Autor

Prof. Dr. med. Walter van Laack

Facharzt für Orthopädie, Spezielle Orthopädische Chirurgie,

Physikalische Therapie, Sportmedizin, Chirotherapie, Chin. Akupunktur

Umschlagseite

Sie wurde von meinem Sohn Martin gestaltet

Abbildungen

Sie stammen alle von meinen beiden Söhnen Alexander und Martin

Allen meinen Lieben gewidmet

1. Auflage

Erscheinungstermin: 24. September 2005

© 2005 by van Laack GmbH, Aachen, Buchverlag

Alle Rechte, insbesondere des – auch auszugsweisen – Nachdrucks, der phono- und photomechanischen Reproduktion, Fotokopie, Mikroverfilmung, Computerbearbeitung, Übernahme ins Internet sowie der Übersetzung und auch jeglicher anderen Aufzeichnung und Wiedergabe durch bestehende und künftige Medien, sind ausdrücklich vorbehalten. Ausnahmen nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

Herstellung als Book-on-Demand (BoD):

BoD GmbH, Gutenbergring 53, 22484 Norderstedt

Printed in Germany

Festeinband:

ISBN 978-3-936624-23-6

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Mit Logik die Welt begreifen, nur das ist der Weg zur Wahrheit, sei es Materie oder Geist.

Fünf Bücher in acht Jahren widmete Walter van Laack bereits dieser Thematik – nach einem Vierteljahrhundert des intensiven Studiums.

Glaube, frei und logisch erarbeitet, gibt uns Menschen Sinn, Freude und Liebe. In dem neu vorliegenden Band wird sein Gedankengebäude klar und verständlich dargestellt. Wissenschaft und Glaube stehen sich nicht gegenüber, sondern bilden eine Einheit. Hier hat Walter van Laack einen Weg beschritten, dem man mit Freude und Hoffnung folgen kann.

Das vorliegende Buch – wie auch schon die vorherigen – vermitteln ewiges Sein und nicht nur den Glauben daran. Natürlich will es durch klares Denken erarbeitet sein.

Wir alle sind Wissenschaftler und Gläubige. Walter van Laack hat die Welt, die wir erleben, vorbildlich dargestellt.

Sein Ziel ist eindeutig: Materialisten können Wissen und Vernunft nicht mit Weisheit umgeben, und gläubigen Fundamentalisten ist es nicht möglich, Wahrheit mit Verstand zu erspüren.

Hier jedoch werden Vernunft und Gefühl gefordert und gebildet. Das ist das Ziel des Buches.

Nein, Walter van Laack will nicht Lehrer sein, sondern mit Vernunft und Gefühl zu eigenem Denken und Überzeugung leiten.

Gott erleben wir beim Studium und können Wissen in uns bestätigen und neu erfahren. Vernunft bewahrt uns die Freude, und der Tod wird in eine größere Lebensweise glaubhaft eingebunden.

Unter himmelhohen Segeln, in den Wolken endend, haben wir an Bord schon seit vielen Jahren mehr als einmal gemeinsam philosophiert und über das Meer geschaut. Seither diskutieren und disputieren wir mit Wort und Seele, unsere Leben bereichernd.

Ganz klar, Wind und Wellen verbreiten Wissen und Glauben. Die Zeit zusammen an Bord und hier in Schottland ist unvergesslich für mich – seine und meine Gedanken schufen in mir ein erregendes Weltbild. Ähnliches möge der Leser dieses Buches fühlen und erfahren.

In Teil 2, über das neue Denken, und Teil 4, Leben und Geist, findet sich das Fundament des Gedankengebäudes von Walter van Laack. Es fordert auf, mit sich selbst zu diskutieren und abzuwägen. Nicht eine neue Religion wird hier gestartet, sondern mit Logik wird vielmehr die Schnittstelle zwischen Geist und Materie markiert. Beides erst ergibt die Einheit, in der wir leben und in der alles existiert. Wissenschaft und Geist bilden eine Einheit in einer perfekt organisierten Welt.

Nein, die letzte Ordnung und die perfekte Weltformel verspricht das Buch nicht. Jedoch sind Gott und Glaube auf eine höhere Ebene gebracht. Die Wissenschaft endet im Glauben wie auch die Religion.

Logik und Liebe sind nötig, um den rechten Glauben zu erarbeiten.

Plato nannte sie die drei Bestandteile des Daseins: Verstand, Gefühl und Verlangen, und "mit Logik die Welt begreifen" bringt hier die nötige Balance. Gewiss nicht einfach, jedoch notwendig, um frei und gelassen in Liebe und Hoffnung zu leben.

Walter van Laack bin ich dankbar für das Buch. Lesen, denken und erkennen Sie, es tut der Seele gut.

Klaus Müller

Kapitän PSV "Royal Clipper"

Inveraray in Argyll (Schottland), den 4. Mai 2005

Teil 1

Einführende Betrachtungen

1.1) Was wir glauben, was wir wissen

Vor etwa 15 Milliarden Jahren, ein paar mehr oder weniger spielen dabei keine Rolle, gab es mal, nach heutiger Lehrmeinung, einen gigantischen Urknall, praktisch aus dem Nichts. Mit ihm entstand ganz zufällig unsere Welt in der für uns heute absehbaren, schier unglaublichen Komplexität.

Und als vor ungefähr vier bis fünf Milliarden Jahre unsere Erde "ihren festen Platz im Umlauf um das Zentralgestirn unseres Sonnensystems, die Sonne, gefunden hatte", war dies schon bald der Startschuss für ein weiteres gigantisches Geschehen, das wir Evolution nennen. Sie führte schließlich zu uns Menschen als dem bis heute zumindest vorläufigen Endpunkt dieses Prozesses. Manche nennen uns deshalb auch voreilig Krönung der Schöpfung, wobei sie den Begriff Schöpfung allerdings nur aus Gewohnheit und recht unbedacht vielen religiösen Vorstellungen entlehnen; denn für immer mehr scheint der Begriff Schöpfung heute keinen Platz mehr in ihren ernsthaften Überlegungen zur kosmischen Gesamtentwicklung zu haben. Hauptmotor jeder Evolution war und ist in diesem modernen Weltbild allein der pure Zufall.

Zu diesem Verständnis ganz sicher passend entwickelte sich durch zwar nach wie vor noch keineswegs genau geklärte Umstände vor vergleichbar wenigen, d.h. ein paar hunderttausend bis höchstens einigen wenigen Millionen Jahren, ein weiterer unbeschreiblich komplexer Kosmos, das menschliche Gehirn. Dieses überaus phantastische Organ gaukelt uns nun unser Ich, unser Selbstbewusstsein und die eigene Persönlichkeit schlechthin genauso vor wie unseren eigenen, in vielerlei Hinsicht immer noch frei geglaubten Willen. Neben dem Zufall als der zentrale Motor praktisch jeder kosmischen Entwicklung schreiben wir heute der Materie als Produkt dieses Zufalles uneingeschränkte Dominanz zu: Im Urknall irgendwie und irgendwann entstanden, schafft sie wieder neue Materie und alles ist aus Materie, auch unser Geist!

Fragt man heute führende Wissenschaftler unserer Erde, zum Beispiel einen weltweit anerkannten Kosmologen, Physiker, Evolutionsbiologen oder einen renommierten Hirnforscher, so dürften diese grundlegenden Einstellungen wohl ziemlich unstrittig sein.

Andersdenkende werden belächelt, beargwöhnt, in wissenschaftlichen Kreisen häufig bespöttelt und von einer gewaltigen Medienmaschinerie schlimmstenfalls als gefährlich für unsere Gesellschaft angegriffen.

Natürlich wird jeder gerne einräumen, es gäbe noch viele offene Details und so manchen Klärungsbedarf. Doch nur allzu oft glaubt man heute tatsächlich, noch fehlende Mosaiksteinchen schon in wenigen Jahren bis allenfalls Jahrzehnten endgültig beisammen zu haben.

Liebe Leser, der Mensch scheint fast am Ziel – Gratulation!

In den 1970er und 1980er Jahren wuchsen mir jedoch Zweifel an diesem Weltbild. Schon des Öfteren war ich selbst bis dahin dem Tod ziemlich nahe und habe im Laufe der Zeit viele Menschen, darunter auch eine ganze Reihe sehr nahestehender und geliebter Personen sterben sehen müssen. Und schon früh hatte ich mich deshalb zunächst mit der Frage beschäftigt, ob der Tod eines Menschen denn auch sein unwiderrufliches Ende sei oder nicht. Und während ich anfangs noch an die Endgültigkeit des Todes einer Person glaubte, bin ich heute grundlegend anderer Ansicht. Mittlerweile, und das bereits seit langem, bin ich der festen Überzeugung, dass der Mensch bloß körperlich stirbt und das, was wir "Tod" nennen, keineswegs auch sein persönliches Ende bedeutet.

Dieser Sinneswandel steht derweil im krassen Gegensatz zum allseits akzeptierten und in der Öffentlichkeit vehement verteidigten Weltbild.

Als praktizierender Facharzt und Hochschullehrer sollte man solcherlei Vorstellungen eigentlich besser für sich behalten. Zumindest für eine Karriere in einem renommierten wissenschaftlichen Institut sind sie ganz sicher eher unverträglich. Ich kenne Beispiele, wo derlei Überzeugungen ihren Vertretern die weitere wissenschaftliche Laufbahn gekostet haben.

Als jedoch wirtschaftlich unabhängiger Freidenker habe ich nach dem leider viel zu frühen Tod meines geliebten Vaters im Jahr 1996 vorzeitig damit begonnen, meine bereits bis dahin gewachsenen Überzeugungen in Büchern niederzuschreiben und damit nicht, wie ursprünglich einmal angedacht, bis zum eigenen Rentenalter zu warten. In vier von bislang sechs vorangegangenen Werken in deutscher Sprache – mittlerweile sind fünf davon auch in englischer Sprache erschienen – beschäftigte ich mich deshalb vor allem natürlich mit der Frage nach der Endgültigkeit des Todes. Meine allmählich gereifte Grundüberzeugung, dass der Tod eben nicht das wirkliche Ende eines jeden einzelnen Menschen sei, machte dann aber auch ein neues Weltbild unumgänglich; denn mit den derzeitigen Vorstellungen muss der Tod zwangsläufig endgültig sein.

Folglich suchte ich nach neuen Erklärungen, plausiblen Interpretationen für anerkannte Beobachtungen und Erkenntnisse. Nach Jahren kam ich so zu einem ganz neuen, einem alternativen Weltbild, in das sich vor allem auch die Vorstellung vom Überleben des nur körperlichen Todes problemlos einbetten ließ. Mein neues und dem modernen Zeitgeist gegenüber in mancher Hinsicht sehr konträres Weltbild ist natürlich extrem erklärungsbedürftig. Deshalb befasste ich mich in allen meinen Büchern auch mit den zwei ganz entscheidenden naturwissenschaftlichen Teilaspekten unserer Welt, dem Universum und dem Leben.

Beide Themenkomplexe beleuchtete ich dabei aus einem etwas anderen Blickwinkel als gemeinhin üblich: Ich suchte sowohl im unbelebten Kosmos als auch im Leben auf unserer Erde nach Parallelen, die ganz neuer Erklärungen bedürfen, sofern man sie nicht auch als ein bloß zufälliges Nebeneinander ignoriert. Derart neue Erklärungen erlauben aber eine alternative Sicht von Herkunft und Entwicklung aller Dinge und Wesen. Ich nenne dies den Blick über den Tellerrand.

Auf meiner Suche danach rückte die Mathematik in den Vordergrund.

Doch keine Angst, hier geht es nur um einfache geometrische Formen, Zahlen und Zahlenverhältnisse. Es scheint, dass gerade sie in der Lage sind zu helfen, ungemein viele Abläufe und Geschehnisse in unserer Welt besser und stimmiger zu beschreiben und zu erklären. Erstaunlich häufig findet man sie an allen entscheidenden "Ecken und Enden" im Universum und nicht zuletzt auch in uns selbst immer wieder. Natürlich werde ich stets strikt darauf achten, alle wirklich gesicherten Fakten des Wissens unserer Zeit vollständig in meine Vorstellungen zu integrieren.

Deshalb ist es ungemein wichtig, echte Fakten und ihre Interpretationen streng voneinander zu trennen. Vieles von dem, was heute als gesichertes Wissen gilt, ist tatsächlich nur eine Interpretation von verschiedenen Messergebnissen und damit grundsätzlich auch völlig anders erklärbar.

Mit dem hier nun vorliegenden siebten Buch möchte ich vorläufig abschließend meine Vorstellungen von einer alternativen Weltsicht in für jedermann verständlicher und einfacher Klarheit konsequent logisch und nachvollziehbar aufbauen. Stück für Stück erschließt sich daraus auch die für viele tröstende Einsicht, dass keiner seinen Tod fürchten muss, weil es ihn so, wie wir es gemeinhin annehmen, gar nicht gibt.

Während ich diese Zeilen schreibe, hat eine der vermutlich schlimmsten Naturkatastrophen seit Menschengedenken viele Anrainerstaaten des Indischen Ozeans heimgesucht. Ein Seebeben vor Sumatra löste eine gewaltige Tsunami-Welle aus, die wohl mehr als 270.000 Menschen das Leben kostete. Millionen von Angehörigen brauchten von einer Minute auf die andere wahren Trost. Deshalb glaube ich, ihnen aus tiefer Überzeugung sagen zu können, dass sie alle ihre auf so tragische Weise ums Leben gekommenen Lieben dereinst in voller Bewusstheit wieder sehen werden!

Jeden einzelnen Leser möchte ich mit diesem Buch dort abholen, wo er mit seinem persönlichen Wissen und seiner Kenntnis von den Dingen steht. Das macht häufigere Wiederholungen allerdings unvermeidlich. Keiner sollte aber fürchten müssen, die Welt nur mit Spezialkenntnissen verstehen zu können. Jeder Einzelne soll unsere Welt begreifen können; denn nach meiner Überzeugung ist sie im Grunde bestechend einfach.

Alles Komplexe und Komplizierte entsteht erst allmählich aus dem ganz Einfachen heraus und ist nicht selbst schon kompliziert.

Meine alternative Weltsicht ist dabei problemlos in der Lage, alle zentralen Grundüberzeugungen der großen Religionen und sicher auch vieler Mythen sowie die der großen Denker und Philosophen aller Zeiten in sich aufzunehmen.

Darüber hinaus scheint sie mir sogar die notwendige Voraussetzung für eine grundlegende Verbesserung unserer menschlichen Gesellschaft zu sein: Sie straft die notorisch Ungläubigen wohl genauso Lügen wie die Fundamentalisten unter den Gläubigen, gleich welcher religiösen Ausrichtung. Und jeder, der die Welt so begreifen lernt, wie sie nach meiner Ansicht im Kern ist, wird gar nicht anders mehr können, als in Zukunft alles daran zu setzen, das Heft für eine bessere Welt selbst mit in die eigene Hand zu nehmen – und jeder ist dazu gefordert!

Es scheint also dringend an der Zeit für eine alternative Weltsicht.

Und wann sollte es sich hierfür besser eignen als im Einstein-Jahr 2005, anlässlich des 50. Jahrestages des Todes dieses einzigartigen Genies und dem 100. Jahrestag der Veröffentlichung seiner berühmtesten Theorien?

Aachen, im Januar 2005

Prof. Dr. med. Walter van Laack

1.2) Zeitlose Überheblichkeit

Im Jahr 1874 wandte sich der erst 16jährige frischgebackene Abiturient Max Planck an den damals berühmten Münchener Physikprofessor Philipp von Jolly. Planck fragte ihn, ob er ihm empfehlen könne, Physik zu studieren. Von Jolly gab ihm damals den aus heutiger Sicht grotesk anmutenden Rat, dies bloß nicht zu tun, da doch schon alles Wesentliche erforscht sei, und es nur noch wenige Wissenslücken gäbe. Ein paar Jahrzehnte später revolutionierten die Ideen von Max Planck neben denen von Albert Einstein die Physik wie nur wenige jemals zuvor.

Die Zeiten ändern sich, des Menschen Überheblichkeit dagegen nicht.

Nun könnte man ja annehmen, die Menschheit habe in den letzten 100 Jahren tatsächlich eine derart stürmische Entwicklung besonders in den Naturwissenschaften hinter sich, dass solch grobe Fehleinschätzungen heute einfach kaum wahrscheinlich sind.

Pustekuchen! Beinahe täglich gibt es auch heute neue Erkenntnisse. Nicht selten stehen sie sogar im völligen Gegensatz zu den alten und kanzeln diese jetzt als falsch ab. In den meisten Fällen handelt es sich dabei natürlich nur um kleine Mosaiksteinchen des Wissens unserer Zeit: Leider jedoch verführt das schnell dazu, die großen richtungsweisenden Theorien weiterhin als abgesichert und beständig anzusehen. Man sollte aber bedenken, dass auch viele neue Mosaiksteinchen zwangsläufig irgendwann ein ganz anderes Bild ergeben. Ein paar Beispiele:

Noch vor wenigen Jahren glaubte man, im menschlichen Erbgut eine Bauanleitung für schier alles, was ihn ausmacht, erkennen zu müssen. Nicht nur der körperliche Aufbau, unser Aussehen, die Funktion unserer Organe, nein auch all unser Verhalten, unsere Intelligenz, der Charakter, also sämtliche wesentlichen Merkmale unserer Persönlichkeit, seien darin codiert. Mittlerweile hat man das menschliche Erbgut, unser Genom, weitgehend entschlüsselt. Übrig geblieben sind bloß noch etwa 25.000 Gene, jedes davon in etwa vergleichbar mit einem einzelnen Kapitel unserer gesamten Bau- und Betriebsanleitung. Das sind weit weniger Gene als manches Unkraut besitzt, und natürlich unvorstellbar weit weniger als ehemals vermutet.

Kaum zu glauben, dass ein Mensch sich in seiner ganzen Vielfalt damit wirklich erklären ließe, zumal von diesem kümmerlichen Rest auch noch zirka 99% mit einem Schimpansen, und 99,9% mit jedem beliebigen anderen Menschen auf der Erde identisch ist1. Ein Schelm, der sich nun darüber lustig machen möchte …

Eher sinnvoll und logisch wäre es doch anzunehmen, dass "niedere" Lebensformen, und ich meine damit solche, die weniger "Geist" besitzen als zum Beispiel der Mensch – wozu Unkraut wohl gehören dürfte – einfach mehr Informationen benötigen, die dort materiell verankert sind. Das hieße, Lebensformen mit mehr "Geist" bräuchten davon weniger?

Ein solcher Gedanke setzt natürlich die Annahme voraus, dass Geist nicht bloß ein Produkt des materiellen Gehirns – nur ein Epiphänomen – ist. Vielmehr muss sich der Geist über das jedem Individuum eigene Hirnniveau hinaus erheben und auf einer "höheren", nämlich rein geistigen Ebene, kommunizieren können. Genau das aber bestreiten sehr viele renommierte Hirnforscher heute energisch und medienwirksam. Für sie ist das, was wir "Geist" nennen, nur ein solches Epiphänomen, ein Produkt unseres Gehirns. Ich werde zeigen, dass dem nicht so ist!

Dort, wo wie beim Unkraut nur vergleichsweise wenig Kommunikation vorstellbar ist, weil seine "geistige" Entwicklung noch nicht sehr weit fortgeschritten ist, sind klare, lassen Sie mich sagen, schriftlich verbriefte Anweisungen schlichtweg vonnöten: deshalb ein größeres Genom.

Kommunikation wird allerdings flexibler, einfacher und viel reichhaltiger, wenn sie sich vom Papier befreit. Wir kennen das heute nur zu gut: Seitdem Computer und in jüngerer Zeit auch das Internet Einzug in viele Haushalte und praktisch alle beruflichen und institutionellen Ebenen gehalten haben, beschleunigt sich die kulturelle Entwicklung großer Teile der Menschheit noch mehr. Die Erfindung von Schriftzeichen, später die Nutzbarmachung von Papier als endlich einfaches händelbares Medium zu ihrer Verbreitung, noch viel später die Buchdruckkunst und dann im 19. Jahrhundert die Erfindung von Telefon und Telegraphie sind die eigentlichen Quantensprünge unserer kulturellen Evolution. Die Technik zeigt uns auch den Weg, den die Evolution wohl schon seit ewigen Zeiten in ähnlicher Weise geht: Sie betreibt die konsequente Abkehr von einer ursprünglich materiellen Basis und wendet sich im Gegenzug einer rein elektronischen und mehr immateriellen Informationsübermittlung und Speicherung zu. Der binäre Zahlencode ist das immaterielle oder virtuelle Informationsmedium der modernen Technik, der Computer der dafür heute noch erforderliche physikalische Speicher.

Unseren physikalischen Speicher kennen wir auch: Es ist das Gehirn. Während wir vor einigen Jahren noch vermuteten, alles sei irgendwie im Gehirn stofflich gespeichert, wissen wir heute längst, dass dies nicht stimmt. Wir sind einen Schritt weiter und gehen jetzt auch hier von einer Form immaterieller Informationsspeicherung aus. Mit aber ist das noch viel zu wenig: So wie es jemanden gibt, der einen Computer (von außen) bedient und über das Internet mit anderen Bedienern solcher Computer in regem Informationsaustausch steht, so oder ähnlich arbeitet auch unser Gehirn zumeist eben nicht eo ipso, d.h. aus sich selbst heraus. Genau das jedoch wird von der Wissenschaft mehrheitlich heute (noch) abgelehnt. Wenn dem aber so wäre, würde es eindeutig Sinn machen, dass manches Unkraut viel mehr Gene besitzt als zum Beispiel der Mensch: Das umständlich "schriftliche Festhalten" wachsender Mengen komplexer Informationen mit Hilfe von Genen nimmt, zumindest relativ betrachtet, während der Evolution offenbar ab. In unseren modernen Büros ist das eben ganz ähnlich: Früher brauchten wir unermesslich viel Stauraum mit unzähligen Regalen für meterweise volle Ordner, randvoll gefüllt mit beschriebenem Papier. Heute werden Unmengen mehr an Informationen auf kleinen Computerchips oder sogar direkt im Internet, einem bereits virtuellen Datennetz, gespeichert.

Liegt es da nicht einfach nahe, eine Form virtueller Informationsspeicher auch für das Leben allgemein anzunehmen? Spielen wir doch einfach mal eine Zeit lang mit dieser Annahme und nennen diesen sehr flexiblen und ungemein aufnahmefähigen immateriellen Speicher zukünftig "Geist".

Die folgende Geschichte liefert vermutlich einen interessanten Hinweis auf diesen im herkömmlichen Sinne nicht materiellen Geist:

Im Jahr 1966 brachte das amerikanische Ehepaar Reimer ihre beiden gerade sieben Monate alten Zwillingsbrüder Bruce und Brian zwecks Beschneidung, einem kleinen Routineeingriff, in ein Krankenhaus.

Leider kam es dort zu einer schweren Komplikation: Während einer an sich üblichen elektrischen Blutstillung kam es am Penis des kleinen Bruce zu schweren Brandverletzungen. Psychologen rieten daraufhin den Eltern, Bruce seine männlichen Geschlechtsmerkmale zu entfernen, weibliche zu modellieren und ihn fortan als Mädchen großzuziehen.

In seiner Pubertät könne man dann mit entsprechenden Hormongaben eine perfekte Frau heranziehen, der nur die Fortpflanzungsfähigkeit versagt bliebe. So geschah es, und Bruce wurde zu Brenda. Schließlich beschloss man, ihr niemals die Wahrheit zu erzählen. Bald wurde dieser Fall berühmt und besonders von der Frauenrechtsbewegung dankbar aufgenommen – glaubte man doch, endlich einen Beweis in Händen zu haben, dass sich die konventionellen Muster männlichen und weiblichen Verhaltens allein durch Erziehung verändern ließen. Doch einmal mehr Pustekuchen: Brenda, obwohl nun betont weiblich erzogen, wehrte sich schon früh gegen alles Mädchenhafte. Sie weigerte sich vehement, Kleider zu tragen, raufte wie ein Junge und versuchte, möglichst im Stehen zu urinieren. In der Pubertät lehnte Brenda ihren Körper so sehr ab, dass es zu mindestens einem Selbstmordversuch kam. Dennoch akzeptierte sie es, weiterhin weibliche Hormone zu nehmen, wohl in der Hoffnung, alles würde doch noch irgendwie ins Lot kommen.

Gleichwohl benötigte sie ständig psychiatrische Betreuung und an der Ablehnung ihrer Weiblichkeit änderte sich nichts. Als Brenda 14 Jahre alt war, hielt es ihr Vater schließlich nicht mehr aus und erzählte ihr die wahre Geschichte. Brenda entschied, sich möglichst schnell wieder zu einem funktionstüchtigen Mann umoperieren zu lassen, was dann auch geschah. Aus ehemals Bruce, dann Brenda, wurde schließlich David.

Mit 23 Jahren heiratete er, wurde später aber wieder geschieden. Im Jahr 2000 ging David mit seiner Geschichte selbst an die Presse. Mittlerweile hatte sein Bruder Brian, der an Schizophrenie erkrankt war, Selbstmord verübt. David konnte es und sein Leben genauso wenig verwinden und beging ebenfalls später Selbstmord.

Dieser tragische Fall zeigt zweierlei: Zum einen, mit welcher Chuzpe und Arroganz nicht selten seitens der Wissenschaft Dogmen gepflegt werden, sogar noch dann, wenn man bereits erkennen kann, dass die Wirklichkeit ganz anders zu sein scheint. Zum anderen liefert der Fall Bruce-Brenda-David Reimer aus den USA einen Hinweis darauf, dass weder Gene noch Erziehung allein die Persönlichkeit eines Menschen bestimmen.

Hinter den Kulissen des uns Bekannten muss es einfach noch mehr geben: Dabei kann es sich jedoch nicht mehr um etwas rein Materielles handeln – auch das scheint eigentlich klar. Wir sollten deshalb irgendeine nichtmaterielle, geistige Existenz der Persönlichkeit, die unabhängig von jeder materiellen Umgebung waltet, als Arbeitshypothese annehmen.

Viel Rückhalt gibt es dafür in der Wissenschaft, besonders auch bei einigen bekannten Hirnforschern allerdings nicht. Ja und?

Betrachtet man die ja durchaus gegensätzlichen Positionen namhafter Hirnforscher einmal etwas näher, so muss man feststellen, dass von ihnen fast immer nur diejenigen, die eine streng materialistische (und deshalb nenne ich sie mal doppeldeutig: "geistlose") Anschauung vertreten, von der westlichen meinungsbildenden Medienmaschinerie öffentlich zu Wort gebeten werden. Folglich erhalten wir alle ganz gezielt einseitig gefilterte Ansichten als modernes Wissen verkauft. Davon, dass es unter renommierten Wissenschaftlern genauso gut auch gegenteilige Ansichten gibt, bekommen wir nur selten Notiz. So ist es heute oft recht einfach, die Vorstellungen zum (vermeintlich) sicheren Wissensstand zu erheben, die in den Zeitgeist der Meinungsmacher passen; dazu später natürlich mehr.

Hier erst ein paar andere Beispiele moderner Irrtümer:

Bis weit in die 1980er Jahre hat man bei Magengeschwüren regelmäßig die Mägen der Kranken großzügig entfernt. Bei den meisten Patienten hat man jedoch auf diese Weise wohl an den eigentlichen Ursachen ihrer Krankheit regelrecht "vorbeioperiert". Man wusste es damals halt nicht besser, glaubte aber wie selbstverständlich völlig richtig zu handeln. Man war unbeirrt der festen Ansicht, eine übermäßige Säureproduktion im Magen sei für die Geschwüre verantwortlich. Die Pharmaindustrie beendete solche Operationsorgien später dadurch, dass sie wirksame Säurehemmer in Tablettenform entwickelte. In den 1990er Jahren wurde daraufhin der Markt mit den neuen Medikamenten überschwemmt: Doch auch das traf nicht die wirkliche Ursache des Übels. Vor wenigen Jahren erst fand man schließlich heraus, dass in der großen Mehrzahl der Fälle eine Infektion durch sogenannte Helicobacter-Bakterien schuld an den Geschwüren ist. Seither hilft ein spezielles Antibiotikum, und die Mägen sehr vieler Menschen bleiben erhalten.

Apropos Bakterien und andere kleine "Viecher" wie Viren und Parasiten: Mehr und mehr scheint sich heute die Erkenntnis breit zu machen, dass schleichende und chronische Entzündungen im Körper, die vielleicht über viele Jahre und sogar Jahrzehnte bestehen, eine ganz entscheidende Mitursache für viele schwere Krankheiten darstellen. Selbst Herzinfarkte, Alzheimer und einige Krebserkrankungen werden dadurch womöglich zumindest begünstigt, wenn nicht allein verursacht. Und am Anfang vieler dieser chronischen Entzündungen stehen Infektionen mit allerlei Kleinstlebewesen, wie wir sie uns täglich einverleiben können, oft ohne überhaupt etwas davon zu merken. Unzählige Parasiten leben ständig in uns. Die jüngsten Entdeckungen gelten sogenannten Nanobakterien, die nur etwa einen 30 Millionstel Millimeter groß sind. Eigentlich dürfte es sie gar nicht geben, da sie nach geltender Lehrmeinung zu klein sind für all die Substanzen und Strukturen, die der eigene Zellstoffwechsel benötigt. Offenbar scheinen aber gerade derlei chronisch-schleichende Entzündungen das Immunsystem auf Dauer entscheidend zu schwächen und machen damit Platz für viele schlimmere Krankheiten.

Auch manipulieren sie die menschliche Körperabwehr so, dass der Entzündungsmechanismus selbst dann noch weiterläuft, wenn die krankmachenden Viecher nicht einmal mehr im Körper vorhanden sind. Alles in allem aber muss unser bisheriges "Weltbild" von der Entstehung schwerer Erkrankungen vermutlich ebenso revolutioniert werden. In der Medizin wird derlei fundamentaler Sinneswandel allerdings viel gnädiger aufgenommen; denn dort ist man so etwas längst gewöhnt.

Die in den "strengen" Naturwissenschaften gern zur Schau getragene Allwissenheit ist in der Medizin nicht gar so stark manifestiert. Manches wird hier "relativer" gesehen. Das liegt daran, dass es unterschiedliche "turnover-Zeiten" von Wissen gibt. Darunter versteht man die Zeit, in der altes Wissen von neuem überholt und ersetzt oder zumindest auch in seinen Grundfesten geändert wurde.

Seit den Anfängen der Menschheit hat sich dieser "turnover" des technisch-naturwissenschaftlichen Wissensstands zuerst ganz allmählich, in den letzten Jahrhunderten und schließlich in nur wenigen Jahrzehnten dann erheblich beschleunigt. Dennoch: In der Medizin drehen sich die Räder schon seit geraumer Zeit noch schneller. Selbst ins Gegensätzliche kippende Veränderungen bestehenden Wissens sind für den Mediziner heute eher an der Tagesordnung. Zum Beispiel habe ich schon so viele Medikamente kommen und manchmal sogar bald wieder gehen sehen: Sie alle waren nach ausgiebigen Prüfungen ungeheuer wirksam, absolut sicher und, und, und. Doch der Kranke wollte nicht so wie das Mittel…

Falsche Dogmen ziehen leider des Öfteren sogar fatale Konsequenzen nach sich. Besonders tragisch ist in diesem Zusammenhang zum Beispiel das "Versehen" australischer Genforscher: Wie vor ein paar Jahren das britische Wissenschaftsmagazin New Scientist2 schrieb, wollten diese mit Hilfe gentechnischer Eingriffe einen Virus erschaffen, um damit die Vermehrungsrate von Mäusen zu reduzieren. Versehentlich entstand dabei jedoch ein für die gesamte Mäusepopulation absolut tödlicher, mit dem Pockenvirus verwandter Virus, so dass am Ende selbst diejenigen Tiere starben, die zuvor gegen diesen Virus geimpft worden waren.

So ein Beispiel dokumentiert einmal mehr die Überheblichkeit vieler Forscher zu wahrscheinlich allen Zeiten: Nicht nur, dass man bislang zumeist davon ausgegangen war, gentechnische Veränderungen würden Viren eher weniger gefährlich machen. Nein, eine Umfrage des Magazins New Scientist unter Genetikern, also Erbgutforschern, hatte fünf Jahre zuvor sogar noch ergeben, dass man bis dahin glaubte, die Erschaffung neuer gefährlicher Viren sei zumindest sehr schwierig, wenn nicht gar ganz unmöglich.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Mit diesem Beispiel möchte ich mich nicht gegen die Genforschung aussprechen. Im Gegenteil, ich halte sie grundsätzlich und langfristig für sehr wichtig, ja notwendig und wahrscheinlich in großem Maße nützlich. Dennoch müssen wir uns immer wieder klar machen, dass unser Wissen zu jeder Zeit genauso vergänglich ist wie unser Körper. Deshalb ist es gerade heute besonders wichtig, zu versuchen, den Überblick und den Durchblick zu behalten.

Noch im Mittelalter glaubte man fest an das geozentrische Weltbild der griechischen Naturphilosophen Aristoteles (384-322 v.Chr.) und Ptolemäus (100-170 n.Chr.): Danach ist die Erde eine Scheibe und steht im Mittelpunkt des Universums. Dabei hatte schon kurz nach Aristoteles der griechische Astronom und Mathematiker Aristarchos von Samos (310-230 v.Chr.) festgestellt, dass die Erde eine Kugel ist und sich tatsächlich um die Sonne dreht (heliozentrisches Weltbild). Zu dieser Erkenntnis verhalf ihm ein wenig Mathematik: Einfache geometrische Formen wie rechtwinklige Dreiecke, zwischen Erde, Mond und Sonne projiziert, wiesen ihm den richtigen Weg. Allerdings dauerte es noch über eineinhalbtausend Jahre, bis zunächst Nikolaus Krebs, genannt Nikolaus von Kues (1401-1464), sowie anschließend Nikolaus Kopernikus (1473-1543) die Erkenntnisse von Aristarchos wieder aufgriffen. Während von Kues zu früh starb, um damit zu seiner Zeit Gehör zu finden, schaffte das Kopernikus wenige Jahre vor seinem Tod und krempelte so das damals eingefahrene Weltbild komplett um. Bis dahin musste er seine Thesen zunächst jedoch jahrzehntelang aus Angst vor Spott und Nachstellungen verstecken: Zu revolutionär waren damals seine Gedanken und zu stark die Lobby der Hüter des Systems. Duldeten damals vor allem die Vertreter einer allmächtigen katholischen Kirche in Staat und Klerus keine noch so berechtigten Zweifel am bestehenden Weltbild, so ist in unserer Zeit die Wissenschaftslobby kaum minder einflussreich. Das mag auch daran liegen, dass diese in nicht unerheblichem Maße mit einer gigantischen und sehr einflussreichen Medienmaschinerie kommerziell verflochten zu sein scheint: Millionen Menschen leben heute sehr gut davon, in immer neuen und geschickt beworbenen Büchern oder effekthaschend schönen, heute längst computeranimierten Filmen so griffige Ideen wie zum Beispiel die eines "Big Bang" (Urknall) präsentiert zu bekommen. Kritiker solcher Thesen werden dagegen heute ebenso gerne verspottet, bestenfalls als esoterische Außenseiter ignoriert.

Natürlich stellt sich die Frage, ob alternative Vorstellungen überhaupt erforderlich sind, scheinen doch die allgemein anerkannten Modelle über jeden ernsthaften Zweifel erhaben zu sein? Ich glaube jedoch, man muss dem entgegenhalten, dass es früher nicht anders war.

Und heute wissen wir, wie oft solche Ansichten schließlich nur Ausdruck menschlicher Überheblichkeit oder gar Arroganz waren und heute längst belächelt werden. Damals wie heute gab und gibt es eine Reihe von Beobachtungen, die mit dem jeweiligen Weltbild nicht oder nicht plausibel zu vereinbaren waren, bzw. sind. Damals wie heute ignorierte man selbst respektable Einwände gerne und geflissentlich. Und damals wie heute schickte man sich an, die lieb gewonnenen Vorstellungen den neuen Erkenntnissen durch gezielte "Kunstgriffe" einfach anzupassen, um auf diese Weise ihre vermeintliche Stimmigkeit nicht zu gefährden. Im Rahmen dieses Buches werde ich auf den einen oder anderen solcher "Kunstgriffe der Wissenschaft" noch zu sprechen kommen.

Am Ende dieses Kapitels möchte ich allerdings noch einmal klarstellen, dass meine Kritik an einigen modernen naturwissenschaftlichen Vorstellungen über unsere Welt nicht falsch verstanden werden soll:

Eine ganze Menge von dem, was wir heute wissen, hat uns auch in erkenntnistheoretischer Hinsicht weitergebracht. Vieles von dem, was wir heute wissen, hat auch die Menschheit weitergebracht. Alles in dieser Welt hat jedoch zwei Seiten, und wo Licht ist, da ist auch Schatten.

Mächtige Schatten sehe ich darin, dass man in wachsendem Maße den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Zu oft neigt man zur Ignoranz alltäglicher Erfahrungen, von menschlichen Gefühlen, aber auch von historischen, mystischen und religiösen Überlieferungen, Beispielen oder Weisheiten. Das jedoch wirft uns alle wieder zurück. Manch eine naturwissenschaftliche Erkenntnis ist bloß reine Interpretation und hat viele verschiedene Beweggründe: Neben echter Wahrheitsliebe und Wahrheitssuche finden sich darunter leider auch Zeitgeist, persönliche Einstellungen, Ehrgeiz Einzelner oder kommerzielle Quotensucht.

Die Wahrheit wird dann leicht zur Nebensache. Das führt zu einer modernen Form menschlicher Unterdrückung: Der Mensch wird seiner Perspektiven beraubt und verlernt so, sich und dem Nächsten zu dienen, weil er sich und den Nächsten nicht mehr liebt. Nächstenliebe beginnt aber, wie die Bibel eindrucksvoll ausweist, mit der Liebe zu Gott. Doch wo soll es noch Liebe zu Gott geben, wenn die Wissenschaft für Gott keinen Platz mehr hat? Das Fundament menschlicher (Ko-) Existenz bricht weg. Deshalb ist meine Kritik so wichtig.

Hoffentlich kommt sie nicht zu spät!

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1 Human Genome Project, USA, 2004

2 New Scientist, Nr. 2273

1.3) Das Problem mit dem Tellerrand

Es klang schon an: Ein, wie ich meine, großes Problem unserer Zeit und zwar keineswegs nur in den Naturwissenschaften, sondern auch in Staat und Gesellschaft, ist die wachsende Unübersichtlichkeit auf nahezu allen Ebenen und in allen Bereichen. Der entscheidende Grund dafür ist eine zunehmende Verzweigung der Wissensgebiete und so eine wachsende Spezialisierung. Unser Weltwissen vergrößert sich in immer kürzerer Zeit dramatisch und verzweigt sich wie die Äste einer riesigen Baumkrone in immer mehr einzelne Richtungen.

Noch gegen Ende des Mittelalters gab es den "Doctor universalis", den Universalgelehrten, wie ihn z.B. Albertus Magnus (1193-1280) und Thomas von Aquin (1225-1274) besaßen. Heute jedoch arbeiten und forschen die weitaus meisten nur noch in und an ihren immer enger umgrenzten persönlichen Schwerpunkten, bestenfalls im Team. Kaum jemand wirft noch einen Blick auf die Aktivitäten seiner wissenschaftlichen Nachbarn. Diese Entwicklung betrachte ich mit Sorge. Einerseits muss man so mit der Zeit zwangsläufig jeden Überblick verlieren; denn es ist kaum noch möglich, die eigenen Ergebnisse mit denen anderer Wissensgebiete zu vergleichen. Nur das würde aber zuverlässig helfen, womöglich voreilige Schlussfolgerungen rechtzeitig zu revidieren. Obendrein läuft man noch Gefahr, einige Beobachtungen nicht ausreichend zu gewichten, da man wegen seines eigenen, eingeschränkten Blickwinkels ihre vielleicht sogar sehr große Bedeutung gar nicht mehr erkennen kann.

Eine schöne Parabel, die der englische Dichter Godfrey Saxe (1816-1887) dem Hinduismus entlehnte, mag das verdeutlichen:

Saxe beschreibt darin sechs Blinde, die sich ein Bild von einem Elefanten machen wollen. Alle betasten das Tier und sind fest davon überzeugt, nun über seine Beschaffenheit und sein Aussehen genau Bescheid zu wissen. Dabei entgeht ihnen allerdings, dass jeder von ihnen tatsächlich jedoch immer nur einen kleinen Teil des Tieres wahrgenommen hat, so wie heutzutage der Physiker meist nur die Physik oder der Chemiker nur die Chemie sieht, u.s.w.! Der erste Blinde meint deshalb, eine Wand vor sich zu haben. Der zweite, der nur den Stoßzahn befühlt, glaubt, es handele sich dabei um einen Speer. Der dritte hält das Tier wegen seines Rüssels für eine große Schlange und der vierte aufgrund seines stämmigen Beines für einen Baum. Der fünfte, der nur das Ohr des Elefanten ertasten kann, hält diesen für einen Fächer und der sechste schließlich, der allein den Schwanz gefühlt hat, vermutet darunter ein Seil. Am Ende streiten sie sich darüber, wer denn nun Recht hätte.

Wir alle, so glaube ich, stehen heute vor genau demselben Problem: Betrachtet man jede Wissenschaft für sich und schaut nur auf die vielen Einzelergebnisse, dann lassen sie alle für sich ganz unterschiedliche Deutungen zu. Nur für sich allein genommen sind sie so vielleicht auch durchaus gerechtfertigt. Versucht man aber mal alle Beobachtungen zusammen zu werten und auf einen Nenner zu bringen, dann erweisen sich die vielen Einzelinterpretationen auf einmal als eigentlich untragbar. So gesehen wäre es wohl zweifellos besser, von vornherein mutigere und ganzheitlichere Interpretationen zu wagen.

Der entscheidende Knackpunkt sind also nicht die Beobachtungen, die vielen Messungen und Ergebnisse einzelner Experimente selbst. Das Problem sind allein die jeweilige Deutung und mangelhafte Einordnung in ein Ganzes. Interpretationen müssen aber unterschiedlich ausfallen, je nachdem, ob man nur einzelne Ergebnisse bewertet oder verschiedene Beobachtungen in einem größeren Zusammenhang betrachtet und so miteinander vergleicht. Nur durch die Betrachtung von Ergebnissen auch über den eigenen Tellerrand hinaus lässt sich die Richtigkeit einer Deutung kritisch überprüfen. Interpretationen werden nur allzu häufig beeinflusst durch gesellschaftliche Einstellungen, politisch-ideologische und religiös-fundamentalistische Dogmen – kurz gesagt, durch den jeweils herrschenden Zeitgeist. Ein mangelnder Überblick ist geradezu angetan, vielen fehlerhaften Interpretationen korrekter Beobachtungen Vorschub zu leisten und ihre wahre Bedeutung dadurch zu verschleiern.

Noch etwas scheint mir an dieser Stelle genauso wichtig: Bisher hat uns die Erfahrung immer wieder gelehrt, dass jede letzte wissenschaftliche Wahrheit vor allem auch ein großes Maß an Integration, Einfachheit und Schönheit besitzt. Viele sehr bedeutende Wissenschaftler haben darauf zumeist am Ende ihrer Schaffenszeit besonders hingewiesen, so zum Beispiel der berühmte englische Mathematiker und Astrophysiker Sir Arthur Eddington (1882-1944) oder die beiden deutschen Physiker Albert Einstein (1879-1955) und Erwin Schrödinger (1887-1961).

"Simplex sigillum veri (est)", was übersetzt soviel heißt wie "einfach ist das Siegel des Wahren", ist für mich deshalb eine wichtige Forderung, wenn man die Welt, in der wir leben, erklären möchte. Je einfacher und schöner eine Theorie ist, desto größer scheint die Chance, dass sie der Wahrheit auch nahe kommt. Einfach, schön und den eigenen Tellerrand überragend – das muss unsere Devise sein. Wenn jedoch Einfachheit eine der Grundprinzipien jeder wissenschaftlichen Wahrheit zu sein scheint, dann sollte es auch tatsächlich möglich sein, sie einfach und für jedermann verständlich zu präsentieren.

1.4) Warum gerade Logik?

Logik kommt vom griechischen Wort "logos", das vor allem "Wort", aber auch "Vernunft" bedeutet. Unter Logik versteht man die Lehre vom folgerichtigen Handeln und Denken. Bringt man die Vernunft ins Spiel, würde man heute unter "Logik" auch so Begriffe wie "Pragmatik" und "gesunder Menschenverstand" mit einbeziehen. Anders formuliert heißt Logik, mit klarem Kopf, ohne Vorurteile und ohne äußere Einflüsse zu folgern und mit Sinn für das Nützliche und Tatsächliche zu handeln.

Logik beherrschte das Denken der alten griechischen Philosophen, und Aristoteles (384-322 v.Chr.) beschäftigte sich mit ihr sogar systematisch. Er sah in ihr ein Instrument des Denkens, das dabei hilft, das Wissen der Zeit zur Wahrheitsfindung richtig nutzen zu können.

Wissen und Wahrheit werden demnach also keineswegs gleichgesetzt: Vielmehr benötigt man erst noch vernunftbetontes Denken, damit Wissen überhaupt zur Wahrheit beiträgt. Anders gesagt, Wissen kann durchaus auch dazu führen, den Weg zur Wahrheit zu verlassen – dann nämlich, wenn es nur scheinbar ist, weil man es nicht durch logisches Denken und Handeln plausibel und vernünftig in den Griff bekommt.

Genau das aber scheint im Laufe der Geschichte des Öfteren passiert zu sein: So haben über viele Jahrhunderte hinweg die weltlichen Vertreter des Christentums den Weg zur Wahrheit nach ihren eigenen Regeln bestimmt. Andere Vorstellungen, die sich nicht mit den wortgetreuen Überlieferungen, aber auch späteren Neudeutungen des Alten und Neuen Testaments deckten, wurden zeitweilig bis aufs Blut bekämpft. Unzählige Denker und Forscher wurden getötet, viele zumindest mundtot gemacht. Stellvertretend für sie erwähne ich an dieser Stelle nur die berühmten italienischen Astronomen Giordano Bruno (1548-1600) und Galileo Galilei (1564-1642). Bruno endete auf dem Scheiterhaufen und Galilei überlebte bloß deshalb, weil er zum einen außerordentlich angesehen war, zum anderen aber auch seinen Beobachtungen auf massives Drängen der Inquisition schließlich noch abschwor.

Die Neuzeit ist geprägt durch eine besonders stürmische Entwicklung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Viele Kernüberzeugungen der die westliche Hemisphäre so lange Zeit dominierenden katholischen Kirche wurden hierdurch als unhaltbar entlarvt und so ihre Macht allmählich in den Hintergrund gedrängt. Die Naturwissenschaften revolutionierten das Denken, es entstand der Empirismus: Sinnliche Erfahrung und nicht die Religion sollte nun allein zur Wahrheit führen: Was man nicht sehen, hören, fühlen oder messen, also allgemein: beobachten kann, dient nun nicht mehr der Wahrheitsfindung. Stellvertreter ihrer Epoche sind die Briten John Locke (1632-1704) und David Hume (1711-1776).

In die Gegensätze religiöser, rein rationaler und naturwissenschaftlich empirischer Erkenntnissuche tritt nun Immanuel Kant (1724-1804) mit seinen zwei Hauptwerken "Kritik der reinen Vernunft" (1781 und 1787) sowie "Kritik der praktischen Vernunft" (1789). Ursprünglich war Kant davon überzeugt, durch "reine Vernunft" zur Erkenntnis gelangen zu können, während für ihn religiöse Vorstellungen spekulativer Natur und daher von vornherein kaum zur Wahrheitsfindung geeignet seien.

Als großer Bewunderer von David Hume tendiert er jedoch mehr und mehr zu einer rein naturwissenschaftlichen Erfahrungssuche mit Hilfe sinnlicher Wahrnehmung. Schließlich entlarvt er aber auch sie als doch zu einseitig und sucht nach einem Kompromiss, den sprichwörtlichen dritten Weg zwischen dem Denken und Beobachten. Kant stellt fest, dass am Anfang zwar immer das Wahrnehmen stehen muss, also etwas Passives. Doch das einmal Wahrgenommene muss anschließend dem Verstand zugeführt werden, ein aktiver Vorgang. Kant bemerkt, dass beides notwendig ist und keine der beiden Fähigkeiten der anderen vorzuziehen ist. Ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben und ohne Verstand keiner gedacht werden. Gedanken ohne Inhalt sind "leer", Anschauungen ohne Begriffe sind "blind". Der Verstand, so Kant, vermag selbst nichts anzuschauen und die Sinne vermögen nichts zu denken. Nur daraus, dass sie beide sich vereinigen, kann Erkenntnis entspringen. Der Mensch müsse also seinen Verstand benutzen, um die Anschauungen, die er aus der sinnlichen Erfahrung gewinnt, also mit Hilfe der Naturwissenschaften, zu verstehen. Allein darüber könne man schließlich zu Ideen im Sinne von Gedanken kommen, die das Erkennen in einen Zusammenhang zu bringen vermögen, der auch alle sinnlichen Erfahrungen umfasst. Alles, was über die Anschauung hinausgeht, wie z.B. das Ganze und Notwendige, die Seele, die Welt und das Unwesen, bleiben der Erkenntnis der Wissenschaft entzogen.

Kant erkennt also die unabhängige Existenz von Verstand als Ausdruck des Geistes an. Er postuliert deshalb das Nebeneinander von zwei Welten, die des Geistigen, allein dem Verstand zugänglich, und die des Materiellen, durch sinnliche Wahrnehmung erfahrbar. Kant meint dazu: „Wir sind uns jetzt durch die Vernunft schon als in einem intelligiblen Reich befindlich bewusst, nach dem Tode werden wir das anschauen und erkennen und dann sind wir in einer ganz anderen Welt, die aber nur der Form nach verändert ist, wo wir nämlich die Dinge erkennen, wie sie an sich selbst sind!.“

Neben dem Verstand als dem mehr theoretischen Aspekt der Vernunft, existiert für Kant noch ein weiterer, ein praktischer Aspekt, nämlich die Freiheit des menschlichen Handelns. Sie ist einem jeden als Postulat des Unbedingten aufgegeben, des uneingeschränkt Notwendigen in uns.

Das heißt: Jeder Mensch muss sein Handeln nach sittlich moralischen Prinzipien so ausrichten, dass sie genauso in sich stimmig sind wie die Geschehnisse in der Natur, die es in der für uns ständig erkennbaren Notwendigkeit ihres Geschehens von sich aus auch sind. Das führt zu einem "Sollen" einer jeden Handlung, was als "Kant'scher kategorischer Imperativ" berühmt wurde und damit im strikten Gegensatz zur Willkür steht, dem nur triebhaften Wollen und Begehren.

Immanuel Kant ruft also alle Menschen auf, sich ihrer eigenen Freiheit zu bedienen, edel und gut zu sein, und Erkenntnis aus dem Gebrauch von Wissenschaft und Vernunft durch eigenes Denken zu erzielen.

Kants Vorstellungen kann man in dieser Form auch aus heutiger Sicht nur deutlich unterstreichen.

Wie so oft in der Geschichte, wurden leider auch Kants Vorstellungen nach seinem Tod teils missverstanden und teils fehlgedeutet. Der von Kant besonders herausgestellte, individuelle menschliche Charakter wird zunächst durch den deutschen Philosophen Arthur Schopenhauer (1788-1860) zu einer unwirklichen, bloßen Erscheinung degradiert.

Und Kants Vorstellung vom Denken und der menschlichen Vernunft als Gegenpol zur sinnlichen Erfahrung wandeln die deutschen Philosophen Johann Gottfried Fichte (1762-1814), Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) und Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling (1775-1854) um zur realen Existenz des "Vernünftigen". Nur was vernünftig ist, ist wirklich, und was wirklich ist, ist auch vernünftig, gilt als die neue Wahrheit. Aus ihr begründet sich später eine neue, eine weltliche Religion: Heute spricht man von Ideologie oder politischer Weltanschauung. Kant aber hatte die Ansicht strikt verworfen, dass alles, was sich denken lässt, auch wirklich