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Forschungsmission

 

Dinosaurier sind »mega-cool« …

 

… rief ich als Teenager voller Begeisterung, nachdem ich JURASSIC PARK (1993) von Steven Spielberg zum ersten Mal auf der großen Leinwand gesehen hatte. Was 1933 für den damals gleichaltrigen Ray Harryhausen KING KONG (DT: KING KONG UND DIE WEIßE FRAU; 1933) gewesen ist, war für mich – 60 Jahre später – Spielbergs JURASSIC PARK: Eine Offenbarung. Meine Erwartungen als kleiner großer Dino-Fan an den Film waren hoch. Spielberg gelang in Zusammenarbeit mit Drehbuchautor David Koepp auf Grundlage des gleichnamigen Romans von Michael Crichton das fast Unmögliche: Einen Dino-Film zu inszenieren, der Hobby-Paläontologen und Cineasten rund um den Globus gleichermaßen zufrieden stellte. Und noch immer hat das Meisterwerk nichts von seinem Charme verloren. Der Regisseur verband tolle Effekte und eine spannende Geschichte mit der Botschaft, dass man in der modernen Gentechnik nicht einfach etwas tun sollte, nur weil man es tun kann.

 

Damals erlebten die Dinos im Kino, im Fernsehen und auf Video einen wahren Boom. Das ging bis zu der Puppensitcom DINOSAURS (DT: DIE DINOS; 1991-94). Einer der ersten Filme, die meine Familie als VHS-Kassette erwarb, war BABY: SECRET OF THE LOST LEGEND (DT: BABY – DAS GEHEIMNIS EINER VERLOREN LEGENDE; 1985). Wie gebannt saßen wir alle vor dem Fernsehgerät und bangten um das Schicksal eines Brontosaurier-Babys, das die hübsche Susan Matthews-Loomis (Sean Young) aus den Krallen eines geldgierigen Mannes zu befreien und zurück in den Urwald zu bringen versucht. Und wir schluchzten, als in Don Bluths THE LAND BEFORE TIME (DT: IN EINEM LAND VOR UNSERER ZEIT; 1988) der friedfertige Langhals ums Leben kam und Littlefoot auf einmal Vollwaise wurde. Der »Prehistoric-Boom« in Film und TV war nicht aufzuhalten.

 

Zum Leidwesen meiner Eltern brachte mir JURASSIC PARK neben lebensechten Dinosauriern noch etwas anderes näher: die Welt des Marketing. Actionfiguren, Videospiele, Comics, Tassen und T-Shirts mit dem JP-Logo stellten mein kindliches Gemüt und die Geldbörsen meiner Eltern auf eine harte Probe. Damals veröffentlichte auch Deutschlands bekannteste Tageszeitung wochenweise Jurassic Park-Comics. Keine Episode durfte ich verpassen.

 

Das machtvolle und furchteinflößende Auftreten der Riesenechsen aus grauer Vorzeit imponiert den Menschen durch alle Generationen und Jahrhunderte und zeigt uns, wie klein und jung wir eigentlich sind. Viele Zuschauer wünschten sich nach der Kinovorstellung von JURASSIC PARK, solch einem faszinierenden Tier einmal leibhaftig zu begegnen; ein Traum, der Anfang der 1990er Jahre in der Freizeitgestaltung (zumindest zum Teil) wahr werden konnte. Zum Beispiel gab es verschiedene Wanderausstellungen mit Dino-Animatronics (computergesteuerte Dinosaurier) – eine von ihnen: »Die Dinosaurier sind zurück«, die vom 21. Juni bis 29. September 1991 im Plänterwald in Berlin gastierte.

 

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Bild 1: Dino-Animatronic-Wanderausstellungen waren Anfang der 1990er Jahre der Renner.

 

Und die Urzeitmonster sind im Kino noch immer Stars. Die gewaltigen Einspielergebnisse des jüngsten Dino-Spektakels JURASSIC WORLD sprechen eine deutliche Sprache.

 

Unsere neueste Ausgabe der Masters of Fiction-E-Book-Reihe folgt den Sauriern bei ihrer atemberaubenden Evolution auf der Leinwand, von ihren ersten Gehversuchen im Film bis heute. Dabei blicken wir auch über den Tellerrand, unter anderem auf Godzilla (der nun wirklich nicht zu übersehen ist), auf Roger Cormans kultige Phantasie-Monster zwischen Dinocroc und Dinoshark, stellen außerdem mehrere grandiose TV-Serien vor sowie Videospiele und tolle Musik und widmen uns auch den wissenschaftlichen Hintergründen. Dafür haben wir uns mit dem Dino-Forscher Dr. Rainer Schoch vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart über eine sensationelle Ausgrabung in Baden-Württemberg unterhalten. Beim Trossinger Museum Auberlehaus bedanken wir uns für seine tatkräftige Unterstützung.

 

In diesem Sinne viel Vergnügen mit MoF #03: Jurassic Hype wünscht euch

Elias Albrecht

 

 

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Inhaltsverzeichnis

 

 

Forschungsmission

 

Dinosaurier sind megacool...

 

 

Monsterfibel

 

Dinosaurier – Totgesagte leben länger

Die Fossilien der Dinosaurier stießen von Anfang an in der Öffentlichkeit auf großes Interesse. Die »schrecklichen Echsen« gehören zu den phantastischsten und imponierendsten Tieren, die je auf Erden wandelten. Doch was unterscheidet Reptilien der Urzeit von ihren heute lebenden Verwandten, den Vögeln? Eine Reise ins Mesozoikum und wieder zurück.

 

 

Film

 

Dino-Filmguide – Alternativen zu JURASSIC PARK

Die Bannbreite der Filme mit und über Dinos reicht von B-Movies über Trash- bis hin zu Animationsfilmen. Außerdem präsentieren wir euch die ersten Gehversuche der Saurier im Zeichentrick und werfen einen Blick auf CGI-Urzeitmonster des 21. Jahrhunderts … weil Dinosaurier die Leinwand beherrschen.

 

Dinosaurier, Naturgewalt und Atombombe – Godzilla, König der Monster

Er ist eine Art Super-Saurier, und viele nennen ihn schlicht den »König der Monster«: Godzilla. Seit 1954 ist das hochhausgroße Ungetüm durch viele Filme unsterblich geworden. Eine Monster-Geschichte zwischen japanischem Kintopp, schrägen Gummi-Anzügen und amerikanischem Blockbuster-Kino.

 

Zwischen Sharknado und Gummi-Dinos – Roger Corman & Co und der Angriff der Trash-Monster

Wer braucht für einen Film schon Geld? Roger Corman zeigt seit vielen Jahrzehnten, dass man keine Mega-Budgets braucht, um das Publikum zu unterhalten. Seine irren Urzeitmonster Dinoshark, Supergator oder Sharktopus sind längst Kult. Wir tauchen ein in die Welt des Guerilla-Kinos und der Gummi-Dinos.

 

 

TV

 

Menschen und Dinosaurier treffen aufeinander – TV-Serien mit Urzeitmonstern

Die TV-Serie THE FLINTSTONES galt lange Zeit als die erfolgreichste Zeichentrickserie der Welt. Dabei stapften die Urzeitgiganten schon seit Anfang der 1940er Jahre durch verschiedenen Serien. Was die TV-Welt sonst noch für Formate mit und über Dinos zu bieten hat, zeigt unser Überblick.

 

Raptoren im Kaufhaus und Säbelzahntiger im Freizeitpark – Thriller mit Dinosauriern: Der britische Serienhit PRIMEVAL

2007 schrieben Adrian Hodges und Tim Haines in Großbritannien TV-Geschichte. In ihrer Serie PRIMEVAL konfrontierten sie das Publikum wöchentlich mit gefährlichen Urzeitmonstern, die völlig unerwartet direkt über unsere Gegenwart und unseren Alltag herfallen. Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen dieses Thrillers mit Dinosauriern.

 

Die Zukunft der Menschheit liegt in der Vergangenheit – Zwischen Neubeginn und Dino-Angriffen: Das Serien-Epos TERRA NOVA

TERRA NOVA war 2010/11 eine der größten und teuersten Produktionen der TV-Geschichte. Die Kulissen sind gewaltig, die Story ist episch, und die SFX versetzen die Helden und das Publikum direkt in eine Zeit aus Klauen und Zähnen. Wir verraten, wie diese TV-Perle entstanden ist und stellen auch die Arbeit der deutschen Effekt-Schmiede Pixomondo vor.

 

 

Grande Illusions – Künstlerwelten

 

Dinosaurier und Monster erwachen auf der Leinwand zum Leben – Die Geschichte der Stop Motion-Technik

Fasziniert von den Arbeiten seines Mentors Willis Harold O'Brien, entwickelte sich SFX-Guru Raymond Frederick Harryhausen über Jahrzehnte zur gefragtesten Adresse für Wesen der Urzeit und Mythologie im phantastischen Film. Bereits 1949 arbeitete Harryhausen als O'Briens Protegé in Ernest B. Schoedsacks MIGHTY JOE YOUNG mit. Die Profile zweier der berühmtesten Künstler für Stop Motion-Animationen.

 

 

Filmmusik

 

Zwischen großer Symphonie und purer Action – Die Filmmusiken zwischen KING KONG, JURASSIC PARK und TERRA NOVA

Als die Produzenten 1933 ihren Riesenaffen- und Saurier-Film KING KONG zum ersten Mal sahen, wirkte er leblos – mit Max Steiners Musik wurde das Spektakel allerdings richtig furchteinflößend. Wir stellen mehrere berühmte Film- und TV-Serienmusiken und ihre Komponisten vor.

 

 

Literatur & Comics

 

GON – Kleiner T-Rex ganz groß

Gon, das grobe aber warmherzige T-Rex-Baby, gehört zu den wundervollsten und zeitlosesten Figuren im Manga-Universum. Der Reiz der preisgekrönten wortlosen Abenteuer des schuppigen aber knuffigen Carnivoren liegt vor allem in den bis ins kleinste Detail fein ausgearbeiteten Zeichnungen des Künstlers Masashi Tanaka.

 

 

Playtastic

 

Pixel-Dinos – Videospiele-Top-Five mit schrecklichen Echsen

Welche Dino-Games jeder Hobby-Paläontologe unter den Zockern unbedingt einmal gespielt haben sollte, erfahrt ihr in unserem Videospiele-Top-Five-Beitrag mit und über schreckliche Echsen.

 

 

Blick in die Wissenschaft

 

Mutation durch Strahlung – Dämmerung einer neuen Spezies?

Wachsen Lebewesen tatsächlich durch Strahlung und können Fallouts ein ausgestorbenes Tier wirklich wieder zum Leben erwecken? Oder ist dieses häufig auftretende B-Movie-Motiv nur ein Hirngespinst von Filmemachern? Wir nähern uns dem Sachverhalt mittels Fakten.

 

Kann Gentechnik die Urzeit wiedererwecken? Zwischen fiktiven Szenarien und realen Zukunftsperspektiven

Forscher und Phantasten träumen davon und die JURASSIC PARK-Filme zeigen es: Lebende Dinosaurier. Existiert wirklich noch irgendwo brauchbares Dino-Genmaterial und ließen sich daraus Urzeitgiganten klonen? Dass die Realität gar nicht mehr so weit davon entfernt ist, zeigt ein Blick in die Wissenschaft.

 

Der Hammer Gottes – Meteoriten und das Aussterben der Dinosaurier

Der Einschlag eines riesigen Meteoriten vor 65 Millionen Jahren soll für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich gewesen sein. Was eine solche Katastrophe für das Leben auf der Erde bedeutet, zeigen wir in einem schaurigen (und wissenschaftlich begründeten) Szenario: Eine Geschichte vom Ende der Welt.

 

Forscher schauen 212 Millionen Jahre in die Vergangenheit – Plateosaurier entdeckt: Ausgrabungsstelle im Südwesten Deutschlands ist seit 2007 wieder offen

Eine der weltweit wichtigsten Fundorte für Dinosaurier aus der Trias-Zeit liegt im baden-württembergischen Trossingen. Dr. Rainer Schoch vom Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart hat hier seit 2007 unglaubliche Entdeckungen gemacht und rekonstruiert ein Drama, das sich vor 212 Millionen Jahren abgespielt hat.

 

Es begann mit einem Knochen – Die Grabungsgeschichte an der Saurier-Fundstelle im baden-württembergischen Trossingen

Die besten Geschichten schreibt das Leben: Als sich der Junge Hermann Weiß im Frühsommer 1909 an einem Hang in Trossingen die Hose aufriss, fand er einen riesigen Knochen, der nicht aus dem Zeitalter der Menschen stammte. Tatsächlich war er auf einen Saurier-Friedhof aus der Trias-Zeit gestoßen.

 

 

Politik & Gesellschaft

 

65 Folgen purer Dino-Zynismus – Die Puppen-Sitcom DINOSAURS

Das Leben der Familie Sinclair inmitten einer Dinokratie begeisterte in den 1990er Jahren TV-Zuschauer jeden Alters. Ihren Erfolg verdankt die Sitcom aber nicht nur den putzigen Figuren der Henson-Company, sondern auch den Geschichten linksgerichteter Drehbuchautoren: DINOSAURS bezog Stellung und spiegelte moderne Alltagssorgen wider.

 

 

Philosophie

 

Dinos zum Greifen nah – Interaktionen zwischen Menschen und Attraktionen im Jurassic Park

Mit JURASSIC PARK legten Regisseur Steven Spielberg und sein Filmteam nicht nur den Blockbuster-Kinohit des Jahres 1993 hin, sondern leisteten Pionierarbeit auf dem Gebiet der modernen Tricktechnik: Neben sechs Minuten digitalen Dinos, lebt der Film vor allem von lebensgroßen Animatronics der Stan Winston Studios. Welche Konsequenzen ergeben sich aufgrund der Korrespondenz zwischen klassischen und modernen SFX für Darsteller und Zuschauer?

 

 

Erweitertes Universum

 

Von Drachen und Sauriern – Mythen und Wissenschaft von Fafnir bis zum Schwäbischen Lindwurm

Überall auf der Welt gibt es Mythen über Drachen. Woher kommen sie und was dachten unsere Vorfahren, als sie zum ersten Mal auf riesige versteinerte Saurier-Knochen stießen? Wandelt mit uns auf den Spuren der Fabelwesen zwischen Legenden, Überlieferungen und Wissenschaft.

 

 

Fandom

 

Vom Saurier-Park bis zum »Saurical« – Dino-Führer Deutschland

Themenparks mit echten Dinosauriern, wie uns JURASSIC PARK oder JURASSIC WORLD zeigen, ist ein Traum vieler Menschen – Zwar existieren bisher noch keine Zoos mit lebenden prähistorischen Attraktionen, doch gibt es in Deutschland reizvolle Angebote, die über das Nichtvorhandensein von echten Dinos hinwegtäuschen.

 

 

Am Ziel einer langen Reise...

 

Bereits am Startwochenende brach JURASSIC WORLD sämtliche Boxoffice-Rekorde: Ob die Fortsetzung des erfolgreichen Jurassic Park-Franchise hält, was es verspricht, erfahrt ihr neben den wichtigsten Filminfos in einer Rezension zum Action-Blockbuster-Sommerhit 2015.

Monsterfibel

 

Dinosaurier

– Totgesagte leben länger

 

»Das Leben findet einen Weg.« (Chaos-Theoretiker Ian Malcom in JURASSIC PARK)

 

 

Die Geschichte der Erde liest sich wie ein spannender Kriminalroman. Denn immer wieder geben globale Ereignisse aus der Vergangenheit den Forschern Rätsel auf: nicht zuletzt auch das Aussterben der Dinosaurier. Mehr als 140 Millionen Jahre regierten die »schrecklichen Echsen« (was das Wort »Dinosaurier« übersetzt heißt) den Planeten. Der Großteil der Forschung geht bis zum heutigen Tag davon aus, dass es sich bei der Katastrophe, die fast alle Dinosaurierarten von der Erde verschwinden ließ, um den Einschlag eines Asteroiden von zehn Kilometern Durchmesser handelte. Vor etwa 65 Millionen Jahren schlug er in Gegend des heutigen Golfs von Mexico ein. Den Anhaltspunkt lieferte eine Gesteinsschicht – sie trennt die Kreide- von der Tertiärzeit – im Gebiet um den Chicxulub-Krater, die viel Iridium enthält – »ein Element, das auf der Erde recht selten ist, in Meteoriten aber häufig vorkommt«. (Parker, Steve: Dinosaurier und wie sie lebten [übers. v. Angela Wilkes], Tessloff-Verlag, London/Hamburg 1988, S. 58) Die Saurier, die nicht sofort beim Aufprall starben, verendeten infolge gravierender klimatischer Veränderungen – »Durch den Meteoriten aufgewirbelter Staub hätte für Jahre die Sonne verdunkelt.« (Parker 1988, S. 58) Man vermutet, dass jedes Lebewesen, das mehr als 25 Kilogramm wog, die lange Zeit des Nährstoffmangels nicht überleben konnte. Das Leben geriet aus dem Gleichgewicht.

 

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Bild 2: Ursache und Wirkung – so könnte es ausgesehen haben, als vor 65 Millionen Jahren ein Asteroid im Golf von Mexiko eingeschlagen ist.

 

 

Unerklärliche Funde

 

Schon im alten Griechenland sammelten die Menschen Fisch- und Muschelüberreste, die in Steinen konserviert zu sein schienen. Aber niemand konnte sich die seltsamen Funde (Fossilien) erklären. Im späten 15. Jahrhundert fand der Universalgelehrte Leonardo da Vinci (1492-1519) darauf die Antwort: »Die Rückstände von Fischen und Muscheln konnten nur deshalb auf dem Land gefunden werden, weil in frühen Zeiten diese Gebiete mit Wasser bedeckt waren.« (Rex, Dieter/Fischer, Anke (Hg.): Urzeit, Unipart Verlag GmbH, Remseck bei Stuttgart 1991, S. 9)

 

Der englische Naturforscher Robert Plot (ca. 1640-96) gilt als erster Entdecker eines Dinosaurierknochens. Plot dachte, die versteinerten Rückstände des Schenkelknochens stammten von einem Elefanten oder einem riesigen Menschen. Stattdessen handelte es sich um Überreste eines Megalosaurus. (Vgl. Rex/Fischer 1991, S. 9)

 

Anfang des 19. Jahrhunderts brachten Wellen an den südlichen und nordöstlichen Küsten Englands große Mengen an Knochen von »Meeresmonstern« zum Vorschein – damals ein Mysterium für die Einheimischen. Heute ist bekannt, dass es sich bei diesen Fossilien mit ihren langen schlangenähnlichen Hälsen und riesigen Flossen um die Reste von Plesiosauriern handelt. Eine weitere bedeutende Entdeckung machte 1809 ein Unbekannter in Sussex (Großbritannien): Er stieß auf den Schienbeinknochen des Iguanodon (dt. Leguanzahn), ein sogenannter Ornithopode (dt. Vogelfußdinosaurier) aus der frühen Kreidezeit. Erst 1822 erkannte der englische Arzt Gideon Mantell (1790-1852), dass es sich bei diesen und seinen eigenen Funden um ein pflanzenfressendes Reptil aus grauer Vorzeit handeln musste, dessen Zähne denen der heutigen Leguane ähnelten. Erste Beschreibungen des Iguanosaurus veröffentlichte Mantell 1824; ein Jahr darauf gab er der Gattung den noch heute gültigen Namen. Bei seiner Rekonstruktion unterliefen dem Arzt jedoch einige Fehler: So verwechselte er den spitzen Daumenknochen der Echse mit einem Horn auf der Nasenspitze. (Norman, David: Dinosaurier regierten die Welt [übers. v. Miriam Magall], Gondrom-Verlag, Blindlach 1990, S. 10 f)

 

Mit Ausnahme der Antarktis wurden bisher auf allen Kontinenten Dinosaurierknochen gefunden. Dafür gibt es eine plausible Erklärung: die Kontinentalverschiebung. Einst waren die Landmassen miteinander verbunden. Erst im Verlauf des Mesozoikums teilte sich der Urkontinent Pangäa in die nördliche Landmasse Laurasia und das südliche Godwana.

 

Gut 50 Jahre nach Mantells Entdeckung begann ein regelrechter Wettlauf um neue Dinosaurierfunde:

 

»Dieser »Bone War« wurde in Amerika von den verfeindeten Paläontologen Edward Drinker Cope und Othniel Charles Marsch auch unter Einsatz physischer Gewalt ausgetragen. Diese und andere Ausgrabungen um die letzte Jahrtausendwende legten den Grundstock für viele große Naturkundemuseen wie die in New York, London oder Berlin.« (Kempen, Bernhard/Deist, Thomas: Das Dinosaurier-Filmbuch. Von »Gertie the Dinosaur« bis »Jurassic Park«, Tilsner-Verlag, München 1993, S. 6)

 

Auch in der Öffentlichkeit stießen die Funde von Anfang an auf lebhaftes Interesse. Bald wandten sich sogar Schriftsteller diesen faszinierenden prähistorischen Tieren zu. Der französische Autor Jules Verne (1828-1905) schildert in Voyage au centre de la terre (DT: Reise zum Mittelpunkt der Erde) von 1864 den Kampf zwischen zwei Riesenechsen und auch Sherlock-Holmes-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) ließ die Dinosaurier in seinem Roman The Lost World (DT: Die vergessene Welt, o. a. Die verlorene Welt und Der streitbare Professor) aus dem Jahr 1912 wieder auferstehen. (Vgl. Kempen/Deist 1993, S. 6 ff)

 

 

Verwechslung ausgeschlossen? – Saurischia & Ornithischia

 

Die noch heute gültige Unterteilung der Dinosaurier in Saurischia (Echsenbeckendinosaurier) und Ornithischia (Vogelbeckendinosaurier) geht auf den britischen Paläontologen Harry Govier Seeley (1839-1909) zurück.

 

 

Saurischia

 

Die Geschichte der Dinosaurier begann vor ca. 228 Millionen Jahren im Zeitalter der Trias: Damals betraten kleine fleischfressende Theropoden (sog. Carnivoren), wie beispielsweise Coelophysis oder Eoraptor, die Bühne des Lebens. Sie gehörten zu den ersten Vertretern der Saurischia. (Vgl. Woodward, John: Dinosaurier – Faszinierende Urzeitriesen, Kindersley Dorling-Verlag, London/München/New York & Delhi 2010, S. 17 ff) Und auch die aus der Oberjura stammenden pflanzenfressenden Sauropoden (Herbivoren), wie Brachiosaurus oder Apatosaurus sowie der Tyrannosaurus Rex (kurz T-Rex) aus der Oberkreide zählt man zu den Saurischier. Der T-Rex wird neuerdings in wissenschaftlichen Beiträgen mit Federkrone und -kleid beschrieben.

 

Das Geheimnis des Erfolgs der »schrecklichen Echsen« liegt im evolutionären Fortschritt: Im Gegensatz zu heute lebenden Reptilien waren die Dinosaurier – wie auch Dr. Alan Grant (Sam Neill) in JURASSIC PARK beim Bestaunen eines lebenden Brachiosaurus zur Paläobotanikerin Dr. Ellie Sattler (Laura Dern) sagt – endotherme (gleichwarme) Lebewesen. Das heißt, sie regulierten ihre Körpertemperatur wie Vögel von innen heraus. Exotherme (wechselwarme) Organismen hingegen, wie heute lebende Reptilien, benötigen eine Wärmezufuhr von außen, um sich überhaupt bewegen zu können.

 

Was die Dinosaurier ebenfalls wesentlich von anderen Reptilien unterschied, war ihr Körperbau und die Art ihrer Fortbewegung. Hüft- und Beingelenke sind bei Sauriern so ausbalanciert, dass sie perfekt auf zwei Beinen laufen konnten. Im Gegensatz zu Krokodilen, deren Beine leicht abgewinkelt oder wie bei Eidechsen stark abgespreizt sind. (Vgl. WALKING WITH DINOSAURS [DT: DINOSAURIER – IM REICH DER GIGANTEN; 1999])

 

Weitere Vertreter der Saurischia sind die Coelurosaurier (Hohlschwanz-Echsen), wie beispielsweise die Maniraptora (Handräuber). Der bekannteste unter den Maniraptora ist der Archaeopteryx, der erstmals 1861 von Hermann von Meyer (1801-69) auf der Grundlage eines versteinerten Federabdrucks beschrieben wurde. Der »Urvogel« lieferte die entscheidende Erkenntnis, dass die Dinosaurier nicht komplett ausgestorben waren, sondern einige Arten sich stattdessen zu Vögeln weiterentwickelt hatten. Die bedeutenden Fossilienfunde der Gattung Microraptor, die 2003 in der chinesischen Provinz Liaoning ausgegraben wurden, erhärten diese These. Aufgrund der ertragreichen Fundlage verschob sich der Focus der Dinosaurierforschung im vergangenen Jahrzehnt auf China.

 

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Bild 3: Microraptor gehörte wie Archaeopteryx zur Gruppe der Saurischia.

 

 

Ornithischia

 

Sicherlich entsprachen einige Exemplare der Ornithischier (Vogelbeckendinosaurier) in Natura unserer Vorstellung eines Drachen. Sie besaßen mächtige Hörner und Nackenschilde am Kopf oder Panzerplatten auf dem Rücken (sogenannte Osteoderme), die ihnen zur Verteidigung oder zum Schutz dienten.

 

»Anderen Pflanzenfressern fehlten solche Waffen. Dafür besaßen sie wiederum Fähigkeiten wie etwa ein besseres Hör- und Sehvermögen, um Raubtiere schon in großer Entfernung wahrnehmen zu können. Vielleicht konnten sie ihr Aussehen der Umgebung anpassen, indem ihre Haut die Farbe der sie umgebenen Natur annahm, wie es auch heute bei vielen Echsenarten der Fall ist.« (Dinosaurier-Info{1})

 

Im Gegensatz zu den Saurischia liefen die Ornithischia meist auf vier, anstatt auf zwei Beinen. Nur wenn sie von Carnivoren angegriffen wurden, konnten sich einige von ihnen auf die Hinterbeine aufrichten und fliehen. Die Anordnung ihrer Beckenknochen (im Besonderen das nach hinten zeigende Schambein) ähnelt dem der Vögel, was den britischen Paläontologen Harry Govier Seeley fälschlicherweise zur Wahl dieses Namens veranlasste. Ein weiterer Grund für die Falschannahme betrifft die Charakteristika der Schädelform der Ornithischier: Einige Arten bildeten anstelle von Vorderzähnen einen schnabelförmigen Kiefer aus – Hadrosaurier (Entenschnabeldinosaurier) rupften mit ihrem Schnabel Blätter ab, um sie mit ihren Backenzähnen zu zermahlen. Zu den eindrucksvollsten Exemplaren der Ornithischia gehören Triceratops (aus der Gruppe der Ceratopsia) oder Stegosaurus.

 

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Bild 4: Zum Schutz vor Feinden besaßen Stegosaurier mächtige Knochenplatten auf dem Rücken und nutzten Stacheln am Schwanz zur Verteidigung.

 

Die Entwicklung der Reptilien aus grauer Vorzeit verlief parallel zu Land, Wasser und in der Luft. In den Meeren des Mesozoikums schwammen Ichthyosauria (Fischsaurier): Echsen mit stromlinienförmige Körpern, die mit Lungen atmeten. Und in der Luft tummelten sich Pterosauria (Flugsaurier), die dank dünner Hautmembranen fliegen konnten. Egal ob an Land, im Wasser oder in der Luft; alle Saurier waren perfekt an ihren Lebensraum angepasst.

 

 

Hollywood und die Suche nach der Wahrheit

 

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Bild 5: Ausgrabung eines Velociraptor-Skeletts in JURASSIC PARK.

 

Hobbypaläontologen fiel es bereits in Steven Spielbergs JURASSIC PARK auf, dass die Dinosaurier mit heute lebenden Vögeln mehr gemein haben als mit Reptilien. Bei dieser Annahme ist jedoch Vorsicht geboten: Gleich zu Beginn des Films warnt Dr. Alan Grant (Sam Neill) einen vorlauten Jungen davor, einen Carnivoren wie den Velociraptor als »großen Truthahn« zu bezeichnen, sondern ihn als gefährliches Raubtier zu erkennen. Als der Dino-Forscher gemeinsam mit Lex (Ariana Richards) und Tim (Joseph Mazzello) in der Wildnis von Isla Nublar einer Herde Gallimimus begegnet, sieht er sich in seiner Theorie, dass die Saurier die Vorfahren der heutigen Vögel sind, bestätigt. Das Gruppenverhalten der Tiere beschreibt Grant folgendermaßen: »Seht euch diese Formation an, präzise Richtungswechsel wie ein Vogelschwarm auf der Flucht vor einem Raubvogel.« Als plötzlich der T-Rex den grünen Vorhang des Dschungels zerreißt und sich einen Gallimimus schnappt, sagt Grant zu den Kindern: »Seht nur wie er frisst. Ich wette, jetzt seht Ihr Vögel mit anderen Augen.«

 

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Bild 6: Im Jurassic Park fliegen die Federn, ähm... Fetzen.

 

Dank der Zuarbeit des Paläontologen Jack Horner konnten Spielberg und sein Filmteam auf Informationen zugreifen, die erst in den darauffolgenden Jahren in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wurden.

 

Tatsache ist, dass die kleinen Theropoden, die zur Gruppe der Saurischia gehören, die globale Katastrophe vor 65 Millionen Jahren überlebt haben. Die BBC Dokumentation PLANET DINOSAUR (2011) geht in der Folge »Feathered Dragons« (DT: »Gefiederte Drachen«) ebenfalls auf die These ein, dass Vögel die wahren Nachfahren der Dinosaurier sind. Ein weiterer Anhaltspunkt auf den Verwandtschaftsgrad zwischen Dinosauriern und Vögeln liefern hohle Knochen im Körperbau beider Spezies.

 

Nach dem Einschlag des Asteroiden im heutigen Golf von Mexiko begann das Zeitalter des Eozän, ein Zeitabschnitt innerhalb des Paläogens. »Das Eozän ist ein Zeitalter, in dem Vögel Pferde fressen« sagt die BBC Dokumentation WALKING WITH BEASTS (DT: DIE ERBEN DER SAURIER – IM REICH DER GIGANTEN; 2001). Eines der gefährlichsten Raubtiere vor 62 bis 49 Millionen Jahren war Gastornis, ein Vogel mit einer Scheitelhöhe von 1,75 bis zwei Metern.

 

Heute lebende Nachfahren der Theropoden zeigen erstaunliche Spuren ihrer Herkunft: Der Vogel Strauß besitzt an den Enden seiner Flügel, oder vielmehr seiner gefiederten Arme (bekanntlich kann der Strauß ja nicht fliegen), Krallen-Rudimente, Überbleibsel aus vergangenen Zeiten.

 

 

Immer wieder ermahnt uns das Jurassic Park-Franchise, dass der Mensch als Säugetier nur wegen des Aussterbens der Dinosaurier den Weg an die Spitze des Lebens auf der Erde gefunden hat. Trotzdem haben sich die Dinosaurier weiterentwickelt – gute Konzepte wirft die Evolution nicht einfach weg – und ihre Ahnen leben mitten unter uns.

 

(kc & ea)

Film

 

Dino-Filmguide

– Alternativen zu JURASSIC PARK

 

 

Dinosaurier sind als Filmstars wahre Publikumsmagneten und haben weltweit Millionen von Fans. Die Liste der Filme mit und über prähistorische Riesenreptilien ist lang: Sie reicht von Stummfilmen über B-Movies und Trash- bis hin zu Animationsfilmen für Kinder, von Low Budget-Produktionen bis zu Blockbustern. Dinosaurier besitzen etwas Furchterregendes und zugleich Phantastisches. Manche Filmemacher versuchen, die Dinosaurier so naturgetreu wie möglich zu zeigen, andere hingegen lassen der Fantasie freien Lauf, was manchmal zu unfreiwilliger Komik führt.

 

 

Als die Dinosaurier laufen lernten – GERTIE THE DINOSAUR (1914)

 

Der erste Dinosaurier der Filmgeschichte trat im Jahre 1914 auf und zwar als Zeichentrickfigur. Zeitungscartoonist Winsor McCay (1871-1934) verwirklichte sich mit GERTIE THE DINOSAUR (o.a. GERTIE THE TRAINED DINOSAUR) einen Traum: einen zwölfminütiger Slapstick-Zeichentrickkurzfilm, der zunächst als Realfilm beginnt und sich lose an der Rahmenhandlung von Little Nemo – einen Cartoon McKays, der zuvor entstand – orientiert: Während einer Autopanne nutzt McKay, der sich im Film selbst spielt, gemeinsam mit ein paar Freunden die Gelegenheit, dem Museum of Natural History in New York einen Besuch abzustatten. Vor einem Bronto- oder genauer Apatosaurus-Skelett, wettet der Cartoonist mit seinem Freund George McManus um ein Abendessen, dass er einen Dinosaurier wieder zum Leben erwecken kann.

 

Als die Freunde sich Wochen später in einem Diner treffen, zeichnet McKay einen Brontosaurier namens »Gertie« auf eine Leinwand. Die versammelte Mannschaft wirft ein, dass er einen Brontosaurier in Bewegung zeigen wollte. »Er bringt ein neues Bild zum Vorschein, auf dem rechts eine Felsenlandschaft und links ein See zu sehen ist. In den fertigen Hintergrund zeichnet er Gerties Kopf ein, die gleich aus ihrer Höhle kommen wird.« (Kempen/Deist 1993, S. 13) Nun beginnt die eigentliche Attraktion des Films: Zauberei durch Zeichentrickfilm. Gertie isst, trinkt, atmet und lacht. Wie ein Dompteur lässt McKay den Dinosaurier sich vor dem Publikum verbeugen und sogar Tango tanzen.

 

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Bild 7: In Winsor McCays Kurzfilm GERTIE THE DINOSAUR von 1914 sieht das Publikum erstmals nach 65 Millionen Jahren eine Apatosaurus in Szene.

 

Vordergründig geht es McKay in GERTIE THE DINOSAUR darum, dem Publikum zu zeigen, was Zeichentrick genau ist und wie er funktioniert. (Vgl. Kempen/Deist 1993, S. 14) Technisch gesehen wirkt Gertie noch unausgereift. Die Animationssequenzen arbeiten nur mit schwarzen Strichzeichnungen ohne Schattierungen, doch vor allem stören »leichte Helligkeitsschwankungen und das instabile Bild. Das liegt daran, daß zu diesem Zeitpunkt die Trennung von Hintergrund und bewegten Figuren (auf zwei oder mehr verschiedenen Folien) noch nicht erfunden war: Jedes Einzelbild wurde samt Hintergrund komplett neu auf Reispapier gezeichnet […]«. (Kempen/Deist 1993, S. 14)

 

GERTIE THE DINOSAUR präsentierte den Zuschauern einen lebenden Dinosaurier: »1914 muß dieser Effekt trotz der aus heutiger Sicht natürlich primitiven Zeichentricktechnik um so beeindruckender gewesen sein.« (Kempen/Deist 1993, S. 15) Schon hier tritt die ganze Faszination zu Tage, welche von den »schrecklichen Echsen« ausgeht – über die Jahrzehnte hinweg wurden die Dinos zu wahren Leinwand-Stars.

 

 

Klassiker – THE LOST WORLD (1925)

 

Der aufbrausende Professor Challenger (Wallace Beery) behauptet, dass auf einem Bergplateau am Amazonas noch Dinosaurier existieren. Zusammen mit seinem Kontrahenten Professor Summerlee (Arthur Hoyt), dem jungen Journalist Ed Malone (Lloyd Hughes), dem reichen Abenteurer und Großwildjäger Sir John Roxton (Lewis Stone) und Paula White (Bessie Love), die Tochter eines verschollenen Forschers, begibt sich Challenger auf eine mysteriöse Reise ins Land der Giganten aus grauer Vorzeit.

 

Harry O. Hoyts (1885-1961) THE LOST WORLD (DT: DIE VERLORENE WELT) gilt als Meilenstein der Tricktechnik: Stop Motion-Pionier Willis O'Brien (1886-1962), der ursprünglich beabsichtigte, eine Serie über ausgestorbene Tiere zu realisieren, verhalf den Dinosauriern im Film zu neuem Leben. »[S]ein Partner Watterson Rothacker erwarb die Filmrechte an dem Roman von Sir Arthur Conan Doyle, der auch in der Einleitung des Films persönlich zu sehen ist.« (Tierhorror{2}) In aufwendigen Studio-Kulissen ging das Projekt danach vor die Kameras.

 

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Bild 8: »Rumble in the Jungle« in THE LOST WORLD.

 

Nach der Premiere am 2. Februar 1925 kürzte First National Pictures die ursprüngliche Laufzeit des Films von 104 Minuten auf 55 Minuten. Als 1992 in Prag in einem Filmarchiv eine fast vollständige Kopie auftauchte, konnte die Originalfassung des Films größtenteils wiederhergestellt werden.

 

Die gravierendste Abweichung von THE LOST WORLD zur Romanvorlage betrifft den Schluss. In Doyles Original schafft es Professor Challenger lediglich, einen Pterodaktylus nach London zu bringen, der eine Akademikerversammlung in Aufregung versetzt. Der Flugsaurier entkommt durch ein Fenster und wird zuletzt über dem Meer gesichtet.

 

»Der Film setzt diese Grundidee viel spektakulärer um: Hier ist es nämlich der abgestürzte Brontosaurus, den Challenger als Beweis seiner Entdeckungen nach London bringt. Doch das Vieh befreit sich, schreckt die Massen auf und bringt ein paar Londoner Gebäude zum Einsturz, bis es schließlich durch die Themse davonschwimmt.« (Kempen/Deist 1993, S. 27)

 

Doyles Geschichte hielt immer wieder für Kino- und TV-Produktionen her: Der Klassiker ist und bleibt die Adaption von 1925.

 

 

Exkursion in die Urzeit – CESTA DO PRAVEKU (1955)

 

Der kleine Jirka (Vladimír Bejval) findet einen versteinerten Trilobiten. Gemeinsam mit seinen Freunden Toník (Petr Herrman), Jenda (Zdenek Hustak) und Petr (Josef Lukás) träumt er fortan davon, ausgestorbenen Tieren einmal leibhaftig zu begegnen. So rudert die vierköpfige Expeditionsgruppe in den Ferien auf einem Boot los und durchquert die Höhle, an deren Eingang Jirka seinen Fund machte. Ohne weitere Erklärung findet sich die Expeditionsgruppe plötzlich in der Eiszeit wieder, wo sie am Flussufer auch gleich auf ein Mammut stoßen. Kurz darauf erblicken sie einen Säbelzahntiger und machen Bekanntschaft mit dem Riesenvogel Phororhacos, vor dem das vierköpfige Gespann schnurstracks Reißaus nimmt. Je weiter sie den Fluss hinunterfahren, desto weiter reisen sie in der Zeit zurück; beginnend im Quartär und Tertiär treffen die Jungs im Kreide-, Jura- und Triaszeitalter auf verschiedene Carni- und Herbivoren. Am Ende ihrer Reise kommen Jirka und seine Freunde am Urmeer im Silur an, wo sie auf lebende Trilobiten stoßen.

 

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Bild 9: Was für eine Begrüßung! Die vier Freunde aus CESTA DO PRAVEKU treffen am Anfang ihrer Expedition auf ein Mammut.

 

Die tricktechnisch-bewundernswerte Entdeckungsfahrt CESTA DO PRAVEKU (DT: REISE IN DIE URZEIT, o.a. REISE IN DIE URWELT) ist eine tschechoslowakische Produktion. Was die wissbegierigen Kinder über die Entstehungsgeschichte der Erde in der Schule gelernt haben, lässt Regisseur Karel Zeman (1910-89) in den Film einfließen. So gesehen handelt es sich bei CESTA DO PRAVEKU um ein Lehrstück, »denn trotz aller Gefahren vergessen die Jungen nie, jedes Tier nebenbei zu benennen, zu klassifizieren und den richtigen Epochen zuzuordnen«. (Kempen/Deist 1993, S. 71)

 

Die Stop Motion-Figuren in CESTA DO PRAVEKU überzeugen und stehen den Effekten in US-amerikanischen Produktionen derselben Zeit in nichts nach. Für Detailaufnahmen wurden lebensgroße Modelle verwendet, und in der Szene mit dem Trachodon handelt es sich um einen Mann im Gummikostüm. Das salamanderartige Amphibium, das Jirka im Karbon bedrohlich anquäkt, ist eine Puppe nach Muppets-Art.

 

1967 drehte man einige Szenen von CESTA DO PRAVEKU für den amerikanischen Markt im New Yorker Museum of Natural History nach und ersetzte die tschechischen Schauspieler durch amerikanische Jungdarsteller.

 

 

Jules Vernes JOURNEY TO THE CENTER OF THE EARTH (1959)

 

Der frisch geadelte Geologie-Professor Oliver Lindenbrook (James Mason) bekommt von seinem Studenten Alec (Pat Boone) einen mysteriösen Lava-Brocken geschenkt. Wie sich herausstellt, verbirgt sich im Stein ein Senkblei mit einer 300 Jahre alten Nachricht: Dieser zufolge brach der Isländer Arne Saknussem einst zu einer Reise ins Innere der Erde auf, von der er nie zurückkehrte. Auf den Spuren Saknussems organisiert Lindenbrook eine neue Expedition. Neben dem Professor und Alec ist die Witwe Carla Goetabaug (Arlene Dahl) und der Isländer Hans (Peter Ronson) mit seiner Ente Gertrud mit von der Partie. Ihr Weg führt die fünfköpfige Gruppe in ein dunkles Unterwelt-Labyrinth voller Gefahren und Geheimnissen. Außerdem ist dem Expeditionsteam eine andere Forschergruppe dicht auf den Fersen.

 

Jules Vernes (1828-1905) Klassiker Voyage au centre de la terre (DT: Reise zum Mittelpunkt der Erde) von 1864 war erstmals 1909 auf der Leinwand zu sehen. Aber Dinosaurier treten erst in Henry Levins (1909-80) Adaption aus dem Jahr 1959 auf. Als die Expeditionsgruppe das unterirdische Meer erreicht, stößt sie auf einen Leguan mit Rückensegel und Professor Lindenbrook ruft fasziniert: »Ein Dimetrodon!« Daraufhin lässt sich eine ganze Herde dieser Tiere blicken. »Wenn man sie von Ferne sieht, wirken sie sogar recht beeindruckend. Ganz im Gegensatz zu der Eidechse, die dann im versunkenen Atlantis erwacht und den Professor mit der klebrigen Zunge am Bein packt.« (Kempen/Deist 1993, S. 75) Für diese Tricks in Rückprojektion (s. Kapitel Künstlerwelten) waren L. B. Abbott (1908-85), James B. Gordon (1907-72) und Emil Kosa Jr. (1903-68) verantwortlich, die ein Jahr später von Irwin Allen (1916-91) für sein Remake zu THE LOST WORLD (DT: VERSUNKENE WELT) engagiert wurden.

 

Eine der bisher letzten Verfilmungen des Jules Verne-Stoffes ist New Line Cinemas JOURNEY TO THE CENTER OF THE EARTH 3D (DT: REISE ZUM MITTELPUNKT DER ERDE) mit Brendan Fraser aus dem Jahr 2008. Trotz der passablen Effekte ist der Film nur eine laue Umsetzung von Voyage au centre de la terre.

 

 

Hammer: ONE MILLION YEARS B.C. (1966)

 

Willkommen in einer urzeitlichen Welt mit Dinosauriern, feuerspeienden Vulkanen und steinzeitlichen Völkern. Der Held des Films Tumak (John Richardson) stürzt nach einer Auseinandersetzung mit seinem Bruder Sakana (Percy Herbert) – beide buhlen um die Gunst ihres Vaters Akhoba (Robert Brown) – einen Felsen hinab und überlebt nur wie durch ein Wunder. Ohne Waffen und Nahrung irrt der Protagonist durch die Einöde, bis er schließlich völlig erschöpft das Meer erreicht und Bekanntschaft mit der hübschen Loana (Raquel Welch) macht.

 

ONE MILLION YEARS B.C. von Regisseur Don Chaffey (1917-90) ist ein weiteres Remake des Kurzfilms MAN'S GENESIS von 1912. Bereits 1940 entstand eine Neuverfilmung unter der Leitung von Hal Roach (1892-1992) und seinem Sohn Hal Roach Jr. (1918-72) unter dem Titel ONE MILLION B.C. (DT: TUMAK, DER HERR DES URWALDS).

 

Eine deutliche Hommage an das Vorbild von 1940 ist ein Kampf der Wilden gegen einen Riesenleguan. Dabei arbeiten die Macher mit der Rückprojektions-Methode –  Die Szene »gehört in eine Reihe kontinuierlicher Steigerungen, mit denen quasi die Entwicklung der Tricktechnik demonstriert wird«. (Kempen/ Deist 1993, S. 56)

 

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Bild 10: Tumak (rechts) und seine neuen Freunde im Kampf gegen einen gefährlichen Fleischfresser in ONE MILLION YEARS B.C.

 

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