den einzelnen Vorstellungen darüber existieren, was als schön angesehen wird. Dabei kommt es vor allem auf die Augen (groß, leuchtend, bestimmter Abstand voneinander), die Haut (rein) und gewisse Proportionen (Verhältnis Oberkörper und Unterkörper 0.7 zu 1.0) an (siehe Freeman 2013). Diese »technischen« Werte wurden mittels tausender digital gemorphter Bilder ermittelt. Das wirft die Frage auf: Wollen wir wirklich Einheitsporträts, die diesen eher oberflächlichen Kriterien genügen? Wie können wir uns von dem Wunsch, ein gefälliges Porträt zu erstellen, lösen und stattdessen in die Tiefe gehen, wo die wirkliche Schönheit verborgen liegt?

In dem Buch »50 Porträts«1 skizziert Gregory Heisler seine Überlegungen und seine Herangehensweise bei der Anfertigung von Porträts, die er meist von bekannten Personen gemacht hat. Dabei beschreibt er den »fotografischen Prozess« mit allen Aspekten, die mir wichtig erscheinen. Hierzu gehören zwar auch die Vorbereitung und Planung (das Was und Wie, also eher der »Kopf«), aber vor allem die Interaktion mit dem Model und der fotografische Prozess an sich. Denn hierbei ergeben sich verschiedene psychologische Aspekte, die diesen Prozess kennzeichnen: (a) das Wahrnehmen der Situation (Was sehe ich überhaupt?); (b) Achtsamkeit (Fähigkeit, Details wertungsfrei zu erkennen); (c) Kommunikation (Coaching, Kontakt zum Model) und (d) das Komponieren und Auslösen (Entscheidung). Alle diese Aspekte sind wichtig, sie erfordern Konzentration auf die Sache und können trainiert werden! Ein Beispiel: Mein Ziel war es, ein authentisches Porträt eines befreundeten Professors zu erstellen, in dem ich nicht seine eher heitere, aber aus meiner Sicht auch weniger authentische Art festhalte, sondern vielmehr seine Tiefe, Intelligenz, Melancholie. Wie kann ich das erreichen? Die Zutaten sind die Komposition (sehr nah, das verleiht Tiefe), ein ernster, konzentrierter Gesichtsausdruck und Empathie (Sicheinfühlen in die fotografierte Person). Die Technik an sich (Objektiv, Kamera) ist dabei eher zweitrangig, nur das Licht ist entscheidend.

In diesem Buch werden Sie viele Anregungen bekommen, wie Sie ein authentisches und intensives Porträt herstellen können. Dabei sind mein psychologischer Hintergrund (als Psychotherapeut) und meine Erfahrungen als leidenschaftlicher Fotograf ganz entscheidend für meine Sichtweise auf die »Menschenfotografie«, denn die Psychologie kann der Fotografie eine gewisse Tiefe und Reflektiertheit verleihen. Begabte Menschen-Fotografen sind auch meist gute Psychologen. Die Psychologie verhilft uns zudem dazu, das Selbst besser zu verstehen und somit auch Fragen zu klären, warum wir fotografieren und wie wir es schaffen können, unsere Gefühle und Gedanken fotografisch umzusetzen. In meinen Projekten verbinde ich das Fotografieren auch direkt mit der Psychologie. Die Projekte umfassen beispielsweise Aufnahmen von Patienten während einer Psychotherapie (Buch: »Therapie wirkt«2) oder die Auseinandersetzung mit der Borderline-Störung. In den Ausstellungen, die wir dazu durchgeführt haben, sprachen mich immer wieder Menschen an. Einige berichteten mir, wie sehr sie die Porträts bewegt haben (das größte Kompliment für mich), andere waren eher irritiert über den Mut der sich dort offen »zeigenden« Patienten und wieder andere wollten vor allem wissen, wie ich was fotografiert habe. Einig waren sich alle darüber, dass die Porträts eine Geschichte erzählen, Emotionen zeigen und erzeugen und dass die kurzen Zitate aus den Gesprächen mit den Patienten hilfreich für das Verständnis des Bildes waren. Das folgende Beispiel dokumentiert, was ich meine:

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»Früher habe ich mir immer gewünscht, am liebsten würde ich Krebs kriegen und nicht diese Depressionen haben, damit die Leute das sehen, aber im Moment wünsche ich mir nichts mehr, als gesund zu sein.«

Dieses Porträt und der Text machen aber auch sichtbar, welche große Bedeutung Vertrauen während des Fotografierens hat! Ein Porträtfotograf, der es nicht schafft, Vertrauen und Sicherheit herzustellen, wird selten gute Porträts aufnehmen, oder ihm wird das Innerste der porträtierten Person verborgen bleiben. Hätte mir diese Patientin in einem normalen Shooting so viel von sich gezeigt? Ich denke nicht. Heisler1 beschreibt das so:

»Does the person sitting for the Porträt trust the photographer enough not to get in the way of his version – not to seek to be both the subject and the artist?«

Eine weitere Porträtaufnahme soll das demonstrieren. Bei dem Model handelt es sich um eine Frau mit Borderline-Persönlichkeitsstörung. Diese psychische Störung zeichnet sich durch eine starke Emotionalität aus, mit intensiven Stimmungsschwankungen, geringem Selbstwertgefühl, Impulsivität, Todessehnsucht und Angst, oft auch selbstverletzendem Verhalten (sich z. B. zu schneiden). Die Patienten sind aber auch kreativ, lebhaft und liebenswert! Ich habe lange über die Ursachen geforscht und mit diesen Menschen auch therapeutisch gearbeitet. Es war klar, dass ich behutsam vorgehen musste, um einerseits die Zerbrechlichkeit abzubilden, andererseits aber auch nicht zu viele Gefühle auszulösen. Wie man das unter Verwendung von Gesprächs-/Körpertechniken erreicht, beschreibe ich im folgenden Kapitel. Nur so viel an dieser Stelle: Ohne eine enge Vertrauensbeziehung wäre mir dieses Foto nicht gelungen. Mein Model musste sich öffnen, ohne dabei jedoch das Gesicht zu verlieren. Die Zerbrechlichkeit, der Wunsch nach Liebe und das ängstliche Sichverstecken sind Themen dieser Aufnahme. Fotografiert man auf diese Art und Weise, entstehen intime, emotionale Momente, der Blickkontakt wird zum beiderseitigen Sehen in die Seele oder besser in das Wesen. Dies ist zutiefst befriedigend und bewirkt eine wirkliche Begegnung mit dem Menschen, der fotografiert wird. Durch die intensive Konzentration auf das Festhalten des Moments wird zudem die Beziehung des Fotografen zum Bildmotiv verstärkt. Viele Fotografen haben danach das Gefühl, das Motiv gehöre zu ihnen.3

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Vertrauen und Intimität: die Grundlagen eines guten Porträts

Lassen Sie uns mit dem Wichtigsten beginnen: dem Aufbau von Vertrauen. Welche Techniken sind hilfreich dabei, tiefer in die Persönlichkeit, das Wesen eines Menschen einzutauchen und diesen zu verstehen, und zwar ohne Schubladen zu öffnen oder Bewertungen und Projektionen zu viel Raum zu geben? Wie können wir wahrhafte, ehrliche Porträts erstellen, die einen dominanten Wesenszug der fotografierten Person einfangen? Denn jede zu rasche Bewertung reduziert unsere Wahrnehmung auf das, was wir sehen wollen, und nicht auf das, was wir sehen könnten. Bedenken Sie, wir alle sind nicht frei von unseren Projektionen, damit meine ich, dass wir oft Dinge sehen, die uns selbst näher sind, während wir andere nicht registrieren, weil sie uns fremd sind. Wenn Sie beispielsweise ein eher optimistischer Mensch sind, wird es Ihnen schwerer fallen, Melancholie und Verzweiflung bei anderen zu sehen. Diese Selektionseffekte treten immer dann auf, wenn Sie es nicht schaffen, anderen Personen wertungsfrei zu begegnen. Denn diese Wertungsfreiheit ermöglicht den Prozess der wahren Begegnung. Ich möchte Ihnen einige Coaching-/Gesprächstechniken zeigen, die hilfreich dabei sein können, wahrhafte und ehrliche Porträts zu erstellen. Vor die Darstellung dieser Techniken stelle ich jedoch das Interview mit dem Aufsichtsratsvorsitzendem der Leica AG und passionierten Fotografen Dr. Andreas Kaufmann.

Wir unterhielten uns über das »Wesentliche« in der Fotografie und inwieweit sich das Wesen eines Menschen fotografisch abbilden lässt. Natürlich fragte ich ihn auch, welche Bedeutung die Kamera dabei hat.

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(Fotograf: Sven Barnow)