Prolog

Dämonen standen dicht an dicht, stachelbewehrt, rote Haut, glühende Augen.

In ihren Händen Äxte, Streithämmer, krumme Schwerter. Zu ihren Füßen die Leichen ihrer Feinde. Eine riesenhafte geflügelte Gestalt mit dunkelroter Haut am Rande des Kraters; Ziegenhufe, muskulöse Arme und Klauen. Asche und Rauch peitschten über das Schlachtfeld, als die Gestalt mit grollender Stimme rief: »Diener!«, und die Reihen verstummten. »Der Sieg ist unser! Der Widerstand dieser jämmerlichen Schwächlinge ist gebrochen! Die Welt von Urtrek IV gehört nun mir! Dem Feuerlord!«

Jubel aus hunderttausenden Kehlen.

»Beginnt mit der Errichtung eines Bollwerks! Diese Welt muss befestigt werden! Ich will, dass unser neuer Brückenkopf für den Gegenangriff der Trilliden gewappnet ist! Der Moment unseres endgültigen Sieges steht bevor! Also baut Mauern – hebt Gräben aus! Ich will, dass ihr hier im Krater eine Flammenschleuder errichtet! Wenn sich das Portal öffnet, müssen wir bereit sein!«

Erneut jubelten die Dämonen. Er schaute durch ihre Reihen, und etwas, das einem Lächeln ähnelte zeichnete sich auf seinem tentakeligen Gesicht ab. Dann brüllte er: »Also los! An die Arbeit! Es gibt viel zu tun!«

Die Horden setzten sich in Bewegung. Der Dämonenlord wandte sich um und kam über die verbrannte Erde hinab zum Landeplatz seines Kommandokreuzers. Dort wurden bereits provisorische Befestigungen errichtet und in einer Kammer aus dunkelrotem Teufelsstahl stand ein Portal für ihn bereit, das ihn zurück in seine Todesfestung auf der fernen Welt Draktek IV brachte. Als er dort ankam, schloss er das Portal hinter sich und zog sich in seine Kammer zurück, wo er sich auf die nahende Schlacht vorbereitete.








Erster Teil

Lord Grazek stand vornübergebeugt in seiner gewaltigen Halle und sinnierte über der Galaxiekarte. Sie war von altmodischer Machart – gehörte zu den ersten Karten, die mit digitaler Augmentation versehen war. Grazek würde sie bald durch eine Bessere ersetzen. Doch vorerst hatte er andere Dinge im Kopf.

Von hinten näherte sich ein Dämon mit einer Steintafel in der Klaue. Vorsichtig sprach er: »Mein Herr?«, und der Lord drehte sich zu ihm um.

»Brutek. Wieso störst du meine Ruhe?«

Die Stimme seines Lords ließ Bruteks feuriges Blut beinah gefrieren. Es kostete ihn einige Überwindung, ihm die Tafel zu reichen, auf der eigenartige Runenzeichen eingeritzt waren. »Mein Herr«, sprach Brutek. »Ich komme zu Euch, weil ich besorgt bin.«

Grazek nahm ihm die Tafel ab und musterte sie. Er verzog keine Miene, doch das musste nichts heißen. Erst vor Kurzem war Bruteks Vorgänger in Grazeks Kammer getreten und hatte ihm eine schlechte Nachricht überbracht. Seinen verstümmelten Kadaver hatte man später aus dem Lavaburggraben gefischt. Derartige Bestrafungen waren unter Dämonen üblich – Grazek allerdings hatte den Ruf, niemals Ressourcen zu verschwenden. Vielleicht hatte der Botschafter es ja verdient?
Brutek hoffte, dass er selbst es nichtverdient hatte.

»Sprich von deinen Sorgen«, grollte Grazek. Er schaute bedrohlich auf seinen Diener hinab.

»I-Ich«, druckste Brutek und riss sich zusammen. »Ich bin aufgrund der hohen Konzentrationen von Cinith besorgt, die wir für Euer Bauvorhaben benötigen.«

»Ist das so.«

»Ja, Herr.« Brutek straffte sich. »Cinith in solchen Mengen ist höchst instabil. Unsere Truppen auf Urtek IV sitzen auf einem Pulverfass.«

Der Dämonenherr gab Brutek die Steintafel zurück und musterte ihn. Was mochte sich hinter seinen glühenden Augen abspielen? War er im Begriff, die Anmaßung seines Dieners zu bestrafen? Brutek unterdrückte seine Furcht.

»Deine Sorge ist durchaus berechtigt«, sagte Grazek schließlich. Der Diener atmete erleichtert auf. »Doch das Risiko muss eingegangen werden. Eine funktionierende Flammenschleuder ist imperativ für den Erfolg meines Plans. Es ist nicht dein Belang, zu viel darüber nachzudenken.«

Brutek senkte unterwürfig den Kopf. »Ja, Herr…«

»Und nun geh. Ich benötige Ruhe, um meine Strategie zu überdenken.«

Brutek verließ die Kammer und der Lord wandte sich wieder der Galaxiekarte auf dem Tisch zu. In Vorbereitung der kommenden Schlacht hatte er die Ränder des Sternensystems mit Blitzangriffen überfallen, und damit Verstärkung vom Brückenkopf-Planeten weggelockt. Dann hatte er die zerstreuten Raumflotten in Nahkämpfe verwickelt, während er mit seiner Hauptstreitmacht den Brückenkopf selbst angriff und in einem verlustreichen Kampf einnahm.

Nun war die Armada der Trilliden auf dem Weg, den Brückenkopf auf Urtrek IV zurückzuerobern. Grazeks Truppen waren zahlenmäßig weit unterlegen. Gegen die geballte Macht der Trillidenflotte konnte keine Streitmacht zu bestehen hoffen.

Die Flammenschleuder – seine Geheimwaffe – war die einzige Chance, das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Er hatte hundert Jahre an den Plänen für diese Waffe gearbeitet; tausende von Sklaven und Zwangsarbeitern geopfert, um sie zu perfektionieren. All das für diesen einen Kampf. Diese Schlacht würde über das Schicksal der Galaxis entscheiden.

›Endlich‹, dachte er und erlaubte sich für einen Moment der Reminiszenz.

Die Trilliden hatten die Heimatwelt der Dämonen angegriffen, als diese noch miteinander um die Vormachtstellung rangen. Sie hatten weder Schiffe, noch Kanonen besessen, um sich der fortschrittlichen Technologie der Trilliden entgegenzustellen – dieser Tag wäre sicherlich mit der Auslöschung des gesamten Dämonenvolkes geendet. Es war Lord Grazek selbst gewesen, der eigenhändig den Kommandanten der Insekten in Fetzen gerissen, und damit die Invasion gestoppt hatte. Eine Tat, die als Heldentat in dämonische Geschichte einging, und Grazeks Machtstellung für die Ewigkeit sicherte.

Noch während der Dämonenherr in seiner Kammer saß und über diese Dinge nachdachte, drang ein merkwürdiges Geräusch an sein Ohr.

Ding dong! Er schreckte auf. »Was?«

Kurze Stille. Ding dong!

Es klang wie eine Art Glocke, irgendwo am anderen Ende der Todesfestung. Ding dong!