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DER RING DER O

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Die Qual der Wahl

 

 

Jürgen Bruno Greulich

 

 

 

Cover: Giada Armani

Copyright: BERLINABLE UG

 

 

Berlinable lädt dich ein, alle deine Ängste hinter dir zu lassen und in eine Welt einzutauchen, in der Sex der Schlüssel zur Selbstbestimmung ist.

Unsere Mission: Die Welt verändern - Seele für Seele.

Akzeptieren Menschen ihre eigene Sexualität, formen sie eine tolerantere Gesellschaft.

Worte der Inspiration, des Mutes, der Veränderung.

Öffne deinen Geist und befreie deine tiefsten Begierden.

 

 

Alle Rechte vorbehalten. Es ist nicht erlaubt, die Inhalte dieses eBooks ohne die ausdrückliche Genehmigung durch den Verlag zu kopieren, weiter zu verbreiten öffentlich vorzutragen oder anderweitig zu publizieren. Änderungen, Satzfehler und Rechtschreibfehler vorbehalten. Die Handlung und die handelnden Personen dieses Buchs sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig.

Die Qual der Wahl

 

Justine kam fünf Minuten nach sechs Uhr zum Café und Georg hatte wieder etwas zu verzeihen. Ihr Anblick machte es leicht. Den Temperaturen angemessen, die sich wieder berappelt hatten, trug sie ein rosafarbenes kurzes Sommerkleid mit halbrundem Ausschnitt, der bis zum Ansatz des Busens reichte, und kurzen Puffärmeln. Es umschmiegte sie so eng, dass es jede Rundung ihres Körpers hinreißend zur Geltung brachte und sich die Blicke rettungslos an ihm verfingen. Von ihrer Achsel hing am langen Riemen eine kleine weiße Tasche.

Die richtige Begrüßung musste hier in der Öffentlichkeit leider entfallen, ein Kuss auf den Mund genügte. „Du siehst fabelhaft aus“, sagte er. Es war ein Satz, den sie sicherlich öfter mal zu hören bekam. Sie lächelte geschmeichelt. Die folgende Frage aber hörte sie wohl nicht allzu oft, so nahm er mal an: „Hast du dich an deine Kleiderregel gehalten?“

Ihre Lider senkten sich und sorgsam zupfte sie das leicht ausgestellte Röckchen zurecht. „Natürlich.“ Es war schön, dass sie es für natürlich hielt.

Das Bild, das vor seinem Auge entstand, wärmte ihm das Herz und nicht nur dieses. Er nahm sie bei der Hand, ging mit ihr auf die andere Straßenseite und führte sie in die nächste Seitengasse hinein, in der es gleich um die Ecke einen Sexshop gab, in dessen Schaufenster vor einem roten Vorhang einige glitzernde Dessous ausgebreitet waren. Schnurstracks steuerte er auf den Eingang zu und sie folgte ihm ohne nennenswerten Widerstand. Nur einmal musste er kurz ein bisschen kräftiger an ihrer Hand ziehen.

Der Laden war groß, hell beleuchtet, sauber und aufgeräumt. Möglicherweise hätte er sogar den Sterilitätsvorschriften entsprochen, die vermutlich in Brüssel von den zuständigen Beamten gerade ausgebrütet wurden. Zwei ältere Herren befanden sich darin, ein kleiner Schlanker, dem bei Justines Anblick tatsächlich und ganz buchstäblich der Unterkiefer herunterklappte, und ein großer Molliger, der sie etwas verstohlener anstarrte. Die ältere dauergewellte Dame hinter dem gläsernen Kassentresen lächelte ihr freundlich zu und bedachte Georg mit einem argwöhnischen Blick. Justine lächelte scheu zurück, tat ansonsten so, als würde sie nichts sehen, und rückte noch ein bisschen näher an ihn heran.

Suchend schaute er sich um. Die aufblasbaren Puppen, manche mit drei Öffnungen ausgestattet, brauchten sie glücklicherweise nicht, ebenso wenig Plugs und Dildos (vielleicht später mal …), Klitorisreizer, Analketten, Pornos in Heft- und Filmformat. Aber dort in der Ecke der SM-Abteilung mit ledernen Gesichtsmasken, Geschirren, Spreizspangen, dort gab es das, was er suchte. Nein, nicht die Nippelklammern und Knebel (die sicherlich auch sehr reizvoll sein konnten), sondern lederne Manschetten. Er nahm ein Halsband vom Haken, ein Paar Arm- und ein Paar Fußbänder, alle mit Schnallen verschließbar, die sie für jede Größe passend machten, und wählte dazu drei unterschiedlich lange fingerdicke Ketten aus, die an jedem Ende in einen zierlichen Karabinerhaken mündeten und sündhaft teuer waren. Der kleine Schlanke zerknüllte geistesabwesend eine Seite des Pornohefts, das er in Händen hielt, während der Große so tat, als würde er sich für Dildos interessieren. Justine nahm weder die beiden noch Georgs Einkauf wahr, sondern beäugte skeptisch ein langärmeliges rotes Latexkleid, das man dem Rumpf einer Schaufensterpuppe angezogen hatte. Es sah höchst obszön aus, kurz, wie es war, bis zum Hals hoch geschlossen und mit schwarz bordierten Aussparungen versehen, aus denen die drallen Kunststoffbrüste in voller Pracht hervorquollen.

Interessiert schaute auch Georg es an und zum Flüstern dämpfte er die Stimme. „Gefällt es dir?“

Wie beiläufig streifte ihr Blick seine voll beladenen Hände und sie lächelte spitzbübisch. „Darum geht es nicht.“ Noch leiser wurde ihr Flüstern. „Die Frage ist, ob es meinem Herrn gefällt.“ Ja, es gefiel ihm. Er stellte sie sich in diesem roten Kleid vor und sah ein sehr reizvolles Bild. Das es vermutlich auch vor den Augen der beiden Männer gab, zu denen sie unauffällig hinüberschielte. „Wenn sie nicht aufpassen, fallen ihnen noch die Augen aus dem Kopf.“ Also hatte sie die aufdringlichen Blicke doch bemerkt. Als ahne er, dass sie über ihn sprach, wandte sich der Große wieder den Dildos zu, während sich der Kleine krampfhaft am Heft festklammerte.

Auch wenn das Kleid wirklich sehr reizvoll war, konnte er es sie unmöglich anziehen lassen, da sie ja schließlich keine Pornodarstellerin war und sich darin zu Tode schämen würde. Außerdem war es furchtbar teuer und schwamm er nicht im Geld, beileibe nicht, doch wollte er jetzt nicht zu jammern anfangen.

Er führte Justine zur Wand, auf deren blauer samtener Tapete ein Sortiment von Peitschen hing. „Du hast die Wahl.“

Konsterniert schaute sie ihn an. „Soll ich etwa …?“

Er nickte.

Sie strich eine Haarsträhne aus ihrer Stirn. „Das ist pervers!“

Er lächelte liebevoll. „Stimmt. – Überlege dir gut, was du tust.“