Vorwort

Indem wir rücksichtlich der Bedenken, welche gegen die Zugänglichmachung der Liebesgedichte Ovids für das größere Publicum sich erheben dürften, auf unser Vorwort zu den Liebesergüssen im vorigen Theile der Werke Ovids verweisen, können wir nicht umhin, über den Werth der Liebeskunst desselben Dichters auf das Urtheil Lessings, das auch auf die übrigen erotischen Erzeugnisse Ovids gleiche Anwendung findet, zurückzukommen. Vollkommen beizustimmen ist dem großen Kritiker, wenn er Ovids Kunst zu lieben unschätzbar nennt in Bezug darauf, daß wir durch sie und fast nur durch sie allein ein Bild von der gesellschaftlichen Cultur des Römervolkes, einen Begriff von der Artigkeit der alten Römer, von ihren feineren Sitten, von dem Geschmacke in ihren Ergötzungen, dem Tone in ihren Gesellschaften, der Wendung ihrer zärtlichen Empfindungen gewinnen. Wenn er aber hinzufügt, daß dieses Gedicht auch eine Seite habe, von welcher aus betrachtet das Urtheil anders lauten müsse, und das sei die Seite, auf welcher es seinem Titel widerspreche; lehrte Ovid die Kunst zu lieben, er würde der liebenswürdigste und unschuldigste Dichter sein; die schamhafte Jugend würde ihn lesen, und jener Trieb der Natur würde ein Führer zur Tugend werden, während er bei denen, die ihn nicht zurecht zu legen wüßten, ein Verleiter zu den unsaubersten Ausschweifungen werde; Ovid lehre die Wollust, jene sinnliche, die ohne Zärtlichkeit des Herzens vom Genusse zum Genusse schweife und selbst in dem Genusse schmachte: so ist dies zwar von dem Standpunkte unserer jetzigen sittlichen Bildung aus richtig, und es könnte das Lesen dieses und der übrigen Gedichte gleichen Inhalts unreife junge Leute, die keinen sittlichen Halt hätten, möglicherweise zu solchen unsauberen Ausschweifungen verleiten. Aber wer wird in unserer Zeit die Liebeskunst Ovids lesen, um die darin enthaltenen Vorschriften in Anwendung zu bringen? Wer wird überhaupt ernstlich glauben, daß sich die Kunst zu lieben in der jetzigen edleren Bedeutung des Wortes lehren lasse? Man muß doch jeden Schriftsteller nach seiner Zeit, nach den Vorstellungen, Verhältnissen, Sitten und Gebräuchen, nach dem Stande der Gesammtbildung derselben beurtheilen. Wir verweisen in dieser Beziehung auf die Anmerkung zu den Liebesergüssen I, 8, 19. Die edlere Liebe war dem Alterthum so gut als unbekannt und mußte es sein nach der Stellung des weiblichen Geschlechtes.

In der Art der Bearbeitung sind wir unseren in der Vorrede zu den Verwandlungen dargelegten Grundsätzen treu geblieben; nur daß wir uns bei der Übersetzung in einigen Beziehungen etwas mehr Freiheit gestattet haben; was sich durch die Natur des Lehrgedichtes, die eine freiere Bewegung zuläßt, entschuldigen lassen wird.

Den Grundtext haben wir von den so oft unbegründeten, unbefugten und unnöthigen Vermuthungen und Änderungen Heinsiussens, ohne dessen große Verdienste um Ovid zu verkennen oder schmälern zu wollen, gesäubert und können das Verdienst einer neuen Recension desselben in Anspruch nehmen.

Im Übrigen beziehen wir uns auf das Vorwort zum vierten Theile.

Plauen, im August 1860.

Erstes Buch.

Wer in dem Römischen Volk die Kunst zu lieben nicht kennet,[Fußnote: V. 1. Durch die Beschränkung seiner Belehrung auf das Römische, oder wie es im Original heißt, auf dieses Volk giebt der Dichter zu erkennen, daß eine solche für die Griechen – denn nur an diese ist zu denken, da kein anderes Volk eine Literatur besaß – nicht nöthig sei, daß die Griechen dergleichen Anweisungen schon hätten; weßhalb ihm auch kein Vorwurf zu machen sei, wenn er diesen nachgearbeitet habe.]
    Lese nur mich, und belehrt lieb' er nach meinem Gedicht.[Fußnote: V. 2. Für me legat geben einige Handschriften hov legat, sowie für amet einige eat, anderer fehlerhafter Lesarten nicht zu gedenken.]
Kunst regiert das hurtige Schiff mit Segel und Ruder;[Fußnote: V. 3. Aus einigen vorzüglichen Quellen hat Heinsius moventur für reguntur aufgenommen und Burmann beibehalten. Sie berufen sich auf Her. 13, 101. Am. I, 2, 26. Virg. Aen. 5, 280. Val. Flacc. 2, 110. In allen diesen Stellen wäre jedoch regere sinn- oder maßwidrig. Jedenfalls drückt regere an unsrer Stelle den beabsichtigten Sinn treffender aus als movere, und findet auch Bestätigung in der Wiederholung im folg. Verse; abgesehen von der überwiegenden handschriftlichen Autorität für reguntur.]
    Kunst das leichte Gespann : Amor'n auch lenke die Kunst.
Tauglich Autómedon war für Wagen und biegsame Zügel;[Fußnote: V. 5. Automedon, durch seine Geschicklichkeit berühmter Wagenlenker Achills.]
    Unter des Tiphys Befehl fuhr das Hämonische Schiff.[Fußnote: V. 6. Tiphys, der Steuermann der in Hämonien (Thessalien) erbauten Argo. S. zu Verw. 7, 1.
Mich hat Venus bestellt dem zarten Amor zum Bildner;
    Amors Autómedon wird nennen und Tiphys man mich.
Wild zwar ist er und oft zu widerstreben geneigt mir,[Fußnote: V. 9. G. Lesart repugnat.]
    Aber ein Knab', ein Kind, leicht zu regieren und weich.
Chiron bildete aus den Knaben Achill auf der Cither,[Fußnote: V. 11 f. S. zu Verw. 2, 630. – Über Chirons Bezeichnung im Original f. zu Verw. 7, 352.]
    Und mit gewinnender Kunst brach er den störrigen Sinn.
Der die Genossen so oft, so oft die Feinde erschreckte[Fußnote: V. 13. Die Genossen . . erschreckt hat bezieht sich auf das zu Verw. 13, 443 Bemerkte. – Exterruit sollen nach Heinsius »die besseren« geben gegen perterruit der übrigen. Auch, meint Heinsius, sei perterruit hart, weil gleich pertimuisse folge. Es ist aber die Frage, ob der Dichter nicht absichtlich gleiche Zusammensetzungen gewählt hat.]
    Soll gar mächtige Furcht haben gehabt vor dem Greis.[Fußnote: V. 14. A. L. dicitur.]
Und die Hände, die einst ein Hector sollte empfinden,
    Hielt zu Schlägen er hin, wann es der Lehrer gebot.
Chiron lehrte Achill, ich bin der Lehrer des Amor,
    Beides Knaben gar wild, Göttinnen beide entstammt.
Aber vom Joche doch wird auch der Nacken des Stieres belastet;[Fußnote: V. 19. Zwei Handschriften tauri curvis onerantur aratris.]
    Und das muthige Roß kaut mit dem Zahne den Zaum.
Amor auch soll sich mir geben, so schwer er das Herz mit dem Bogen
    Auch mir verwundet und weit schüttelt die Fackeln im Kreis.[Fußnote: V. 22. Durch Schütteln und Schwingen lodert die Fackel heftiger und entzündet, wirkt also mächtiger. Vergl. Verw. 4, 508. 758 u. Anm. 10, 7.
Je gewaltsamer traf, je heftiger Amor mich brannte,
    Desto entschiedener will Rächer der Wunde ich sein.
Nicht daß, Phöbus, von dir mir Künste verliehen, erlüg' ich;[Fußnote: V. 25 ff. Nicht vom Sängergotte Apollo oder von den Musen begeistert, noch von Weissagevögeln belehrt, gehe ich an dieses Werk. – Künste, der Liebe nämlich, Mittel eine Geliebte zu gewinnen &c. – Vom Laute der Vögel der Luft; s. zu Verw. 13, 771. – A. L. mentiar.]
    Noch vom Laute gemahnt werd' ich der Vögel der Luft;
Noch sind Clio mir und die Schwestern erschienen der Clio,[Fußnote: V. 27. Clio, eigentlich die Muse der Geschichte, hier ohne diese Beziehung genannt.]
    Während in deinen Au'n, Ascra, ich Herden bewacht.[Fußnote: V. 28. Ascra war die Vaterstadt des Griechischen Dichters Hesiodus (vergl. Liebeserg. I, 15, 11). Ihm sollen, als er in den Thälern des Helikon die Herden seines Vaters weidete, die Musen erschienen und ihn an die begeisternde Quelle Hippokrene (s. zu Verw. 5, 257.) geführt und zum Dichter geweiht haben.]
Lehrerin ist die Erfahrung. Gehorcht dem erfahrenen Sänger.
    Wahrheit sing' ich. O hilf, Mutter Cupidos, dem Werk!
Weg, ihr Zeichen der Schaam, ihr dünnen Binden und lange[Fußnote: V. 31 f. Die Worte selbst lehren, daß der Dichter das ehrbare weibliche Geschlecht von dem Lesen seiner Kunst ausgeschlossen wissen will und mit den angeführten Kleidungsstücken solche nennt, die wesentlich nur diesem zukamen. Die Binde (vitta) war eine Art Schleier, der meist zwischen einer unteren und oberen Haarlage um den Kopf geschlungen, mit zwei Zipfeln oder Bändern (taeniae, Virg. Än. 7, 352.) zu beiden Seiten auf die Schultern oder hinter denselben herabhing, aber nicht zur Verhüllung des Gesichtes gebraucht wurde. Nur freigeborne, ehrbare Frauen und Jungfrauen, wie gesagt, trugen diese Vitta; daher sie auch, nur vielleicht in etwas anderer Art, eine Auszeichnung der Vestalinnen war. S. Liebesergüsse III, 6, 56. – Ein anderes eigenthümliches Kleidungsstück ehrbarer Frauen war die stola, das eigentliche Kleid im engeren Sinne (s. zu Liebeserg. III, 13, 24). Dasselbe wurde über dem nicht viel über die Knie herunterreichenden Hemde (tunica, s. zu Liebeserg. I, 5, 9) in der Regel nur außer dem Hause getragen und bestand aus einem weiten Gewande ohne Ärmel, das länger war als der Körper, aber unter der Brust so gegürtet wurde, daß es mit der Falbel bis auf die Mitte des Fußes reichte. An dem in einem Purpurstreifen bestehenden unteren Besatze befand sich nämlich noch eine Falbel (instita), die ziemlich, ja auffallend lang sein mußte, da sie für die Stola selbst steht, wenn man nicht annehmen will, daß das Beiwort lang auf die durch die Falbel bewirkte oder an derselben sichtbare Länge der ganzen Stola gehe. Nur kürzere, von der männlichen Toga nicht sehr verschiedene Kleider waren anderen Frauenzimmern, besonders den Buhlerinnen, aber auch den wegen Ehebruchs gerichtlich verurtheilten Ehefrauen gestattet.]
    Falbel du, die du den Fuß bis in die Mitte bedeckst!
Ich will sichern Genuß und gestattetes Naschen nur singen;[Fußnote: V. 33. Sichern Genuß &c., gesetzlich Erlaubtes, wie es der Dichter selbst Trauerged. 2, 249 milder ausdrückt, d. h. bei solchen Frauen, die nicht Binde und Stola trugen. Bei edelgebornen Frauen war Gefahr für beide Theile, wenn sie vom Hüter (s. zu Liebeserg. II, 2. 1.) oder Ehemann betroffen wurden. S. übrigens zu Liebeserg. I. 8, 10.]
    Und in meinem Gedicht werden Verbrechen nicht stehn.
Erstens trachte danach, was lieben du möchtest, zu finden,
    Der du zum ersten Mal Waffen als Neuling ergreifst.
Nächstes Bestreben dann ist, die gefallen dir hat, zu erbitten.[Fußnote: V. 37. Zu erbitten, durch Bitten zu gewinnen. – A. L. placidam;]
    Drittens, daß lange Zeit habe die Liebe Bestand.
Diesen Bereich, dies Feld wird unser Wagen befahren,[Fußnote: V. 39 f. Bilder, von dem Wettfahren im Circus hergenommen. Vergl. Liebeserg. III, 2. – A. Lesart hic nostro, auch hic nobis. Dann schwanken die Handschriften zwischen terenda und premenda, auch tenenda, Lesarten, die an sich alle gleich gut sind, von denen wir aber premenda vorziehen, weil tenenda nur schwach bezeugt ist und terenda bald (V. 52) folgt.]
    Halten auf dieses Ziel müssen das stürmende Rad.
Während du frei noch vom Zaum kannst hierhin gehen und dorthin,
    Wähle, wo sagen du magst: Du, du gefällst mir allein.
Nicht wird diese herab durch die Luft geflogen dir kommen;
    Eigene Augen erspähn müssen die Passende dir.
Weiß der Jäger ja doch, wo Netze den Hirschen er spanne,
    Weiß, wo liegen im Thal bissige Eber versteckt.
Voglern sind die Gebüsche bekannt; wer führet die Angel,
    Kennt das Wasser, worin Fische sich tummeln zu Haus.
Du auch, suchest du Stoff zu lang aushaltender Liebe,
    Schaue zuvor, wo viel Mädchen sich finden, dich um.
Nicht dem Suchenden werd' ich rathen, die Segel zu spannen;[Fußnote: V. 51. Die Segel zu spannen, zu Schiffe zu gehen.]
    Nicht langwieriger Weg thut dir zum Finden erst Noth.
Perseus holt' Andrómeda her von den schwärzlichen Indern,
    Und von dem Phrygier so wurde die Griechin geraubt.[Fußnote: V. 54 f. Perseus holte &c.; s. Verw. 4, 663 ff. – Von den schwärzlichen Indern; s. zu Verw. I, 774. Vergl. das. 4, 21. Liebeserg. I. 13, 31. – Von dem Phrygier &c, von Paris die Helena. Wie wir den Text gegeben, portavit . . raptaque sic, bezeugen ihn alle Handschriften. Dagegen liest man jetzt in den Ausgaben portarit . . raptaque sit einer Vermuthung Naugers und der Ausgabe des Gryphius v. 1554, Lesarten, die einen ebenso vortrefflichen Sinn und Zusammenhang geben, aber nur eben aller Autorität entbehren, auch durch keinerlei Abweichung der Handschriften begründet sind.]
So viel reizende Mädchen ja wohl wird Roma dir bieten,[Fußnote: V. 55. Aus einem alten Codex soll Scaliger tamque angemerkt haben, und so steht nun in allen Ausgaben. Allein erstens ist namque dem Sinne ganz angemessen und kommt auch sonst bei Ovid nicht selten nachgesetzt vor (vergl. unsern Index zu Verw.). Sodann bezieht sich der Folgesatz auch nur auf die Menge (tot), nicht auf den Grad (tam). Endlich kann jener eine Codexschreiber sich eher geirrt haben, als alle übrigen.]
    Daß du gestehst: Es hat Roma die Schätze der Welt.
So viel Gárgara Saaten besitzt und Reben Methymna;[Fußnote: V. 57. Gárgara oder Gárgarus, »die oberste Höhe des quellenreichen Ida in Phrygien oder Mysien, einer fruchtbaren Landschaft in Kleinasien am Hellespont,« dann auch eine Stadt daselbst. Die Fruchtbarkeit seiner Fluren war sprichwörtlich.]
    So viel Fische inr Meer, Vögel sich bergen im Laub;
So viel Sterne der Himmel: so viel hat Roma der Mädchen;[Fußnote: V. 59 f. sollen nach Heinsiussens Behauptung unecht sein, der Hexameter vermutlich wegen des Reimes der beiden Halbverse, der Pentameter wegen der Ähnlichkeit mit Liebeserg. I, 8, 42. Den Reim anlangend, s. die in unserem Index zu Verw. unter Verseangeführten Beispiele; und was die Ähnlichkeit des Gedankens und Ausdruckes betrifft, so zeugt diese eher für als gegen die Echtheit. Und wo bliebe der Nachsatz zu allen den Vordersätzen?]
    Ihres Äneas Stadt segnet die Mutter noch fort.[Fußnote: V. 60. Ihres Äneas &c., s. zu Verw. 13, 625. – Lesart des Fragm. Oxon. Mater in Aeneae constitit urbe sui.]
Wirst du vom ersten und noch frisch knospenden Alter gefesselt,
    Wird dein forschender Blick finden ein wirkliches Kind.[Fußnote: V. 62. Für placebunt hat eine Handschrift ebenfalls sehr passend patebunt.]
Wünschest du eine Erwachsne, es werden dir tausend gefallen;[Fußnote: V. 63 f. Es werden dir so viele sich darbieten, daß du vor der großen Menge nicht wissen wirst, welche du wählen sollst, und so eher ganz abstehen wirst. – Die Lesart der meisten Quellen ist cogeris et. Ovid liebt allerdings die Verbindung. Das Futurum ist aber nothwendig, wie placebunt und nachher erit beweisen. Daher hat Heinsius cogere et vermuthet; an sich passend, aber nicht hdschrftlich begründet und nicht nothwendig.]
    Ganz zu vergessen den Wunsch wirst du genöthigt dich sehn.
Oder erfreut dich vielleicht das späte und weisere Alter:[Fußnote: V. 65 f. Vergl. Liebeserg. II, 4, 45. In reichlichem Maß; im Original ist der Ausdruck, wie so oft bei den kriegerischen Römern, von einer dichtgedrängten, lückenlosen Kriegerschaar hergenommen. – A. Lsrt. crebrius, Glosse.]
    Das auch, glaube mir, wird's geben in reichlichem Maß.
Schlendre nur lässig umher im Pompejanischen Schatten,[Fußnote: V. 67 ff. Der Dichter führt die besuchtesten öffentlichen Orte, Spaziergänge, Tempel &c. an. – Im Pompejanischen Schatten, in dem von Pompejus erbauten Säulengange (s. zu Liebeserg. II, 2, 3). Vergl. unten III, 387 ff.]
    Wann des Herculischen Leus Rücken die Sonne betritt;[Fußnote: V. 68. Zu der Zeit, wo die Sonne ein das Sternbild des Löwen tritt, im Monate August, wo die heißesten Tage sind und das lustwandelnde Publicum die schattigen Plätze am eifrigsten sucht. Das Sternbild des Löwen war der von Hercules erlegte und an den Himmel versetzte Nemeische Löwe. S. zu Verw. 9, 197. Von den Sternbildern sprechen die Dichter so, als ob sie wirklich Dasjenige wären, was sie bildlich darstellen. Daher hier die Sonne den Rücken des Leu's betritt. Vergl. Verw. 2, 78 n. A. – Für terga geben einzelne Hdschrften colla, membra, signa; eine auch habet für adit.]
Oder auch wo den Gaben des Sohns die ihren die Mutter[Fußnote: V. 69 f. Die von Augustus erbaute und von seiner Mutter Octavia erweiterte und verschönerte Halle, mit Säulen oder auch Bildsäulen von ausländischem, meist Griechischem (weißem), aber auch Asiatischem und Afrikanischem (buntem) Marmor. – Für externo einige Hdschrften aeterno.]
    Beigefüget; ein Werk, reich an der Fremde Gestein.
Meide die Halle auch nicht, besät mit alten Gemälden,[Fußnote: V. 71. Die Liviahalle war, wie die berühmte Stoa poikile zu Athen, mit Gemälden von Göttern, Heroen, berühmten Männern geschmückt.]
    Die von der Stifterin man Halle der Livia nennt,
Und wo, Mord an den Vettern zu üben bereit, die Beliden[Fußnote: V. 73 f. Die Apollohalle mit den Bildsäulen der Beliden &c.; s. zu Verw. 4, 463. Vergl. Liebeserg. III, 2, 3 n. Anm. Trauerges. III. 1, 59 ff. – Aus der letzteren Stelle rührt auch die Lsrt barbarus in einigen Hdschrften an unserer Stelle her.]
    Stehn, und der Vater dabei, wild mit gezogenem Schwert.
Auch vermisse dich nicht Adonis, von Venus bejammert;[Fußnote: V. 75. Adonis &c., der Tempel der Venus, wo sie mit ihrem geliebten Adonis vereint verehrt wurde, und wo, wie es nach dem Wortlaute unserer Stelle scheint, ein Gemälde oder eine Bildsäulengruppe sich befand, welche den Tod des Adonis und den Schmerz der Venus darüber (s. Verw. 10, 708 ff.) darstellte; oder es war dieser Tempel und die darin begangene Feier ausschließlich der Erinnerung an diese traurige Begebenheit gewidmet, wie bei dem Verw. 10, 725 ff. n. A. berührten Adonisfeste in den dem Venusdienste besonders ergebenen Städten der Griechischen Inseln, aus denen es nach Rom verpflanzt worden. Denn schon zu Ovids Zeiten hatten in Rom alle möglichen fremden Culte, wie gleich das Folgende lehrt, Aufnahme gefunden.]
    Noch des Jüdischen Volks Opfer am siebenten Tag;[Fußnote: V. 76. Auch die Juden hatten also in Rom freie Religionsübung und feierten ihren Sabbat unter zahlreichem Besuche des neugierigen Römischen Publicums. – Höchst auffallend ist der Ausdruck septima sacra für septimo quoque die. Hier sowohl als unten V. 416, wo derselbe Vers mit einer kleinen Veränderung wiederkehrt, geben alle Handschriften sacra viro. In Fragm. Bodlej steht aber zu dessen Lesart deo als Variante syro beigeschrieben, und so sollen auch Puteans und Scaligers Excerpte haben. Leicht möglich, daß dies das Echte ist, da Eigennamen so oft in den Hdschrften verdorben und beide Wörter äußerlich einander so ähnlich sind, indem Eigennamen nicht etwa mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben werden und für y ebenso oft i wie dieses für jenes sich findet. Auch spricht für Syro eine der unsrigen, besonders der unten V. 416 sehr ähnliche Stelle Tibulls I, 7, 18: Alba Palaestino sancta columba Syro. Aber auch viro ist ohne Tadel und vir oder viri wird oft von den Dichtern mit dem Adjectiv des Volksnamens für diesen gebraucht; z. B. Verw. 13, 430.
Noch der linnenbekleideten Kuh Memphitischer Tempel:[Fußnote: V. 77. Der Memphitische Tempel, d. h. der Ägyptische, nach Ägyptischer Art, mit Ägyptischem Cultus eingerichtete oder mit seinem Cultus aus Ägypten stammende (Memphis, Hauptstadt von Mittelägypten in der Nähe der Pyramiden, daher für Ägypten selbst, jetzt spurlos verschwunden). – Der linnenbekleideten Kuh, der in eine Kuh verwandelten, dann zur Göttin Isis gewordenen Io. S. Verw. 1, 610 ff. 734 ff. n. A. zu V. 747. Wegen des Beiworts linnenbekleidet s. zu Liebeserg. II, 2, 25. – Auch hier wie an den eben angeführten Stellen schwankt die Lesart zwischen linigerae, lanigerae, niligenae.]
    Sie macht Viele dazu, was sie dem Jupiter war.[Fußnote: V. 78. Vergl. Liebeserg. II, 2, 25 n. A. – Für ipsa einige Handschriften ante.]
Passend für Amor auch sind – wer sollte es glauben? – die Fora;[Fußnote: V. 79 f. Forum im weitesten Sinne heißt jeder Platz außer dem Hause, daher Straße, Gasse, und steht oft in demselben Sinne, wie diese Wörter im Deutschen. Auf den Gassen gab es, da an den Häusern, die nach der Straße keine Fenster hatten (s. zu Verw. 14, 752), allerhand Buden standen, lebhaften Verkehr. Der Mittelpunct alles Verkehrs aber und des öffentlichen Lebens überhaupt (s. zu Verw. 15, 841. Liebeserg. I, 15, 6) war das forum Romanum, der große Markt zu Rom, der einen bedeutenden Umfang hatte, mit Säulengängen versehen und zu des Dichters Zeit bedeckt war. Außer dem Hauptmarkte gab es aber auch noch andere fora, besonders das forum Cäsars (s. d. folg. V.) und später das prachtvolle forum Trajans mit der berühmten Säule dieses Kaisers. – Die Lesarten ad fora und amoris sowie referta od. repleta verdienen keine Berücksichtigung.]
    Oft gefunden schon ward Lieb' auf dem lärmenden Markt.
Wo, errichtet am Fuß des Marmortempels der Venus,[Fußnote: V. 81 f. Eben auf dem forum Cäsars stand der aus Marmor erbaute Tempel der Venus Erzeugerin und am Fuße desselben – denn alle Tempel lagen hoch und führten Stufen zu denselben (Verw. 1, 375. 8, 715) – ein Brunnen, wie es scheint, ein Springbrunnen, von dessen Erbauer Appius der Appische (Appias) genannt, wahrscheinlich mit Bildsäulen der Nymphen verziert, wie unten aus III, 451 hervorzugehen scheint.]
    Mit aufspritzender Fluth Appias peitschet die Luft,
Das ist ein Ort, wo oft der Berather von Amor gefahn wird,[Fußnote: V. 83 ff. Der Berather, der guten Rath ertheilt. – Der Andre geschützt, derjenige, welcher Andre geschützt hat. – Diese Stelle in Verbindung mit V. 85 lehrt, erstens, daß auch Liebeserg. I, 13, 21 consulto, wie auch alle Handschriften außer Barb. haben, zu lesen und auch dort blos derjenige zu verstehen ist, welcher Rath ertheilt, ohne selbst Processe zu führen; zweitens daß disertus den eigentlichen Redner bedeutet, der einen Rechtshandel durch mündlichen Vortrag vor dem Richter führt. – Causa sui, wie Heinsius mit cod. Polit. giebt, ist zwar ganz gut, sua aber, das die übrigen (einige jedoch subit, einer subest) haben, ebenfalls ohne Tadel. – Amori gegen amore wird von Fragm. Bold. und einem andern Codex geboten, auch durch amoris in anderen bestätigt.]
    Und, der Andre geschützt, selber sich schützen nicht kann.
Das ist ein Ort, wo oft dem Redner gebrechen die Worte,
    Neue Fälle entstehn, eigene Sache es gilt.
Ueber ihn lacht aus dem Tempel, der nahe gelegen, die Göttin.
    Der noch Beschützer vorher, wünscht nun der Schützling zu sein.[Fußnote: V. 88. Beschützer (mit dem eigentlichen Worte patronus) Anderer. Der Schützling (cliens), der sich nicht selbst zu rathen und zu helfen weiß, sondern eines Fürsprechers, Wortführers bedarf.]
Lege dich aber zumeist auf die Jagd in dem Amphitheater;
    Günstiger ist der Ort, als du es wünschen nur kannst.
Da triffst Mädchen du an zum Lieben sowohl als zum Spielen,
    Mädchen zu kurzem Genuß, Mädchen zu stetem Besitz.
Wie da in langem Zug Ameisen kommen und gehen,
    Im korntragenden Maul schleppend das übliche Mahl;
Oder wie, wann sie erreicht ihr Feld und duftige Weide,
    Bienen auf Blumen umher schwärmen und Thymiankraut.
Also stürzet das Weib in prangendem Schmuck zu den Spielen.
    Oft die Menge schon hat meine Entscheidung erschwert.[Fußnote: V. 98. Vergl. oben V. 64.]
Da erscheint man, zu sehn; man erscheint, sich sehen zu lassen.
    Nachtheil bringt der Ort züchtiger Schaam und Gefahr.
Romulus hat zuerst die besorglichen Spiele gegründet,[Fußnote: V. 101. Die besorglichen Spiele, die in gar vielfacher Beziehung Sorgen machen, dem eifersüchtigen Manne wie dem Liebhaber, der eroberungssüchtigen Schönen wie der liebenden Gattin.]
    Als der Sabinerin Raub einsamen Männern gefrommt.[Fußnote: V. 102. S. zu Verw. 14, 801.]
Damals hingen noch nicht Vortücher auf marmornem Schauplatz,[Fußnote: V. 103 ff. Die folgende Schilderung und Erzählung dient dazu, die Gefährlichkeit der Schauspiele für die strenge Zucht und gute Sitte zu erklären. – Noch nicht Vortücher in marmornem Schauplatz, d. h. es gab weder Vortücher, noch war der Schauplatz von Marmor. Vortücher zum Schutze gegen Sonne und Witterung (vergl. Verw. 10, 595 n. A.). »In dem Balkenwerke des höchsten Stockwerkes des Amphitheaters befanden sich Vorrichtungen für das Gerüst, über welches zum Schutz gegen Sonne und ungünstiges Wetter das Velarium (der Überzug) ausgespannt wurde.« – Hatte die Bühne &c. »Das Proscenium war während des Spiels durch ein hölzernes Gerüst (púlpitum), das als eigentliche Schaubühne diente, erhöht.« Die etwas schräg liegende Diele dieser Bühne war mit in Wein aufgelöstem Safran, den die Römer theils als Farbe der Freude (s. zu Verw. 10, 1), theils wegen seines ihnen sehr angenehmen Geruches ganz besonders liebten (vergl. zu Verw. 3, 555), überführt. – A. L. tincta für rubra.]
    Hatte die Bühne nicht roth flüssiger Safran gefärbt.
Zweige nur waren allda, die Palatiums Haine getragen,[Fußnote: V. 105 f. Zweige &c. wahrscheinlich als eine Art Coulissen. – Palatiums Haine; vergl. Verw. 14, 822.]
    Einfach gesteckt; kunstlos stellte die Bühne sich dar.
Stufen, von Rasen gemacht, da dienten dem Volke zu Sitzen;
    Laub von jeglicher Art deckte das struppige Haar.[Fußnote: V. 108. In den späteren Zeiten des Luxus trug man bei Festen, Schmäusen &c. Kränze von Epheu (zu Verw. 3, 665), besonders aber von Rosen, und verwendete übertriebene Sorgfalt auf die Pflege des Haares (s. zu Liebeserg. I, 14, 13.). In jener ältesten Zeit aber, sagt der Dichter, trug man einen Kranz vom ersten besten Baume (vergl. Verw. 1, 451) und überließ man auch das Haar völlig seinem natürlichen Wuchse, ohne es zu scheeren. S. Verw. 4, 13.]
Überall sieht ein Jeder sich um und merkt sich ein Mädchen,
    Welches er wünscht; und viel denkt man in schweigender Brust.
Während zur rauhen Musik des Tuscischen Pfeifers der Spieler[Fußnote: V. 111 f. S. zu Liebeserg. III, 13. Der Spieler, d. h. der Schauspieler, pantomimische Darsteller, Tänzer. S. zu Liebeserg. II, 4, 29. – Die Lesart der Handschriften Lydius ist wegen des vorausgegangenen Tusco höchst verdächtig, da eben Lydius nichts Anderes sein würde als Tuscus und doch als etwas Anderes erscheinen würde und müßte. Daher hat wol ludius, wie Scaliger und Politian lesen und Moret als Variante hat, auch cod. Reg. mit ludis zu bestätigen scheint, in dem eben angegebenen Sinne Viel für sich.]
    Dreimal nun mit dem Fuß stampft den geebneten Plan;
Da gab mitten im Klatschen – das Klatschen entbehrte der Kunst noch –[Fußnote: V. 113. Mitten im Klatschen, als die Lust den höchsten Grad erreicht hatte. Das Klatschen war etwas Selbstverständliches und Regelmäßiges (vergl. Liebeserg. III, 2. 44), nur die Art in späteren Zeiten sehr verschieden, so verschieden, daß sie förmlich erlernt wurde.]
    Gab der König dem Volk Zeichen die Beute zu fahn.[Fußnote: V. 114. Praedae signa petenda eine auffallende Nachlässigkeit oder vielmehr offenbare Unrichtigkeit, vielleicht zu erklären, keineswegs zu rechtfertigen, durch den Dichtergebrauch, adjektivische Redetheile grammatisch zu einem andern Substantive zu ziehen, als wozu sie logisch gehören, besonders wo zwei Substantive zu einem Begriffe verschmelzen, wie z. B. Verw. 8. 666 sincerae bacca Minervae, frische Minervensbeere (Olive), also hier etwa Beuteholungszeichen.]
Plötzlich springen sie auf, durch Geschrei die Gesinnung verrathend,
    Und an die Mädchen zumal legen sie gierig die Hand.
Wie vor dem Adler entflieht das schüchterne Völkchen der Tauben,
    Oder das zarte Lamm vor dem gesehenen Wolf:[Fußnote: V. 118. A. L. Ut fugit invisos. Vergl. Jedoch Ep. P. II, 7, 11.]
Also fürchteten diese die wild anstürmenden Männer;
    Keine die Farbe behielt, welche zuvor sie gehabt.[Fußnote: V. 120. Cod. Vat. constitit et nulli.]
Denn die Furcht war gleich, nicht gleich die Miene der Furcht nur:
    Diese zerraufen das Haar, Andere sitzen entseelt;[Fußnote: V. 122. Einige Handschriften laniant.]
Diese ist stumm vor Schmerz, umsonst ruft Jene die Mutter;
    Die klagt, Die ist starr; Die bleibt, Jene entflieht.[Fußnote: V. 124. Die bleibt. Dies ist der erste Fall, wo wir in unserer Übersetzung von dem regelrechten Maße des Pentameters abzusehen genöthigt gewesen sind. Bei der zwingenden Kürze der Sätze und dem gänzlichen Mangel kurzsilbiger Stammwörter im Deutschen ist es unmöglich, es anders zu machen.]
Fort führt man den erfreulichen Raub, die erbeuteten Mädchen;
    Und wohl vielen verlieh Reize gerade die Furcht.[Fußnote: V. 126. Zwischen pudor und timor schwanken hier, wie oft, die Handschriften. Letzteres sollen nach Heinsius »die älteren« haben, und wirklich scheint auch Furcht darum passender, weil, daß Schaam einem Mädchen wohl ansteht, etwas Gewöhnliches und Selbstverständliches ist.]
Sträubte sich Eine zu sehr und weigerte sich des Begleiters,[Fußnote: [Fußnote: V. 127. Repugnarat und negarat, sagt Heinsius, hätten die Handschriften »besseren Schlags«, d. h. er will ändern. Wir wenigstens können die Plusquamperfecta nicht logisch begründet finden. Die Weigerung und das Sträuben dauerte ja noch fort, als der Mann sie aufhob und forttrug. Auch will Heinsius comitem, weil se fehle, durchaus nicht leiden, sondern dafür nimium wiederholt wissen, und schilt auf »die nachlässigen Abschreiber«.]
    Nahm der Mann sie und trug selbst sie an sehnender Brust,
Sprechend: Warum doch verdirbst du mit Thränen die reizenden Augen?
    Will ich dir das doch, was Vater der Mutter ist, sein.
Romulus, du nur verstandest Gewinn den Soldaten zu schaffen:[Fußnote: V. 131. Da viele gute Handschriften munera, andere auch praemia haben, so rechtfertigt Burmann commoda als das eigentliche Wort für die Belohnungen, welche ausgedienten Kriegern über den Sold gegeben worden.]
    Willst du mir solchen Gewinn schaffen, so werd' ich Soldat[Fußnote: V. 132. Der Verfasser war, wie er an vielen Stellen seiner Gedichte zu erkennen giebt und ausdrücklich sagt, ein abgesagter Feind des Waffen- und Kriegshandwerkes.].
Ja, es bleiben gewiß die festlich besuchten Theater
    Nach damaliger Art Schönen gefährlich noch jetzt.
Laß dir entgehen auch nicht den Wettkampf edeler Rosse;[Fußnote: V. 135 ff. Nicht minder als die Theater, wo scenische Stücke, Pantomimen, Tänze aufgeführt wurden, bietet der Circus mit seinem Wagenwettrennen vielfache Gelegenheit dar, ein Liebchen zu finden. Vergl. zu dieser ganzen Stelle Liebeserg. III, 2.]
    Der volkswimmelnde Kreis bietet dir reichen Gewinn.
Nicht der Finger bedarf es, durch die du Geheimes besprachest;
    Noch ein Zeichen auch brauchst du zu empfangen durch Wink:
Setze, da Keiner es wehrt, dich dicht ganz zu der Erwählten;[Fußnote: V. 139. A. L. proximus ad dominam. Heinsiussens Conjectur proximus at dominam ist ganz unberechtigt.]
    Schmiege, so eng du nur kannst, Seite an Seite dich an.[Fußnote: V. 140. A. L. qua potes, durch die Schreibart veranlaßter Irrthum.]
Gut, daß, wenn sie nicht will, zur Vereinigung nöthigt die Linie,[Fußnote: V. 141 f. S. zu der angef. St. V. 19 f. – Viele gute Handschriften si nolis, wenn du auch nicht wolltest, doch wohl s. v. a. es dir nicht getrautest; weit minder passend.]
    Daß du berühren sie mußt nach dem Gesetze des Orts.
Anzuknüpfen nun suchst du den Faden geselliger Rede;[Fußnote: V. 143. Nicht übel nach Burmann Cod. Pal. hinc, von dem Umstande, daß das Gesetz des Ortes es so mit sich bringe.
    Und des Gespräches Beginn mach' ein gewöhnliches Wort.
Magst mit Eifer erkundigen dich, weß Rosse da kommen.[Fußnote: V. 145. Bemerkenswert ist der Vocativ des Adjectivs, wo es als Apposition zum Verb steht.]
    Wem sie hold, dem sei du es auch, wer es auch ist.
Aber erscheinet der Zug im Gedräng wetteifernder Jugend,[Fußnote: V. 147 f. S. die oben angef. St. V. 43 n. A. – Wetteifernder Jugend, des jungen Volks, welches wetteifert, an dem Zuge Theil zu nehmen, und zwar an der Spitze desselben zu ziehen. – Der seit Heinsius herrschende Text lautet caelestibus ibit eburnis, und dies nach Fragm. Oxon., cod. Jur. und einer Variante in cod. Comel. Diese Beglaubigung ist nun erstens sehr schwach den Zeugnissen aller übrigen Handschriften gegenüber. Zweitens ist auch gar nicht denkbar, woher in den letzteren die Verderbniß gekommen, da eher ephebis als fremdes und im Lateinischen höchst selten vorkommendes Wort zu einer Verderbniß hätte Veranlassung geben können, als das bekannte eburnis. Drittens steht, wo diese pompa erwähnt wird, niemals eine nähere Bestimmung dabei, woraus sie bestanden habe, weil eine solche nicht nöthig war. Vergl. Liebeserg. 1, 2, 44. III, 13, 29. Dagegen wird die Theilnahme, das Vorausziehen der Bursche und Mädchen bei dem feierlichen Umzuge öfter ausdrücklich erwähnt. so ebendas. I, 2, 27. III, 13, 23. Daher ist die Lesart certantibus . . ephebis nicht anzutasten, wenn sich auch für certantibus einzeln cantantibus, plaudentibus, gaudentibus, currentibus, citantibus findet, alles (mit Ausnahme des letzteren, das auch prosodisch falsch ist) sinnverwandte, glossirende Wörter, welche auf denselben Sinn hinauslaufen, unter der lebhaften, fröhlichen Theilnahme der Jugend.]
    Klatsche mit günstiger Hand Venus, der Herrscherin, zu.
Und wenn, wie es geschieht, auf den Schooß Staub sollte dem Mädchen
    Fallen, so streiche den Staub ihr mit den Fingern hinweg.
Und wenn keinen es giebt, so streiche hinweg doch den keinen,
    Jede Gelegenheit sei Dienste zu leisten dir recht.
Schleppt, heruntergelassen zu weit, auf dem Boden der Mantel,
    Nimm von der schmutzigen Erd' ämsig erraffend ihn auf[Fußnote: [Fußnote: V. 154. A. L. aufer. – In munde, wie einige haben für immunda, wäre zwar auch sehr sinnreich, nur nicht wahrscheinlich.]
Alsbald wird zur Belohnung der Müh', indem sie es duldet,[Fußnote: V. 155. Für officii einige Handschriften officio, sowie für patiente mehrere praestante.]
    Deinen Augen das Glück werden die Schenkel zu sehn.[Fußnote: V. 156. A. L. contigerint.]
Siehe zudem dich um, daß ihr den schwellenden Rücken
    Nicht anstemmend das Knie drücke, wer hinter euch sitzt.
Kleines gewinnt ein leichtes Gemüth. Es nützte schon Manchem,[Fußnote: V. 159. Kleines, Kleinigkeiten, kleine Dienstleistungen, Aufmerksamkeiten. – Ein leichtes Gemüth, das leicht erregbar ist, wie ein Mädchenherz.]
    Wenn er gefälliger Hand legte das Kissen zurecht;[Fußnote: V. 160. Da das Kissen zurecht gelegt werden konnte, so mußte es beweglich sein, und folglich hatte jeder einzelne Sitz sein Kissen. – Gegen pulvinar, das viele Handschriften für pulvinum haben, bemerkt Burmann, daß jene Form eigentlich nur von den Polstern gebraucht worden sei, worauf die Götterbilder ausgestellt wurden. – A. L. supposuisse.]
Wenn mit dem dünnen Fächer die Luft er brachte in Strömung.[Fußnote: V. 161. S. zu Liebeserg. III, 2, 37. – Zwischen der Beziehung des Adjectivs tenuis auf ventus und tabella, dann dem Singular und Plural von ventus, auch der Stellung von tenuis und ventus, endlich dem Accus. und Ablat. von ventus und tabella schwanken die Handschriften auf eine merkwürdige Weise. Auch findet sich tabello, flagello, flabello und scabella.]
    Stützenden Schemel ihr gab unter den reizenden Fuß.[Fußnote: V. 162. S. ebend. zu, V. 64. – Das Beiwort cava geht auf die Form, vermöge deren es gut stehen und stützen konnte, wenn es nicht etwa halbmondförmig nach oben geschweift ausdrücken soll.]
Solche Gelegenheit beut zu neuer Liebe der Circus
    Dar und der traurige Sand auf dem gefährlichen Plan.[Fußnote: V. 164. Der traurige Sand &c., das Amphitheater mit den Fechterkämpfen. Der Kampfplatz (Plan) war mit Sand überzogen, der das Blut der Gefallenen einsog und alsbald wieder aufgefrischt und geebnet, zu neuem Kampfe hergerichtet wurde. Vergl. Liebeserg. II, 14, 8 n. A.]
Auf dem Plane schon oft hat Venus' Knabe gestritten;
    Und verwundet ist der, welcher die Wunden geschaut.[Fußnote: V. 166. Welcher die Wunden geschaut, welcher nur die Wunden der Fechter als Zuschauer zu sehen gekommen war und gesehen hat.]
Während er spricht und greift nach der Hand und fordert die Tafel,[Fußnote: V. 167 f. Über die muthmaßlich siegende Partei wurden Wetten gemacht, zu deren genauer Feststellung schriftliche Abfassung auf der Schreibtafel, Handschlag und Pfandgabe (Ring) Statt fand.]
    Setzet das Pfand und fragt, welcher von beiden wol siegt:
Hat er, verwundet, erseufzt und gefühlt den beflügelten Pfeil schon,
    Ist des gesehenen Spiels selber geworden ein Theil.