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CAROLIN

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Wünsche und Erfüllungen

 

 

Jürgen Bruno Greulich

 

 

 

Cover: Giada Armani

Copyright: BERLINABLE UG

 

 

Berlinable lädt dich ein, alle deine Ängste hinter dir zu lassen und in eine Welt einzutauchen, in der Sex der Schlüssel zur Selbstbestimmung ist.

Unsere Mission: Die Welt verändern - Seele für Seele.

Akzeptieren Menschen ihre eigene Sexualität, formen sie eine tolerantere Gesellschaft.

Worte der Inspiration, des Mutes, der Veränderung.

Öffne deinen Geist und befreie deine tiefsten Begierden.

 

 

Alle Rechte vorbehalten. Es ist nicht erlaubt, die Inhalte dieses eBooks ohne die ausdrückliche Genehmigung durch den Verlag zu kopieren, weiter zu verbreiten öffentlich vorzutragen oder anderweitig zu publizieren. Änderungen, Satzfehler und Rechtschreibfehler vorbehalten. Die Handlung und die handelnden Personen dieses Buchs sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig.

Ein Blick in den Spiegel

 

Fürs mönchische Leben ganz offenkundig nicht geboren und von Simon nach dem Abend ihrer Rückkehr auch nicht mehr angerührt, begann sich in Carolin entsprechend seinem Kalkül tatsächlich schon nach wenigen Tagen ganz insgeheim der Gedanke zu regen, dass gegen einen Kundenbesuch eigentlich nichts einzuwenden wäre, und als es dann endlich so weit war am regnerisch kühlen Freitagabend, mischte sich ins übliche Bangen still und heimlich ein erwartungsvolles Kribbeln (das gar so unüblich allerdings auch nicht war). Simon steuerte seinen noblen Wagen zur südlichen Vorstadt nahe beim Fluss, in der sich einst die Universitätskliniken befunden hatten und neuerdings die Bürgerinitiative einer verschreckten Spießerschar vehement ins Feld zog gegen einen geplanten Sexshop, von dem vermutlich der Untergang des Abendlandes drohte. Es gab sogar eine freie Parklücke an der breiten Straße, die vom Zentrum direkt zur Autobahn führte, als Dreißigerzone natürlich, wie es sich gehörte für diese Stadt hier, in der so ziemlich alles streng reglementiert und eingeschränkt war, als hätten sittenstrenge Puritaner das Regiment bereits übernommen.

Seite an Seite stiegen sie in einem der heruntergekommenen Mietshäuser eine ausgetretene Steintreppe zum ersten Stock hinauf und betraten oben ohne zu klingeln eine Wohnung, die nicht abgeschlossen war. Kein Schwanz … nein, keine Menschenseele ließ sich blicken und es war mucksmäuschenstill wie in einer Kapuzinergruft. Als kenne er sich hier aus, dirigierte Simon sie in ein spartanisch eingerichtetes Zimmer, dessen hohes Fenster auf einen Hinterhof mit Mülltonnen und moosiger Klinkermauer sowie dahinterliegender psychiatrischer Klinik zeigte, was nicht als Omen gesehen werden durfte, nein, nein, natürlich nicht! Oder doch?

Wenig später war Carolin so zurechtgemacht, wie vom unsichtbaren Kunden offenbar gewünscht: ihre Kleidung bestand aus einer durchscheinenden schwarzen Strumpfhose und weißen hochhackigen Sandaletten, aus mehr nicht, und zwei dünne rote Schnüre fesselten ihr die Hände auf den Rücken und die Füße eng aneinander; es war eine seltsame Aufmachung, nicht stilvoll, sondern eher schäbig und damit passend zur Umgebung. Tapfer klebten die Tapeten mit halb verblichenem Blumenmuster an den Wänden und die altertümliche Tür war mit weißer Farbe dick angestrichen, nicht sehr fachmännisch allerdings, wie man an den eingetrockneten Schlieren sah. Die Assoziation, die sich augenblicklich und natürlich ungefragt einstellte, rückte ihre Fantasie in ein sehr zweifelhaftes Licht und sofort wandte sie den Blick wieder ab.

Sie musste Simon hinaus in den Flur folgen mit ihren lächerlichen Schritten, die so winzig waren, dass ihre Absätze auf dem stumpfen Parkettboden kaum zum Poltern kamen, und er wies zur halb offen stehenden Tür gleich rechts. „Geh da rein! Und sei lieb. Ich hol dich später ab.“ Er flüsterte wie in der Kirche und schlich auf Zehenspitzen aus der Wohnung wie ein Dieb in der Nacht. Einen Moment lang wünschte sie sich, ihm hinterherzulaufen, doch konnte von Laufen keine Rede sein und wäre außerdem auch nicht erlaubt gewesen. Geh da rein! Wie einfach sich das sagte und wie schwer es zu tun war. Wer um Himmels willen befand sich dort drin und was würde mit ihr geschehen? Ob sie einfach hier warten sollte, bis Simon wiederkam? Rettung brachten solch infantilen Überlegungen natürlich keine, also setzte sie sich in Bewegung mit furchtsam pochendem Herzen, hatte die Tür noch vor Einbruch der Dunkelheit erreicht, drückte sie mit der Schulter sachte weiter auf – und sah im geräumigen Zimmer hinter einem großen Schreibtisch mit riesigem Computerbildschirm auf einem vermutlich kunstledernen Chefsessel einen Mann sitzen, den sie kannte: Matthias! Ausgerechnet er, der sie so gerne peitschte! Auch heute trug er wieder einen hellen Anzug oder war es vielleicht derselbe, den er auch bei den letzten beiden Begegnungen angehabt hatte? Wenn diese Bruchbude hier seine Wohnung war, konnte er nicht so wohlhabend sein, wie von ihr angenommen, doch war er ja nicht der Erste, den sie völlig falsch eingeschätzt hatte.

Wohlwollend lächelte er sie an. „Du siehst bezaubernd aus.“

Irgendwie hatte sie das Gefühl, im falschen Film zu sein, doch sagte sie lieber nichts dazu. Sie musste sich ihm nähern mit ihren furchtbar beschämenden Trippelschritten, die er zum Glück nicht kommentierte, und sich direkt an seiner Seite auf einem abgesessenen wackeligen Küchenstuhl niederlassen. Da sie ganz genau wusste, wie sie vor seinen Augen zu sitzen hatte, nahm sie gehorsam die Knie auseinander, um bloß keinen Grund zum Tadel zu bieten – denn mitten auf dem Tisch lag mahnend, abschreckend, furchteinflößend eine kurze dünne Reitpeitsche, die sicherlich schrecklich wehtun konnte. Mit einem angeregten Lächeln beugte sich Matthias zu ihr herüber, streckte die Hände nach ihr aus und formte sie zu Schalen, in die sich die schamlosen Brüste zutraulich hineinschmiegten wie in die Obhut eines geliebten Märchenprinzen; woher dieses Urvertrauen rührte, war ihr ein Rätsel.