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Astrid Leila Bust
Bjørn Thorsten Leimbach

Tantra

Das Liebes- und Beziehungstraining für Singles und Paare

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Inhalt

Vorwort

Ist Tantra etwas für mich?

Tantra nur für Paare?

Was bedeutet Tantra?

Klassisches Tantra

Ist Tantra noch aktuell?

Modernes Tantra: LoveCreation® Tantra

Einführung in den Lehrgang

Aufbau des Lehrgangs

Die innere Haltung in Tantra

Shiva und Shakti – Mann, Frau und das Höhere Selbst

Das Unterbewusstsein als Freund

Kontinuität ist wichtig

I. REISEN IN DEINE INNENWELT

Der Einstieg in Tantra: Wo beginnst du deine Reise?

ÜBUNG: Acht Fragen zu Liebe, Sexualität, Spiritualität, Ekstase und Partnerschaft in deinem Leben

Woran erkenne ich, dass ich angekommen bin?

Anmerkung für Paare

Sexualität und Tantra

Zehn Glaubenssätze, die unsere Sexualität hemmen

Partnerschaft und Tantra

Ungünstige Einstellungen zur Partnerschaft

Die Begegnung von Königin und König

Glaubenssysteme: schöpferische und zerstörerische innere Kräfte

Wie Glaubensmuster entstehen

Hemmende und unterstützende Glaubenssätze

ÜBUNG: Erkenne deine eigenen Glaubenssätze zu Sexualität, Liebe und Partnerschaft

ÜBUNG: Glaubensmuster neu ausrichten

Die Sprache deines Unterbewusstseins

II. TANTRISCHE ÜBUNGEN

Den tantrischen Raum kreieren

Praktische Tipps

ÜBUNG: Die tägliche Einstimmung auf Tantra

Die tantrischen Schlüssel: Atem, Bewegung und Stimme

ÜBUNG: Centering

ÜBUNG: Deine Energie bewegen und ausdrücken

Die Lebensenergie ins Fließen bringen

ÜBUNGSREIHE: Sexercises für Anfänger

Sexuelle Energiewellen und Pulsation

Der JA/NEIN-Schalter

Die Kundalini-Energie

ÜBUNG: Orgasmische Pulsation

Der Atem: Schlüssel zur Lebendigkeit

Prana – die ursprüngliche Lebensenergie

ÜBUNG: Die volle innere Welle atmen

Atemlenkung und Visualisierung

ÜBUNG: Die Prana-Energie durch den Körper lenken

ÜBUNG: Den Atem im Alltag wahrnehmen

ÜBUNG: Gefühlszustände verändern

Der Atem – die Brücke zu deinem Unterbewusstsein

Der Atem – Energie für die Liebe

Die Transformation der Energie: Der Energiekörper und die Chakren

Die Chakren

Chakren und Sexualität

ÜBUNG: Wie du deine Chakren öffnen kannst. Die Chakra-Mudras

Die Energiepumpe und der Sexuelle Atem

ÜBUNG: Die Energiepumpe

ÜBUNG: Der Sexuelle Atem

Der weibliche Körper als Tempel der Lust und Liebe: Shaktis Energie

Der weibliche Orgasmus

ÜBUNG: Ein JA zu deinem Körper finden

ÜBUNG: Sinnliche Selbstliebe

ÜBUNG: Reise durch den Garten der Lust

ÜBUNG: Die Yoni sprechen lassen

Der männliche Körper als Tempel der Lust und Liebe: Shivas Energie

Was Männer beim Sex beschäftigt

Die Kontrolle aufgeben

Der Weg der Ekstase

ÜBUNG: Sinnliche Selbstliebe

Der Shivalingam

ÜBUNG: Der Lingam-Dialog

Die Erektion

ÜBUNG: Aktivierung eines schlaffen Lingams

Der Orgasmus – vom Absprung zum Höhenflug

ÜBUNG: Die Energie halten lernen

Gemeinsame Ekstase und Verschmelzung

ÜBUNG: Bodybuilding für den Penis

III. TANTRISCHE RITUALE

Einstimmung auf Übergänge

Aufbau eines tantrischen Rituals

Das Ritual der Erweckung der Sinne

Sinnesritual für Paare

IV. AUSKLANG

Der tantrische Weg der Transformation

ANHANG

Die Tantrapraxis-CDs

Literatur und Musikempfehlungen

Viele Menschen haben direkt zum Entstehen von LoveCreation® sowie zur Fertigstellung dieses Buches beigetragen. Ohne die Arbeit vieler Menschen im tantrischen, spirituellen und therapeutischen Bereich wäre dieser Lehrgang undenkbar. Nur einen kleinen Teil dieser vielen Menschen kennen wir persönlich und doch gebührt ihnen allen unser Dank. Insbesondere Wilfried M. Zapp, der die Musik zu unseren CDs eigens komponiert hat, sowie unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die uns immer wieder unterstützend zur Seite stehen, gilt unser Dank.

Verbunden sind wir unseren persönlichen Lehrern, den äußeren und inneren. Und nicht zuletzt sind es unsere TeilnehmerInnen, von denen wir immer wieder lernen können.

Bjørn Leimbach und Leila Bust

Vorwort

Liebe Leserin und lieber Leser,

Tantra ist mittlerweile durch die Medien ein fast geläufiger Begriff geworden. Immer mehr Menschen haben eine ungefähre Vorstellung von dem, was Tantra bedeutet. Häufig wird darunter eine exotische Variante des Liebeslebens verstanden. Die Menschen haben die Vorstellung, dass sie durch Tantra ein paar Tipps für den Sex erhalten, mit denen sie ihr Liebesleben oder ihre Beziehungen wieder erfüllender oder befriedigender gestalten können.

Und obwohl Tantra ein Weg der Erfahrung und Praxis ist – und kein Glaubenssystem – lässt sich Tantra nicht einfach in das bisherige Leben an ein paar Stellen einbauen. Vielmehr geht es um eine neue Lebens- und Sichtweise, die das eigene Leben tief verändert und mit mehr Liebe und Bewusstheit erfüllen will.

Um die tantrische Praxis zu verstehen, bedarf es für viele Menschen einer Erweiterung, häufig sogar eines grundlegenden Neuverständnisses von Sexualität. Oftmals wird Sexualität als ein vom übrigen Leben abgetrennter Teil des Lebens gesehen. Tantra jedoch führt in die Ursprünglichkeit und Natürlichkeit der Sexualität zurück, die Grundlage unseres Lebens ist. Sexualität ist der Ursprung allen Lebens. Wir sind alle aus einem sexuellen Akt entstanden. Und doch wachsen wir in einer Welt auf, die den ursprünglichen und natürlichen Umgang mit Sinnlichkeit und Sexualität verloren hat.

Vielleicht ist der Sex auch in Ihrer Beziehung langweilig oder leer geworden und Sie wünschen sich die Leidenschaftlichkeit anfänglicher Zeiten zurück?

Vielleicht haben Sie den Wunsch, in Ihrem Innersten von einem Menschen oder von Ihrem Partner berührt zu werden und tun doch alles dafür, genau dies zu vermeiden?

Vielleicht suchen Sie Intimität und tiefe Nähe im Kontakt und finden nur Sexualität ohne wirkliche Intimität und Nähe?

Vielleicht suchen Sie Momente von Glückseligkeit und Ekstase in Liebe und Sexualität und wissen nicht, wie sie zu finden sind?

Vielleicht fühlen Sie sich in Ihrem Selbstwert als Frau oder Mann verletzt, weil Ihnen wirkliche Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und Respekt in Ihrer Beziehung und im Sex fehlen?

Tantra bietet Ihnen einen Weg, der eigenen Suche nach einer erfüllten Sexualität und Liebe nachzugehen und Antworten auf die persönlichen Fragen, in konkreten Erfahrungen und im Experimentieren zu finden – allein für sich selbst und auch zu zweit mit einem Freund, einer Freundin oder dem Partner.

Dieser Lehrgang bietet – neben unseren Seminaren – eine Möglichkeit, um erste Erfahrungen mit sich selbst oder auch mit dem Partner auf diesem tantrischen Weg zu machen.

So enthält dieser Lehrgang neben wesentlichen Informationen zum Verständnis von Tantra grundlegende Übungen und Strukturen, durch die wir Sie wie in einem Seminar Schritt für Schritt führen werden. Dieses Buch ist aus der Praxis entstanden – und für die Praxis geschrieben.

Ergänzend zu diesem Buch haben wir auch drei CDs mit angeleiteten Tantraübungen und begleitender Musik entwickelt. Weitere Informationen zu diesen CDs finden Sie im Anhang.

Wir wünschen Ihnen viel Freude und Begeisterung.

Leila & Bjørn

Vom Sie zum Du

Auf den folgenden Seiten werden wir Sie, liebe Leserin, lieber Leser, mit „Du“ ansprechen. In unseren Seminaren hat sich immer wieder gezeigt, dass das „Sie“ für das persönliche und intime Thema Tantra einfach nicht passend ist. Wir hoffen, Sie fühlen sich mit diesem „Du“ freundschaftlich von uns als Seminarleitern angesprochen, und wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre und den Übungen.

Ist Tantra etwas für mich?

Vielleicht nimmst du gerade dieses Buch in die Hand, weil du dir diese Frage schon öfter gestellt hast. Dieses einführende Kapitel kann dir wahrscheinlich eine Antwort geben: Wenn du von Tantra bereits gehört hast, verbindest du mit dem Begriff vielleicht Anleitungen zu fernöstlicher Liebeskunst, komplizierte Sexstellungen und Yogaübungen. Nichts dergleichen wirst du in diesem Lehrgang finden. Vielmehr gibt es hier erste Anleitungen, um ein neues, befreites und liebevolles Verständnis von dir selbst, deiner Sexualität, deiner Partnerschaft und dem Leben gegenüber zu entwickeln.

Durch diesen Lehrgang kannst du:

ein JA zu dir selbst und inneren Frieden finden

zu einem intensiven Erleben deiner Gefühle und deines Körpers gelangen

deine Liebesfähigkeit entwickeln und eine Verbindung von Sex und Liebe schaffen

Zugang zu deinem Unterbewusstsein bekommen und es positiv verändern

dich selbst von alten seelischen Verletzungen heilen

deine Sinnlichkeit und Erotik befreien

deine Sexualität als eine Quelle der Energie erleben, die du transformieren kannst in Liebe, Kreativität und Bewusstsein

zu Ganzkörperorgasmen und anhaltender Ekstase gelangen

neue Formen von gemeinsamer Intimität, Liebe und Ekstase kennenlernen, die weit über das hinausgehen, was beim gewöhnlichen Sex möglich ist

Kontakt mit deinem Höheren Selbst aufnehmen und ein erweitertes Bewusstsein erlangen

Das Besondere und Einmalige an diesem Tantralehrgang sind folgende Aspekte:

Alle beschriebenen Übungen sind auch für Singles geeignet. Du brauchst keinen Partner, um Tantra kennenzulernen oder zu üben. Auch wenn du in einer Partnerschaft lebst, kannst du entscheiden, ob du die Übungen erst einmal für dich alleine oder gemeinsam mit deinem Partner praktizieren möchtest.

Die Ausrichtung des Lehrgangs ist die Entwicklung der eigenen Liebes- und Beziehungsfähigkeit. Schwerpunkt sind nicht sexuelle Techniken, sondern die eigene Heilung und die Entwicklung einer erfüllten Sexualität.

Dieser Lehrgang ist aus der Praxis unserer Tantraseminare entstanden und mit wenig Theorie für den Alltag konzipiert. Du kannst direkt beginnen, Tantra zu Hause kennenzulernen.

Der Lehrgang enthält viele praxiserprobte Übungen. Wir leiten dich durch diese Übungen hindurch wie in einem Seminar.

Dieser Lehrgang ist frei von esoterischem oder fernöstlichem Mythos. Du musst daher weder einer bestimmten Religion angehören noch an esoterische Phänomene glauben. Deine Bereitschaft genügt, damit du die Tiefen deines Selbst und die Höhen der Ekstase erfahren und dabei Spaß und Lust erleben kannst.

Bei unserer tantrischen Arbeit nehmen wir immer wieder wahr, dass ein großes Interesse an Tantra besteht, aber Angst, Hemmungen oder Vorbehalte erst überwunden werden müssen. Dies haben wir bei der Konzeption dieses Lehrgangs berücksichtigt und die Übungen so konzipiert, dass es auch Menschen mit Vorbehalten leicht fällt, diesen einzigartigen Weg zu sich selbst zu entdecken.

Tantra nur für Paare?

Immer wieder begegnen uns Menschen, die der Ansicht sind, Tantra sei nur etwas für Paare. Häufig hören wir Sätze wie diese: „Ich würde gerne Tantra kennenlernen, habe aber keinen Partner.“ Oder: „Wenn ich den richtigen Partner gefunden habe, mache ich Tantra.“ Oder: „Wenn ich meinen Partner überredet habe mitzumachen, werde ich mit ihm ein Tantraseminar besuchen.“

Diese Auffassung, Tantra sei etwas, das man nur mit seinem Partner praktizieren kann, ist sehr verbreitet. Genährt wird diese Vorstellung von klassischen Abbildungen tantrischer Liebesstellungen und Sexualtechniken.

In vielen alten und neueren Tantrabüchern findet sich tatsächlich eine starke Orientierung am Partner: Abbildungen, Übungen und Rituale sind nur für intime Paare konzipiert. In fast allen Büchern wird als höchstes Ziel die tantrische Vereinigung mit dem Partner beschrieben. Dies ist natürlich ein sehr wesentlicher und wundervoller Bestandteil von Tantra, aber er braucht eine lange Vorbereitungszeit alleine mit sich selbst.

Wir erachten diese Zeit der tantrischen Praxis, in der man mit sich selbst Erfahrungen sammelt, als wesentlich – auch für Paare. Schon allein aus rein praktischen Gründen ist es einfacher, für sich selbst eine Zeit des Tages für die Übungen zu finden als regelmäßig mit dem Partner. Vor allem aber ist es wichtig, sich über einige Aspekte erst einmal selbst klar zu werden und sich mit den grundlegenden tantrischen Techniken vertraut zu machen. Erst im zweiten Schritt ist es sinnvoll, etwas Neues gemeinsam mit dem Partner auszuprobieren.

Das von uns entwickelte LoveCreation® Tantra, das die Grundlage für dieses Buch ist, eignet sich sowohl für Singles als auch für Paare. In dieser modernen Form von Tantra geht es in erster Linie darum, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und die eigene Liebesfähigkeit zu entwickeln beziehungsweise zu verfeinern. In Bezug auf Liebe, Partnerschaft und Sexualität finden nach unserer Erfahrung viele Projektionen auf den Partner statt: Das persönliche Glück, emotionale Nähe oder ekstatische Sexualität wird vom Partner abhängig gemacht. Nach unserer Auffassung hat jedoch jeder Mensch selbst in der Hand, ob er emotionale Nähe zu einem Partner aufbauen kann oder in der Sexualität Ekstase erlebt. Tantra zeigt den Weg hin zu dieser persönlich befriedigenden Liebe zu sich selbst und der eigenen Sexualität. Insofern beginnt Tantra nach unserer Auffassung immer bei jedem selbst.

Was bedeutet Tantra?

Tantra ist ein altes Sanskritwort und hat in neuerer Zeit vielfältige Interpretationen erfahren. Es leitet sich ab von dem Wort tan, was so viel wie Faden oder Gewebe bedeutet, und dem Wort tra, was übersetzt Werkzeug oder Instrument heißt. Eine andere Ableitung bezieht sich auf das Verb tantori, was übersetzt verbinden, weben bedeutet.

Insofern kann man Tantra übersetzen als eine Lehre, die verschiedene Energien von weiblich und männlich, von Yin und Yang, miteinander verwebt. Tantra bezeichnet aber auch die persönliche Ausdehnung der eigenen Grenzen und des eigenen Bewusstseins, die Verbindung mit der eigenen Essenz. Der Begriff lässt verschiedene Deutungen zu. Vielleicht ist dies mit ein Grund, warum es so vielfältige Ausprägungen im Tantra gibt.

Klassisches Tantra

Tantra entstand etwa im ersten Jahrtausend nach Christi in Indien, ist aus Buddhismus und Hinduismus hervorgegangen und als Gegenbewegung zur religiösen Askese zu verstehen. Tantra bezieht im Gegensatz zu den Religionen bewusst die Sexualität mit ein. Während im Yoga, im Christentum und auch im Buddhismus Sexualität durch Askese unterdrückt wird, nutzt Tantra die sexuelle Energie und transformiert sie. Das entscheidende Element des Tantra sind spezielle Techniken zur Erweckung und bewussten Lenkung der sexuellen Energie – alleine oder in körperlicher Vereinigung. Die dazu verwendeten Hilfsmittel haben zum Teil Ähnlichkeiten mit anderen spirituellen Techniken aus Yoga und Buddhismus: Atemlenkung, Visualisierung, Mantras, Yantras und Asanas (Körperhaltungen). Tantra ist wie Yoga eine Methode der spirituellen Bewusstwerdung mit dem Ziel der Erleuchtung. Doch statt der Askese und Disziplin, die im Yoga eine große Rolle spielen, geht Tantra den Weg der Ekstase und des bewussten Genießens.

Tantra ist keine Religion oder Philosophie. Man kann sich Tantra nicht mit dem Verstand annähern oder dem Glauben; es ist ein reiner Erfahrungsweg. Nur die wiederholte Erfahrung führt zum Wissen. Tantra vermittelt ein Wissen, das nicht über Bücher bezogen werden kann. Tantra ist ein spiritueller Einweihungsweg, der früher nur mit Hilfe eines Gurus beschritten werden konnte, der einen persönlich begleitete. Dies ist heute nicht mehr zeitgemäß. Dennoch zeigt diese Tradition, dass Tantra auf Erfahrungen und dem Wachstum persönlicher Fähigkeiten beruht, nicht nur auf theoretischem Wissen.

Ist Tantra noch aktuell?

Diese Frage wird uns oft gestellt und wir können sie nur mit „Jein“ beantworten. Für die Inhalte und das Ziel von Tantra – Befreiung und Transformation der Sexualität für spirituelles Wachstum – sind die Menschen und die westliche Gesellschaft heute eher bereit als noch vor 50 Jahren. Die Suche nach einer erweiterten und bewussten Sexualität einerseits und nach spirituellen Erfahrungen andererseits lässt immer mehr Menschen auf Tantra aufmerksam werden. Die klassischen Formen dafür sind aber unserer Einschätzung nach größtenteils nicht mehr zeitgemäß. Die traditionellen Techniken und Rituale wurden teils vor Hunderten von Jahren für Menschen entworfen, die auf einem anderen Kontinent lebten. Ihre Lebensweise und Umwelt, ihr soziales Miteinander und sogar die Physiologie ihrer Körper unterschieden sich grundlegend von uns und unserem heutigen Leben. Diese Menschen waren in eine andere Kultur eingebunden und mussten sich, um eingeweiht zu werden, ganz dem meditativen Leben und einem Guru verschreiben. Tantra entstand damals als eine Gegenbewegung zum sinnesfeindlichen Hinduismus und Buddhismus. Viele der traditionell tantrischen Rituale sind durch diese religiösen Einflüsse geprägt.

Auch wenn viel über die heutige Gesellschaft geklagt wird, hat unseres Erachtens in der Zwischenzeit eine starke positive Entwicklung stattgefunden. Vor allem in den Industrienationen haben viele Menschen große kognitive Fähigkeiten entwickelt, und viele legen großen Wert auf die Entwicklung ihrer Individualität. Wir sind weniger stark an Konventionen und religiöse Vorschriften gebunden, sexuell freier und vor allem im sozialen Umgang ungebundener.

Aus diesem Grund setzt unsere Arbeit mit LoveCreation® Tantra in unserer Zeit an: Wir beziehen die kognitiven Fähigkeiten mit ein und richten uns an das einzelne Individuum. Hintergrund unserer Arbeit ist – wie im klassischen Tantra – eine spirituelle Haltung und der Blick auf das Göttliche in jedem Menschen. Wir nutzen die kraftvollen Rituale des klassischen Tantra für unseren modernen Tantralehrgang und möchten das spirituelle Wachstum fördern.

Wenn du dich für den historischen Aspekt des Tantra interessierst, so gibt dieser Lehrgang nur unvollständig Auskunft. Für diesen Zweck gibt es bessere Bücher; einige Empfehlungen diesbezüglich findest du im Anhang.

Modernes Tantra: LoveCreation® Tantra

LoveCreation® Tantra ist modernes westliches Tantra. Es verbindet westliche Therapiemethoden mit kraftvollen tantrischen Elementen. Wir vermitteln als zentrales Element die Entwicklung der Liebesfähigkeit als Voraussetzung für ein erfülltes Leben und eine erfüllte Partnerschaft. LoveCreation® – man könnte es übersetzen als „Schöpfung und Gestaltung der Liebe“ – beinhaltet das Bewusstsein der Verantwortung und Einflussnahme jedes Menschen auf die Liebe in seinem oder ihrem Leben. Du schöpfst dabei aus dem unermesslichen Reservoir an Ressourcen, das bereits in dir ist. Wir möchten dir in diesem Lehrgang nichts beibringen, wir lehren keine Weisheiten, sondern geben dir lediglich Kompass und Landkarte, die Schlüssel und Hilfsmittel an die Hand, um zu diesen inneren Quellen, deinen Ressourcen, zu gelangen. Liebe ist unseres Erachtens der wichtigste Schlüssel zu den Wundern des Lebens, zu Erfüllung und Sexualität.

Auf den folgenden Seiten werden wir das Wort Tantra synonym für das von uns entwickelte LoveCreation® Tantra verwenden.

Die Verbindung von Liebe und Sexualität

Zu Beginn unserer Arbeit mit Tantra haben wir besonderen Wert auf die Befreiung der Sexualität gelegt. Dies ist sicherlich ein wesentlicher Aspekt von Tantra und auch Inhalt einiger Übungen. Wir haben jedoch im Laufe der Jahre unserer Tätigkeit als Tantralehrer die Erfahrung gemacht, dass nicht nur die Befreiung der sexuellen Energie wichtig ist. Vielmehr beobachten wir oft eine Abspaltung von Liebe und Sexualität. Ein Ziel unserer Arbeit ist es, Liebe und Sexualität wieder miteinander zu verbinden. Voraussetzung dafür ist die Entscheidung, das Herz zu öffnen. Es braucht den Mut, alte Verletzungen und Enttäuschungen hinter sich zu lassen, und den Mut, das Herz wieder für die Liebe zu öffnen. Bei den Menschen, die wir in den tantrischen Weg initiieren durften, wurden nach diesem Prozess ungeahnte Energien freigesetzt. Sie öffneten sich wieder für die Liebe zu sich selbst und für das Leben.

Auch du kannst lernen, dich wieder für die Liebe in deinem Leben zu öffnen! Ganz gleich, welche Erfahrungen, Schmerzen oder Enttäuschungen du erlebt hast. Die Übungen in diesem Tantralehrgang machen dich für diesen Schritt bereit. Du kannst beginnen, dich selbst zu lieben, zu dir selbst Ja zu sagen. Dies ist die Voraussetzung für eine liebevolle Beziehung. Stell dir einmal vor, was sich an deinem Lebensgefühl, deiner Ausstrahlung und an deinen Kontakten ändern würde, wenn du aus ganzem Herzen zu dir sagen könntest: „Ich liebe mich so, wie ich bin!“ Der entscheidende Schritt ist, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass es Liebe in deinen Beziehungen und in deinem Leben gibt. Deine Liebe beginnt dann wie von selbst auf andere Menschen auszustrahlen.

Einführung in den Lehrgang

Du hast dich für diesen Tantralehrgang entschieden und wirst durch diese Übungsreihen dein Leben entscheidend verändern können. Wir möchten mit diesem Lehrgang keinen theoretischen Einstieg in Tantra geben, sondern aus unserer Praxis als Tantralehrer und Therapeuten Übungen und Rituale weitergeben. Dieses ist also ein Praxis- und kein Lesebuch.

Aufbau des Lehrgangs

Dieser Lehrgang stellt eine Initiation in die Grundlagen des modernen Tantra dar. Wir haben ihn so konzipiert, dass du mit dem geringsten Aufwand den größtmöglichen Nutzen aus den Übungen ziehen kannst. Er hat einen stufenweisen sinnvollen Aufbau in der Reihenfolge der Kapitel. Er ist jedoch so konzipiert, dass du ganz individuell damit arbeiten kannst. Du kannst also deinen persönlichen Lehrgang zusammenstellen und in der Reihenfolge der Übungen springen – wenn nicht anders angegeben. Gerade wenn du noch nicht sicher bist, ob du den kompletten Lehrgang praktizieren möchtest und erst einmal einzelne Übungen ausprobieren willst, kannst du dies tun. Besonders geeignet für den Einstieg sind die ruhigen Mental-Übungen im ersten Teil REISEN IN DEINE INNENWELT oder die körperlich aktiven Übungen „Sexercises für Anfänger“ im zweiten Teil TANTRISCHE ÜBUNGEN. Für alle Übungen gilt: Lese die Übungsanleitung bitte zuerst ganz durch, bevor du mit einer Übung beginnst.

Teil I: Reisen in deine Innenwelt

Im ersten Teil des Tantralehrgangs geht es um die bewusste Auseinandersetzung mit den Themen Liebe, Sexualität und Partnerschaft. Mit Hilfe verschiedener Übungen kannst du deine verborgenen Glaubensmuster auffinden, die dich in der Entfaltung deiner Liebe, Sexualität, Partnerschaft und Lebensfreude einschränken. Weitere Übungen helfen dir dabei, diese Glaubensmuster in positiver Weise zu aktualisieren.

Mit den Fragen und Reisen in dein Inneres in diesem Teil des Lehrgangs kannst du dich nur allein beschäftigen. Ein Austausch mit einem Partner oder Freund über deine Erfahrungen kann natürlich interessant und fruchtbar sein.

Teil II: Tantrische Übungen

Hier findest du verschiedene Körperübungen und Meditationen, die etwa 30 bis 60 Minuten dauern.

Auch wenn du die Reihenfolge der Übungen in Teil II individuell verändern kannst, spring bitte nicht täglich hin und her. Das ein- oder zweimalige Praktizieren einer Übung befriedigt vielleicht deine Neugier, kann aber keine tieferen Veränderungen bewirken. Erst das regelmäßige Üben bewirkt Tiefergehendes. Die Übungen sind so konzipiert, dass du sie alleine machen kannst und sollst.

Als zusätzliche Möglichkeit stellen wir dir nach vielen Übungen noch eine Partnerübung vor. Wenn du diesen Lehrgang zusammen mit deinem Partner oder einem Freund oder einer Freundin praktizierst, kann das eine wunderbare gemeinsame Erfahrung sein. Vor allem der Austausch über das Erlebte kann eine große Unterstützung für deine persönliche Entwicklung sein. Du musst kein intimes Verhältnis zu dem Menschen haben, mit dem du diesen Übungsteil praktizierst. Voraussetzung dafür ist lediglich Offenheit und Ehrlichkeit miteinander. Wenn es einzelne Übungen gibt, die über deine Grenzen gehen, lass diese erst einmal aus. Vielleicht aber verändert sich diese Grenze im Laufe des Lehrgangs auch und du findest Freude an Übungen, die dich vorher nicht angesprochen haben.

Wer diesen Lehrgang gemeinsam mit einem Partner machen möchte, sollte Folgendes wissen: Im klassischen Tantra mussten die Schüler oft jahrelang Übungen und Meditationen alleine praktizieren und eine gewisse Meisterschaft darin erwerben, bevor sie zu Partnerübungen übergehen durften. Du brauchst natürlich nicht so lange zu warten, aber das Üben mit sich selbst ist auf jeden Fall ein sehr wichtiger Aspekt des tantrischen Weges.

Praktiziere deshalb bitte jede Übung erst mehrmals alleine, bevor du mit deinem Partner, einem Freund oder einer Freundin übst. Das ist besonders für Paare wichtig, damit sie erst einmal Erfahrungen mit sich alleine machen können, statt sich von Anfang an auf ein Gegenüber einstellen zu müssen.

Teil III: Tantrische Rituale

Rituale sind ausgedehnte und intensive tantrische Zeiten mit dir selbst oder als Paar-Ritual mit deinem Partner oder deiner Partnerin. Du wirst ein Ritual umso mehr genießen können, je intensiver du in die Übungen im Teil TANTRISCHE ÜBUNGEN des Lehrgangs eingetaucht bist. Was du dort erlernt hast, ist der Schlüssel für den Zugang zu den anspruchsvolleren Ritualen.

Viele Übungen in diesem Lehrgang kannst du zu einem Ritual erweitern. In diesem Kapitel geben wir dir eine grundlegende Anleitung, wie ein Ritual aufgebaut ist und durchgeführt wird. Du solltest mindestens 90 Minuten Zeit einplanen. Häufig wirst du jedoch sehr viel mehr Zeit brauchen. Du kannst dir mit einem tantrischen Ritual einen unvergesslichen Abend alleine oder zu zweit gestalten.

Alle Übungen werden erklärt

Wir erklären dir alle Übungen, sodass du den Sinn der einzelnen Elemente bewusst nachvollziehen kannst. Manchmal kann es allerdings nötig sein, eine Übung oder Anregung erst einige Male selbst in der Praxis zu erleben, bevor du den Sinn ganz erfassen kannst.

Wir haben unsere Erklärungen zu den Übungen und zur Praxis des Tantra absichtlich von der mystischen Sprache und der Beschreibung esoterischer Phänomene befreit, auf die in diesem Zusammenhang gerne zurückgegriffen wird. Ebenso haben wir eine einfach verständliche Sprache gewählt und weitgehend auf die altöstliche Terminologie verzichtet. Einige wenige Sanskritwörter und eigene Kreationen benutzen wir im Tantra jedoch bewusst.

Die sinnliche Sprache gehört zum Tantra

Die alltägliche Sprache für die Genitalien ist nicht sehr sinnlich. Entweder werden medizinische Begriffe wie Penis, Vagina, Anus und Ähnliches benutzt oder abwertende Bezeichnungen aus der Umgangssprache. Besonders die Ausdrücke Schamhaare, Schamlippen und Schambein sprechen nicht gerade für eine sinnliche und freie Sexualität. Wir haben sie ersetzt durch die Ausdrücke Lusthaare, Lustlippen und Lustbein. Tantra sieht die „Geschlechtsorgane“ nicht als „schlecht“ an und misst ihnen über die profane Bedeutung hinaus einen besonderen spirituellen Wert zu. Ihre Aufgabe ist nicht nur die Zeugung oder das Empfinden von Lust, sondern sie werden als heilige Symbole verehrt. Die Begriffe dafür sind Lingam für den Penis und Yoni für die Vagina.

So kannst du am besten mit diesem Lehrgang üben

Dieser Lehrgang ist so aufgebaut, dass du keine Vorerfahrungen mitbringen musst. Wir haben die Übungen so zusammengestellt, dass sie dich Stufe für Stufe in die Geheimnisse von Tantra einweihen. Diese Übungen haben sich in vielen Seminaren und Einzelsitzungen in der Praxis bewährt. Wir geben dir mit unserem Lehrgang ein ausgereiftes Übungsprogramm mit allen nötigen Hilfestellungen an die Hand.

Wir haben die Anregungen und Übungen so zusammengestellt, dass sie unbedenklich ohne professionelle Hilfe oder therapeutische Begleitung durchgeführt werden können. Allerdings ist es sinnvoll, das Kapitel oder die Anleitung zu einer Übung aufmerksam durchzulesen, bevor man mit dem Üben beginnt.

Die vorgestellten Techniken sind in ihrem Kern uralt und sowohl in tantrischen als auch in schamanischen Einweihungstraditionen zu finden. Sie gehören unserer Erfahrung nach zu den kraftvollsten Techniken der Menschheit, die Veränderung und Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und spirituelles Wachstum möglich machen.

Die Erfahrungen, die du in diesem Lehrgang machst, werden dein Leben bereichern und vielleicht einige deiner Einstellungen verändern. Doch du musst nichts in deinem Leben dafür aufgeben! Um in Tantra eingeweiht zu werden, brauchst du weder deinen Glauben abzulegen noch einen Guru zu verehren. Du wirst vielmehr im Laufe des Lehrgangs erleben, dass du selbst dein eigener Meister und Guru bist und dein Leben verantwortlich lenken kannst. Man kann Tantra deshalb auch nicht mit einem bestimmten Glauben oder dem Verstand erfassen, sondern nur durch persönliche Erfahrung.

Wenn du dich mit Tantra beschäftigen möchtest, muss du auch nicht dein bisheriges Liebesleben aufgeben oder komplizierte Stellungen erlernen! Unser Anliegen ist es, die Sexualität von unbewussten Konditionierungen und festen Vorstellungen zu befreien. Tantra soll gerade keine Dogmen schaffen, sondern dir größere innere Freiheit verschaffen. Du musst nicht dein Leben und dein Verhalten umkrempeln, um Tantra zu erlernen. Du brauchst lediglich Neugierde und die Bereitschaft, dein Repertoire an Vorstellungen, Gefühlen und Verhaltensweisen zu erweitern.

Die innere Haltung in Tantra

Probleme loslassen

Vielleicht hast du dich für diesen Lehrgang entschieden, weil du mit den Themen Partnerschaft und Sexualität bestimmte Probleme verbindest: Vielleicht fühlst du dich nicht attraktiv genug, zu unsicher, empfindest wenig Lust und Befriedigung beim Sex oder hast bestimmte Probleme in Partnerschaften. Vielleicht glaubst du auch, dass du erst einige Probleme lösen musst, bevor du den „richtigen“ Partner findest und eine glückliche Partnerschaft leben kannst.

Tantra ist jedoch keine Therapie für Partnerschaftsprobleme oder sexuelle Störungen. Wir richten unser Augenmerk nicht auf die Probleme unserer Teilnehmer und Klienten. Wir gehen davon aus, dass du in deinem Wesenskern heil und ganz bist – und es ist gerade diese Haltung, die letztendlich Heilung bewirkt. Dieser Wesenskern, den wir ansprechen, ist göttlich und birgt unendliche Möglichkeiten in sich. Trotz deiner Probleme und negativen Erlebnisse in der Vergangenheit bist du in der Lage, mit diesem göttlichen Kern in dir in Kontakt zu sein. Trotz aller Schwierigkeiten, die du (so wie jeder andere Mensch auch) hast, bist du in der Lage, eine erfüllte Partnerschaft und eine wunderbare Sexualität zu leben. Auch wenn du es vielleicht nicht gerne hörst: Deine Probleme sind unwichtig in Bezug auf die Entfaltung deiner Fähigkeit zu Liebe und Ekstase. Das zeigen uns die Erfahrungen in der Arbeit mit Tantra.

Menschen, die in unsere Seminare und Einzelsitzungen kommen, haben häufig den Wunsch ein bestimmtes Problem loszuwerden. Sie denken, dass sie sich besser fühlen werden, wenn sie dieses Problem gelöst haben und denken die ganze Zeit wie gebannt nur an „ihr“ Problem. Was sie dabei nicht bedenken, ist ein wesentlicher Grundsatz, der immer gilt, und in diesem Lehrgang ganz besondere Bedeutung hat: Die Energie geht dahin, wohin sich deine Aufmerksamkeit richtet.

Wenn du deinem Problem so viel Aufmerksamkeit widmest, wird es größer und größer. Wenn du aber deine Aufmerksamkeit auf eine Körperstelle richtest, die sich gut anfühlt, so wird sich dieses gute Gefühl ausdehnen.

In den Übungen dieses Lehrgangs muss also nichts „bearbeitet“ oder „therapiert“ werden. Auch wenn wir Deutschen gerne „an etwas arbeiten“, darfst du die Übungen genießen, darfst lachen, sinnlich oder verspielt sein oder einfach neugierig.

Bildlich gesprochen geht es darum, die Aufmerksamkeit auf die unbegrenzte Quelle an Liebe, Freude und Ekstase zu richten, die in jedem Menschen fließt. Auch wenn gerade ein Stein auf dieser Quelle liegt, so ist diese Quelle nicht versiegt. Das Wasser fließt weiter, sprudelt vielleicht seitlich unter dem Stein hervor. Versuche nicht den Stein wegzuheben, sondern trinke das fließende Wasser, das da ist.

Hai oder Delfin: verspielt statt verbissen zum Ziel

In unserer westlichen Gesellschaft sind wir es gewohnt, eine Tätigkeit mit einem bestimmten Ziel zu verbinden. Da Erfolg einer der höchsten Werte der Menschen in den westlichen Kulturen ist, richten sie ihren Blick nur auf das Ziel. Wir nennen diese Haltung das „Hai-Bewusstsein“. Der Hai hat ein Ziel im Auge, das er mit allen Mitteln verfolgt. Er nimmt alles in Kauf, um dieses Ziel zu erreichen. Für ihn als Einzelkämpfer ist „Fressen oder gefressen werden“ die Lebenseinstellung. Da nur der Schnellste und Beste das Ziel erreicht und den Fisch bekommt, muss er der Beste sein.

Wenn du im Laufe des Lehrgangs bemerkst, dass du nur noch ein Ziel im Auge hast, dass du dich selbst antreibst, um die Übungen besser oder erfolgreicher durchzuführen, wenn du einem bestimmten Gefühl nachjagst und dieser Lehrgang für dich zu einer ernsten Sache wird, dann bist du im „Hai-Bewusstsein“.

Wenn du allerdings mehr Freude und Sinnlichkeit erleben willst, dann orientiere dich lieber an den Delfinen: Sie haben ein Ziel vor Augen, aber sie lassen sich auch gerne zu einem Spiel verführen. Die Bugwelle eines Schiffes lädt sie zu einer Surfparty ein, zwischendurch springen sie aus dem Wasser oder singen Delfinlaute. Sie genießen ihr Dasein und erheitern damit auch andere, zum Beispiel die Menschen, die sie von einem Boot aus beobachten. Und trotzdem verhungern sie nicht. Delfine gehen davon aus, dass es genügend Nahrung im Meer gibt, und helfen sich gegenseitig. Im Zweifelsfall können sie außerdem sehr stark sein und brauchen sich nicht vor Haien zu fürchten.

Wenn du den Lehrgang mit dem „Delfin-Bewusstsein“ mitmachst, wirst du viel Spaß dabei haben. Erlaube dir, verspielt und heiter zu sein und mehr als sonst aus dir herauszugehen. Wenn du sonst still bist, sei laut. Wenn du sonst nur langsam in Gang kommst, probiere einfach einmal aus, wie es ist, sofort mit 100 Prozent deiner Energie in eine Übung zu starten.

Auch wenn du Ideen im Kopf hast, was du dir von diesem Lehrgang erwartest, so ist es wichtig, diese Ziele zwischenzeitlich zu vergessen. Dein Unterbewusstsein wird sie schon „im Auge behalten“. Darauf kannst du vertrauen und dich voll und ganz dem Genuss der Übung widmen. Erlaube dir, die Vielfalt deiner Gefühle zu entdecken, die diese Übungen auslösen können.

Der Karpfen: Umgang mit Blockaden und Widerständen

Die Einweihung in Tantra ist ein Wachstumsprozess mit Höhen und Tiefen. Du wirst Momente ungeahnter Freude, Lebendigkeit, Ekstase und Liebe spüren. Vielleicht wirst du auch andere Gefühle empfinden, die du zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht kennst. Es wird aber auch Momente geben, in denen du auf deine Grenzen oder persönliche Widerstände stößt. Es kann sein, dass du den Eindruck hast, dass du gar nichts fühlst, dass du unmotiviert bist, deine körperlichen Grenzen spürst oder am Sinn des gesamten Lehrgangs zweifelst. Vielleicht machen dir bestimmte Übungen oder ungewohnte Körperreaktionen Angst oder du weißt nicht, was du mit der geweckten Energie anfangen sollst. Wenn du auf solche oder ähnliche Schwierigkeiten stößt, mache dir bewusst, dass du dich in einem Bewusstseinszustand befindest, der vom Lebensgefühl des „Karpfens“ geprägt ist:

Anders als Hai und Delfin ist der Karpfen überzeugt, dass er früher oder später gefressen wird. Jedes Bemühen ist sowieso zum Scheitern verurteilt, weil ein Hai ihn irgendwann erwischen wird.

Dieses „Karpfen-Bewusstsein“ ist wie ein innerer Schalter, der auf NEIN steht:

„NEIN, ich will nicht mehr.“

„NEIN, ich finde die Übung blöd.“

„NEIN, ich sehe keinen Erfolg.“

Dieses NEIN baut Widerstand auf und verschließt dich innerlich. Du gehst in eine Abwehrhaltung und kannst nichts Positives mehr erkennen. Du lehnst dein Gefühl oder deine jetzige Haltung ab.

Formuliere dein NEIN so, dass es deine persönliche Wahrnehmung oder Empfindung ist. Dann kannst du ganz einfach diesen Schalter von NEIN auf JA umlegen. Es ist etwa genauso schwierig wie das Bedienen eines Lichtschalters. Sage zu dir selbst:

„JA, ich will nicht mehr.“

„JA, ich finde die Übung blöd.“

„JA, ich sehe keinen Erfolg.“

JA, du hast ein Recht auf dieses Gefühl!

Akzeptiere, dass du dich gerade so fühlst und es hier eine Grenze gibt. Kämpfe nicht innerlich gegen diese Grenze an, sondern gib dir die Erlaubnis, JA zu dir zu sagen. Wenn Du an solch einen Punkt gelangst, sage laut JA! Du wirst spüren, dass sich etwas an deiner Haltung ändert.

Diese Grenzen sind wunderbare Gelegenheiten, etwas über dich selbst zu lernen. Du hast, wie jeder andere Mensch auch, deine persönlichen Grenzen. Aber sie sind nicht fest, sondern können sich verändern. Die Fähigkeit, die persönlichen Grenzen zu erweitern, zeichnet außergewöhnliche Menschen aus: Spitzensportler, Top-Manager und spirituelle Meister werden ständig mit ihren Grenzen konfrontiert. Sie heben sich dadurch von anderen ab, dass sie die Fähigkeit haben, diese Grenzen immer wieder zu erweitern. Sie sind sich ihres eigenen unerschöpflichen Potenzials bewusst.

In unserem Kopf sind Grenzen feste Linien, die Anhaltspunkt und Sicherheit geben. Was hättest du vor 1989 geantwortet, wenn dir jemand gesagt hätte, dass die Berliner Mauer fallen wird und dass die Grenzen in Europa geöffnet werden? Du hättest ihn vermutlich für einen Utopisten gehalten.

Schau dir also deine Grenze genau an. Kennst du diese Grenze aus deinem Leben? In welchen Situationen wirst du mit dieser Grenze konfrontiert?