Meinem Vater Hermann Becker

INHALT

VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser, das Ihnen vorliegende Buch enthält Gedanken, die sich um unsere Welt, den Kosmos, um Natur und Umwelt, um das Leben, um unsere Mitkreaturen auf diesem Planeten, um die Menschenwelt und um unsere Götter drehen. Es handelt sich gewissermaßen um die verdichtete Vorwegnahme meines Buches „WELTSICHT“ mit dem Untertitel „Über den Kosmos, die Natur und das Leben, über Tiere, Menschen und Götter“. Jedem Kapitel dieses geplanten Werkes habe ich wesentliche Gedanken entnommen, sie teilweise zusammengefasst, pointiert und mit eigenen und bekannten Aphorismen garniert. Auf diese Weise entstand die Arbeit, deren Vorwort Sie gerade lesen.

Lassen sie mich ein paar Worte zur Motivation und zur Entstehungsgeschichte dieser Arbeit sagen. Schon als Schüler habe ich mich für kosmologische Themen interessiert und war begeistert von den Büchern des Wissenschaftsautors Hoimar von Ditfurth. „Am Anfang war der Wasserstoff“ und „Der Geist fiel nicht vom Himmel“, um nur diese beiden Titel zu nennen, habe ich seinerzeit verschlungen. Da ich mir ein Studium der Physik seinerzeit nicht zutraute, habe ich mich mit der Mathematik und der profanen Betriebswirtschaftslehre begnügt und bin nach dem Studium in die Datenverarbeitung gegangen. Ich war nicht ganz 20 Jahre Leiter eines Rechenzentrums. Zeit für mein Steckenpferd hatte ich in diesen Jahren nicht. Im Trubel der Bits hatte ich es sogar gänzlich aus den Augen verloren und erst wieder entdeckt, als ich zur Ruhe gekommen war. Im Zuge dieser Wieder- und dann auch Neuentdeckung habe ich mich im Selbststudium mit einigen wenigen speziellen Themen der Kosmologie vertraut gemacht. In diesem Zuge habe ich Arbeiten über die Expansion des Universums und das Standardmodell der Kosmologie veröffentlicht. Mit diesen, so war zumindest meine Absicht, wollte ich die Lücke schließen, die meines Erachtens zwischen der allgemeinverständlichen und der wissenschaftlichen Literatur klafft.

Nun ist es von Fragen über die Entstehung, die Entwicklung und die Zukunft des Universums bis zu Fragen über unsere eigene Herkunft, über unsere eigene Existenz, das menschliche Zusammenleben, über unser Verhältnis zur Natur und zur Tierwelt, über den Sinn des Lebens und über die Frage nach einem Leben nach dem Leben, nicht allzu weit. Die Gesamtheit der auf Wissen, Erfahrung und Empfinden basierenden persönlichen Sichten und Antworten auf diese Fragen, nenne ich Weltsicht. Wie eingangs gesagt, enthält das vorliegende Buch eine verdichtete Fassung meiner Weltsicht.

Im ersten Teil der Arbeit beschäftige ich mich mit der natürlichen Welt, dem Kosmos, mit Natur und Umwelt, dem Leben, der Tierwelt und schließlich mit der Welt der Menschen und im zweiten Teil mit der übernatürlichen Welt. Dabei beziehe ich mich vorrangig auf die christlichen Vorstellungen und Wertvorstellungen der westlichen Welt. Dies hat nicht zuletzt damit zu tun, dass ich in einer katholischen Umgebung aufgewachsen bin.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen.

Oberwesel, im Januar 2019.

DIE NATÜRLICHE WELT

Der Kosmos

Obgleich die Kosmologie im letzten Jahrhundert und in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts enorme Fortschritte gemacht hat, ist unsere Vorstellung vom Universum, wie es die Urknallkosmologie beschreibt, durch zwei Begriffe belastet, die Dunkle Materie und die Dunkle Energie. Das Wort „dunkel“ steht hier quasi stellvertretend für eine uns noch weitgehend unbekannte Welt. Die Dunkle Materie wird postuliert, um die in der gegenwärtigen kosmischen Epoche beobachteten Materieansammlungen in Form von Galaxien und Galaxienhaufen und die gleichzeitig extreme Gleichförmigkeit der kosmischen Hintergrundstrahlung erklären zu können. Der aus dem Urknall resultierende Strahlungsdruck hätte, der geltenden Physik folgend, das Entstehen dieser Strukturen nämlich verhindern müssen, wenn nur die uns bekannte „leuchtende“ Materie existieren würde. Die Dunkle Energie wiederum wird verantwortlich gemacht für die repulsive Kraft, die der Schwerkraft entgegenwirkt, sie seit einigen Milliarden Jahren sogar übertrifft und so die beschleunigte Expansion des Universums vorantreibt. Zur Erklärung der Dunklen Energie gibt es im Gegensatz zur Dunklen Materie nicht einmal eine physikalisch-theoretische Grundlage. Beide zusammen, Dunkle Materie und Dunkle Energie, müssten 96 Prozent des Energiehaushalts unseres Universums ausmachen. Insofern scheint uns das Bild, das die moderne Kosmologie von unserem Universum zeichnet, trotz der enormen Fortschritte noch immer relativ dunkel zu sein. Das Universum ist noch für viele Überraschungen gut. Im Grundsatz wissen wir nichts, wir glauben nur zu wissen. Insofern sind wir zweifellos Gläubige.

Der Kosmos ist menschenblind.

Manch einer glaubt, das Universum existiere der Menschen und die Spiegel der Rehe der Jäger wegen.

Stellen wir uns vor, unser Planet wäre urplötzlich nicht mehr da, von einem verirrten Himmelskörper zerschmettert oder aus der Bahn geworfen und in den Weltraum gestoßen, von seinem ärgsten Feind, dem Menschen, zerstört oder von seinem Schöpfer seiner schlechten Entwicklung wegen aufgegeben. Das Universum würde den Verlust wahrscheinlich gar nicht bemerken. Allenfalls unser Sonnensystem käme ein wenig ins Trudeln. Das Universum würde weiter expandieren und unerbittlich seinem Kältetod zustreben, wenn sie denn richtig ist, die Theorie von der ewigen Expansion. Unsere Erde bedeutet dem Universum nichts. Die Erde ist aus Sicht des Universums ein unbedeutendes Staubkorn, aber ein bedeutender Ort für die Menschheit.

„Vom Orbit aus konnte ich sehen, wie Raketen flogen und Bomben explodierten“, erzählt der deutsche Astronaut Alexander Gerst. „Mir war klar: Mit jedem Lichtblitz sterben dort unten Menschen. Dabei kam mir ein verstörender Gedanke: Wenn irgendwann einmal außerirdische Besucher unseren Planeten ansteuern würden, dann wäre das Erste, was sie von der menschlichen Zivilisation mitbekämen, dass wir uns gegenseitig bekriegen. Sie müssten uns für primitive Barbaren halten, die noch dazu ihren eigenen Lebensraum zerstören. Wie sollten wir ihnen das erklären? Wir haben uns leider daran gewöhnt, Kriege normal zu finden, weil es immer irgendwo auf der Welt welche gibt. Von außen betrachtet erscheint das jedoch überhaupt nicht normal.“

In leichter Abwandlung zu Gersts Erkenntnissen: Im Fernsehen können wir sehen, wie Raketen fliegen und Bomben explodieren. Uns ist klar: Mit jedem Lichtblitz sterben Menschen. Dabei kommt uns ein verstörender Gedanke: Wenn der Allmächtige irgendwann von der Reise durch seine Milliarden Galaxien, Sonnen und Planeten wieder einmal unsere Erde ansteuern würde, dann wäre das Erste, was er von der menschlichen Zivilisation mitbekäme, dass wir uns gegenseitig bekriegen. Er müsste ob unseres primitiven, barbarischen Verhaltens sehr enttäuscht sein von uns, die wir auch noch den von ihm geschaffenen Lebensraum zerstören. Wie sollten wir ihm das erklären? Es wird ihm nichts anderes übrig bleiben, als einen Restart durchzuführen und uns erneut eine große Flut zu schicken.

Die Natur also ist menschenblind. Sie nimmt keine Rücksicht auf unsere Spezies. Wenn sich die Menschheit nicht irgendwann selbst vernichten wird, so wird sie von den Kräften vernichtet werden, die sie haben entstehen lassen. Es ist richtig, dass noch viel Zeit ins Land gehen kann, bis es so weit ist. Aber darum geht es nicht, es geht um die Einsicht in diese unumstößliche Wahrheit unserer Existenz.

„Ich habe an mir selbst festgestellt“, so Alexander Gerst weiter, „nach ein paar Tagen außerhalb unseres Planeten sind wir nicht mehr Deutsche, Europäer, Russen, Chinesen oder Amerikaner, sondern wir sind schlicht und einfach Erdbewohner … Ich bin mir sicher, dass die Perspektive, unsere Heimat aus den Augen zu verlieren, für uns Menschen sehr heilsam sein wird.“ Wir indessen sind uns sicher, das ist Wunschdenken unseres leicht euphorisierten Raumfahrers. Seit die ISS im Oktober 2000 mit Besatzungen unterschiedlicher Nationalität und unterschiedlichen Geschlechts in Betrieb gegangen ist, hat sich unserer Wahrnehmung nach die Stabilität des Zusammenlebens der internationalen Gemeinschaft geändert, nicht verbessert.

Das Ziel des Unternehmers Elon Musk ist es, die Menschheit zu einer multiplanetaren Spezies zu machen. Eigentlich erstaunlich, wo sie doch als uniplanetare kaum zurechtkommt.

Der eigentliche Sinn all dieser immensen Anstrengungen, um Menschen auf den Mars zu schicken, hat sich uns trotz eingehender Recherche nicht erschlossen. Die Forscher erhoffen sich von bemannten Marsflügen Erkenntnisse über Möglichkeiten des Lebens außerhalb der Erde, hört und liest man. Das primäre Ziel wäre demnach ein Leben auf anderen Planeten, und die Marsflüge und gegebenenfalls Aufenthalte dort wären gewissermaßen das Sprungbrett? Tatsächlich kann ein Leben auf dem Mars unmöglich erstrebenswert sein. Es ist nicht anzunehmen, dass es sich auf dem Mars jemals besser leben lässt als auf der Erde, selbst bei noch so schlechter Prognose für unseren Planeten. Es sei denn, der Mensch hilft nach. Terraforming ist das Stichwort. Terrareforming unseres Planeten wäre vielleicht auch eine Möglichkeit und gleichzeitig unsere Empfehlung. Dafür gibt es aber keinerlei Anzeichen.

Ein überraschender, unerwarteter Untergang der Erde, beispielsweise ein Zerbersten des Planeten infolge eines Zusammenpralls mit einem anderen Himmelskörper, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch unsere Nachbarplaneten in Mitleidenschaft ziehen. Selbst denen von uns, die schon „oben“ wären, ginge es höchstwahrscheinlich an den Kragen.

Ein eher langsames Auswandern auf Exoplaneten, sollte das das primäre Ziel sein? Es ist zurzeit kaum vorstellbar, es jemals erreichen zu können. Halten wir uns vor Augen, dass der unserem Sonnensystem nächstgelegene Stern, Proxima Centauri, etwa 4,2 Lichtjahre von uns entfernt ist. Mehr als vier Jahre wären wir also unterwegs, wenn wir mit Lichtgeschwindigkeit gen Proxima Centauri fliegen könnten – freilich können wir es nicht einmal annähernd –, und dann wäre noch immer offen, ob Proxima Planeten um sich versammelt hat, auf denen wir landen und leben könnten, auch wenn der im Jahr 2016 entdeckte erste Planet Proxima Centauri b ein potenzieller Kandidat sein könnte.

Professor Johann-Dietrich Wörner, Chef der europäischen Raumfahrtorganisation Esa, ist überzeugt: „Der Mensch wird zum Mars fliegen, ganz klar.“ Er sagt aber auch: „… selbst wenn wir es schaffen, die Erde in den nächsten Milliarden Jahren bewohnbar zu halten, könnten wir dann durch die Entwicklung der Sonne zum Auswandern gezwungen sein.“ Okay, das ist noch lange hin. Wir halten es für extrem unwahrscheinlich, dass die Menschen es schaffen, die Erde noch so lange für sich bewohnbar zu halten, unabhängig davon, wie groß ihr Einfluss darauf überhaupt ist, und wir halten es für mindestens genauso unwahrscheinlich, dem einstigen Untergang der Sonne entkommen zu können.

Auf dem Mars wären wir jedenfalls nicht sicherer davor als hier. Das weiß natürlich auch der leicht euphorisierte Professor.

Da halten wir es noch für wahrscheinlicher, dass Superreiche versuchen, sich davonzumachen und sich dem Elend dieses Planeten, das augenscheinlich kommen wird, zu entziehen.

Gerade erst haben es zwei junge deutsche Frauen unter ursprünglich 400 Bewerberinnen geschafft, die Ausbildung zur Astronautin anzutreten. Eine von den beiden soll als erste Deutsche zur ISS katapultiert werden. Um festzustellen, wie zerbrechlich unser blauer Planet ist, benötigen wir allerdings keinen Aufenthalt in der ISS. Wir müssten nur unsere Gehirne bemühen.

Natur und Umwelt

Wir müssen feststellen, dass wir in einem gleichermaßen komplexen wie zerbrechlichen System leben, das wahrscheinlich noch viele Überraschungen bereithält und das wir vor allem nicht beherrschen und nicht kontrollieren können.

Bis der Mensch aufkreuzte, schien alles gut auf dem Planeten.

Unser weltweit zunehmender Energiehunger als Folge der Urbarmachung des Planeten, der Industrialisierung und des Strebens nach Wohlstand ist eine der Ursachen für viele Übel dieser Welt. Gepaart mit der hoch egoistischen Anlage der menschlichen Spezies musste diese Entwicklung zu dem Zustand führen, unter dem der Planet heute leidet und zunehmend leiden wird.

Wenn wir unsere Gehirne bemühten, kämen wir zu der Einsicht, dass der Schutz unserer Umwelt unser aller Ziel sein sollte.

Wenn wir unsere Gehirne bemühten, kämen wir ebenso zu der Einsicht, dass die Reinhaltung unserer Atemluft unser aller Ziel sein sollte.

Der Klimawandel

Unser Planet hat, wie wir wissen, Fieber. Das können wir messen. Ob die Wadenwickel, die man ihm zu verpassen versprochen hat, reichen werden, um das Fieber zu senken, steht in den Sternen.

Vor etwa 2,7 Millionen Jahren begann die Vergletscherung des Nordpols. Diese Epoche gilt als Beginn der Eiszeit, in der sich unser Planet bis heute befindet und in der unsere Klimaforscher zu ergründen versuchen, weshalb um Gottes Willen der Planet offensichtlich unaufhaltsam und ziemlich schnell wärmer wird. Dummerweise ist dieses Unterfangen keine konzertierte Aktion der besten Köpfe, sondern eher ein Streit zwischen eifersüchtigen, rechthaberischen und anerkennungssüchtigen Wissenschaftlern, gierigen Geschäftemachern, eitlen Politikern und auflagen- und quotengesteuerten Medien. Alle redlichen und nicht korrumpierten Wissenschaftler – und wir denken, das ist immer noch die Mehrheit –, natürlich auch alle ehrlich besorgten Politiker, Journalisten und ehrbaren Geschäftsleute sind davon ausgenommen. Wir streichen sie von der Liste der „Schlechten“.

Die Bodeninstabilität infolge der Erderwärmung hat auch ganz profane Folgen. Beispielsweise, so heißt es, werde es problematischer, Seilbahnmasten zu installieren. Sie müssten zukünftig zusätzlich gesichert werden. Ein tatsächlich weltbewegendes Problem, wie wir meinen. Alternativ könnte man auf Seilbahnen verzichten, zumindest auf solche, die ausschließlich dem Vergnügen unserer Spezies dienen. Wir denken aber, dass schon dieser kleine Verzicht sehr schwer werden wird. Unabhängig von dieser Lappalie, die Erderwärmung wird tatsächlich profanes Geld kosten. Und das nicht nur im Zusammenhang mit Seilbahnen.

Es gibt Stimmen, die einen wie auch immer gearteten Treibhauseffekt für ausgemachten Blödsinn halten. Eine davon ist der amtierende US-Präsident. Bereits gewählt, aber noch nicht im Amt, sagte er: „Dieses Konzept der Erderwärmung haben sich die Chinesen ausgedacht, um die US-Industrie als Konkurrenz abzuhängen“. Wir denken, das Konzept des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten haben sich die Amis ausgedacht, um die Welt zu strangulieren.

Eine weitere bekannte, wenn auch in diesem Zusammenhang nicht sonderlich gewichtige Stimme ist die von Dr. Wolfgang Thüne (*1943). Bekannt wurde der Meteorologe als Wettermoderator beim ZDF (1971–1986) und später, ab 1998, durch seine Veröffentlichungen, in denen er unter anderem die These vertritt, dass es keinen Treibhauseffekt geben könne. Thüne ist damit die absolute Steigerung des Klimaskeptikers. „Die Warnungen vor einer Klimakatastrophe“, so Thüne, „sind eine Erfindung von Wissenschaftlern, die die Unwissenheit der Journalisten schamlos ausnutzen.“ Und weiter: Der „Treibhausschwindel ist eine Erfindung der Atom-Lobby, die von den Grünen bereitwillig aufgegriffen und vermarktet worden ist“. Man muss einen Moment innehalten, um gedanklich die Kurve zu kriegen. War es nicht Donald Trump, der Präsident der immer noch mächtigsten Nation der Welt, der den Klimawandel als eine Erfindung der Chinesen bezeichnete? Aber was haben um Gottes willen die Chinesen mit den Grünen gemein? Möglicherweise wollen ja beide Deutschland zugrunde richten?

In einem Gespräch mit dem Magazin Frieda meinte Kühne, „ dass Klima prinzipiell keine Bedrohung sein kann, denn es gibt kein Klima, weder als Naturerscheinung noch als Naturvorgang. Der einzige Naturvorgang, der sich in der Luft über uns – ‚im Himmel‘ – abspielt, ist das Wetter“. Wären uns diese Sätze vor einem guten Jahr begegnet, hätten wir haarscharf auf Ergüsse des mächtigsten Mannes der Welt geschlossen. Okay, es war halt nur der Thüne. Promoviert hat der Dr. phil. übrigens mit dem Thema „Die Heimat als soziologische und geopolitische Kategorie und als Identitätsimpuls in der Dynamik der modernen Industriegesellschaft“. Für den Fall, dass Seehofer aufgibt, schlagen wir Thüne als Heimatminister vor.

„ … 97 Prozent der Wissenschaftler stimmen überein: Klimawandel ist eine Tatsache, menschengemacht und gefährlich“, zwitscherte seinerzeit US-Präsident Barack Obama. Er berief sich dabei auf eine Studie, in der insgesamt 11.944 „peer-reviewed“ Veröffentlichungen „matching the topics ‚global climate change‘ or ‚global warming‘“ aus den Jahren 1991–2011 untersucht worden waren. Im Ergebnis machten 66,4 Prozent der untersuchten Veröffentlichungen keine Aussage zur Frage über den menschengemachten Klimawandel, in 32,6 Prozent wurde der Beitrag des Menschen zum Klimawandel bekräftigt, in 0,7 Prozent abgelehnt und in 0,3 Prozent wurden gewisse Zweifel geäußert. Damit vertraten also 97 Prozent lediglich derjenigen Veröffentlichungen, die überhaupt eine Position eingenommen hatten, die These, dass der Mensch etwas mit dem Klimawandel zu tun habe. Die 97-Prozent-Aussage war damit in der Welt und, wie es scheint, nicht mehr aufzuhalten. Dies zeigt einmal mehr, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht für verkürzende und zugespitzte politische Aussagen taugen, auch nicht für reißerische Zeitungsartikel und auch nicht für Talkshows, auch dann nicht oder gerade dann nicht, wenn es um das Klima des Planeten geht.

Im Oktober 2018 stellte der Weltklimarat den „IPPC-Sonderbericht über 1,5 °C globale Erderwärmung“ der Öffentlichkeit vor. In allen Gazetten war es zu lesen, in allen Nachrichten zu hören, dass es schlimmer aussehe mit unserem Klima als bisher gedacht. Um den Klimawandel zu bremsen, sei ein zügiger Umbau der gesamten Weltwirtschaft erforderlich, sagt der Bericht. Angesichts der Weltwirtschaft klingt diese Forderung allerdings wie ein schlechter Scherz.

Die IPPC-Experten halten es für besser, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen. Wir übrigens auch. Sie halten ein Erreichen dieses Zieles für möglich, wenn der politische Wille dafür da ist. Wir halten es nicht für möglich, weil der politische Wille dafür nicht da ist. Der Ausstieg des Herrn Trump aus dem Pariser Klimaabkommen und der Elan, mit dem die Deutschen den vergleichsweise vernachlässigbaren Verzicht auf die Braunkohleverstromung angehen, sind nur zwei Indikatoren dafür.

Unser Ziel sollte nicht die Erwärmung der Erde um 1,5 °C sein, wie es diese Formulierung suggerieren könnte. Unser Ziel sollte es sein, zu verhindern, dass sich unsere Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als 1,5 °C gegenüber dem Beginn der Industrialisierung erwärmt. Zugegeben, eine etwas umständliche Umschreibung dessen, was gemeint ist.

Der CO2-Ausstoß soll bis 2030 gegenüber 2021 um 35 Prozent reduziert werden, so der Vorschlag der europäischen Umweltminister. Die Kommission und unter anderen die Deutschen hatten bis dato für 30 Prozent plädiert. Die hätten auch VW-Chef Herbert Diess zufrieden gestellt. Jetzt werden es also möglicherweise 5 Prozent mehr. Das veranlasst den VW-Chef, mit der Arbeitsplatzverlustkeule auszuholen. 100.000 stünden auf dem Spiel: „Die Transformation in der Geschwindigkeit und mit den Auswirkungen ist kaum zu managen“, und weiter: „So eine Industrie kann schneller abstürzen, als viele glauben wollen.“ Wir denken, ja, so eine Industrie kann schneller abstürzen, als viele glauben wollen, wenn sie schlecht gemanagt wird.

Über die Umweltverschmutzung

Unsere Spezies sollte ob ihrer unbestrittenen Intelligenz in der Lage sein, die Umweltverschmutzung und ihre Folgen sachlich und unaufgeregt zu erfassen, die richtigen Schlüsse zu ziehen und verantwortlich zu handeln. Leider hindert uns unsere Schwarmdummheit daran. Stattdessen regieren Borniertheit, Uneinsichtigkeit und Geldgier.

Regenwald für Weideland: Mindestens 65 Prozent der neu gerodeten Flächen werden für Tierweiden abgeholzt. Nicht nur, dass auf diese Weise wertvolle CO2-Senken verschwinden, die Viehwirtschaft sorgt auch noch für zusätzliche Treibhausgase. Geschätzt 18 Prozent des weltweiten Ausstoßes gehen auf das Konto der Rinderzucht Südamerikas und 37 Prozent auf das der Viehhaltung weltweit.

Regenwald für Soja-Land: In den reichen Ländern der Erde, auch in Deutschland, werden für den Fleischbedarf so viele Kühe, Schweine, Hühner und sonstige Tiere gehalten, dass nicht genug Ackerland zur Verfügung steht, um das notwendige Futter aufzubringen. Soja, das Kraftfutter für unsere Fleischproduzenten, wird deshalb am Amazonas angebaut. So verschwinden nicht nur weitere wertvolle CO2-Senken, die einseitige Bewirtschaftung verlangt auch nach intensiver Schädlingsbekämpfung. Wo die Schädlingsbekämpfungsmittel schließlich landen, ist ziemlich leicht zu erraten.

Regenwald für Palmölwald: Palmöl ist das weltweit am meisten verwendete Pflanzenöl. Es wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen und steckt heute in Produkten, von denen man das nicht ohne Weiteres annehmen würde: in Lebensmitteln wie Margarine, in Fertigprodukten, in Pizza und Keksen, in Kosmetikartikeln, Waschmitteln und Kerzen. Und im Sprit. Palmöl wird deshalb so gerne benutzt, weil Ölpalmen sehr ertragreich sind. Und es ist billig. Dummerweise benötigen Ölpalmen, wenn sie denn gedeihen sollen, tropisches Klima und Palmplantagen sehr viel Platz. Die Pflanzen wachsen am besten dort, wo auch der Regenwald wächst. Palmölplantagen sind übrigens auch der Hauptgrund für die Regenwaldzerstörung in Malaysia und Indonesien.

Palmöl wird auch als Zusatz für Diesel und Benzin benutzt. Unsere – und nicht nur unsere – Autonation sollte daran interessiert sein, trotz zunehmender Fahrzeuganzahl die Luft nicht noch mehr zu verpesten, als sie es heute schon tut. Deshalb wurden die Mineralölfirmen verpflichtet, den konventionellen Kraftstoffen Benzin und Diesel einen „sauberen“ Stoff beizumischen, der aus Pflanzen hergestellt wird. Die Ergebnisse sind Biodiesel und Biobenzin, zum Beispiel E10. Dabei ist wohl dummerweise übersehen worden, dass es bei uns nicht genug, zumindest nicht genug billige Ackerfläche gibt, um die notwendige Pflanzenmenge anzubauen. Also wird der pflanzliche Rohstoff dort angebaut, wo er am besten wächst und am billigsten ist, in Asien und Südamerika, und von dort importiert. Auch hier sind es wieder die Regenwälder, die weichen müssen.

„Sie vernichten Getreide und sammeln Brot für die Welt.“6

Die Diskussionen um Umweltthemen werden häufig ideologisch geführt, obgleich es doch eigentlich möglich sein sollte, die Fakten auf den Tisch und die Wahrheit ans Licht zu bringen. Ignoranz, Uninformiertheit und Interessenlosigkeit einerseits, die Ohnmacht und Kraftlosigkeit der staatlichen Organe und anderseits die alles bestimmenden wirtschaftlichen Interessen bilden die Gegenpole in diesem traurigen Kapitel. Homo avidus, der habgierige Mensch, hört das natürlich auch nicht besonders gerne. Um nämlich verantwortungsvoll mit den Ressourcen des Planeten umzugehen, müsste er sich gewaltig umstellen. Zum Beispiel kein E10 tanken, schon mal auf saftige Steaks aus Argentinien verzichten, alle palmölgetränkten Nahrungs- und Genussmittel verschmähen und sämtliche entsprechenden Kosmetika in die Tonne werfen.

Der Ruf der Renate Künast nach einem Veggie-Day musste einfach schiefgehen. Das hätte sie wissen oder ahnen müssen, die grüne Renate. Mit dieser Forderung aus ihrem Wahlprogramm haben die Grünen einen bundesweiten Sturm der Entrüstung, neudeutsch „shitstorm“, ausgelöst und das nicht nur bei eingefleischten Fleischessern. Die freiheitliche FDP lehnte diesen Vorschlag pflichtgemäß als Bevormundung ab. CDU/CSU erinnerten scheinheilig an die christliche Tradition des fleischfreien Freitags, der dummerweise kaum mehr eine Rolle spielt in der bundesdeutschen Freitagsküche. Wie auch immer, auf diese Weise kann man das Problembewusstsein der Menschen nicht schärfen. Man sollte sie schon ernst nehmen und seriös mit ihnen diskutieren.

Freilich stößt man allerorts auf Beispiele, die unsere kollektive Beschränktheit zu beweisen scheinen. Wie anders könnte es sein, dass wir Krabben aus der Nordsee, nachdem sie vorher mit chemischen Keulen haltbar gemacht wurden, tonnenweise in LKWs nach Marokko karren, dort pulen lassen, um sie dann zurückzukarren und in Discountern möglichst billig an den deutschen Mann und die deutsche Frau zu bringen? Wer von dieser Prozedur weiß und doch noch Discounterkrabben kauft, der müsste eigentlich bestraft werden. Um bekannten Argumenten vorzubeugen, keiner benötigt zum Leben in Marokko gepulte Krabben. Höchstens die Frauen, die für kein Geld dieses Job machen. Denen könnte man wahrscheinlich auf intelligentere Weise helfen.

Oder blicken wir auf die Autoindustrie, eine unserer Schlüsselindustrien, die einschließlich der Zulieferer etwa 800.000 Menschen beschäftigt und die 7,7 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes beiträgt. Seit der Aufdeckung des „VW-Skandals“ im Jahre 2015 ist sie nicht zur Ruhe gekommen. Klimaschutzziele mit Auflagen für die CO2 - Ausstöße, Luftreinhaltepläne für unsere Ballungszentren mit Dieselfahrverboten und Auflagen für die Schadstoffausstöße machen ihr zunehmend zu Schaffen. Nicht zuletzt auch das aufkommende Bewusstsein, dass Autos ihre Rolle als Statussymbole zwar langsam, aber doch sicher zu verlieren scheinen.

Dass die Verbrauchswerte und auch die Schadstoffausstöße im realen Straßenverkehr gegebenenfalls deutlich höher liegen als beim Test auf dem Rollenprüfstand, ist trivialerweise der „Güte“ des Fahrzyklus geschuldet, der Frage also, wie gut dieser die Realität widerspiegelt. Oder, wie man auch umgekehrt sagen könnte, wie gut sich der reale Fahrer an die „Rollenprüfstandsfahrt“ hält. Die Realität ist nun einmal abhängig von der Fahrweise des Fahrers des rollenprüfstandsgeprüften Spritverbrauchers und Schadstoffemittenten. Das versteht der Verbraucher wahrscheinlich. Das hätte man ihm durchaus kommunizieren können. So gehirnlos kommt er denn doch nicht daher.