Das Landhaus am Rhein, Band 5


Erstes Capitel.

Die Gärtner harkten den Boden der Fußwege auf, banden niedergetretene Sträucher in die Höhe, entfernten die geknickten ganz; selbst die Stallknechte halfen heute im Garten arbeiten, und im Hause waren die Glaser beschäftigt, neue Spiegelscheiben einzuziehen. Wenn die Herrschaft erwacht, soll möglichst wenig von dem nächtlichen Tumult bemerkt werden.

Seit der Rückkehr aus der Residenz empfand Prancken eine Aufreizung, die sich immer mehr gegen Erich kehrte. Schon bei der Ankunft des Fürsten Valerian war er tief empört, daß sich Alles sofort nach dem Zimmer Erichs zog, wie wenn Erich der Mittelpunkt des Hauses wäre. Das darf nicht so bleiben, sagte er sich; der Lehrer muß wissen, wer er ist. Nun hatte sich aber durch den Tumult diese Lehrersfamilie wieder neu in Ansehen gesetzt; die erbärmliche Canaille hatte sich ja von einem alten Weibe beschwichtigen lassen.

Prancken war ingrimmig durch den Park gegangen; er hoffte Manna zu begegnen; er wollte Entscheidung. Manna kam nicht. Er sah Fräulein Perini, sie war allein, er begrüßte sie; sie sprachen von dem Tumult. Fräulein Perini sagte nun, sie sei zum ersten Mal irre an der Art, wie sich Baron Prancken verhalte, sie begriffe nicht, warum er noch zögere und sich hinhalten lasse; Manna werde von diesen Dournay's umgarnt und er müsse sie befreien. Sie lobte ihn indeß, daß er unerschütterlich zu Sonnenkamp halte, er solle seine Macht benützen, um diesen jetzt dazu zu bringen, daß er all das Besitzthum aus der Hand gebe.

Es war ein schelmischer Blick, wie sie Prancken betrachtete, und sie fragte ihn nun geradezu, ob er sich verbindlich mache, wenn er in den Besitz Manna's und all ihres Gutes käme, die Villa zum Kloster zu weihen. Prancken zuckte die Achseln. Sie stachelte und reizte Prancken, denn sie sah, daß er sie nur noch gering achtete, und sie wollte auch ihn verderben. Er sollte ihr das Versprechen geben, daß, wenn die Sache unwiderleglich sei, er diesen Herrn Dournay fordere und niederschieße.

Fräulein Perini hatte einen sichern und festern Plan, den sie nach den veränderten Umständen in aller Stille ausgearbeitet.

Herr von Prancken war doch der Mann nicht, den sie und ihre Genossenschaft sich wünschen mußte, und dabei erschien es unzweifelhaft, daß Manna sich Erich zuneigte. Fräulein Perini war nicht so täppisch, das durch Einreden verhindern zu wollen, sie war zu klug, um nicht zu wissen, daß sie dadurch vielleicht eher die Neigung förderte. Manna sollte nur in Sünde verfallen, sollte abtrünnig werden, dann kommt es viel besser. Prancken schießt diesen Dournay nieder, oder dieser Dournay erschießt Prancken; Beides gleich gut, denn in jedem Falle ist Manna dann verlassen, ihre einzige Zufluchtsstätte das Kloster und zuletzt ist Alles gewonnen.

Fräulein Perini heuchelte große Freundlichkeit gegen Prancken, während sie ihn innerlich verhöhnte. Dieser sah betroffen drein. Und wieder tauchte eine alte Erinnerung auf; damals, als er mit Erich nach Wolfsgarten gefahren, damals hatte er das voraus gesehen. Sollte es wirklich eintreffen müssen? Er wich aus, er lehnte ab, ja er sagte, daß er dann ja gewiß Manna verloren habe. Fiele er selbst, so wäre es natürlich vorbei, tödtete er Erich, so würde Manna nie die Frau des Mannes werden, der einen andern um ihretwillen getödtet.

Fräulein Perini sah zur Erde, sie mußte ihr schelmisches Lächeln verbergen. Das war es ja, was sie wollte.

Die Beiden hatten so lange gesprochen, daß die Kirche zu Ende war und der Pfarrer aus der Kirche kam. Fräulein Perini ging mit ihm, Prancken kehrte nach der Villa zurück. Er begegnete dem Doctor und Erich, die in eifrigem Gespräche mit einander wanderten.

Der Doctor war nach seiner alten Weise wohlgemuth, er setzte Erich auseinander, daß der frische Most, der so fröhlich eingeht und so vortrefflich mundet, nach der Behauptung der alten Leute eine wahre Cur sei, die den ganzen Körper neu aufbaue, und so trinken denn die Leute in Lust und Bedacht auf Gesundheit zugleich, und die Krisis, die der Rausch des jungen Weines verursacht, sei in der That gut. So sei es jetzt auch mit diesem Tumulte; er habe gut gethan nach vielen Seiten hin. Der Zorn der Menschen in der Umgegend sei über die Linie hinaus gegangen und habe nun allen Rechtsboden verloren. Von dieser Seite sei nichts mehr zu fürchten.

Bald begegneten sie auch einer Gruppe von Männern; es waren Abgesandte aus verschiedenen Gemeinden, die Herrn Sonnenkamp versichern wollten, daß sie zu jedem Schutze für ihn bereit seien, er möge nur keine Klage über das Vorgefallene bei Gericht anhängig machen.

Der Doctor bat die Männer, wieder umzukehren, er werde vorläufig heute Herr Sonnenkamp berichten.

Er ging mit Erich nach der Villa und sie waren nicht wenig erstaunt, die Professorin mit Manna bereits auf der Terrasse zu finden. Sehr heiter scherzte der Doctor über das Genie des Zufalls, das mehr vermöge als alle Wissenschaft; er erklärte die Professorin für vollkommen geheilt.

Er fragte, ob Gräfin Bella noch nicht da gewesen; er hörte, daß sie nur Herrn Sonnenkamp gesprochen und Niemand anders auf der Villa.

»Ich müßte mich sehr irren,« erklärte der Doctor, »wenn nicht Gräfin Bella von nun an eine besondere Sympathie für den kühnen Herrn Sonnenkamp hätte; das entspricht ganz ihrem der Welt trotzenden und dem Bizarren sich zudrängenden Wesen.«

Die Professorin, die doch von Bella tief gekränkt war, suchte die Meinung des Arztes über Bella zu berichtigen.

Erich schwieg, er staunte nur über die Beharrlichkeit, mit welcher der Arzt das eigenthümliche Naturell der Gräfin verfolgte und ausdeutete.

Der Doctor ließ Sonnenkamp fragen, ob er ihn sprechen wolle. Sonnenkamp ließ erwidern, er möge zuerst Frau Ceres besuchen.

»Wie sehe ich aus?« hatte Sonnenkamp am Morgen sofort beim Erwachen, noch ehe er sich erhob, den Kammerdiener Joseph gefragt. »Wie sehe ich aus?« hatte er wiederholt.

»Wie immer, Herr.«

Sonnenkamp ließ sich einen Handspiegel reichen, gab ihn zurück, legte sich wieder in die Kissen und schloß die Augen. Er verließ lange sein Zimmer nicht. Er hatte Joseph gesagt, daß er allein bleiben wolle. Draußen hörte er, wie die Wege geharkt wurden, wie Männer hin und her gingen; er wollte warten, bis die Spuren der Verwüstung draußen möglichst beseitigt waren.

Und die Hand auf den Kopf seines Jagdhundes legend, dachte er: zwei Popanze sind unsere ärgsten Feinde auf der Welt: die Furcht vor der That und die Reue nach der That. Mit diesen Quacksalbereien vergeudet man sein Dasein. Wer keine Zukunft fürchtet und keine Vergangenheit bereut, der allein ist frei.

Ich will frei sein! rief er sich zu. In mir bin ich es, aber wo läßt man mich frei sein? Ich muß wieder nach Amerika zurück. Nein, nach Italien, nach Paris, in neue Umgebungen. Aber die Kinder, die Kinder! Die sind mit Gedanken erfüllt, die sie heimatlos und elternlos machen. Das Beste ist doch, Du bleibst, verachtest die Menschen, deren Haß sich allmälig abstumpfen wird, und vielleicht gibt es auch etwas, um die Gemüther zu beschwichtigen, das wie Reue aussehen wird. Hat die Professorin gestern oder hast Du selbst von einem Ehrengericht gesprochen? Ja, das ist's! Wohlan, Welt, ich bin wieder ich selbst und weiter nichts . . .

Ueber Alles hinüber, was nun geschehen, erhob sich wieder in ihm die Erbitterung gegen Crutius.

Wie reibt der sich dort im Redactionszimmer, wo das kleine Gasflämmchen brennt, nun die Hände! Wie wird er sich freuen, daß die Signalrakete so alles Volk aufrief, wie wird der Tumult in den Zeitungen stehen . . .

Er klingelte und ließ Erich kommen; er erinnerte ihn, wie er damals die Dankbarkeit des Volkes und seine edle Art öffentlich verkündet, jetzt – er lachte über das Wort – solle er auch die Unart gehörig darstellen und jedem andern Bericht zuvorkommen und natürlich die ganze Sache als einen Uebermuth des brausenden neuen Weines bezeichnen; am Schlusse aber solle er hinzufügen, daß Herr Sonnenkamp – denn das war sein rechtmäßiger Name von Mutterseite her – etwas thun werde, was die öffentliche Meinung berichtigen und zufrieden stellen werde.

Erich wünschte zu wissen, was denn geschehen werde.

Sonnenkamp ersuchte ihn, nun die Sache ruhen zu lassen.

Wozu das?

Man stellt der öffentlichen Meinung etwas in Aussicht; es ist aber nicht nöthig, daß es in der That geschehe; die Menschen vergessen ja, was ihnen versprochen wird.

Als Erich eben davon gegangen war, kam der Hundewärter und rief:

»O Herr, sie ist vergiftet!«

»Wer ist vergiftet?«

»Das gute Thier, die Mara; in der Nacht, wie der Lärm da gewesen, haben ihr die schändlichen Menschen etwas gegeben, wahrscheinlich einen in Schmalz gebratenen Schwamm; sie wird jetzt sterben.«

»Wo liegt sie?«

»Vor der Hundehütte.«

Sonnenkamp ging mit dem Wärter nach der Umzäunung, wo die Hunde waren; dort lag Mara, neben ihr die gelöste Kette.

»Mara!« rief Sonnenkamp.

Der Hund wedelte noch einmal, versuchte den Kopf zu heben, dann ließ er den Kopf sinken und verendete.

Es war ein kläglicher Blick aus dem Auge des Thieres.

»Begrabe den Hund, ehe Roland etwas davon merkt,« sagte Sonnenkamp.

»Wo sollen wir ihn begraben?«

»Dort bei der Esche. Zieh dem Hund aber die Haut ab, die Haut ist Geld werth.«

»Nein, Herr, das kann ich nicht. Ich hab' das Thier zu lieb gehabt, ich kann ihm die Haut nicht abziehen.«

»Gut, so grabe es mit der Haut ein.«

Er ging davon. Er wandelte lange im Garten umher und konnte sich doch nicht enthalten, endlich zu der Stelle zu gehen, wo der Hund eingescharrt wurde.

Er kehrte ins Haus zurück.

Die andern Hunde heulten, als wüßten sie, daß einer ihrer Kameraden verschieden sei.

Zehntes Capitel.

Wer die Mienen der Richter und den Wechsel des Ausdrucks hätte fassen können, während Sonnenkamp erzählte!

Jetzt, als er sich zurückgezogen, saßen Alle stumm beisammen.

Was wollte der Mann? Ist das Alles Spott und Hohn, oder erwartet er in der That ein Mittel der Sühne?

Klar und fest schaute Weidmann drein, sein helles blaues Auge war ruhig, er schien von nichts überrascht.

Der Major kämpfte mit sich, er gedachte seiner verlassenen Jugend und schlug sich oft mit der geballten Faust ans Herz, indem er in sich hineindachte:

Ja, wer weiß, ob Du nicht auch so hättest werden können.

Und in der Rührung über sich und dem Schmerz über den Mann, der so keck sprach, überwältigte es ihn. Er wollte die Thränen zurückhalten, aber es gelang ihm nicht. Er wischte sich mit einem Tuche den Schweiß vom Gesicht und ward dabei auch der Thränen habhaft. Hätte er seinem Verlangen folgen dürfen, er wäre dem Manne nachgeeilt, hätte ihn umarmt und ihm zugerufen: Bruder, Bruder, Du warst ein sehr schlechter Bruder. Nein, nein, Du bist ein Prahler, ein Großthuer mit Schlechtigkeit; Du bist aber nicht schlecht, und warst Du es auch, Du hast doch ein gutes Herz und wirst brav, ich . . . ich bürge für dich.

Er wagte es nicht, seinem Herzensdrange nachzugeben. Er schaute um, ob Niemand zu sprechen beginne; Professor Einsiedel sah ihn treuherzig an und der Major nickte, wie wenn er sagen wollte: Ja, in all Deinen Büchern hast Du doch nichts so gefunden. Es ist ein Grausen, was der Mensch Alles denken und thun kann; aber glaub' mir, er ist gar nicht so schlecht, wie er sich machen will . . .

Der Doctor wagte zuerst laut zu Clodwig zu sagen:

»Wir haben uns zu einer Komödie mißbrauchen lassen. Einen leidenschaftlichen Verbrecher kann man vielleicht bekehren, einen schlauen und abgehärteten nie.«

»Und bei allem Verabscheuungswürdigen,« erwiderte Clodwig, »diese Kraft, die Heuchelei der Welt so bloßzulegen.«

Der Gaumen schien ihm vertrocknet.

»Wir Deutsche,« rief der Doctor lustig, »bleiben doch immer und ewig Schulmeister. Will dieser hart gesottene Bösewicht noch lehren, daß seine Bosheit eitel Weisheit und Logik sei, und putzt seinen Cynismus höhnisch mit Ideen auf!«

»Das Exil,« begann Professor Einsiedel, »wäre das Einzige, das wir, wie die Alten, über den aussprechen könnten, der alle Güter der Bildungswelt entweihte und beleidigte; aber es gibt kein Land mehr, wohin wir den Verbannten schicken, damit er, aller Cultureroberung entkleidet, sein Dasein verbüße.«

»Jede Strafe, die wir über ihn verhängen,« sagte Fürst Valerian, »ist eine Bestrafung seiner Kinder.«

»Dieser Herr Sonnenkamp,« sagte Clodwig mit bebender Lippe, »ist in all seiner Verruchtheit doch leider eine Ausgeburt unserer Zeit. Die ganze heutige Menschheit hat ein böses Gewissen, sie ist uneinig mit sich, bekennt sich nicht in Wahrheit zu ihren Ueberzeugungen.«

Wieder trat eine längere Pause ein.

»Ich bitte,« rief Weidmann, »daß wir von heut in sieben Tagen uns zur Eröffnung der abgegebenen Urtheile hier wieder versammeln, dann werden wir offen beschließen.«

Mit stockender Stimme bat der Major die Freunde, noch nicht auseinander zu gehen, man habe ja noch nichts Rechtes ausgemacht und er wisse sich nicht zu helfen. Er hätte eigentlich gern gefragt, ob er Fräulein Milch zu Rathe ziehen dürfe, denn das wußte er, sie würde ihm helfen; aber bei einem Ehrengerichte darf man ja nur für sich allein urtheilen.

Der schwere Kopf des Majors wankte hin und her.

Die Versammelten schienen der Pein entfliehen zu wollen, und Weidmann rief:

»Ich erkläre die Versammlung für geschlossen.«

Alle erhoben sich, wie wenn sie aus einer Gefangenschaft, aus einer verpesteten Luft befreit werden müßten; sie wären gern ins Freie gegangen, aber es regnete beständig und in den Gartenwegen bildeten sich kleine Bäche und Pfützen. Man ging nach einem großen Saal.

Clodwig bat den Doctor, daß er mit ihm nach Wolfsgarten reise, er fühle sich unwohl; aber eben als der Doctor mit ihm in den Wagen steigen wollte, wurde er zu Frau Ceres gerufen.

Joseph kam bald wieder und brachte die Nachricht, daß der Doctor die Kranke nicht verlassen könne; er müsse bei Frau Ceres bleiben, die in einem Anfall von Raserei den Papagei erwürgt und Alles, was im Zimmer war, zerschmettert hatte. Es wurde ihr zur Ader gelassen, das Blut floß dunkel, aber sie ward ruhiger.

Obgleich man Sonnenkamp von dem Unwohlsein seiner Frau benachrichtigte, verließ er dennoch das Zimmer nicht.

Der Doctor ließ Clodwig nochmals sagen, er möge hier bleiben, da es fort und fort in schweren Güssen regnete; aber Clodwig bestand darauf, heim zu kehren. Er bat den Banquier mit nach Wolfsgarten zu reisen, dieser war sofort bereit, er wollte nur voraus nach dem Städtchen fahren, um dort ein Telegramm an sein Haus aufzugeben, daß man ihn bis auf weitere Nachricht nicht erwarten solle.

Bella hatte sich inzwischen nach dem grünen Hause begeben und war dort sehr liebreich gegen Claudine und Lina, ließ es aber nicht an scharfen Worten fehlen, daß die Professorin und Manna sich egoistisch zurückgezogen hätten, während im Hause der schwere Austrag stattfinden sollte.

Als ein Diener kam und meldete, Clodwig wolle sofort zurückreisen, rief sie, heftig mit dem Fuße aufstampfend:

»Ich will nicht!«

Dann aber setzte sie hinzu:

»Er soll mit dem Wagen hieher kommen.«

Der Wagen fuhr vor, Clodwig stieg nicht aus und Bella setzte sich zu ihm; er saß fröstelnd in einer Ecke.

»Warum fragst Du nicht, wie es mir geht?« sagte er mit leiser, bebender Stimme.

Bella antwortete nicht; es kämpfte etwas in ihr, plötzlich aber rief sie:

»Schmach über Euch Alle! Was seid Ihr diesem Manne gegenüber? Da ist einmal etwas Gewaltiges in dieser Charpie zupfenden humanitären Genossenschaft. Ihr seid alle Schwachköpfe, Feiglinge!«

»Frau, Du treibst ein schlimmes Spiel mit dem Bösen. Verdirb Dich nicht noch mehr.«

»Mich verderben? Ich fahre ja mit Dir heim . . . heim . . . Du hast ja zu befehlen . . . Was willst Du denn noch mehr? Sprich kein Wort . . . kein Wort, oder ich kümmere mich nichts um den strömenden Regen. Ich springe aus dem Wagen, ich laufe in die Welt, ich weiß nicht wohin; nur nicht mehr gefangen will ich sein, nicht mehr gebannt in Eure erbärmliche, topfausgrabende, schönrednerische, humanitätsgeschminkte Welt!«

»Frau, was sprichst Du? Ist denn gut und schlecht . . .«

»Pah! schlecht und gut, das sind die Krücken, auf die Ihr Euch stützt, weil Ihr keinen Halt in Euch selbst habt. Stark und fest muß ein Mann sein! Nur nicht weich, nur nicht sentimental, nur nicht hinter Eure thränenselige Humanität versteckt. Und ein Jude und ein Atheist wie dieser Herr Dournay sitzt über einen solchen Mann zu Gericht.«

»Ich begreife Dich nicht,« schaltete Clodwig ein, aber ohne darauf zu antworten, fuhr Bella fort: »Er hat Euch zu viel Ehre angethan, als er zu Euch gehören wollte. Ihr fürchtet Euch Alle vor Jean Jacques Rousseau, vor dem Gleichheitsnarren. Euer ganzes Dasein ist eine Trivialität! Noch einmal wird sich zeigen, ob die Welt im Gleichheitsbrei ersaufen, oder ob es noch Höhen geben soll. Ueber's Meer müßtet Ihr ziehen, jetzt kommt die letzte Entscheidungsschlacht; aber Ihr seid nichts als aufgeputzter Parade-Adel. Die Südstaaten stehen auf und wenn sie fallen, dann gibt es keine Aristokratie mehr, dann laßt Euch Alle nur unter der Gleichheitsscheere scheeren. Warum zieht ihr Humanitätsheilige nicht übers Meer und befreit Euren schwarzen Bruder? Ruf' doch den Kutscher herein, Deinen Menschenbruder! Laß ihn nicht im Regen draußen, er soll sich zu uns in den Wagen setzen. Oder soll ich ihn für Dich rufen?«

Sie faßte die Schnur; der Kutscher hielt an; sie ließ Clodwig peinvoll harren, dann rief sie:

»Fahr nur zu, es ist nichts.«

Sie wendete den Kopf unruhevoll hin und her, ihr Auge rollte wild, und knirschend rief sie laut:

»Ich weiß nicht mehr, was ich thue . . . Verflucht sei . . .«

Sie hielt plötzlich inne. In diesem Augenblicke klirrte etwas in ihrem Munde, sie legte die Hand an den Mund. Was ist das? Sie nimmt es heraus. In ihrer knirschenden Wuth hatte sie sich einen Vorderzahn ausgebissen, der schon lange sehr dünn und behutsam zu behandeln war. Sie krampfte die Hand, in der sie den Zahn hielt, und preßte den Mund zusammen. Daß ihr das geschehen mußte! Schnell schoß es ihr durch den Sinn: sie kann nun nicht mehr auf die Leute losziehen, die falsche Zähne haben . . . Indessen . . . Niemand wird glauben, daß sie, Bella, einen falschen Zahn hat.

Im Städtchen traf man den Banquier wartend.

Bella stieg aus, sie hielt ein Tuch vor den Mund und dumpf tönte durch dasselbe, wie sie den Banquier bat, ihren Mann zu begleiten, und wie sie einem Diener sagte, daß er bei ihr bleibe. Sie eilte nach der Eisenbahn. Auf dem Bahnhof war sie verlegen und that das Tuch nicht vom Munde ab, sie sagte dem Diener, daß er Billets nach der Festungsstadt nehme. Dann saß sie still in einer Ecke des Wartesaals und hatte den Schleier doppelt über das Gesicht gebreitet. Sie fuhr nach der Festungsstadt. Niemand soll wissen, daß sie sich einen falschen Zahn einsetzen läßt, Niemand soll sie je mit einer Zahnlücke gesehen haben. –

Clodwig fuhr heimwärts, er wischte sich oft die Augen ab, als müßte er einen sich immer wieder ausbreitenden Schleier wegwischen. Er war vor Allem in seinem Stolz beleidigt; er, Clodwig, wurde verhöhnt, und von wem? Von seiner Frau. – Sie hat mich nicht eine Minute geliebt, das empfand er als einen Stich in seinem Herzen, und dieser Stich wich nie mehr, denn was er in der Seele empfand, äußerte sich zugleich körperlich. Wer mißt hier die Wechselwirkung aus?

Der Regen hatte aufgehört, aber Clodwig erschien Alles in Nebel, trüb. Er kam auf Wolfsgarten an, alle Zimmer erschienen ihm voll Rauch, voll Nebel. Er setzte sich in seinen Stuhl.

»Ich bin einsam . . . einsam,« sagte er vor sich hin.

Der Banquier redete ihm mit milden Worten zu, aber Clodwig schüttelte den Kopf. Die Worte Bella's hatten ihn ins Herz getroffen, tödtlich verwundet.

Man zog Clodwig den Rock aus, er sah lange auf den Rock und nickte wehmüthig lächelnd.

Ahnte er, daß er ihn nie mehr anziehen wird? . . .

Als Bella am frühen Morgen heimkehrte und an das Bett Clodwigs trat, sah er sie mit geisterhaften Mienen an.

»Medusa! Medusa!« schrie er.

Er wußte nicht, daß er es gerufen, er fiel zurück in die Kissen.

Man brachte ihn wieder zum Leben. Stunden der höchsten Pein waren es, bis der Doctor kam. Er sagte, Clodwig sei schwer krank, die Verhandlung habe ihn übermäßig angegriffen, die Heimfahrt durch den Regen – »und vielleicht noch etwas Anderes,« setzte er gegen Bella hinzu, die ihn starr mit unbewegten Mienen anschaute.

Clodwig hatte, sobald er wieder zum Bewußtsein gekommen, nach Erich verlangt. Man sandte ihm einen Boten.

Bella schickte nach ihrem Bruder. Niemand wußte genau, wo er war.

»Ich bin allein,« sagte auch sie.

Sie erschrak, da sie das gesagt hatte, denn sie fühlte, daß sie in der That bald allein sein würde.

Elftes Capitel.

Es war schwer gewesen, Prancken zu finden.

Nie ging ein Mann äußerlich fester und innerlich gebrochener dahin als Prancken, da er Villa Eden verließ. Es war mehr als gute Form, es war eine sichere Gewöhnung, die ihn aufrecht erhielt.

Prancken hätte es schwer getragen, aber er hätte sich doch darein gefunden, wenn Manna ihn um des Klosters willen verstoßen. Aber ihn um eines Andern willen verstoßen, ihn, Otto von Prancken! . . . Er war tief empört.

Er war verschmäht, wo er wirklich liebte. Kann Otto von Prancken Liebe widmen und sie wird nicht erwidert? Wenn das Mädchen den Schleier nahm und die Welt verwarf, so verwarf sie ihn damit, denn er war ja auch in der Welt; aber verschmäht, abgewiesen um eines Andern willen –

Er fühlte vorerst nur seine beleidigte Würde, seine verschmähte Liebe, denn er liebte Manna; mit ihr vereint, natürlich auch mit ihrem Gelde, wollte er brav sein und sich nur noch an schönen Pferden freuen.

Also das ist der Tugend Lohn? So lohnen die Himmlischen die guten Vorsätze?

Prancken fürchtete sich vor seinen rebellischen Gedanken und bereute sie sofort.

Hin und her, bald demüthig, bald empört schwankten seine Gedanken.

Zum ersten Mal in seinem Leben erschien er sich als verkannte, mißhandelte Tugend, vor Allem aber als der beleidigte, edle Anstand, als die mit Undank belohnte Treue. Was hatte er nicht Alles diesem Hause geopfert! Und nun? Vor seinen Gedanken war es wie ein schwarzer gedrängter Leichenzug; was am Wege steht, darf sich nicht durchdrängen, muß warten, bis Alles vorüber ist.

Er ritt dahin wie ausgestoßen von der Welt. Wohin soll er sich wenden?

Soll Otto von Prancken einem Menschen klagen, vor einem Andern hülflos erscheinen?

Er lachte laut auf, da er sich erinnerte, daß er, in Voraussicht der Millionen, die ihm werden mußten, bedeutende Schulden gemacht. Was nun?

Unwillkürlich wendete er sich noch einmal und sah nach Villa Eden zurück.

Es bedurfte nur einer Zeile, nur einer kurzen Zusammenkunft, ja, wenn er zurücktritt, wenn er dies Eine Sonnenkamp darlegte, er reitet dann mit Hunderttausenden den Weg dahin. Aber nein, das darf er nicht.

Er ritt des Weges weiter, er kam am Landhause des Herrn von Endlich vorüber. Da droben wohnte die junge Wittwe – sollte er hinaufgehen? Er wußte, sein Liebesantrag wird nicht verschmäht. Nein, jetzt noch nicht. Und doch hielt er an und stieg ab. Er fragte nach der gnädigen Frau; es hieß, sie sei mit ihrem Bruder nach Italien gereist.

Er wollte zu Bella und Clodwig – nein, auch das nicht. Er hatte sie nicht zu Rathe gezogen, da er im Widerspruch mit der ganzen Welt sich Sonnenkamp angeschlossen; sollte er jetzt sich von Clodwig bemitleiden und mit Weisheit abspeisen lassen?

Er drehte das Pferd und ritt stromauf, er kam wieder an Villa Eden vorüber; sein Pferd wollte in das Thor einbiegen, er spornte und peitschte es, daß es vorüberging.

Er ritt nach dem Pfarrhause und ließ Fräulein Perini rufen.

Zuerst fragte er, ob sie noch ferner im Hause bleiben wolle.

Fräulein Perini sah ihn groß an und erklärte, daß sie sich hoffentlich nicht in ihm geirrt habe, er werde doch nicht den Dournay's Alles überlassen; ihr Vater sei um weit Geringeres im Duell gefallen.

Der Pfarrer fiel ein:

»Edler junger Freund! Nein, nicht das. Was soll dies kleine Duell in einem Waldwinkel, und daß Sie einen Menschen nach den Gesetzen des Zweikampfes tödten? Ihr Söhne des Adels müßt unter dem Banner des Papstes das große Duell mit der Revolution wagen. Auch um Euretwillen. Dort wird der große Kampf zwischen ewigem Gesetz und tagesflüchtiger Selbstvergötterung ausgekämpft und der Sieg ist Euer wie unser.«

Prancken lächelte in sich hinein, aber er sprach nicht aus, wie seltsam es ihm vorkam, da der Pfarrer nun erklärte, bevor man gewußt, woher das Geld stammt, hätte man von demselben für heilige Zwecke annehmen können, jetzt aber nicht mehr.

Prancken sah dem Pfarrer lächelnd ins Antlitz. Wußte der Pfarrer die Herkunft des Geldes nicht früher auch? Er hatte auf den Lippen, ihm zu sagen: Es ist sehr freundlich und klug, nun man nichts mehr bekommen kann, zu thun, als ob man es abgelehnt hätte.

Aber warum soll er sich die einzige Partei verbittern, die noch fest an ihm hielt? Er wollte nicht minder klug sein, und sagte, er habe sich von Sonnenkamp getrennt, weil dieser sich geweigert, seiner Forderung gemäß den Haupttheil des Vermögens einer frommen Stiftung zu widmen. Er konnte das mit Fug und Recht sagen, denn er hatte es gewollt. Das war es, was er festhalten wollte; die Ablehnung Manna's verschwand dadurch und sein unnachgiebiges Festhalten an Sonnenkamp erhielt eine gewisse Weihe.

Der Pfarrer erinnerte Prancken, daß heute die Versammlung sei; er werde dort erwartet.

Prancken verabschiedete sich.

Fräulein Perini kehrte stolz lächelnd in die Villa zurück. Seltsame Menschen, diese Deutschen! Sie ihrerseits wollte sich nicht mit leerer Hand verdrängen lassen.

Prancken ritt dahin. Er kam an der Villa vorüber, die dem Cabinetsrath gehört hatte. Ah, die waren klug, sprach es in ihm, die haben sich den Beute-Antheil gesichert vor der Entscheidung. Warum warst Du so einfältig, zart und vertrauend?

Auf dem Bahnhofe stellte er sein Pferd ab und fuhr nach der Bischofsstadt; er wird ja erwartet. Aber wie soll er unter die Genossen treten? Er kam glücklicherweise, als die Versammlung bereits zu Ende war. Im Palais des Kirchenfürsten wurde er ehrenvoll bewillkommt, und im raschen Entschlusse traf er hier eine Entscheidung.

Hier auch traf ihn die Botschaft von Bella.

Er kam nach Wolfsgarten. Der Erste, der ihm begegnete, war der Banquier. Prancken sah den Mann hochmüthig an, hatte aber gute Form genug, ein freundliches Wort an ihn zu wenden.

Er kam zu Bella, die ihm kurz von der Krankheit Clodwigs berichtete.

Prancken verhielt sich schweigsam. Es war jetzt nicht Zeit, das, was vorgefallen war, und seinen Entschluß kund zu geben. Auch als Bella ihn fragte, warum er so verstört aussehe, mochte er nicht antworten.

»Warum warst Du nicht bei der Versammlung? Kommst Du von Villa Eden? Wie sieht es dort aus?« fragte Bella.

»Ich weiß nichts,« entgegnete Prancken endlich. –

Ja, wie sah es aus auf Villa Eden?

Zwölftes Capitel.

Sonnenkamp saß allein. Er hatte die versammelten Männer nicht mehr gesprochen, wie er ihnen vor der Verhandlung hatte sagen lassen.

Anfangs saß er mit einem gewissen Selbstgefühl, ja mit einem Siegesmuthe in seiner Stube, als wäre er ein Held, der nach einer glorreichen Schlacht die Waffen abgelegt und in seinem Zelte ausruht.

Jetzt überkam ihn eine andere Empfindung. Wie ein Knistern, ein leises, kaum hörbares Nagen, wie das Züngeln einer Flamme im Gebälke, die immer weiter frißt und im Stoffe, den sie findet, sich vergrößert, solch ein leises Knistern und Züngeln glaubte er in seiner Einsamkeit zu hören. Er hatte sich getäuscht und doch wußte er, es brennt ein Funke geräuschlos fort, er faßt den Boden des Zimmers, er leckt hinan zu den Wänden, die Stühle brennen, die Schränke, die Bilder, fratzenhaft verzerren sich die gemalten Gesichter auf der Leinwand und werden zur Flamme, und die Flamme strebt weiter, dringt in alle Gemächer, faßt endlich das Dach und das ganze Haus und schlägt zum Himmel auf.

Da klopft es an. Gewiß kommt Bella und erklärt, warum sie geflohen war, als er in das Sämereienzimmer kam. Er öffnete rasch, aber nicht Bella, sondern Weidmann trat ein.

»Haben Sie mich noch etwas im Geheimen zu fragen?« herrschte ihn Sonnenkamp an.

»Ich habe nur eine Bitte an Sie.«

»Eine Bitte? Sie?«

»Ja. Lassen Sie mir Ihren Sohn . . .«

»Meinen Sohn?«

»Wollen Sie mich gefälligst meinen Satz endigen lassen. – Geben Sie mir Ihren Sohn in mein Haus auf Tage, Wochen, Monate, so lange es Ihnen beliebt; nur lassen Sie den Jüngling für einige Zeit in eine andere Sphäre versetzen, worin er wieder gedeihen kann. Er bedarf jetzt einer energischen und befreienden Thätigkeit. Er hat Lust und Trieb, auf Andere zu schauen und nicht auf sich. Das wird ihm helfen und ich möchte ihm darin weiter helfen. Da Ihr Sohn nicht Soldat werden soll, ist es ihm vielleicht gut, die Landwirthschaft kennen zu lernen.«

»Ist das ein Plan, den Sie mit Herrn Dournay verabredet haben?«

»Ja, es ist sein Wunsch und ich finde ihn angemessen.«

»So?« sagte Sonnenkamp. »Wußte auch vielleicht schon Roland selbst von diesem Wunsche und von seiner Angemessenheit, als er heute mit der Professorin abreiste?«

»Nein. Wenn Sie ablehnen, weiß Niemand davon, als Sie, Herr Dournay und ich.«

»Habe ich denn gesagt, daß ich ablehne? Sie werden noch einen Beweis bekommen, wie sehr ich Ihnen vertraue; ich habe Sie zu einem Vollstrecker meines Testaments gemacht.«

»Ich bin viel älter als Sie.«

Sonnenkamp antwortete nicht auf diesen Einwand und Weidmann fuhr fort:

»Was beschließen Sie auf meine Bitte wegen Ihres Sohnes?«

»Wenn er bei Ihnen bleiben will, so hat er meine Einwilligung.«

Der Wagen, der Roland, die Professorin und Manna zurückbrachte, fuhr bald in den Hof ein. Weidmann begrüßte die Professorin herzlich; er hatte sie vor Zeiten gekannt, die einst so blühende Schönheit sah er jetzt zum ersten Mal als Matrone.

Als man noch im grünen Hause beisammen saß, kam ein reitender Bote von Clodwig, der Erich zu ihm rief.

Weidmann erneuerte nun den Vorschlag, daß Roland nach Mattenheim übersiedle; es wurde Roland von allen Seiten zugesprochen und er erklärte, daß es gar keines Zuspruches bedürfe. Er willigte ein und so fuhr er mit Weidmann, Fürst Valerian und Knopf davon. –

Ein Wirbelwind stürmte durch den Park; er riß die letzten Blätter ab, hob die abgefallenen vom Boden, trieb sie durcheinander, und umstürmte das Haus, und ein Wirbelwind schien alle die Einwohner von Villa Eden auseinander zu reißen. Roland war fort, Prancken zeigte sich nicht mehr, Manna wohnte bei der Professorin im grünen Hause, Erich war davon geritten. Sonnenkamp und Frau Ceres waren allein in der Villa. Da kam Fräulein Perini und meldete Sonnenkamp, daß seine Frau ihn augenblicklich zu sprechen wünsche; es sei ein Zustand eingetreten, den sie nicht mehr zu bewältigen verstehe.

Sonnenkamp eilte nach dem Zimmer der Frau Ceres, sie war nicht da. Die Kammerfrau sagte, sie sei, sobald Fräulein Perini weggegangen war, durch das Haus in den Park geeilt. Man suchte, man rief sie, man fand sie endlich am Ufer sitzend, im Wetter-Sturm, mit ihrem Diadem auf dem Haupte, dicke Perlenreihen auf dem nackten Halse, am Arme große Spangen und einen Gürtel von grünen Steinen um den Leib; das glitzerte und schimmerte. Sie sah Sonnenkamp mit einem fremden Lächeln an, dann sagte sie:

»Du hast mich schön geschmückt, reich beschenkt.«

Sie schien größer zu werden, sie stand auf und warf die schwarzen Locken zurück.

»Sieh, hier ist der Dolch, ich wollte mich mit ihm tödten, aber ich schleudre ihn von mir.«

Der Griff von Edelsteinen und Perlen blinkte durch die Luft, stürzte in den Strom und versank.

»Was thust Du? Was ist das?«

»Du kehrst mit mir zurück,« rief sie, »oder ich stürze mich hier in den Strom und nehme ein Stück Deines Reichthums mit, diesen Schmuck.«

»Du bist ein betrogenes Kind,« höhnte Sonnenkamp. »Du glaubst, daß das der echte Schmuck sei? Ich habe Dir, dem einfältigen Kinde, immer nur den nachgeahmten gegeben; den echten, ganz genau mit demselben Kasten, in derselben Fassung, habe ich bei mir im diebessichern Schrank.«

»So? Du bist klug,« erwiderte Frau Ceres.

»Und Du, mein wildes Kind, bist nicht wahnsinnig.«

»Nein, ich bin's nicht, wenn es nicht kommt. Ich bleibe bei Dir, ich verlasse Dich keine Minute mehr. O, ich kenne Dich – o, ich kenne Dich, Du willst mich verlassen.«

Sonnenkamp schauderte.