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Cover

Rückentext

Terras Kolonien: Stärke durch Rückschritt?

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Epilog

Nachwort

Leseprobe Perry Rhodan-Buch 125 - Fels der Einsamkeit

Vorwort

1.

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Planetenroman

 

Band 29

 

Invasion der Puppen

 

Jubiläumsfeier auf einer terranischen Kolonie – eine Falle für den Großadministrator

 

William Voltz

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

24. Jahrhundert: Das Sternenreich der Menschheit ist in einer Phase der Ausdehnung und der Stabilisierung. Neue Welten werden in großer Zahl kolonisiert – sie blühen und gedeihen. Perry Rhodan, der Großadministrator des Vereinten Imperiums, besucht eine Musterkolonie, den Planeten Tammat. Rhodan ist als Ehrengast bei der Jubiläumsfeier zum fünfzigsten Jahrestag der Besiedlung eingeladen.

Als er auf Tammat landet, ahnt er noch nicht, dass man ihn in eine Falle gelockt hat. Wie jeder auf diesem Planeten erhält auch er eine Puppe ausgehändigt. Am Anfang glaubt Rhodan an ein Nationalsymbol der Kolonisten, doch bald merkt er: Die Puppen versklaven den Geist der Menschen.

Ohne Raumschiff und Ausrüstung startet Rhodan eine Befreiungsaktion für die Bevölkerung. Seine einzigen Helfer sind zwei Außenseiter der Gesellschaft ...

Terras Kolonien: Stärke durch Rückschritt?

 

Befassen wir uns eingehender mit der frühen terranischen Siedlungspolitik, machen wir einige erstaunliche Beobachtungen.

Zum einen verwendete die terranische Administration von Anfang an die Begriffe »Kolonie« und »Kolonisation« in vom Standpunkt des Historikers inkorrekten Bedeutungen. Schon im 22. Jahrhundert wird in den Unterlagen von »autarken« Kolonien berichtet. Bei diesen handelt es sich um besiedelte Welten, die von Anfang an direkt in die Unabhängigkeit entlassen wurden. Sicherlich bestanden auch hier Bindungen an die Mutterwelt, aber die direkte Kontrolle entfiel.

Insbesondere bei diesen autarken Kolonien sehen wir ein zweites, wichtiges Element der frühen terranischen Siedlungspolitik: Die Kolonie ist gegenüber Terra – im Sinne des Wortes – rückständig. Ihre technische Grundausstattung ist stark eingeschränkt, die Raumschiffe müssen zum Bau der ersten Siedlung herhalten. So ist es kein Wunder, dass vergleichsweise schnell das geflügelte Wort von den »Hinterwäldlerplaneten« aufkam.

Sicherlich ist dieses Verfahren zum Teil auch der bereits erwähnten Notwendigkeit zur Geheimhaltung geschuldet. Die anfangs bewusst erdähnlich ausgesuchten Planeten mussten mit geringem Technikaufwand besiedelbar sein, damit nicht zu viel Energie zur Erzeugung von für Terraner lebensfreundlichen Umständen erzeugt werden musste. Entsprechend selten kommt in den frühen Kolonien Planetenforming zur Anwendung.

Möglicherweise gibt es allerdings noch einen zweiten Grund. Er ist jedoch in den alten Dokumenten des Kolonialamtes kaum dokumentiert, aber durchaus erschließbar. Die bewusste »technologische Rückführung« sollte womöglich verhindern, dass die Kolonisten sich ihre neue Heimat zu schnell untertan machten – dass sie gleichsam »zu bequem« wurden. Die Siedler wurden also gezwungen, sich aktiv mit ihrer neuen Welt auseinanderzusetzen, ihr sozusagen ihren Siedlungsraum »abzutrotzen«. Man mag insofern diesen Aspekt der frühen terranischen Kolonisierung als eine Maßnahme ansehen, die Degeneration des Volkes zu verhindern, wie man sie nach dem mahnenden Beispiel der Arkoniden noch vor Augen hatte.

Es gibt vielerlei Anzeichen dafür, dass dies bewusst von der Solaren Administration gewollt und gefördert wurde. Zusammen mit einer vergleichsweise »losen« Überwachung der autarken Kolonien führte dies indes nicht selten zu unerwarteten und überraschenden Entwicklungen. Fallstudie 29 im Anhang detailliert hierzu einen Fall aus dem Jahr 2310 n. Chr., von dem der Großadministrator des Vereinten Imperiums, Perry Rhodan, persönlich betroffen war ...

 

(aus: Hoschpians Chroniken des 24. Jahrhunderts n. Chr., Kapitel 1.12: Kolonisierung als Grundlage von Stabilität und Wachstum)

Prolog

 

Als Millicent Vayont den Lärm des landenden Hubschraubers hörte, schaltete sie die Küchenmaschine ab und ging über den Flur auf die Veranda hinaus. Hastig strich sie ihre Schürze glatt. Sie lächelte bei dem Gedanken, dass Clint nun die nächsten vier Wochen nicht mehr in die Stadt fliegen musste. Hier draußen, weit von der ersten großen Stadt der Kolonie entfernt, war eine Frau nicht gern allein.

Am Anfang hatte Millicent Vayont geglaubt, dass sie dieses einsame Leben in der meteorologischen Beobachtungsstation nicht ertragen würde. Aber Clint hatte in den ersten Wochen viel Verständnis gezeigt.

Clint Vayont liebte seine Arbeit. Nur in der völligen Einsamkeit einer fremden Welt fühlte er sich wohl. Da es auf Tammat keine größeren Raubtiere oder andere Gefahren gab, konnte Clint seine Frau in der kleinen Station zurücklassen, wenn er in die Stadt flog, um für Vorräte zu sorgen.

Millicent wartete, bis der Hubschrauber auf dem sauber gerodeten Landeplatz niedergegangen war, dann schritt sie langsam die Stufen hinunter.

Sie sah Clint aus dem Fahrzeug klettern. Sie erwartete, dass er sich umblicken und zu ihr herüberwinken würde, wie er es sonst immer tat, wenn er aus der Stadt zurückkehrte.

Clint Vayont schien es diesmal vergessen zu haben. Er warf sich beide Packtaschen über die Schultern und kam langsam zum Haus herüber. Millicent spürte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Clints Bewegungen kamen ihr eigenartig vor. Erschreckt dachte sie daran, dass er verletzt sein könnte. Rasch beruhigte sie sich wieder. Für Clint waren diese Einkäufe in der Stadt immer eine Belastung. Wahrscheinlich war er nur müde.

Als Clint Vayont die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, sah er seine Frau an und lächelte. Millicent sagte sich, dass sie nun hätte erleichtert sein sollen, aber ihre Besorgnis wuchs. Da war etwas an Clints Lächeln, etwas, das überhaupt nicht zu ihm passte.

Sie gab sich Mühe, Clint nichts merken zu lassen.

Vayont ging an ihr vorüber und legte die Packtaschen auf der Veranda ab. Ohne sich umzudrehen, öffnete er eine davon.

Millicent atmete erleichtert auf. Clint hatte ihr ein Geschenk mitgebracht, er wollte ihr eine Überraschung bereiten, bevor er sie begrüßte. Clint brachte ihr immer etwas aus der Stadt mit.

Diesmal schien es etwas Besonderes zu sein.

Als Clint Vayont sich umdrehte, hatte er eine Puppe in der rechten Hand. Sie war etwas über zehn Zentimeter groß, in bunte Tücher gekleidet und besaß keine Augen.

Es war die hässlichste Puppe, die Millicent je gesehen hatte.

»Hier«, sagte Clint. Er klang, als sei er mit den Gedanken abwesend.

»Was ist das?«, fragte Millicent mit unsicherer Stimme. Sie war den Tränen nahe, nannte sich aber deshalb im Stillen eine Närrin. Was regte sie an einer einfachen Puppe so auf, die Clint ihr mitgebracht hatte?

»Eine Puppe«, entgegnete er ruhig. »Sie ist für dich.«

»Ich will sie nicht«, sagte sie voll plötzlicher Abscheu. Im gleichen Augenblick taten ihr diese Worte leid. Sie ging auf Clint zu und nahm die Puppe. Einen kurzen Augenblick stand sie wie erstarrt da, dann befestigte sie die Puppe an ihrem Kittel.

Clint beobachtete sie ruhig.

»Alles in Ordnung?«, fragte er.

Sie nickte. »Alles in Ordnung«, antwortete sie.

Als sie ins Haus gingen, entdeckte sie Clints Puppe. Sie hing im Gürtel des Meteorologen und schwankte bei jedem Schritt hin und her.

Kapitel 1

 

Perry Rhodan warf Rore Kalmat einen schnellen Seitenblick zu und fragte sich voller Bewunderung, wie der Leutnant es schaffte, steif wie ein Stock im Sessel zu sitzen und unverwandt auf die Bühne zu starren, wo ein Redner nach dem anderen langatmige Festansprachen hielt. Wenn Clyde Purcell, dem die Lobpreisungen galten, nur einen Funken Charakter besaß – und Rhodan war sicher, dass der Gründer der Kolonie Tammat ein charakterstarker Mann war –, würde er diese Lobpreisungen seiner Person in kurzer Zeit einstellen lassen und das Unterhaltungsprogramm eröffnen.

Rhodan verwünschte den Augenblick, da er sich von Bully hatte überreden lassen, an diesem Festbankett teilzunehmen.

Reginald Bull verstand es großartig, sich vor solchen Anlässen zu drücken.

Die autarke Kolonie Tammat, die zweite von sieben Welten im Ganter-System, war vor genau fünfzig Jahren von Clyde Purcell gegründet worden. Sie war dem Vereinigten Imperium angeschlossen, dessen oberster politischer Vertreter Großadministrator Perry Rhodan war.

In solchen Augenblicken dachte Rhodan immer wieder daran, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Die stolzen Tammater wären jedoch tödlich beleidigt gewesen, wenn Rhodan die herzliche Einladung aus einem fadenscheinigen Grund abgelehnt hätte. Da es innerhalb der Galaxis im Augenblick verhältnismäßig ruhig war, hatte der Terraner ihnen keine Absage erteilen können.

Für Rhodans Begriffe waren die Tammater zu stolz. Sie benahmen sich überaus steif und korrekt. Jede Rede, jeder Vortrag waren ebenso fehlerlos wie die gesamte Organisation der Jubiläumsfeierlichkeiten. Rhodan kam es vor, als fänden die Kolonisten an dieser Feier keinen Spaß, als böten sie dieses Schauspiel nur für ihren Gast von der Erde.

Rhodan hätte gern gewusst, wie Leutnant Kalmat darüber dachte. Rore Kalmat hatte ihn als einziger Mann der Besatzung der ALAMO begleitet. Direkt nach der Landung waren sie von einem Gleiter hierher geflogen worden.

Rhodan rechnete, dass mehrere Tausend Menschen in der gewölbten Halle saßen und den Feierlichkeiten beiwohnten. Rhodan und Kalmat hatten in zwei einzelnen Sesseln Platz genommen, die direkt vor der Bühne aufgestellt waren.

Der Redner auf der Bühne räusperte sich durchdringend, und Rhodan richtete seine Blicke zum Podium. Der Tammater war groß und fett, auf seiner Stirn glänzte der Schweiß. Er trug einen blauen Anzug, ein gelbes Hemd und eine Schärpe quer über die Brust. An seinem Hosenbund hing eine der hässlichen Puppen, wie sie fast jeder der Kolonisten trug. Rhodan nahm an, dass diese Puppen eine Art Nationalsymbol darstellten.

Clyde Purcell, zwischenzeitlich ein alter Mann geworden, hockte hinter dem Podium und starrte ins Publikum. Er schien ebenso wenig auf das Gerede zu hören wie Rhodan.

Rhodan gab Kalmat einen leichten Stoß. »Was, glauben Sie, wird man uns noch alles zu bieten haben?«, fragte er kaum hörbar.

Ohne die Lippen zu bewegen, flüsterte Rore Kalmat: »Die ganze Sache kommt mir etwas komisch vor, Sir.«

Enttäuscht verzog Rhodan das Gesicht. Wenn auch Kalmat sich langweilte, wenn ihm diese Feier sogar komisch vorkam, dann würde er seine Ungeduld früher oder später zeigen. Also war auch Kalmat nicht der richtige Offizier für Repräsentationszwecke.

»Vielleicht sollten wir das Fest etwas auflockern«, schlug Rhodan leise vor.

»... denken wir aber auch an unseren ersten Erfolg in der Weltraumfahrt«, sagte der Redner gerade. »Es ist uns vor einem Jahr gelungen, den dritten Planeten des Ganter-Systems anzufliegen. Irgendwann werden unsere Raumschiffe ebenso in die Tiefen des Alls vorstoßen wie die des ...«

»Auflockern, Sir?«

»So steif geht es im exklusivsten terranischen Club nicht zu«, erklärte Rhodan. »Die Zuschauer wären uns dankbar, wenn wir sie von dieser Qual erlösen und das Unterhaltungsprogramm in Schwung bringen würden.«

»Das Programmheft, Sir«, murmelte der Leutnant.

»Programmheft?«, wiederholte Rhodan verständnislos.

»Ich habe es gleich nach unserer Ankunft gelesen. Kein Wort von Unterhaltungsprogramm. Nur Festreden. Kein Tanz und ...« Kalmats Augen bekamen einen traurigen Ausdruck »... kein Ausschank von Alkohol.«

»... schon deshalb ist Clyde Purcell ein Mann, der sich würdig in die Liste jener berühmten Pioniere einreihen lässt, die in allen bewohnten Systemen der Galaxis nur mit Bewunderung erwähnt werden«, rief der Redner in den Saal.

Entweder war Purcell schwerhörig oder ein Mann aus Eisen, dass er sich das anhören konnte. Vielleicht war er auch eitel, überlegte Rhodan. Zu seiner Erleichterung verließ der Tammater, begleitet von dezentem Beifall, das Podium und ließ sich auf der Bühne nieder. Hinter Purcell stand ein weiterer Mann auf, um auf das Podium zuzusteuern.

Rore Kalmat seufzte ergeben.

Da stand Perry Rhodan auf und hob die Hand. In seiner einfachen, eng anliegenden Kombination wirkte er bei Weitem nicht so festlich wie die Kolonisten oder Leutnant Kalmat in seiner ordengeschmückten Galauniform.

»Was haben Sie vor, Sir?«, flüsterte Kalmat verwirrt.

Rhodan stieg die Treppe zur Bühne hinauf. Plötzlich war es in der Halle totenstill. Es schien, als hätte diese unverhoffte Änderung im Ablauf des Programms die Tammater schockiert.

Er ging zum Podium und blickte in die Halle. Tausendfach hatte er vor Menschenansammlungen gestanden und gesprochen, aber zum ersten Mal fühlte er sich dabei unbehaglich. Die Masse der Gesichter leuchtete hell über den dunklen Anzügen. Ausdruckslose, gleichgültige Gesichter. Den Kolonisten schien jede Begeisterung zu fehlen. Sie reagierten nicht so, wie Menschen zu reagieren pflegten. Sie zeigten noch nicht einmal Unruhe.

Rhodan senkte seinen Blick und schaute zu Kalmat hinunter. Das Gesicht des Leutnants lebte im Vergleich zu den anderen Gesichtern. Kalmat blinzelte ihm zu.

Rhodan zwang sich zu einem schwachen Lächeln. Er deutete eine leichte Verbeugung in Purcells Richtung an. Der Gründer der Kolonie sah ihn aus glanzlosen Augen an. Seine knochigen Finger glitten leicht über die Puppe, die in seinem Gürtel hing. Trotz seines Alters wirkte Clyde Purcell körperlich stark. Seine eckigen Schultern spannten das Jackett, das er trug. Dennoch fragte sich Rhodan, wie es möglich war, dass dieser Mann eine vorbildliche Kolonie wie Tammat hatte aufbauen können. Purcell schien ein völlig in sich gekehrter Mann zu sein.

Rhodan wandte sich an die versammelten Kolonisten.

»Als offizieller Vertreter des Vereinten Imperiums und der Erde spreche ich unsere Hochachtung vor diesem Mann aus, der mit vollem persönlichen Einsatz diese Kolonie geschaffen hat.« Die Kolonisten spendeten Beifall, aber ihre Gesichter blieben ausdruckslos.

Perry Rhodan fühlte sein Unbehagen wachsen. Schlug ihm nicht offene Ablehnung aus den Reihen der Zuhörer entgegen?

»Meine Vorredner haben bereits alles zum Ausdruck gebracht, was es zu sagen gibt«, fuhr er fort. »Ich bedanke mich für die Ehrungen, die Leutnant Kalmat und mir zuteil wurden. Für das jetzt folgende Unterhaltungsprogramm wünsche ich Ihnen allen viel Vergnügen.«

Auf jeder anderen, von Terranern kolonisierten Welt hätten die von langen Reden gelangweilten Zuhörer stürmisch applaudiert. Doch die Menschen in der Halle blieben ruhig. Niemand bewegte sich, niemand lächelte.

Rhodan musste unwillkürlich an eine Leichenbestattung denken. Besaßen die Tammater keinen Humor?

Er hörte, dass sich jemand auf der Bühne erhob. Als er sich umwandte, sah er den Zeremonienmeister auf das Podium zukommen. Bereitwillig machte Rhodan dem Mann Platz.

Der Tammater trat auf das Podium und sagte: »Wir fahren in unserem Programm fort. Es spricht nun der Stadtälteste Berk Tabor.«

Ungläubig beobachtete Rhodan, wie ein weiterer Mann aufstand, mit dem Zeremonienmeister den Platz tauschte und zu sprechen begann, als stünde nicht einen Meter neben dem Podium der Großadministrator des Vereinigten Imperiums, der soeben den Wunsch geäußert hatte, man möge die Festreden beenden.

Rhodan erkannte, dass ihm keine andere Möglichkeit blieb, als zu seinem Platz zurückzukehren. Kalmat wirkte bestürzt, als sich Rhodan neben ihm niederließ.

»Um Himmels willen, Sir – sind die alle verrückt?«, flüsterte der Offizier.

»Hier stimmt etwas nicht«, gab Rhodan zurück. »Man könnte glauben, dass dieses Programm sorgfältig einstudiert sei. So sorgfältig, dass keine Änderung möglich ist.«

»Es sind überhaupt keine Reporter anwesend«, flüsterte Rore Kalmat. »Sie wurden nicht ein einziges Mal aufgenommen, als Sie auf der Bühne waren, Sir. Das finde ich ziemlich ungewöhnlich.«

Rhodan wusste, dass der Leutnant recht hatte. Unter normalen Umständen war der Besuch des Großadministrators für jede Kolonie ein Ereignis, das von der Presse gefeiert wurde. Entweder gab es auf Tammat keine Presse, oder die Reporter waren an diesem Ereignis nicht interessiert.

Auf der Bühne sprach noch immer der Stadtälteste. Er wiederholte nur das, was auch seine Vorgänger bereits erwähnt hatten. Rhodan kam sich vor wie bei einer Theatervorführung, wo das gleiche Stück von Robot-Schauspielern immer wiederholt wurde.

Er fühlte kein Misstrauen gegenüber den Tammatern, denn es gab nicht den geringsten Hinweis, dass auf dieser Welt etwas nicht in Ordnung war. Im Gegenteil: Tammat galt als eine Musterkolonie. Der Planet pflegte enge Beziehungen zur Erde, was man längst nicht von allen Kolonien sagen konnte.

Clyde Purcell galt als ein besonnener und intelligenter Mann.

Rhodan ertappte sich dabei, wie er seine Blicke durch die Halle schweifen ließ, um irgendwo einige Reporter zu entdecken. Aber außer den Zuschauern und den Männern auf der Bühne war niemand anwesend.

Dann fiel Rhodan auf, dass an jedem Eingang eine Gruppe von Kolonisten stand, obwohl noch genügend Sitzplätze frei waren. Es sah aus, als würden die Türen bewacht. Unwillkürlich schüttelte er den Kopf. Das war blanker Unsinn. Wie konnte er annehmen, dass die Tammater etwas gegen ihn planten? Dass an den Eingängen Männer standen, war reiner Zufall. Vielleicht sollten diese Kolonisten nur verhindern, dass Neugierige in die Halle eindrangen.

Während Berk Tabor weitersprach, beschäftigte sich Rhodan mit den Männern an der Tür. Sein einmal geweckter Verdacht ließ sich so leicht nicht besänftigen.

Schließlich raunte er Kalmat zu: »Schauen Sie einmal zu den Ausgängen, Leutnant.«

Kalmat blickte sich nach allen Richtungen um.

»Was halten Sie davon, Sir?«, erkundigte er sich nach einer Weile.

Berk Tabor beendete seine Ansprache und wurde mit gemäßigtem Beifall verabschiedet.

»Wachposten!«, rief Rhodan über den Applaus hinweg.

»Drei Meilen von hier entfernt steht die ALAMO, Sir«, gab Kalmat zurück. »Ich glaube nicht, dass uns Gefahr droht. Meiner Ansicht nach sind diese Kolonisten nur etwas überspannt. Vielleicht glauben sie, unser Leben vor einem Attentat schützen zu müssen.«

Rhodan redete sich ein, dass der Leutnant recht hatte. Es gab sonst keine vernünftige Erklärung für das Verhalten der Menschen.

Inzwischen war Clyde Purcell persönlich zum Rednerplatz gegangen und hielt die Abschlussrede.

Rhodan vermochte sich nicht auf die Worte des Pioniers zu konzentrieren.

Am Schluss von Purcells Rede geschah etwas, das Rhodan zumindest für ungewöhnlich hielt.

»Wir wissen, was wir bisher geleistet haben«, rief Purcell in die Menge. »Wir wissen aber auch, dass wir erst am Anfang stehen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, da wir als die Träger der Macht die Herrschaft über weitere Welten antreten können.«

Kalmat hustete überrascht. Entweder war Purcell ein seniler Narr, der nicht mehr wusste, was er sagte, oder er konfrontierte seine Gäste mit Äußerungen, die eine diplomatische Entgleisung bedeuteten.

»Das klang nicht gerade demokratisch«, kommentierte der Leutnant mit leichter Verstimmung. »Träger der Macht, wie verstehen Sie das, Sir?«

»Ich wünschte, es gäbe eine vernünftige Antwort darauf«, sagte Rhodan.

Clyde Purcell kehrte an seinen Platz zurück. Die Zuschauer erhoben sich von ihren Sitzen und bewegten sich auf die Ausgänge zu. Von der Bühne kam der Zeremonienmeister herab.

Rhodan und Kalmat standen auf. Der Abgang der Kolonisten vollzog sich fast völlig geräuschlos. Kein Wort wurde gewechselt. Kalmat, ein großer, noch sehr junger Offizier mit abstehenden Ohren und langem Gesicht, blickte verwirrt zur Bühne hinauf. Auch dort zogen sich die führenden Männer der Kolonie schweigend zurück.

Der Zeremonienmeister machte vor den beiden Ehrengästen halt.

»Die Zimmer für Sie sind vorbereitet«, sagte er steif. »Mr. Purcell bittet Sie, morgen früh eine Führung durch Ihr Raumschiff zu veranstalten, an der alle wichtigen Männer der Kolonie teilnehmen.«

Rhodan atmete auf. Endlich ein menschlich verständlicher Wunsch. Die Kolonisten waren interessiert, das hochmoderne Raumschiff zu besichtigen. Da ihre eigene Raumfahrt noch in den Anfängen steckte, konnte Rhodan das Anliegen verstehen.

»Selbstverständlich werden wir eine Führung veranstalten«, sagte er freundlich. »Leutnant Kalmat wird dies übernehmen. Er kann alle Ihre Fragen beantworten.«

Kalmat verzog das Gesicht, wagte aber nicht zu protestieren.

»Vor der Halle wartet ein Wagen«, sagte der Zeremonienmeister. »Sie werden in Mr. Purcells Haus schlafen.«

Rhodan tauschte mit Kalmat einen schnellen Blick. Die Aussicht, bei dem Gründer der Kolonie zu übernachten, erschien Rhodan nicht sehr verlockend.

»Es ist vielleicht besser, wenn wir zum Schiff zurückkehren«, meinte Rhodan beiläufig. »Wir wollen Mr. Purcell nicht belästigen. Danken Sie ihm für seine Gastfreundschaft.«

»Mr. Purcell würde sehr enttäuscht sein, Sir«, erwiderte der Tammater. »Er legt großen Wert darauf, dass Sie beide auf sein Angebot eingehen.«

Es sah aus, als würde er die Kolonisten verärgern, wenn er jetzt zur ALAMO zurückkehrte.

»Es wird uns ein Vergnügen sein«, sagte er zu dem Zeremonienmeister.

Der Kolonist verbeugte sich würdevoll. Er machte eine einladende Handbewegung zum Ausgang hin. »Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Sir.«

Rore Kalmat seufzte ergeben, als er hinter Rhodan und dem Tammater zwischen den Sitzreihen hindurch dem Ausgang zustrebte. Im Stillen hatte er gehofft, Rhodan würde darauf bestehen, die Nacht im Schiff zuzubringen. Nun sah es so aus, als würden sie in der Stadt bleiben, noch dazu im Haus eines Mannes, der ganz offen von der Herrschaft über andere Welten sprach, obwohl seine Raumflotte aus nur einem einzigen Schiff bestand, das mit Mühe und Not bis zum dritten Planeten des Ganter-Systems gelangt war.

Die Halle war gleichzeitig das schönste Gebäude der Stadt. Sie diente für Feierlichkeiten und Sportveranstaltungen. Zwar gab es zwei Bauwerke, die wesentlich größer als die Halle waren, aber sie entsprachen reiner Zweckmäßigkeit.

Als Rhodan ins Freie trat, regnete es in Strömen. Der Himmel war wolkenverhangen. Tammat war eine erdähnliche Welt, die für die Kolonisten günstige Bedingungen bot. Die Tage und Nächte waren auf Grund der schnelleren Eigenrotation Tammats kürzer als auf Terra.

Vor der Halle erstreckte sich ein ausgedehnter Platz, in dessen Mitte ein moderner Springbrunnen errichtet war. Während der Regenzeit hatte man ihn jedoch abgeschaltet.

Rhodan sah, dass der größte Teil der Kolonisten bereits gegangen war. Die Tammater waren mit eigenen Fahrzeugen oder zu Fuß zur Stadt unterwegs.

Der Zeremonienmeister führte sie auf ein lang gestrecktes Fahrzeug zu. Der Wagen glänzte vor Nässe. Der Regen trommelte auf das Metall. Die Stadt bildete eine graue Silhouette in der Abenddämmerung. An verschiedenen Stellen blitzten bereits Lichter auf.

Hinter den Wagenfenstern konnte Rhodan zwei Tammater sitzen sehen. Sofort wurde sein Misstrauen wieder wach. Genügte nicht ein einzelner Begleiter, um sie zu Purcells Haus zu bringen? Der Zeremonienmeister schien das Zögern des Gastes nicht zu bemerken. Er öffnete den Schlag des Fahrzeuges und wartete, dass Rhodan einsteigen würde.

Rhodan fühlte ein Prickeln im Nacken, bei ihm ein sicheres Zeichen für Gefahr. Doch alles, was er sah, wirkte ungefährlich. Er zuckte mit den Schultern und stieg ein. Kalmat folgte dicht hinter ihm.

Der Zeremonienmeister schlug die Tür zu. Rhodan wandte seine Aufmerksamkeit den beiden Männern im Fahrzeug zu. Sie saßen vorn im Wagen und waren durch eine Glaswand von Kalmat und ihm getrennt.

Beide trugen einfache Uniformen. Auch sie hatten eine Puppe im Gürtel hängen.

Der Zeremonienmeister winkte. Der Wagen setzte sich in Bewegung. Völlig lautlos glitt er über die Straße.

»Zwei seltsame Burschen«, bemerkte Kalmat und nickte in Richtung der beiden Tammater. »Glauben Sie nicht auch, dass der Wagen vollautomatisch gesteuert wird und keinen Fahrer braucht, Sir?«

Rhodan hatte den gleichen Gedanken gehabt. Wieder hatte er den Eindruck, dass sie von den Kolonisten bewacht wurden.

Sie fuhren an den ersten Häusern vorüber. Die Stadt machte einen ausgestorbenen Eindruck. Das konnte aber auch am schlechten Wetter liegen. Niemand schien sich für den prominenten Gast zu interessieren. Die Zurückhaltung der Kolonisten war jedoch mehr als ungewöhnlich. Rhodan hatte damit gerechnet, dass mehrere Tausend Neugierige die Straßen umsäumen würden.

Aber auch als der Wagen hielt, zeigte sich niemand.

»Hier könnte ich mich nicht wohlfühlen«, stellte Leutnant Kalmat fest.

Rhodan wollte die Tür öffnen, doch sie war abgesperrt. Auch die Tür auf Kalmats Seite widerstand den Bemühungen des Leutnants, ohne Hilfe den Wagen zu verlassen.

Die beiden Fahrer stiegen aus und rissen die Türen auf. Sie verbeugten sich höflich, als Rhodan und Kalmat ins Freie kletterten. Der heftige Wind trieb Rhodan Regen ins Gesicht, aber die frische Luft tat ihm gut.

Aus dem Haus, vor dem das Fahrzeug angehalten hatte, trat Clyde Purcell. Er lächelte seinen Gästen zu. Im Haupteingang des Gebäudes sah Rhodan drei weitere Kolonisten stehen. Sie starrten auf die Straße hinaus.

Rhodan wurden die Vorgänge von Sekunde zu Sekunde unheimlicher.

»Ich freue mich, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind«, begrüßte sie Purcell stereotyp.

Der Wagen fuhr davon. Die Fahrer blickten nicht einmal zurück. Kein Fenster in den gegenüberliegenden Häusern öffnete sich. Niemand außer Purcell schien von Rhodans Ankunft zu wissen. Rhodan beschloss, eine direkte Frage an Purcell zu richten.

»Die Einwohner scheinen über unser Hiersein nicht gerade begeistert zu sein«, bemerkte er.

»Wie kommen Sie auf diese Idee, Sir?«, wollte Purcell wissen.

Rhodan blickte sich um. »Ich kann nirgendwo einen Zuschauer entdecken. Unter normalen Umständen müssten sich die Kolonisten doch für fremde Besucher interessieren.«

»Glauben Sie mir, wir haben uns lange auf Ihre Ankunft vorbereitet und sind sehr erfreut darüber«, entgegnete Purcell.

Kalmat warf Rhodan einen ratlosen Blick zu. Er schien mit der ausweichenden Antwort nichts anfangen zu können. Rhodan erging es nicht besser.

Purcell bat sie ins Haus. Sie durchquerten den gepflegten Vorgarten. Die Männer im Eingang zogen sich tiefer ins Haus zurück, als Purcell mit seinen Gästen herankam. Nur eine junge Frau stand im Korridor.

»Das ist meine Tochter«, sagte Purcell gleichgültig.

Rhodan begrüßte das gut aussehende Mädchen, hatte aber den Eindruck, dass sich die Tammaterin kaum für ihn interessierte. Auch Kalmat, der seinen ganzen Charme spielen ließ, wurde abweisend empfangen.

Purcell führte sie eine Treppe hinauf. Das Haus war im typischen Kolonistenstil gebaut und besaß kaum Komfort. Kalmat blickte mehrmals in den Flur zurück, aber Purcells Tochter war schon in den unteren Räumen verschwunden.

»Kühl bis in die Haarwurzeln«, beschwerte sich der Leutnant leise. Rhodan musste lachen. Kalmats Enttäuschung war offensichtlich. Die tammatischen Frauen unterschieden sich offenbar durch nichts von ihren Männern. Sollte diese Welt einen besonderen Einfluss auf das Gemüt der Menschen ausüben?

Im ersten Stockwerk konnte man über einen schmalen Gang in drei Zimmer gelangen. Purcell brachte Rhodan in das vordere, während Kalmat das mittlere Zimmer erhielt.

»Sie werden das Essen sofort erhalten«, sagte Purcell zu Rhodan und ging hinaus.

Rhodan war überrascht. Die Höflichkeit hätte verlangt, dass der Hausherr mit seinen Gästen gemeinsam speiste. Jetzt sah es ganz so aus, als müssten sie allein in diesen Räumen essen.

Rhodan blickte sich im Zimmer um. Es war einfach eingerichtet und unterschied sich kaum von anderen Räumen auf anderen Kolonialwelten der Erde.

Kalmat kam einen Augenblick später hereingestürzt. Er schien aufgeregt zu sein.

»Er hat mich ins Zimmer seiner Tochter verfrachtet«, berichtete der Leutnant. »Glauben Sie aber nicht, dass das Zimmer eine frauliche Note besäße, Sir.«

Rhodan ließ heißes Wasser in den Waschtisch laufen. Er beobachtete Kalmat im Spiegel.

»Sie lebt wie ein ... wie ein Mönch«, stieß der Leutnant hervor. »Ich bin sicher, dass sie vor nicht allzu langer Zeit noch einen Schminktisch besaß.«

Rhodan begann sich die Hände zu waschen.

»Wahrscheinlich hat sie sich geändert«, meinte er. »Frauen handeln in manchen Fällen rätselhaft.«

Kalmat ging nervös im Zimmer auf und ab. »Wenn es nur das Mädchen allein wäre, Sir. Aber alle Kolonisten, denen wir bisher begegneten, benehmen sich wie lebende Leichen.«

»Morgen fliegen wir zurück«, erinnerte ihn Rhodan. »In einigen Tagen werden wir über diesen Besuch nur noch lachen. Die Tammater sind eigenartige Menschen. Mehr ist im Augenblick nicht darüber zu sagen.«

Leutnant Rore Kalmat schüttelte den Kopf und verließ das Zimmer. Nachdem Rhodan sich erfrischt hatte, zog er seine Jacke aus und nahm in einem Schaukelstuhl am Fenster Platz. Er zog den Vorhang etwas zur Seite, sodass er in den Garten blicken konnte. Der Regen hatte noch nicht nachgelassen. Das Wasser rann an der Scheibe herunter und ließ die Bäume im Garten seltsam verzerrt erscheinen.

Rhodan versuchte nachzudenken. Seine Vernunft sagte ihm, dass er sich unnötige Sorgen machte, aber das unbehagliche Gefühl, das ihn während der Feier überkommen hatte, ließ sich nicht unterdrücken.

Es klopfte. Purcells Tochter kam herein und stellte eine Platte mit Sandwichs auf den Tisch. Rhodan sah, dass das Mädchen schön war, aber ihre Schönheit wurde von einer unbestimmbaren Gemütsverfassung beeinträchtigt.

Sie wollte schweigend hinausgehen.

Rhodan drückte sich mit den Füßen ab, sodass der Schaukelstuhl herumschwang.

»Miss Purcell!«, rief er leise.

Sie blieb ruckartig stehen und starrte ihn an. Im Hüftgürtel ihres Kleides sah Rhodan eine der hässlichen Puppen stecken.

»Ich bringe noch etwas zum Trinken«, sagte das Mädchen.

»Wovor haben Sie Angst?«, fragte Rhodan sanft.

»Angst?«, wiederholte sie. »Ich habe keine Angst, Sir!«

»Ich meine, ein junges Mädchen wie Sie sollte etwas fröhlicher sein«, sagte Rhodan vorsichtig. Er wollte sie nicht verletzen, war aber entschlossen, endlich etwas über das mysteriöse Verhalten der Tammater herauszufinden.

Bevor Purcells Tochter antworten konnte, erschien ein junger Mann im Zimmer. Er nahm das Mädchen wortlos am Arm und zog sie hinaus.

Rhodan sprang auf. »Lassen Sie sie los!«, rief er.

Kalmat, der durch diesen Ausruf offenbar alarmiert wurde, riss die Tür seines Zimmers auf und blickte auf den Gang heraus.

Der fremde Tammater sagte: »Sie ist meine Frau.«

Diese Antwort nahm Rhodan jeden Grund zu einem weiteren Vorgehen. Er musste zuschauen, wie der Kolonist das Mädchen die Treppe hinabführte.

Kalmat starrte zornig hinter dem Paar her. »Hat er ihr wehgetan?«, erkundigte er sich aufgebracht.

»Ich glaube nicht«, sagte Rhodan.

Der Leutnant stand unschlüssig da. Er wartete darauf, dass Rhodan etwas unternehmen würde. Doch der Großadministrator deutete nur in Richtung auf das Zimmer. »Kommen Sie, Leutnant. Wir wollen essen.«

Sie aßen gemeinsam in Rhodans Zimmer. Nach wenigen Minuten hörten sie Schritte auf der Treppe. Kalmat legte sein Sandwich auf einen Teller und hob lauschend den Kopf.

Clyde Purcell kam herein und brachte einen Krug mit zwei Gläsern.

»Mein Schwiegersohn ist manchmal etwas grob«, sagte er entschuldigend, als er die beiden Gläser füllte.

»Ich wusste nicht, dass Ihre Tochter verheiratet ist«, bemerkte Kalmat. Er lächelte entschuldigend. »Ich meine, sie bewohnt ein Zimmer, das nur für eine Person eingerichtet ist.«

»Conway ist ständig unterwegs«, sagte Purcell gelassen.

Rhodan hob sein Glas und hielt es gegen das Licht.

»Wein«, erklärte Purcell ruhig. »Der beste, den wir haben.«

Er stellte den Krug auf den Tisch und ging wieder hinaus. Kalmats Laune hatte sich noch verschlechtert.

»Ich glaube, dass ich noch nie so oft belogen wurde wie auf Tammat, Sir«, sagte er ärgerlich.

»Ich stimme Ihnen zu, Leutnant«, sagte Rhodan. »Ich frage mich nur, warum man uns belügt und uns ein derartiges Schauspiel vorführt. In Wirklichkeit scheinen uns diese Menschen zu hassen.«

»Es scheint mir nicht direkt Hass zu sein, Sir«, wandte Kalmat ein. »Vielmehr kommt es mir vor, als seien diese Kolonisten von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt. Sie betrachten uns als abnormale Wesen.«

Sie aßen und tranken und hingen ihren Gedanken nach. Rhodan gestand sich ein, dass Kalmat ein guter Beobachter war, der das Verhalten der Kolonisten richtig gedeutet hatte.

»Ich bin müde«, sagte Kalmat plötzlich.

Rhodan blickte auf. Der junge Offizier verdrehte die Augen. Er hielt sich mit beiden Händen am Tisch fest.

Rhodan sprang auf. »Kalmat, was ist mit Ihnen?«, rief er.

Der Leutnant lallte etwas, dann kippte er langsam zur Seite. Rhodan fing ihn auf und trug ihn zum Bett. Vorsichtig legte er ihn dort nieder. Kalmat hatte das Bewusstsein verloren.

War etwas mit dem Essen oder mit dem Wein nicht in Ordnung? Rhodan wusste, dass die Wirkung eines Schlafmittels bei ihm nicht einsetzen konnte, da der Zellaktivator diese Stoffe absorbierte. Hatten die Kolonisten vor, sie einzuschläfern?