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Emil Wettstein, Evi Schmid (EHB IFFP IUFFP), Philipp Gonon

Berufsbildung in der Schweiz

Formen, Strukturen, Akteure

ISBN Print: 978-3-0355-0127-8

ISBN E-Book: 978-3-0355-0204-6

2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2014

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.ch

Inhaltsverzeichnis

Einleitendes Vorwort

1Formen beruflicher Bildung

1.1Berufliche Grundbildung im Kleinbetrieb

1.2Berufliche Grundbildung im Grossbetrieb

1.3Berufliche Grundbildung im Ausbildungsverbund

1.4Schulisch organisierte berufliche Grundbildung

1.5Berufliche Grundbildung in einer öffentlichen Lehrwerkstätte

Exkurs: Lehrwerkstätten, Ausbildungszentren und Lernstätten

1.6Hybride Formen beruflicher Grundbildung

1.7Formen für leistungsstarke Jugendliche

1.8Formen für Jugendliche mit Beeinträchtigungen

1.9Sozialpädagogisch geprägte Formen

1.10Berufs- und höhere Fachprüfungen

1.11Höhere Fachschulen

1.12Berufsbildung an Hochschulen

1.13Berufsbildung ausserhalb der Zuständigkeit des Berufsbildungsgesetzes

1.14Berufliche Grundbildung für Erwachsene

1.15Formen beruflicher Weiterbildung

1.16Einige Formen beruflicher Bildung aus anderen Ländern

1.17Informelle Formen beruflichen Lernens

2Berufsbildung – Teil des Bildungssystems und Teil der Arbeitswelt

2.1Bildungssystem

Exkurs: Klassifizierung des Bildungssystems: ISCED 2011 und ISCO

2.2Arbeitswelt und Arbeitsmarkt

2.3Rechtliche Grundlagen der Berufsbildung in der Schweiz

Exkurs: Berufe reformieren und weiterentwickeln: der Prozess der Berufsreformen

2.4Steuerung der Berufsbildung

2.5Finanzierung

3Elemente gelingender Berufsbildung

3.1Lernen in der Arbeit

3.2Simulation

3.3Reflexion

Exkurs: Die Lerndokumentation als Reflexionshilfe in der betrieblichen Bildung
(Heiner Kilchsperger)

3.4Handlungsleitendes Wissen

3.5Allgemeinbildung

3.6Begleitung

Exkurs: Fachkundige individuelle Begleitung (fiB)

3.7Berufsbildungsmanagement

3.8Zertifizierung

4Von der Schule ins Erwerbsleben

4.1Einführung: Hintergrund und wichtige Begriffe

4.2Berufswahl und Lehrstellensuche

4.3Der Lehrstellenmarkt

Exkurs: Lehrstellenförderung im Gesundheitswesen

4.4Brückenangebote und Case Management

4.5Lehrvertragsauflösung, Lehrstellenwechsel und Lehrabbruch

4.6Wie weiter nach der beruflichen Grundbildung?

5Akteure und Institutionen

5.1Lehrbetriebe und Ausbildungsverbünde

5.2Berufsfachschulen und höhere Fachschulen

5.3Der Bund

5.4Kantonale Behörden

Exkurs: Das Qualifikationsverfahren in der beruflichen Grundbildung

5.5Organisationen der Arbeitswelt

Exkurs: Überbetriebliche Kurse

5.6Berufs­bildungs­verantwortliche

5.7Akteure aus Forschung und Entwicklung

6Spannungsfelder

6.1Akademische versus berufspraktische Tertiärausbildungen

6.2Berufsprinzip versus Modularisierung

6.3Breit versus eng geschnittene berufliche Grundbildungen

6.4Bedarfsdeckung versus Fachkräftemangel

6.5Staat versus Arbeitswelt

6.6Bildung versus Qualifizierung

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Tabellen

Abkürzungsverzeichnis

Einleitendes Vorwort

Die Schweiz kann mit einem einmaligen System beruflicher Bildung aufwarten, das sowohl vor Ort als auch international Anerkennung findet und alles in allem eine erfolgreiche Bilanz vorweisen kann. Die schweizerische Berufsbildung gilt als Teil eines wohlgeordneten und qualitativ hochstehenden Bildungssystems. Allerdings stellt die internationale Verflechtung des Arbeitsmarkts und ganz allgemein die Dynamik der Globalisierung die Zukunftsfähigkeit dieses Modells auf die Probe. Diese Spannung, welche die Reform- und Wandlungsfähigkeit eines gesamten Systems erfordert – wobei gleichzeitig dessen Stärken erhalten bleiben sollen –, wird auch in der hier vorliegenden Darstellung der Formen, Strukturen und Akteure der beruflichen Bildung deutlich. Aber nicht nur internationale Tendenzen beeinflussen die Berufsbildung, sondern auch inländische Entwicklungen – des Arbeitsmarkts, des politischen Rahmens und insbesondere des Bildungssystems – sowie der Trend zur sogenannten Wissensgesellschaft. Damit wandelt sich auch die Bedeutung der gewerblich-industriellen Verwurzelung der beruflichen Bildung. Auch der technologische Wandel begünstigt eher eine Entspezialisierung und Hinwendung zu mehr Allgemeinbildung und höheren Bildungsabschlüssen – und spricht gegen eine frühzeitige Festlegung auf eng zugeschnittene berufliche Fertigkeiten. Schulische und tertiäre Bildungsformen kommen einem solchen Trend entgegen, ebenso Flexibilisierung und verstärkte Durchlässigkeit, die auch in der Schweiz vermehrt an Gewicht gewinnen.

Im Übrigen erschöpft sich Berufsbildung bei Weitem nicht in der beruflichen Grundbildung – alltagssprachlich «Betriebslehre» – in kleinen oder mittelgrossen Unternehmen, es gibt darüber hinaus eine Vielzahl weiterer Varianten. Es sind all diese unterschiedlichen Formen beruflicher Bildung, die in einem ersten Kapitel dieses Buches vorgestellt werden. Sie werden ausserdem durch je eine Lernende oder einen Studierenden, die oder der speziell für dieses Buch porträtiert wurde, gleichsam verlebendigt.

Das zweite Kapitel gilt den Rahmenbedingungen beruflicher Bildung. Neben der Einbettung ins Bildungssystem und in den Arbeitsmarkt werden rechtliche Grundlagen, die Steuerung und die Verbundpartnerschaft ebenso thematisiert wie die Finanzierung.

Im dritten Kapitel fragen wir nach besonderen Elementen bzw. Funktionen, die für das Gelingen der Berufsbildung notwendig sind. Denn neben dem Lernen bei der Arbeit als dem Besonderen beruflichen Lernens spielen auch andere Faktoren wie die Begleitung und die Organisation des Lernprozesses eine entscheidende Rolle.

Im vierten Kapitel wird die Berufsbildung als Etappe in den individuell geprägten Bildungsverläufen zwischen Volksschule und Arbeitswelt oder Tertiärausbildung thematisiert. Wir beschreiben die Situation junger Menschen bei diesen Übergängen und die Herausforderungen und Risiken, die damit verbunden sind.

Im fünften Kapitel werden die wichtigen Akteure der Berufsbildung benannt, welche die berufliche Bildung prägen und das System am Laufen halten. Auch in diesem Kapitel haben wir Personen porträtiert, die exemplarisch für den jeweiligen Akteur sind.

Im abschliessenden Kapitel sind einige der Spannungsfelder thematisiert, die das heutige berufliche Bildungssystem prägen: Inwiefern kann und soll der Staat in die Berufsbildung eingreifen? Wie stark sollen Berufe zusammengefasst werden oder eben in ihrer Besonderheit bestehen bleiben? In welchem Bezug stehen Bildung und Qualifizierung – in einem harmonischen Verhältnis oder in konflikthaftem Nebeneinander?

Viele Praktikerinnen und Praktiker der Berufsbildung, aber auch Bildungspolitiker und Wissenschaftlerinnen und erst recht ausländische Beobachter haben oft Kenntnisse zu Teilgebieten des schweizerischen Bildungssystems oder zu einzelnen Aspekten der Berufsbildung. Was häufig fehlt, sind Zusammenhänge und eine Einordnung in ein Gesamtes. Dieses Buch fügt die unterschiedlichen Facetten beruflicher Bildung zusammen und ermöglicht so eine Übersicht und ein vertieftes Verständnis zur Struktur und Funktionsweise sowie zu den Hintergründen.

Berufsbildung in der Schweiz ist als Orientierungswerk und vertiefende Übersicht zu verstehen. Das Buch richtet sich an Fachleute und Laien, aber auch an Studierende, die sich mit der beruflichen Bildung befassen.

Die vorliegende Neuausgabe fusst auf der Erstauflage aus dem Jahr 2009, die aber vollständig überarbeitet und erweitert wurde. Dies ergab sich auch aus der Tatsache, dass neben den bisherigen Autoren, die sich schon sehr lange kennen und oft zusammengearbeitet haben, neu auch Evi Schmid als Autorin dazugestossen ist und neue Anliegen und Fragen an eine solche Darstellung der Berufsbildung in der Schweiz einbrachte. Eine Umarbeitung ergab sich aber auch aus einem Wechsel der Perspektive. Es stehen nicht – wie häufig, wenn von Berufsbildung die Rede ist – die Lernorte Schule, Betrieb und Ausbildungszentrum im Vordergrund des inhaltlichen Aufbaus, sondern eher die Nutzer/innen und Nachfrager/innen, die sich in einem vorgegebenen Rahmen bewegen und gleichzeitig neue Wege einschlagen und Spielräume ausloten.

Der Schwerpunkt dieser Veröffentlichung ist eine systemische Betrachtung und weniger der Blick auf die Lehr-Lern-Prozesse als solche. Dieser systemische Blickwinkel bietet erst die Voraussetzung, didaktische und methodische Fragen zu erörtern und zu analysieren, was freilich in einer anderen Publikation zu erfolgen hätte.

Ein wesentliches Anliegen der Autorin und der beiden Autoren war es, die jeweiligen Kapitel mit dem aktuellen Forschungsstand zu verknüpfen. Die umfangreichen Verweise auf Studien und Literatur ermöglichen eine weitere Vertiefung vieler hier oft knapp dargestellter Sachverhalte und Fragestellungen.

Wir möchten an dieser Stelle all denen unseren Dank aussprechen, die uns dieses Werk ermöglicht haben. Ein besonderer Dank gilt Daniel Fleischmann, der unseren Vorstellungen entsprechende Persönlichkeiten aufsuchte, sie interviewte und porträtierte. Dr. Heiner Kilchsperger steuerte einen Abschnitt zum Kapitel 3 bei. Vonseiten des Bundesamts für Statistik erhielten wir immer prompt aktuelle Informationen, dafür sei insbesondere Anton Rudin gedankt. Zu einzelnen Fragen und Kapiteln gaben uns darüber hinaus Personen aus dem Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB), vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), vom Projekt TREE, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lehrstuhls für Berufsbildung an der Universität Zürich und von der Pädagogischen Hochschule Zürich weitere Rückmeldungen. Ihnen allen sei gedankt.

Für die Autorin und die Autoren, Zürich im Frühjahr 2014

Prof. Dr. Philipp Gonon

Kapitel 1

Formen beruflicher Bildung

Wer an «Berufsbildung» denkt, wird sich vermutlich zuerst eine Berufslehre in einem Kleinbetrieb mit Lehrmeister und Lehrling vorstellen. In der Schweiz ist das in der Tat auch die häufigste Form beruflicher Grundbildung. Berufsbildung ist jedoch wesentlich vielgestaltiger; in diesem Kapitel stellen wir 16 weitere Formen vor. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Berufsbildung in der Schweiz und der beruflichen Grundbildung. Daneben behandeln wir einige Formen im Bereich der höheren Berufsbildung und der Weiterbildung und werfen auch einen kurzen Blick über die Grenzen. Den Schluss bildet eine Form, die weltweit − auch in der Schweiz − am häufigsten vorkommt: das informelle berufliche Lernen.

1.1Berufliche Grundbildung im Kleinbetrieb

Die Ausbildung in Klein- und Mittelbetrieben entspricht am ehesten dem herkömmlichen Bild der Berufslehre, wonach die Jugendlichen vier Tage im Lehrbetrieb arbeiten und einen Tag pro Woche die Berufsfachschule besuchen.

1.1.1Charakterisierung

Die Berufslehre heisst in der Schweiz heute offiziell «berufliche Grundbildung» und die Schule «Berufsfachschule».1 Deren Besuch kann bis zu zwei Tage pro Woche beanspruchen. Mehrmals während der Grundbildung besuchen die Lernenden einige Tage oder Wochen einen «überbetrieblichen Kurs» (üK) in einem Ausbildungszentrum der jeweiligen Organisation der Arbeitswelt (OdA), das ist meist ein regionaler oder nationaler Berufsverband (vgl. Kapitel 5.5.2).

Berufsbildnerin oder Berufsbildner («Lehrmeister») ist im Kleinbetrieb meist der Inhaber oder die Inhaberin, in etwas grösseren Betrieben wird oft ein erfahrener Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin mit der Ausbildung betraut.

Die Ausbildung selbst erfolgt im Rahmen des betrieblichen Alltags, bei der gemeinsamen Arbeit an anfallenden Aufträgen oder Dienstleistungen. So bestimmt oft der Termindruck und nicht didaktische Überlegungen, welche Arbeiten Lernende zu übernehmen haben. Deshalb ist der Besuch von überbetrieblichen Kursen heute in den meisten Berufen fester Bestandteil der Grundbildung, denn im üK kann in Ruhe und unter Berücksichtigung fachdidaktischer Grundsätze in neue Berufsarbeiten eingeführt bzw. können schwierigere Abläufe geübt und perfektioniert werden (vgl. das Porträt Nicole Renggli und Kapitel 5.5, Exkurs «Überbetriebliche Kurse»).

In dieser Form der beruflichen Grundbildung sind die Berufsbildnerinnen und -bildner nicht nur verantwortlich für die Ausbildung, sie haben in der Regel auch die Selektion vorgenommen, sind Lehrvertragspartner und coachen ihre Lernenden, indem sie ihnen helfen, berufliche und manchmal auch persönliche Krisen zu bewältigen.

1.1.2Entwicklung

Berufslehren gibt es ansatzweise seit der Antike (Kolb, 2007). Im Mittelalter und bis ins 19. Jahrhundert war eine mehrjährige Ausbildung in einem Betrieb in zünftischen Gewerben weitverbreitet, vor allem in den Städten. Um Geselle zu sein, musste man zuerst eine Lehrzeit abgeschlossen haben. Erst danach, meist nach einer Wanderschaft, die dem Erwerb weiterer Kenntnisse und der Weltläufigkeit diente, konnte Meisterschaft angestrebt werden. Schulunterricht in Ergänzung zur Ausbildung entwickelte sich erst später; in der Schweiz wurde er 1933 für alle Lehrlinge obligatorisch.

Heute ist diese Form der beruflichen Grundbildung nicht nur im Gewerbe, sondern auch in Klein- und Mittelbetrieben verschiedenster Branchen gebräuchlich.

Die rund 80000 Jugendlichen, die 2010 eine berufliche Grundbildung angetreten haben, teilten sich wie folgt auf:

70000 begannen eine betrieblich organisierte Grundbildung (Betriebslehre), davon

50000 in einem Betrieb mit weniger als 50 Beschäftigen und

20000 in einem Mittel- oder Grossbetrieb oder einem Ausbildungsverbund (vgl. Kapitel 1.2 und 1.3);

10000 in einer schulisch organisierten Grundbildung (vgl. Kapitel 1.4 und Kapitel 1.5) (SBFI 2014 a, S. 12; Müller & Schweri, 2012, S. 39).

Dies zeigt, dass in der Schweiz die berufliche Grundbildung im Kleinbetrieb immer noch die weitaus häufigste Form einer beruflichen Grundbildung darstellt.

1.1.3Beispiel

Fleischfachmann/Fleischfachfrau EFZ

Als Beispiel für die Grundbildung im Kleinbetrieb stellen wir die Ausbildung zum Metzger etwas näher dar. Seit 2007 heisst dieser Lehrberuf nicht mehr «Metzger/in», sondern «Fleischfachmann/Fleischfachfrau EFZ» und kann in vier Schwerpunkten absolviert werden: Fleischgewinnung, Fleischverarbeitung, industrielle Fleischverarbeitung und Fleischveredelung.

Verwandte Ausbildungen sind die zweijährige berufliche Grundbildung zum Fleischfachassistenten bzw. zur Fleischfachassistentin EBA und die dreijährige zur Detailhandelsfachfrau bzw. zum Detailhandelsfachmann EFZ.

Die überbetrieblichen Kurse machen in diesem Beruf nur zwei Tage pro Lehrjahr aus, die Schule dauert wöchentlich einen Tag (40 Tage bzw. 360 Lektionen pro Jahr). Sehr gute Lernende können an einem zweiten Tag den Berufsmaturitätsunterricht besuchen (vgl. das Porträt Lukas Signer).

Zur Förderung der Reflexion über das eigene Lernen, aber auch als Mittel zur Sicherung der Qualität der Ausbildung haben die Lernenden wie in fast allen Lehrberufen eine «Lerndokumentation» zu führen, erarbeitet vom Ausbildungszentrum für die Schweizer Fleischwirtschaft in Spiez (ABZ, www.abzspiez.ch), das sich im Auftrag des Berufsverbandes, des Schweizer Fleisch-Fachverbands SFF, in vielfältiger Weise der Förderung der Aus- und Weiterbildung annimmt.

Die Ausbildung vermittelt Fachkompetenzen (Fleischgewinnung und Tierschutz, Verarbeitung, Fachrechnen, Hygiene, Arbeitssicherheit usw.) und fördert – wie alle modernen Grundbildungen – auch Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen, die im «Bildungsplan» präzise umschrieben sind.

Sehr gute Lernende können einen besonderen Förderkurs besuchen, der ebenfalls am Ausbildungszentrum in Spiez angeboten wird. Aus den Teilnehmern und Teilnehmerinnen werden die Kandidatinnen und Kandidaten für nationale und internationale Wettbewerbe ausgewählt.

Der Weiterbildung wird grosses Gewicht beigemessen: Abbildung 1-1 zeigt die Vielfalt und Reichweite des Weiterbildungsprogramms in diesem traditionsreichen und doch modernen Beruf.

Abbildung 1-1: Berufliche Aus- und Weiterbildung in der Fleischwirtschaft. Eigene Darstellung anhand von Unterlagen des ABZ Spiez

1.1.4Einige Varianten

Fleischfachleute werden nicht nur in gewerblich orientierten Kleinbetrieben ausgebildet, sondern auch in Grossmetzgereien. Darauf deutet auch der Schwerpunkt «industrielle Fleischverarbeitung» hin. In manchen Berufsfeldern unterscheiden sich hingegen die Lehrberufe je nach Betriebsform. Bei der Backwarenherstellung beispielsweise werden im Gewerbe Bäcker-Konditor-Confiseure/innen EFZ ausgebildet, in Grossbäckereien Lebensmitteltechnologen und -technologinnen EFZ, Schwerpunkt Backwaren.

In einigen Berufen und/oder Regionen wird der Berufsfachschulunterricht nicht auf 40 Wochen pro Jahr verteilt, sondern erfolgt in Blöcken, zum Beispiel bei den Müllern und Müllerinnen: Jährlich beginnen nur 20 Lernende diese Ausbildung, ihren Berufsfachschulunterricht erhalten sie im Berufsbildungszentrum Uzwil, weil die Firma Bühler AG, die international führende Herstellerin von Müllereimaschinen, in Uzwil ein Ausbildungszentrum führt. Dies ermöglicht Synergien, hat aber für viele Lernende lange Anfahrtswege zur Folge. Deshalb wird der Unterricht in Blockkursen von zwei bis drei Wochen Dauer geführt. Während dieser Zeit wohnen manche Lernende am Unterrichtsort in einem Internat oder bei Gastfamilien.

In der Landwirtschaft war die Grundbildung lange Zeit zweigeteilt: Im ersten und zweiten Lehrjahr wurden die Jugendlichen vor allem praktisch ausgebildet und besuchten nur während 240 Lektionen pro Jahr eine Berufsschule. Im dritten Lehrjahr wurde in Form von Landwirtschafts-Winterschulen oder -Jahresschulen vorwiegend theoretisch ausgebildet. Als die Ausbildung dem Berufsbildungsgesetz unterstellt wurde (vgl. dazu Kapitel 2.3), hat man sie der gewerblichen Lehre angeglichen. Seit 2008 handelt es sich um eine dreijährige Ausbildung mit acht Tagen üK und je 360 Lektionen Berufsfachschulunterricht in den ersten beiden Jahren, vermittelt in Blöcken oder tageweise. Im dritten Lehrjahr umfasst der Unterricht 880 Lektionen und wird teilweise in Blöcken vermittelt. Der Lehrbetrieb wird im Rahmen der Grundbildung häufig ein- oder zweimal gewechselt.

Lernende in gastgewerblichen Berufen, die in einem Kurort mit Saisonbetrieb lernen, besuchen den Berufsfachschulunterricht und die überbetrieblichen Kurse in einem der fünf Schulhotels des Branchenverbandes hotelleriesuisse, zum Beispiel im Schulhotel Regina in Interlaken. Der Unterricht findet zweimal pro Lehrjahr in einem je fünfwöchigen interkantonalen Schulkurs statt. Während der Kurse wohnen die Lernenden im Schulhotel.

Manche Betriebe können oder wollen nicht alle Qualifikationen vermitteln, die bei einem Lehrberuf vorgesehen bzw. vorgeschrieben sind. Sie können sich zu sogenannten Lehrbetriebsverbünden zusammenschliessen. Dies ist auch die Lösung für Kleinstbetriebe, die nicht genügend Arbeit für Lernende haben.

Dabei werden zwei Formen unterschieden:

Ein Lehrbetrieb, der einen kleinen Teil der betrieblichen Bildung nicht selbst abdecken kann, sucht dafür einen Partnerbetrieb, in dem die Lernenden während einiger Wochen oder Monate lernen und arbeiten (sog. Ergänzungsausbildung, vgl. Abb. 1-2).

Mehrere Betriebe konzentrieren ihre Ausbildungstätigkeit je auf einen Teil des Ausbildungsprogramms und bilden Lernende gemeinsam aus. Jeweils ein Betrieb wird als Leitbetrieb bezeichnet. Er schliesst unter anderem mit der bzw. dem Lernenden den Lehrvertrag ab und vertritt den Lehrbetriebsverbund nach aussen (vgl. Abb. 1-3).

Manchmal werden auch Ausbildungsverbünde als Lehrbetriebsverbünde (sog. Grossverbünde) bezeichnet. Ausbildungsverbünde und Lehrbetriebsverbünde unterscheiden sich jedoch im Hinblick auf die Verteilung der Aufgaben und den Zweck des Zusammenschlusses klar: Ein Lehrbetriebsverbund sorgt selbst für die praktische Ausbildung (wobei einer der beteiligten Betriebe die Hauptverantwortung übernimmt), bei einem Ausbildungsverbund hingegen existiert eine selbstständige Geschäftsstelle, die für das Bildungsmanagement und allenfalls die Vermittlung der Basisausbildung verantwortlich ist. Die betriebliche Ausbildung selbst erfolgt hingegen in Partnerbetrieben des Ausbildungsverbunds, die ihrerseits weitgehend vom Ausbildungsmanagement inklusive Administration entlastet sind (vgl. Kapitel 1.3).

Abbildung 1-2: Ergänzungsausbildung. Eigene Darstellung
Abbildung 1-3: Lehrbetriebsverbund. Eigene Darstellung

Porträt Nicole Renggli

Die Mitte der drei Lernorte

Spüren, wie sich ein Patient fühlt, erfahren, wie in anderen Betrieben gearbeitet wird – das können angehende Fachleute Gesundheit im überbetrieblichen Kurs. Nicole Renggli ist eine von ihnen.

Nicole Renggli, 17, angehende Fachfrau Gesundheit EFZ, nimmt an einem überbetrieblichen Kurs teil

Herr Traber ist 65 Jahre alt. Seit vielen Jahren leidet er an chronischer Polyarthritis, und jetzt ist er auch noch gestürzt. Er hat sich das rechte Sprunggelenk, zwei Rippen und den rechten Unterarm gebrochen. In der Inszenierung von Flavia jammert er und hält das Personal auf Trab: «Geht’s nicht ein bisschen schneller, haben Sie eigentlich auch schon Schmerzen gehabt!» Inszenierung? Ganz recht: Wir befinden uns im Ausbildungszentrum der Zentralschweizer Interessengemeinschaft Gesundheitsberufe (ZIGG) in Alpnach Dorf und sind Zeugen eines Rollenspiels. Angehende Fachfrauen Gesundheit inszenieren eine «postoperative Situation» und dokumentieren sie mit einer Filmkamera.

Szenen wie diese sind Teil des didaktischen Repertoires der überbetrieblichen Kurse (üK) im Gesundheitsbereich. Hier bestehen 70 Prozent der Lernzeit aus Übungen oder Gruppenarbeiten, der Rest wird für die stille Lektüre und den Dozentenvortrag eingesetzt. Das Ausbildungszentrum in Alpnach Dorf – ein Neubau im Industriegebiet – ist entsprechend ausgerüstet: In den Schulzimmern stehen hinter den Tischen Betten, ein Materiallager enthält rund 700 Pflegeartikel. Vitalwerte messen, Gehtraining, druckentlastende Lagerung – das Modul 6, mit dem sich die Lernenden gerade beschäftigen, bietet unzählige Gelegenheiten zum Üben. Nicole Renggli, eine der Lernenden, findet das toll. Erstens böten die Übungen Gelegenheit, Handgriffe sorgfältig auszuprobieren und Fragen zu diskutieren. Und zweitens lerne man in der Rolle der Patientin, wie sich die Pflege anfühlt. Bei Herrn Traber, alias Flavia, hatte der Perspektivenwechsel geradezu kathartische Wirkung. «Du warst ein richtiges Ekel», meinte eine ihrer Kolleginnen nach dem Rollenspiel. Flavia darauf: «Meine Patienten sind es manchmal auch.»

Zur dreijährigen Ausbildung von Nicole Renggli gehören 34 üK-Tage, die in 12 Module unterteilt sind. Ihr Inhalt ist auf das Geschehen an den beiden anderen Lernorten abgestimmt. Ernst Schäfer, Leiter Bildung im Kurszentrum, erklärt: «Neue Themen sollen nach Möglichkeit in der Berufsfachschule theoretisch eingeführt, im überbetrieblichen Kurs nach einer theoretischen Repetition eingeübt und im Betrieb ausgeführt werden.» Nicole Renggli sagt, dass die Koordination zwischen Schule und üK sehr gut funktioniere, während an den Arbeitsplätzen in Krankenhäusern oder Spitex manchmal vorgegriffen werde. So habe sie ohne theoretische Grundlage schon Dauerkatheter geleert. Anspruchsvollere Tätigkeiten wie das Richten von Medikamenten oder das Spritzen von Insulin müssen hingegen zwingend im überbetrieblichen Kurs eingeführt werden. Ernst Schäfer erläutert: «Es ist uns gelungen, eine Koordinationsplanung der drei Lernorte einzurichten. Sie basiert auf dem gegenseitigen Vertrauen der Ausbildungspartner und der Bereitschaft, in ständigem Kontakt mit den Betrieben zu sein.»

Inzwischen ist auch Nicole Renggli in die Rolle einer Pflegeperson geschlüpft und prüft mit einem Pulsoximeter den Sauerstoffgehalt im Blut von Frau Wüthrich, die von Jasmin gemimt wird. Sie wird dabei von der Dozentin beobachtet, die über das Gelernte keine Prüfungen durchführt, aber überfachliche Kompetenzen wie den respektvollen Umgang, angepasste Kommunikationsformen oder motiviertes Arbeiten zu beurteilen hat. «Diese Sauerstoffmessung wenden wir im Heim, in dem ich arbeite, nicht an», erklärt Nicole Renggli später. Dass sie sie dennoch erlernen kann, ist eine weitere Leistung des überbetrieblichen Kurses. «Im üK wird das gesamte pflegerische Handwerk aus Akutabteilungen, der Langzeitpflege und der spitalexternen Pflege trainiert», sagt Ernst Schäfer. Er spricht von einer «Drehscheibenfunktion» des üK, die spezifische Lernschritte ermögliche: «Weil sich im üK Lernende und Dozierende aus unterschiedlichen Kontexten begegnen, ist es nötig, Unterschiede wahrzunehmen, mitzuteilen und zu verstehen. Im üK vermitteln wir Grundsätze und die Fähigkeit, Abweichungen zu reflektieren.» Diese Rolle des üK ist auch darum wichtig, weil die fünf Schulen im Einzugsgebiet der ZIGG verschiedene Lehrmittel einsetzen und die 175 Zubringerbetriebe unterschiedlich arbeiten. Von hoher Wichtigkeit sind da auch die üK-Handbücher für Lernende und Dozenten, die von einem fest angestellten Team der ZIGG erstellt wurden.

1.2Berufliche Grundbildung im Grossbetrieb

Einerlei, wie gross der Lehrbetrieb ist: Am Ende der Ausbildung haben alle Lernenden in einem Beruf das gleiche Qualifikationsverfahren (Lehrabschlussprüfung) zu bestehen. Aber bei der Ausbildung selbst bestehen durchaus Unterschiede.

1.2.1Charakterisierung

Zwar haben in der Schweiz die Grossbetriebe im 20. Jahrhundert die im Gewerbe entwickelte Berufslehre übernommen. Industrietypische Arbeitsformen und die Professionalisierung der Ausbildung des Nachwuchses führten aber zu wesentlichen Unterschieden: Wenn ein Betrieb mehr als etwa zehn Lernende ausbildet, ist es üblich, dass er einen teil- oder vollamtlichen «Lehrlingschef» ernennt. Wächst die Zahl der Lernenden weiter (bei der Post waren es 2012 beispielsweise 2015 Lernende, bei der Swisscom 820, bei der Stadt Zürich 1100), übernimmt eine Ausbildungsabteilung die Leitung, die meist Teil der Direktion Human Resources (HR-Direktion, Personalabteilung) ist. Dies hat weitreichende Konsequenzen auf die Selektion der Lernenden, den Ablauf der Ausbildung usw.

In vielen grösseren Betrieben wechseln die Lernenden alle drei, sechs oder zwölf Monate die Abteilung, sodass sie Gelegenheit haben, verschiedene Teile ihres Betriebs kennenzulernen.

In den Abteilungen werden fachlich qualifizierte Mitarbeitende als Vorgesetzte der Lernenden bezeichnet, die sogenannten Praxisausbildner und Praxisausbildnerinnen (vgl. Kapitel 5.1.3). Das sind Fachpersonen, von denen nur wenige den für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner vorgeschriebenen Kurs absolviert haben. Für die Betreuung der Lernenden, für die Planung ihres Einsatzes und für andere Aufgaben des Ausbildungsmanagements ist die Ausbildungsabteilung zuständig, in der ausgebildete Berufsbildnerinnen und Berufsbildner arbeiten. Sie pflegen auch den Kontakt zur Berufsfachschule, zum Träger der überbetrieblichen Kurse (üK) und zu den zuständigen Behörden.

Verantwortlich gegenüber Behörden und Lehrvertragspartnern ist die Stelle, die den Lehrvertrag unterzeichnet hat. In manchen Betrieben ist das die Ausbildungsabteilung, in anderen die ausbildende Abteilung oder deren Direktion.

Oft werden Berufsfachschulunterricht und überbetriebliche Kurse durch betriebsinterne Kurse zur Vermittlung betriebsspezifischer Kenntnisse ergänzt, durch Lehrlingslager zur Förderung der Selbst- und Sozialkompetenzen, Repetitions- und Vertiefungsmöglichkeiten für den Schulstoff, Kurse zur Vorbereitung auf das Qualifikationsverfahren, Elternabende, Diplomfeier usw.

Die Lernenden in Grossbetrieben sind von der Teilnahme an den überbetrieblichen Kursen befreit, wenn der Betrieb nachweist, dass er die entsprechenden Inhalte als Teil von betriebsinternen Kursen vermittelt.

Bekannte Grossbetriebe erhalten oft sehr viele Bewerbungen. Die Selektion ist anspruchsvoll (vgl. Kapitel 4.3.4). In der Regel wird sie letztlich von Mitarbeitenden der Ausbildungsabteilung vorgenommen, teilweise zusammen mit der Leitung der Abteilung, in der die Lernenden dann ihre Ausbildung absolvieren.

Abbildung 1-4: Lehrlaborkurse der ETH Zürich für die Laboranten und Laborantinnen EFZ, Fachrichtung Chemie, 2011/2012. Quelle: ETH Zürich
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1.2.2Beispiele

Ausbildung von Kaufleuten in einer Grossbank

Die kaufmännische Grundbildung dauert drei Jahre und kann auf drei Niveaus absolviert werden: B (Basis), E (erweitert) und M (mit Berufsmaturität). Weiter wird nach Branchen unterschieden (derzeit 24): Automobilgewerbe, Bank, Bundesverwaltung, Chemie, Dienstleistung und Administration, Handel usw. Die Inhalte der überbetrieblichen Kurse und teilweise diejenigen des Qualifikationsverfahrens werden durch die gewählte Branche bestimmt.

Die Lernenden besuchen einen bis zwei Tage pro Woche den Unterricht an einer kaufmännischen Berufsfachschule (total 1800 Lektionen – 200 Tage) und insgesamt vier überbetriebliche Kurse, total 8 bis 16 Tage. Für die Strukturierung der Ausbildung im Betrieb existiert wie in vielen anderen Berufen ein branchenspezifischer Modelllehrgang.

Für Lernende der Branche «Banken» stehen Tätigkeiten am Bankschalter und im Backoffice im Vordergrund (vgl. das Porträt Gioia Bolter). Die überbetrieblichen Kurse werden vom Center for Young Professionals in Banking (CYP) in Zürich angeboten. Weiter können die Banken ihre Lernenden ans CYP in den sogenannten Fachunterricht senden und sich so von gewissen Ausbildungsaufgaben entlasten.

Dieser Fachunterricht ist eine freiwillige Leistung der Banken. Er ersetzt (ganz oder teilweise) den theoretischen Unterricht, den grössere Banken ihren Lernenden früher üblicherweise betriebsintern anboten.

Lernende an der ETH

Die ETH Zürich bildet 20000 Studierende aus – aber auch 170 Lernende in einer beruflichen Grundbildung.

Interessierte Jugendliche können sich an der ETH für 20 verschiedene berufliche Grundbildungen bewerben, u.a. Automatiker/in EFZ, Elektroinstallateur/in-Planer/in EFZ, Fachmann/Fachfrau Betreuung EFZ, Fachrichtung Kinderbetreuung, Forstwart/in EFZ, Informatiker/in EFZ, Kaufmann/Kauffrau EFZ, Laborant/in EFZ Fachrichtung Biologie, Chemie oder Textil, Mediamatiker/in EFZ, Physiklaborant/in EFZ, Tierpfleger/in EFZ.

Die Lehrstellen sind sehr beliebt. 2012 meldeten sich 1100 Interessierte für die 60 frei werdenden Lehrstellen, wobei nach Schätzung des Verantwortlichen etwa 40 Prozent für den Lehrberuf, für den sie sich beworben hatten, geeignet gewesen wären.

In den wichtigsten Berufen führt die ETH für ihre Lernenden Lehrlabors bzw. Lehrwerkstätten mit professionellen Ausbildnern; dort arbeiten die Lernenden etwa 35 Prozent ihrer Lehrzeit. Dafür sind sie vom Besuch der überbetrieblichen Kurse befreit. Die übrigen zwei Drittel der Zeit arbeiten sie in den Werkstätten und Labors der ETH oder in der Verwaltung. Rund die Hälfte der ETH-Lernenden besuchen den lehrbegleitenden Berufsmaturitätsunterricht. Zweimal im Laufe der beruflichen Grundbildung gibt es für sie eine Projektwoche «Bergwald», bei der gemeinnützige Arbeit geleistet wird. Weiter können sie gegen Ende der Lehre an einem Bewerbungstraining teilnehmen.

Die Belange der Berufsbildung werden an der ETH von der Abteilung Human Resources (HR) und von einer Berufsbildungskommission vertreten, der neben Professoren, Betriebsleiterinnen, professionellen Ausbildnern, dem HR-Leiter und dem Leiter Berufsbildung auch zwei Lernende angehören.

Abbildung 1-4 zeigt als Beispiel das Ausbildungsprogramm der Laborantinnen und Laboranten EFZ, Fachrichtung Chemie.

Porträt Gioia Bolter

Welcome Camps, CYP und Spezifika

Gioia Bolter absolviert ihre berufliche Grundbildung in der Grossbank UBS. Die Ausbildung ist gut strukturiert, da gibt es ein Welcome Camp oder die firmeninternen Spezifika.

Gioia Bolter, 18, ist im dritten Lehrjahr als Kauffrau EFZ

Als Gioia Bolter am ersten Tag ihrer Lehre den Computer startete, war da schon reger Verkehr. Mehr als 20 Mails lagen auf ihrer UBS-Adresse, Willkommensgrüsse und Merkblätter, Börseninformationen und ein erstes WBT. Was die Abkürzung bedeutete, wusste Gioia Bolter nicht, aber von diesem «webbasierten Training» war sie dispensiert. Sie war Lernende, noch etwas nervös und noch ganz am Anfang. Fast jedenfalls.

Ganz am Anfang hatte Gioia Bolter eine Woche vorher gestanden, im Welcome Camp, das die UBS für die 30 kaufmännischen Lernenden der Region Ostschweiz durchführte. Hier gab es während dreier Tage Informationen zum Thema Arbeitszeit oder Intranet, diskutierte man Erwartungen und Veränderungen, waren «Verhalten und Auftritt» ein Thema: Kleiderregeln, «Wie wirke ich?» und «Es gibt keine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu machen». Mit ihrem Camp hatte die UBS bei der angehenden Kauffrau einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Sie fühlte sie aufgenommen und erfuhr, wie ihre Ausbildung strukturiert ist.

Im Rahmen ihrer beruflichen Grundbildung durchläuft Gioia Bolter verschiedene Abteilungen der Bank. Die ersten sechs Monate arbeitete sie in Heiden, wo sie aufgewachsen ist und deshalb viele Kunden kannte. Es folgten Einsätze in weiteren regionalen Stellen, Speicher, Teufen, Herisau und St. Gallen, stets betreut von örtlichen Praxisausbildenden. «Ich habe erlebt, dass auch die Grossbank UBS kleine Geschäftsstellen hat. Mit vier Mitarbeitenden war Speicher die kleinste.» Gioia Bolter findet die Abfolge der Abteilungen sinnvoll: am Schalter der kleine Zahlungsverkehr, später Privatkunden mit Hypothekaranfragen beispielsweise, derzeit Kunden mit grossen Vermögen und Unternehmenskunden. Da geht es um Anlagen und Kredite oder das Thema Compliance: Welche Geschäfte sind zu riskant? Diese Themenreihe ist für alle Lernenden der Bankbranche ähnlich. Sie ermöglicht die Koordination mit den überbetrieblichen Kursen und den innerbetrieblichen Schulungen.

Die überbetrieblichen Kurse besucht Gioia Bolter am «Center for Young Professionals in Banking». Hier begegnet sie Berufskolleginnen und -kollegen aus anderen Banken und erlebt, dass es unterschiedliche Bankkulturen gibt. An zehn einzelnen Tagen pro Jahr erhalten die Jugendlichen theoretische Einblicke in Themen wie Zahlungsverkehr, Passivgeschäft, Anlagen und Kredite. Lehrmittel erleichtern das Lernen, wobei statt Bücher Tablets abgegeben werden; die Lerninhalte sind jetzt interaktiv aufbereitet. In den innerbetrieblichen Schulungen der UBS werden zudem hausspezifische Inhalte vertieft und geübt. Diese «Spezifika» dienen dazu, den rund 270 kaufmännischen Lernenden, die jedes Jahr gesamtschweizerisch bei der UBS eine Lehre beginnen, einheitliches Wissen zu vermitteln und in Rollenspielen einzuüben – in drei Jahren finden elf solche Tage statt. Das entlastet die Praxisausbildenden vor Ort. Schliesslich geht Gioia Bolter an zwei Tagen pro Woche in die Berufsfachschule. Sie besucht eine Berufsmaturitätsklasse, nun gemeinsam mit kaufmännischen Lernenden aus weiteren Branchen wie Versicherung, Reisebüro oder öffentliche Verwaltung.

Gioia Bolter arbeitet gerne in der Bank, das hatte sie schon anlässlich der Schnuppertage gemerkt, die sie während der Berufswahl absolvierte. Das Gymnasium, für das sie sich dann doch entschied, brach sie nach einem erfolgreichen ersten Jahr ab – es entsprach nicht ihren Vorstellungen. Das Auswahlverfahren der UBS hatte sie erfolgreich durchlaufen. Das ist nicht selbstverständlich: Für jede Lehrstelle bewerben sich 10 bis 15 Jugendliche, ungefähr ein Viertel davon wird zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Ob Gioia Bolter auch die Hürde zum UBS-internen Förderprogramm für die besten Absolventinnen und Absolventen der Grundbildung schaffen wird, wird sich weisen.

1.3Berufliche Grundbildung im Ausbildungsverbund

Ausbildungsverbünde werden immer wieder mit Lehrbetriebsverbünden verwechselt. Der Vergleich der Abbildungen 1-3 (Lehrbetriebsverbund) und 1-5 (Ausbildungsverbund, siehe unten) zeigt Unterschiede.

Abbildung 1-5: Ausbildungsverbund. Eigene Darstellung

1.3.1Charakterisierung

Etwas Gemeinsames haben die beiden Modelle: Bei beiden wechseln die Lernenden in der Regel mehrmals den Lehrbetrieb. Bei den Lehrbetriebsverbünden liegt aber die Verantwortung in der Hand eines der beteiligten Lehrbetriebe, bei den Ausbildungsverbünden bei einer selbstständigen Organisation, deren Hauptaufgabe nicht in der Ausbildung selbst, sondern im Management von Ausbildung besteht (vgl. dazu Kapitel 3.7).

Ausbildungsverbünde sind oft als Vereine oder Stiftungen organisiert, manchmal auch als öffentlich-rechtliche Organisation, als GmbH oder Aktiengesellschaft. Die Geschäftsstelle des Ausbildungsverbunds übernimmt die Selektion der Lernenden, betreut die Jugendlichen und sorgt vor allem dafür, dass genügend Lehrbetriebe für die Ausbildung der Lernenden zur Verfügung stehen.

Obwohl sie oft Vertragspartner der Jugendlichen nach Artikel 14 des Berufsbildungsgesetzes (BBG, 2002) sind, vermitteln die Ausbildungsverbünde die berufliche Praxis nicht selbst, sondern übernehmen neben dem Management eher die Aufgaben des dritten Lernorts, indem sie in Lehrwerkstätten, Übungsbüros oder Pilotanlagen Grundfertigkeiten vermitteln.

1.3.2Entwicklung

Der älteste Ausbildungsverbund dürfte das 1993 gegründete Berufsbildungszentrum SIG Georg Fischer AG in Neuhausen sein (heute Wibilea AG). Bald gliederten weitere Grossbetriebe ihre Lehrlingsabteilungen aus, u.a. die ABB in den Verbund Libs, die Novartis (vgl. das Porträt Cagdas Guerakar) und andere Chemiebetriebe im Raum Basel in die Aprentas, SBB, RhB, VBZ Zürich in den Verbund Login, Sulzer in AZW.

Um zusätzliche Lehrstellen zu schaffen, gründeten später Verbände, Gemeinden und sozial engagierte Organisationen wie HEKS und Caritas Ausbildungsverbünde, meist unterstützt von Startbeiträgen des Bundes. Das Laufbahnzentrum Zürich gründete den Berufslehr-Verbund Zürich BVZ, der Zürcher Schreinermeisterverband den Verbund Schreinermacher SVZ. Bildungsnetz Zug, Impulsis (EBA Plus) und weitere schufen Verbünde für zweijährige Grundbildungen. Wieder andere fördern Ausbildungsmöglichkeiten in bestimmten Berufen, z.B. der ABV Telematiker Uster, SpedLogSwiss Basel (Logistiker/innen).

Die Firmen Wibilea AG und Klever AG in Winterthur dürften die ersten Aktiengesellschaften sein, die in diesem Geschäftsfeld tätig sind. Bildxzug ermöglicht Jugendlichen unter anderem, eine berufliche Grundbildung in einem englischsprachigen Betrieb zu absolvieren.

Heute gibt es kleine Ausbildungsverbünde mit fünf oder zehn Lernenden, aber auch Grossbetriebe wie Login mit 1700 oder Libs mit 1000 Lernenden.

1.3.3Varianten

Manche Ausbildungsverbünde übernehmen die Personaladministration einschliesslich Vertragsabschluss und Lohnzahlungen an die Lernenden, andere konzentrieren sich eher auf die Vorbereitung der Lernenden für den Einsatz in den Betrieben, indem sie Lehrwerkstätten betreiben. Aprentas übernimmt für gewisse Lernende auch den schulischen Unterricht. In einigen Verbünden sind die Lernenden während des ersten Teils der Grundbildung oder über die ganze Ausbildungszeit beim Verbund angestellt, bei andern in einem der beteiligten Ausbildungsbetriebe.

Ausbildungsverbünde helfen auch mit, ein anderes Problem von modernen Lehrbetrieben zu lösen, den relativ kurzen Planungshorizont: Die Verpflichtung auf zwei bis vier Jahre, die der Abschluss eines Lehrvertrags zur Folge hat, hält manche Betriebe davon ab, Lernende auszubilden.

Wie Imdorf und Leemann (2010) aufgezeigt haben, unterscheidet sich das Selektionsverhalten von Ausbildungsverbünden von dem eines KMU oder eines Grossbetriebs. Allerdings hängt das auch von den Zielen des Verbunds ab: Manche verfolgen soziale Zielsetzungen, zum Beispiel die Förderung von Jugendlichen mit bestimmten Schwächen oder Nachteilen. Andere orientieren sich hauptsächlich an den Bedürfnissen der beteiligten Betriebe. Wieder andere verfolgen eher ein pädagogisches Ziel, zum Beispiel angehenden Spitzensportlerinnen und -sportlern eine Berufsausbildung neben ihrem Training zu ermöglichen.

Die Begriffe «Lehrbetriebsverbund» und «Ausbildungsverbund»2 (der im Berufsbildungsgesetz übrigens nicht vorkommt) werden nicht einheitlich verwendet. Dies zeigt auch die 2007 entstandene «Evaluation Lehrbetriebsverbünde» des BBT (2008 b).

Ausbildungsverbünde sind als Anpassung der Betriebslehre an die Entwicklungen der Arbeitswelt zu verstehen: Sie sind Ausdruck einer Professionalisierung der Ausbildungstätigkeit, ermöglichen Betrieben die Konzentration auf ihre Kernkompetenzen und nehmen Rücksicht auf einen kürzeren Planungshorizont.

Die Gründung von Ausbildungsverbünden hat in den letzten Jahren massgeblich zur Ausweitung des Lehrstellenangebots und der relativ schnellen Reaktion des Berufsbildungssystems auf veränderte Anforderungen der Arbeitswelt beigetragen. Es stellt sich indessen die Frage, ob sich diese Verbünde auf längere Frist weiterhin aus Mitteln der beteiligten Betriebe finanzieren lassen (Wolter, 2008) oder ob sie früher oder später Betriebsbeiträge der öffentlichen Hand beanspruchen werden, was ein Schritt in Richtung einer «schulisch organisierten Grundbildung» (vgl. Kapitel 1.4) bedeuten würde.

1.3.4Beispiele

Stiftung Berufslehr-Verbund Zürich (BVZ)

Dieser Ausbildungsverbund entstand 1999 als Abteilung des Laufbahnzentrums der Stadt Zürich (LBZ) und auf Initiative von leitenden LBZ-Mitarbeitenden, die auf den drückenden Mangel an Lehrstellen reagieren wollten. 2006 wurde eine Stiftung als Trägerin gegründet, womit der Verbund rechtlich vom Laufbahnzentrum und der Stadt abgekoppelt wurde. 2012 bildete die Stiftung zusammen mit 180 Einsatzbetrieben 220 Lernende in über zehn Lehrberufen aus. Damit wird die Integration von Jugendlichen – ganz besonders von sozial benachteiligten – ins Erwerbsleben gefördert. Der Verbund wird durch Einsatzbetriebe, die öffentliche Hand und Beiträge von Stiftungen, Patenschaften und Privatpersonen finanziert (bvz, 2014).

Centre d’enseignement professionnel UIG-Unia, Genf

Das Centre d’enseignement professionnel (CEP) UIG-Unia in Genf ist einer der wenigen Ausbildungsverbünde in der Westschweiz. Er wird von der Union Industrielle Genevoise (UIG) und der Gewerkschaft Unia getragen und aus Mitteln des Bundes, des Kantons, des kantonalen Berufsbildungsfonds (Fondation pour la formation professionnelle et continue, FFPC) und der UIG finanziert.

Jugendliche, die sich für einen Beruf der Maschinen-, Elektro- oder Metallindustrie (MEM-Beruf) interessieren, werden vom CEP getestet (jährlich 130 bis 150 Kandidierende für die 35 bis 40 Plätze). Anschliessend erhalten alle beteiligten Firmen deren Unterlagen. Denn es sind die Firmen, die die Jugendlichen anstellen, der Lehrvertrag lautet also von Anfang an auf die Lehrfirma. Im ersten Jahr erfolgt die Ausbildung jedoch seit 1992 nicht im Lehrbetrieb, sondern in den Räumen des CEP (Basislehrjahr). Am CEP besuchen die Lernenden später nur noch die überbetrieblichen Kurse und eine Vorbereitung auf das Qualifikationsverfahren. Im dritten und vierten Lehrjahr absolvieren sie ferner Praktika in anderen Firmen des Verbunds, um eine breitere Ausbildung zu erhalten. Während drei bis vier Halbtagen pro Woche besuchen sie die kantonale Berufsfachschule CFPT (Centre de formation professionnelle technique) zusammen mit den Jugendlichen, die in der dortigen Lehrwerkstätte ihre praktische Ausbildung erhalten; CEP-Lernende können aber am CFPT in dessen sehr gut ausgestatteter Lehrwerkstätte auch praktische Kurse absolvieren (Amos, 2010).

Ausbildungszentrum BERUF ZUG

Dieser Verbund ist 2002 aus der Lehrlingsabteilung der Firma Landis & Gyr/Siemens hervorgegangen und wird heute vom Verein BERUF ZUG mit Berufsbildung Siemens in Zug getragen.

In Kursen oder umfassenden, praxisorientierten Grundausbildungen werden 190 Lernende auf den Einsatz im Lehrbetrieb vorbereitet (2012), der dann in Unternehmen der Maschinen-, Elektro-, Metall- oder Informatikbranche erfolgt. Zentrale Aufgabe des Zentrums ist es, die Lehrbetriebe zu entlasten – indem der Verbund zum Beispiel die Rekrutierung der Lernenden und die praktische Grundausbildung übernimmt – oder auch ein Coaching über die gesamte Lehrzeit zu übernehmen. Die Kunden legen fest, welche Aufgaben BERUF ZUG für sie übernimmt. Von überbetrieblichen Kursen bis zur umfassenden Verantwortung über die ganze Lehrzeit bietet das Zentrum Lösungen für jeden Betrieb an. BERUF ZUG engagiert sich bei Behörden und Verbänden und in Kommissionen auch für die Weiterentwicklung der Berufsbildung.

Ausbildungsverbund OdA Gesundheit Basel

Die OdA Gesundheit beider Basel übernimmt bei den Grundausbildungen Fachfrau/Fachmann Gesundheit (FaGe) und Assistent/in Gesundheit Soziales (AGS) Aufgaben von Lehrbetrieben wie Rekrutierung, betriebliche Bildungsplanung oder auch Personaladministration. Diese Arbeit wird durch Ausbildungsbeiträge der Mitglieder von 1200 bis 2200 Franken pro Lernende/n und Monat finanziert. Die OdA ist Lehrvertragspartnerin und zahlt den Lernenden auch den Lehrlingslohn. Sie unterstützt und coacht die Fachpersonen in den Betrieben (Spitäler, Heime usw.), in denen die Lernenden je nach Lehrjahr drei bis vier Tage produktiv arbeiten (OdA Gesundheit beider Basel, 2013).

Porträt Cagdas Guerakar

Wie bei König Drosselbart

Cagdas Guerakar lernt Chemie- und Pharmatechnologe EFZ und steht im zweiten Lehrjahr. Praktischen Einblick in seinen Beruf erhielt er bisher fast nur im «Lehrpilot» und in den Schullabors von aprentas.

Cagdas Guerakar, 21, lernt Chemie- und Pharmatechnologe EFZ

Seine Gruppe heisst CPT, CPT wie «Chemie- und Pharmatechnologie». Mitglieder sind alle Lernenden, mit denen Cagdas Guerakar die berufliche Grundbildung absolviert. Fast täglich verschicken die angehenden Chemie- und Pharmatechnologinnen und -technologen über WhatsApp Botschaften, zumeist Verständnisfragen zum Gelernten und mögliche Antworten, manchmal organisatorische Hinweise zum Unterricht. «Wir alle helfen einander», sagt Cagdas Guerakar. «Meine Klasse ist so etwas wie meine Familie geworden.»

Cagdas Guerakar befindet sich im zweiten Lehrjahr der dreijährigen beruflichen Grundbildung zum Chemie- und Pharmatechnologen EFZ. Der Unterricht an der Berufsfachschule und ihren Labors sowie die Kurse im «Lehrpilot» bilden den Schwerpunkt seiner bisherigen Ausbildung. Laborkurse und Lehrpilot entsprechen den überbetrieblichen Kursen, deren Umfang allerdings weit über dem Minimum der Bildungsverordnung liegen. «Wir sprechen von praktischer Ausbildung», präzisiert Reto Fankhauser, Leiter Ausbildung Produktion bei aprentas. Fankhauser: «Das erste Lehrjahr entspricht im Grunde einem Basislehrjahr, in den Betrieben läuft praktisch nichts.» Auch das zweite Lehrjahr ist schulisch geprägt: Von 47 Arbeitswochen verbringt Cagdas Guerakar nur etwa 17 Wochen in seinem Lehrbetrieb Novartis. Die übrige Zeit beschäftigt er sich weiter mit den in seinem Beruf bedeutsamen Schulfächern wie Technologie, EDV oder Englisch und praktischen Aufgaben im Schullabor. So richtig zupacken wird der angehende Chemie- und Pharmatechnologe erst im dritten Lehrjahr, das er, von sieben schulischen Wochen abgesehen, bei Novartis verbringen wird. Das Qualifikationsverfahren im allgemeinbildenden Unterricht (ABU) hat er dann mit Ausnahme der Vertiefungsarbeit schon abgeschlossen.

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Für die Ausbildung von Cagdas Guerakar sorgt in erster Linie aprentas, ein Ausbildungsverbund mit derzeit 74 Mitgliedfirmen. aprentas bildet insgesamt rund 600 Lernende in 15 Berufen aus und führt Weiterbildungen durch. Cagdas Guerakar hat zwar einen Lehrvertrag mit Novartis, fast immer aber hatte er es bisher mit Lehrpersonen von aprentas zu tun. Es ist wie im Märchen vom allgegenwärtigen König Drosselbart: Der überbetriebliche Kurs im Lehrpilot, der berufskundliche Unterricht im Ausbildungszentrum Schweizerhalle, ja sogar der ABU in Muttenz liegen in der Verantwortung des Ausbildungsverbunds. Auch das relativ schullastige Ausbildungsmodell wurde von aprentas entwickelt (in Anlehnung an die früheren Modelle der Grosschemie). Und wenn er die verschiedenen Ausbildungsorte nicht täglich mit dem Auto erreichen könnte, würde Cagdas Guerakar die Woche über in einem der drei von aprentas geführten Heime wohnen.