Anhang A
Begriffe, Formelzeichen und Indizes

Begriffe

Die folgenden Begriffe sowie Formelzeichen lehnen sich an DIN 4085 an und betreffen die Kapitel 3 bis 17. Historisch bedingt kommen in Kapitel 2 auch davon abweichende Symbole vor. In den neueren Fassungen der Regelwerke wird streng unterschieden zwischen Erddruck als Kontaktspannung zwischen Boden und Bauwerk und dem resultierenden Erddruck, der auch als Erddruckkraft bezeichnet wird. Früher wurde der Begriff Erddruck sowohl für die Kontaktspannung als auch für die Resultierende verwendet. Neu ist auch die Unterscheidung zwischen dem Neigungswinkel des Erddrucks, der die tatsachliche Neigung des Erddrucks bzw. seiner Resultierenden beschreibt, und dem Wandreibungswinkel, der die physikalisch größtmögliche Neigung bezeichnet.

Im ungestörten, gewachsenen Boden herrscht der Erdruhedruck. Der Erddruck heißt aktiv, wenn er bei einer Bewegung des Bauwerkes vom Boden weg einen unteren Grenzwert erreicht. Bei einer Bewegung des Bauwerks zum Boden hin stellt sich als oberer Grenzwert der passive Erddruck ein. Oft wird die Resultierende des passiven Erddrucks als Erdwiderstand bezeichnet.

Erddruck e resultierende effektive Spannung aus der effektiven Normalspannung und der Schubspannung auf eine Wand

Erddruckbeiwert K (mit Index) Verhältniswert von Erddruck zur senkrechten Spannung im Boden an einem Wandpunkt

Erddruckkraft E Resultierende des Erddrucks

aktiver Erddruck ea kleinstmöglicher Erddruck, der sich einstellt, wenn durch Bewegungen von Wand und Boden eine Entspannung im Boden bis zur vollständigen Ausnutzung der Scherfestigkeit stattfindet

passiver Erddruck ep größtmöglicher Erddruck, der sich einstellt, wenn durch Bewegungen von Wand und Boden Pressungen im Boden bis zur vollständigen Ausnutzung der Scherfestigkeit stattfinden

Erdwiderstand Ep Resultierende des passiven Erddrucks

Erdruhedruck e0 Erddruck auf eine relativ zum unbewegten Boden unverschiebliche Wand im gewachsenen, ungestörten Boden

Verdichtungserddruck ev Erddruck, der sich einstellt, wenn der Hinterfüllungsboden verdichtet wird

Mindesterddruck Erddruck, der bei bindigem Boden bei der Bemessung eines Stützbauwerks mindestens anzusetzen ist, um eine fortschreitende Entfestigung des Bodens durch Entspannung und eine Unterbemessung zu verhindern

erhöhter aktiver Erddruck images Erddruck, der sich infolge von Bodeneigengewicht, Auflasten und sonstigen Einwirkungen auf eine Wand einstellt, wenn die Entspannung im Boden nicht ausreicht, um den aktiven Erddruck zu erzeugen

verminderter passiver Erddruck images Erddruck, der sich infolge von Bodeneigengewicht, Auflasten und sonstigen Einwirkungen auf eine Wand einstellt, wenn die Bewegungen zwischen Boden und Wand nicht ausreichen, um den passiven Erddruck zu erzeugen

Silodruck es Erddruck, der sich einstellt, wenn der Bodenkörper hinter einer Wand geometrisch so begrenzt ist, dass der Erddruck auf die Wand kleiner ist, als wenn der Erdkörper nicht begrenzt wäre

Erddruckneigungswinkel δ Winkel zwischen der Erddruckrichtung und der Wandnormalen

Wandreibungswinkel Reibungswinkel zwischen Wand und Boden, betragsmäßig größter Erddruckneigungswinkel

Formelzeichen

Tab. A.1 Formelzeichen.

Formelzeichen Benennung Einheit
bBreitem
cKohäsionkN/m2
CKraft infolge KohäsionkN/m
dEinbindetiefe einer Wandm
DLagerungsdichte
eErddruckkN/m2
EErddruckkraft, Resultierende des ErddruckskN oder kN/m
GEigengewicht eines ErdkörperskN oder kN/m
hHöhem
Hhorizontale LinienlastkN/m
iHydraulischer Gradient
ICKonsistenzzahl
KErddruckbeiwert
lLänge, Länge einer Wand in der Draufsichtm
pvvertikale, großflächige GleichlastkN/m2
pv′vertikale StreifenlastkN/m2
QResultierende aus Normal- und Reibungskraft in einer GleitflächekN oder kN/m
sWandverschiebungm
Vvertikale Linienlast oder Resultierende einer vertikalen StreifenlastkN/m
WResultierende des WasserdruckskN/m
zTiefe unter der Schnittlinie der Geländeoberfläche mit der Wandm
αWandneigungswinkel
βGeländeneigungswinkel
γWichte des BodenskN/m3
δWandreibungs- und Neigungswinkel des Erddrucks°
φReibungswinkel des Bodens°
μFormbeiwert für den räumlichen Erddruck
ϑNeigungswinkel der Gleitfläche°

Indizes

Tab. A.2 Indizes.

IndexBenennung für
aaktiver Zustand
cinfolge von Kohäsion
dyninfolge dynamischer Einwirkung
ginfolge von Bodeneigengewicht
hHorizontalkomponente
Hinfolge einer horizontalen Linienlast
0Ruhedruckzustand
ppassiver Zustand
rräumlich
uundränierter Zustand
vVertikalkomponente
Vinfolge einer vertikalen Linienlast
kcharakteristisch
dBemessungswert

Anhang B
Erddrucktabellen

Literatur

Weißenbach, A. (1985). Baugruben, Teil II, Berechnungsgrundlagen. Berlin: Ernst & Sohn, 1. Nachdruck.

Pregl, O. (2002). Bemessung von Stützbauwerken. Handbuch der Geotechnik, Bd. 16. Wien: Eigenverlag des Instituts für Geotechnik, Universität für Bodenkultur.

Tab. B.1 Erddruckbeiwerte Kagh für waagerechte Geländeoberfläche und senkrechte Wand nach Weißenbach (1985). Voraussetzung: Ebene Gleitfläche.

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Tab. B.2 Gleitflächenwinkel ϑa für waagerechte Geländeoberfläche und senkrechte Wand nach Weißenbach (1985). Voraussetzung: Ebene Gleitfläche.

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Tab. B.3 Erddruckbeiwerte images für Linien- und Streifenlasten bei senkrechter Wand nach Weißenbach (1985). Voraussetzung: Ebene Gleitfläche mit ϑ = ϑa.

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Tab. B.4 Erdwiderstandsbeiwerte Kpgh für waagerechte Geländeoberfläche und senkrechte Wand nach Weißenbach (1985). Voraussetzung: Ebene Gleitfläche.

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Tab. B.5a Erdwiderstandsbeiwerte Kpgh für waagerechte Geländeoberfläche und senkrechte Wand bei gekrümmten Gleitflächen nach Pregl/Sokolowski (Pregl 2002), Anteil aus Bodeneigengewicht.

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Tab. B.5b Erdwiderstandsbeiwerte Kpph für waagerechte Geländeoberfläche und senkrechte Wand bei gekrümmten Gleitflächen nach Pregl/Sokolowski (Pregl 2002), Anteil aus großflächiger Gleichlast.

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Tab. B.5c Erdwiderstandsbeiwerte Kpch für waagerechte Geländeoberfläche und senkrechte Wand bei gekrümmten Gleitflächen nach Pregl/Sokolowski (Pregl 2002), Anteil aus Kohäsion.

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1
Einführung

Das Thema Erddruck gehört zu den ältesten und umfangreichsten Kapiteln der Bodenmechanik und des Grundbaus sowie zu den drei Säulen des konstruktiven Ingenieurbaus in Ergänzung zur Gewölbetheorie und zur Balkentheorie. Die ersten schriftlichen Quellen, die auf Vitruv zurückgehen, sind über 2000 Jahre alt und sind somit weitaus älter als die allgemein bekannten Theorien von Coulomb (Coulomb 1773/1776) oder Rankine (1857). Vitruv befasst sich im ersten und im sechsten Band seiner zehn Bücher mit der Wirkungsweise des Erddrucks auf Stützmauern und schlägt Strebepfeiler vor. Vauban, einer der größten Baumeister der Geschichte, veröffentlichte schon 1684 Bemessungstabellen für Stützmauern mit Höhen bis zu 15 m, die auch nach heutigem Stand nicht weiter optimierbar sind. Die Entwicklung der Erddrucktheorie wird ausführlich in Kapitel 2 beschrieben, das auf die erweiterte Auflage „Geschichte der Baustatik“ von Kurrer zurückgeht (Kurrer 2015). Das vorliegende Buch kann nur eine beschränkte Auswahl aktueller Berechnungsgrundlagen beinhalten. Ziel ist es, den Grundbauingenieuren und den Tragwerksplanern in Baufirmen, Ingenieurbüros sowie in der Bauverwaltung aber auch Studenten eine Sammlung von Arbeitsanleitungen zur Verfügung zu stellen. Um das theoretische Verständnis zu wecken, werden zunächst in Kapitel 3 die wesentlichen Grundlagen zur Ermittlung des Erddrucks vorgestellt. Die Kapitel 4 bis 12 beinhalten die für die Praxis wichtigsten Verfahren zum aktiven und passiven Erddruck sowie zum Erdruhedruck. Dabei werden in den Kapiteln 7 und 8 auch räumliche Wirkungen berücksichtigt. Ein Anliegen ist, in knapper Form auch Hinweise zu nicht alltäglichen Fragestellungen zu geben und auf weiterführende Literatur zu verweisen (s. Kapitel 14). In den letzten Jahren ist immer mehr die Verschiebungsabhängigkeit des Erddrucks in den Blickpunkt getreten. Dies betrifft nicht nur den passiven, sondern auch den aktiven Fall (s. Kapitel 15). Anwendungshinweise für die Praxis sind in Kapitel 16 zu finden.

An den DIN-Ausschuss „Berechnungsverfahren“ wurden immer wieder Fragen herangetragen. Eine Auswahl davon wird im Kommentar zu DIN 4085 in Kapitel 17 behandelt. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels werden Hinweise zu den Beispielen im Beiblatt zu DIN 4085 gegeben, das im Dezember 2018 erschienen ist.

Zur Geschichte der Erddrucktheorie in Kapitel 2 gehören vierzig ausgewählte Kurzbiographien von Wissenschaftlern und Ingenieuren in der Praxis, die das Thema über die Jahrhunderte immer wieder aufgegriffen und weiterentwickelt haben (s. Kapitel 18). Ergänzt wird das Buch durch zwei Anhänge mit Begriffen, Formelzeichen und Indizes (Anhang A) sowie Erddrucktabellen in Anhang B.

Literatur

Coulomb, C.A. (1773/1776). Essai sur une application des règles des Maximis et Minimis à quelques Problèmes de statique relatifs à l’Architecture. In: Mémoires de mathématique & de physique, présentés à l’Académie Royale des Sciences par divers savans, Bd. 7, année 1773, 343–382. Paris.

Kurrer, K.-E. (2015). Geschichte der Baustatik. Auf der Suche nach dem Gleichgewicht. Berlin: Ernst & Sohn.

Rankine, W.J.M. (1857). On the stability of loose earth. Philosophical Transactions of the London Royal Society 147: 9–27.