Inhalt

Prolog

Unterschiedlich waren in der Gesellschaft Rang und Rolle der Frauen während der Zeit des Nationalsozialismus, in der SBZ (Sowjetischen Besatzungszone), der DDR, in den alten Bundesländern und ab 1990 im vereinten Deutschland. Das lernte ich in diesen vergangenen 80 Jahren ebenso kennen wie die sich auch damit verändernde Situation der Frauen in den Familien. Das Thema wird kontrovers diskutiert, ich beschreibe es aus der Sicht eines 85jährigen Mannes und stelle dazu Erlebnisse dar.

Zum Verständnis des heutigen Entwicklungsstandes muss die Zeit ab Ende des 19. Jahrhunderts beleuchtet werden, wozu ich u. a. Erzählungen meiner Großeltern, an die ich mich noch erinnern kann, einbeziehe. Ausgewähltes, was Historiker oder andere Autoren zur Emanzipation der Frauen veröffentlichten, wird zitiert und teilweise kommentiert, ohne Anspruch auf wissenschaftliche Bearbeitung des Themas zu erheben.

Trotz aller Emanzipationsbemühungen bestehen Geschlechterunterschiede nicht nur in biologischer Hinsicht sondern auch im Denken und in Verhaltensweisen. Dieses gänzlich beseitigen zu wollen würde nach meiner Meinung vielen Facetten unseres Lebens sehr Interessantes rauben. Über Kritiken, besonders von Frauen, würde ich mich freuen.

Biologische Unterschiede und Frauenarbeiten

Es war vor etwa einem Dreivierteljahrhundert und ich 9 Jahre alt, da fragte ich meine Großmutter: „Was sind Geschlechtsteile und was heißt Kindermachen?“ Die Begriffe hatte ich bei einem Ehepaar in der Nachbarschaft, die sich immer sehr heftig und lautstark stritten, gehört. Selbst auf der Straße bekam man ihre Zwistigkeiten mit. Sie hatte zu ihm gesagt: „Ich zertrete dir deine Geschlechtsteile, wenn du mir schon wieder ein Kind machen willst.“ Sie hatten schon 6 Jungen.

Meine Großmutter, eine erfahrene Frau, sagte nicht wie die anderen Erwachsenen: „Das verstehst du noch nicht, dafür bist du noch zu klein.“ Ein Ausspruch der mich empörte, denn ich wollte schon mitreden können. So vernahm ich also von ihr, dass dies beim Mann besonders das „Dingel“ sei, so sagten wir zum Penis. Aber beim Kindermachen blieb sie ungenau und meinte nur, wenn Mann und Frau sich zu eng berühren können Kinder entstehen, die dann, wie du weißt, der Klapperstorch bringt.

Ich wusste, nachzuhaken hätte wenig Zweck gehabt und tat so als sei ich zufrieden; das war ich aber nicht. Mir war schon einiges mehr bekannt, z. B. hatte ich von älteren Spielkameraden gehört, dass die Kinder im Bauch der Mütter wachsen.

Heimlich stöberte ich deshalb im Kleiderschank der Eltern, fand dort ein so genanntes Doktorbuch und darin mehrere Seiten und auch Abbildungen von männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen. Richtig verstand ich die Beschreibungen, die ich nur mühsam lesen konnte und das ganze drum herum noch nicht. Aber zumindest staunte ich über die bunten Bilder, denn ich hatte bisher noch keine Erwachsenen nackt gesehen. Mich interessierte sehr, wie ein Frauen- oder Mädchenkörper aussieht. Die Mädchen unter meinen Spielgefährten und Schulkameraden sahen also bei gewissen Körperteilen und auch im Inneren ganz, ganz, anders aus wie wir Jungen. Vielleicht schämten sie sich deshalb immer so vor uns und versuchten, ihren Körper mit Kleidung zu bedecken. Na ja, im Sommerbad da hatten sie auch getrennte Umkleidekabinen und bei ihren Badeanzügen waren die mittleren Körperteile, die ich so deutlich auf den Abbildungen gesehen hatte, hinter Stoff versteckt.

Dann las ich noch etwas Interessantes, die weibliche Muskulatur sei in der Regel schwächer als die des Mannes. Das machte mich richtig glücklich, ein Mann zu werden. Ich verstand nun ebenfalls, dass viele Kraft verlangende Arbeiten in der Landwirtschaft, ich wuchs in einer Bauernwirtschaft auf, da wusste ich darüber bescheid, nur von Männern ausgeführt werden können. Über all diese Fragen grübelte ich zunächst nach und fand damals etliche Widersprüche, die mir allerdings als Kind nicht als solche bewusst waren.

Im Grunde imponierte mir die festgelegte Einteilung in Frauen- und Männerarbeiten auch im Haushalt und nicht nur im Stall, Hof und auf dem Feld. Ich bemerkte sehr deutlich, dass das bei etlichen Tätigkeiten gar nichts mit der Schwere der Arbeit zu tun hatte. Es war einfach Tradition und die Männer überließen den Frauen wahrscheinlich auch manche Arbeiten, die sie selbst nicht gern machten.. Wenn ich zu diesem Thema einige Beispiele beschreibe, dann tue ich dies als einer der Zeitzeugen aus der Epoche Mitte des vorigen Jahrhunderts, die natürlicher Weise heute immer weniger werden. Über persönliche Erlebnisse zum damaligen Verhalten und Denken der Menschen zur Gleichberechtigung von Mann und Frau kann dann niemand mehr direkt berichten. Insgesamt kann ich einen krassen Unterschied zu den Neuzeitverhältnissen verdeutlichen, aus dem die junge Generation auch zu erkennen vermag, welche Fortschritte die Emanzipation in den letzten Jahrzehnten machte.

Die einzigen Arbeiten, die ich in meiner Kindheit Männer im Haushalt machen sah, waren:

Mit scharfem Messer Brot abschneiden – Brotschneidemaschinen gab es nur bei reichen Leuten; in den Öfen das Feuer anzünden – in der Regel hatten da aber die Frauen schon Holz und Kohle eingeschichtet.

Wahrscheinlich taten sie noch einiges mehr aber ich kann mich nicht erinnern.

Dagegen hatten die Frauen alle anderen Tätigkeiten im Haushalt zu bewältigen. Mehrmals hörte ich von meinem Großvater den Spruch: „Der Mann braucht ein stets heiteres Weib und die Frau einen schützenden Mann". Erst im Gymnasium erfuhr ich, dass diese Aussage ein abgewandeltes Zitat von Goethe ist. Tatsächlich mussten meine Oma und Mutter während meiner Kindheit bei jeder Arbeit immer ein fröhliches Gesicht machen, dabei hatten diese Arbeiten es hinsichtlich körperlicher Kraftanstrengungen oft in sich. Ich will nur das Wichtigste nennen – über diese Tätigkeiten wird in den weiteren Geschichten noch Näheres beschrieben, es galt: Das Essen zu bereiten, zu kochen und zu backen, stets für Sauberkeit in der gesamten Wohnung zu sorgen. Das Schrubben der Holz- oder Fliesenfußböden war Schwerstarbeit; die Wäsche unter beschwerlichsten Bedingungen zu waschen, zu bügeln und insgesamt zu pflegen, die Kleidung in Ordnung zu halten, Zerrissenes wieder zu flicken und vor allem Strümpfe zu stopfen, die Kinder zu versorgen, einschließlich notwendiger Körperpflege, im Winter für warme Stuben zu sorgen und dafür das Heizmaterial heranschaffen, das Trink- und Waschwasser herbeizuschaffen und Abwasser zu entsorgen, in nur wenigen Haushalten gab es fließendes Wasser – es musste auf dem Lande oft vom Brunnen geholt werden.

In den bäuerlichen Haushalten mussten dann die Frauen noch zusätzlich Stall- und Feldarbeiten verrichten.

Müßiggang sah man bei diesen Hausfrauen nie und wenn sie schon mal zum Sitzen kamen hielten sie die Hände trotzdem nicht still. Ich sah sie dann u. a. noch Strümpfe oder andere Kleidungsstücke per Hand stricken.

Auch bei der Feld-, Stall- und Hofarbeitarbeit zeigte sich bei einigen Tätigkeiten die Vorrangstellung der Männer, die den Frauen häufig körperlich schwerere Arbeiten zumuteten; dazu einige Beispiele:

Bei der Getreideernte saß der Mann auf der Mähmaschine und kutschierte die Pferde und die Frauen mussten sich abplagen, das Getreide zu raffen und die großen Garben zu binden.

Das Melken der Milchtiere, wofür kräftige Hände gebraucht werden, wurde vorwiegend den Frauen überlassen.

Während bei der Hackfruchtpflege die Männer die Pflegegeräte und das Lenken der Spanntiere besorgten, mussten die Frauen das Hacken, insgesamt die Handpflege, bewältigen.

Nicht selten sah ich bei der Kartoffelernte nur Frauen und Kinder Kartoffeln lesen, Männer bedienten aufrecht sitzend Pflug und Kartoffelschleudern und lenkten die Zugtiere.

Beim Tränken der Tiere schleppten Frauen häufig schwere Wassereimer.

Bei landwirtschaftlichen Arbeiten hat also das starke männliche Geschlecht die schwächeren Frauen selten geschont.