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Saskia Sterel, Manfred Pfiffner, Claudio Caduff

Ausbilden nach 4K

Ein Bildungsschritt in die Zukunft

ISBN Print: 978-3-0355-0778-2

ISBN E-Book: 978-3-0355-1206-9

 

 

1. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 hep verlag ag, Bern

 

www.hep-verlag.com

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Einleitung

Teil I
Im Dunkel des gelebten Augenblicks – eine Zeitdiagnose

Die Welt aus dem Lot?

Die Veränderung der Wirtschaft

2.1 Industrie 4.0 und Arbeit 4.0

2.2 Wandel von Berufen

2.3 Postkapitalismus

2.4 Ökonomisierung von Gesellschaft und Kultur

Digitalisierung

3.1 Netzwerkgesellschaft

3.2 Veränderte Produktionsverhältnisse

3.3 Big Data

3.4 Microtargeting und Bullshit

Kooperation

4.1 Die Evolution der Kooperation

4.2 Kooperation oder Defektion

4.3 Direkte Reziprozität

4.4 Die Bedeutung der Reputation

4.5 Kooperation und menschliche Kommunikation

4.6 Tribalismus

Freiheit und Autonomie

5.1 Selbstentmündigung

5.2 Transparenz- und Kontrollgesellschaft

5.3 Identität in der Postmoderne

5.4 Redefreiheit in der vernetzten Welt

Die postmoderne Befindlichkeit

6.1 Therapeutisches Zeitalter

6.2 Weltbeziehung

Die Zukunft des Lernens

7.1 Konstruktivismus und Kompetenzen

7.2 Digitale Bildungsrevolution

Teil II
Bildung und Arbeit im 21. Jahrhundert – und die Folgen

Bildung im 21. Jahrhundert

1.1 Weltorientierung, Wissen, Verstehen

1.2 Handeln und Freiheit

1.3 Perspektiven

Arbeit im 21. Jahrhundert

2.1 Dynamische Qualifikationen

2.2 Berufliches Selbstverständnis

2.3 Partizipations- und Steuerungsansprüche

2.4 Auswirkungen auf die Bildung

Teil III
4K – ein neuer Ansatz

Die Herkunft der 4K

1.1 Blick zurück: Schlüsselqualifikationen und Schlüsselkompetenzen

1.2 Megatrends und Kompetenzen für das 21. Jahrhundert

1.3 21ST Century Skills Frameworks

1.4 4Cs? Oder 8Cs? Oder doch 7C × 3R?

Die Bedeutung der 4K

2.1 Kritisches Denken und Problemlösen (Critical Thinking and Problem Solving)

2.2 Kommunikation (Communication)

2.3 Kooperation (Collaboration)

2.4 Kreativität und Innovation (Creativity and Innovation)

Das 4K-Studienmodell der Pädagogischen Hochschule Zürich

3.1 Theoretische Voraussetzungen

3.2 Didaktische Leitlinien und Prinzipien

3.3 Qualitätsstandards

3.4 Praktische Umsetzung in Lerngefäßen

3.5 Modulstruktur

3.6 Das Qualifikationsverfahren

3.7 Evaluation des Ausbildungsmodells

Konzeptuelle Überlegungen zur Ausbildung von Berufsbildungsverantwortlichen

4.1 Rahmenbedingungen

4.2 Die Haltung der Dozierenden

Teil IV
Konsequenzen für die Berufsbildung – ein Ausblick

Ausrichtung an der Arbeitswelt 4.0

Erweiterte Formen der (Lernort-)Kooperation

Lebenslanges Lernen: Kompetenzentwicklung in der beruflichen Grundbildung

Curricula

Professionalisierung der Berufsbildung

Thesen

Literaturverzeichnis

Anhang

Standortbestimmung: Auftrag

Standortbestimmung: Beispiel eines Studierenden

Rückmeldung zur Standortbestimmung

Umsetzungsvorhaben des Studierenden

Autorin und Autoren

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Vorwort

VORWORT

Braucht es noch ein Buch über Bildung? Droht ein weiteres nicht einfach übersehen zu werden im Meer der Publikationen zu diesem Thema? Bildungsforscherinnen, Pädagogen, Didaktikerinnen, Soziologen, Ökonominnen, Philosophen – sie alle haben sich in den letzten Jahren intensiv Gedanken über die «Bildung der Zukunft» gemacht, wie es jeweils verheißungsvoll heißt. Und sie haben seitenweise Konzepte entwickelt, wie die Bildung, eines der wichtigsten gesellschaftlichen Güter, den künftigen Herausforderungen unserer Arbeits- und Lebenswelt begegnen sollte.

Nicht wenige Publikationen lassen uns enttäuscht und ratlos zurück. Sie sind eher Ausdruck des rasenden Stillstands, der unsere Zeit prägt, als eine Antwort auf die drängendsten Fragen, die sich im Bildungsbereich stellen. Nicht so die vorliegende Publikation. Eine Frage daraus sei hier stellvertretend angeführt: Welche Bildung braucht der Mensch im 21. Jahrhundert? Und zwar der Mensch in seinen verschiedenen Identitäten und Rollen: als Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer, als Bürger und Bürgerin, als Konsumentin und Konsument, als Mann und Frau.

Das vorliegende Buch wird man nicht übersehen können. Davon bin ich aus drei Gründen überzeugt. Erstens: Im Untertitel ist die Rede von einem «Bildungsschritt in die Zukunft». Das ist bescheiden formuliert und deshalb sympathisch. Hinter einem bescheidenen Auftritt stecken oft viel Fachwissen, ein durchdachtes Konzept und kreative Ideen. Bereits die Lektüre der ersten Seiten zeigt, dass dies so ist.

Zweitens: Im Buch werden der Bildungsdiskurs der letzten Jahre und die Herausforderungen der Zeit originell verknüpft und verdichtet, sodass daraus die sogenannten 4K resultieren: kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation, Kreativität und Innovation. Das sind genau jene Kompetenzen, die ein Mensch im 21. Jahrhundert braucht, um einerseits in der Gesellschaft bestehen und andererseits diese mitgestalten zu können – in seinen verschiedenen Identitäten und Rollen.

Drittens: Das Buch ist innovativ! Die Autorin und die Autoren entwickeln auf der Basis der «4K» ein Ausbildungsmodell für die Berufsbildung, das in dieser Art neu und zukunftsweisend ist.

Kognitive, soziale und emotionale Kompetenz als Bedingungen für gesellschaftliche Teilhabe – das ist das Grundverständnis von EDUCATION Y[1] in all seinen Bildungsprogrammen. In den Autoren und der Autorin dieses Buches sehen wir von EDUCATION Y Kollegen, die in die gleiche Richtung arbeiten: Wir nennen die Schlüsselkompetenzen des 21. Jahrhunderts «21K», an der Pädagogischen Hochschule Zürich heißen sie «4K» – gemeint ist dasselbe.

Prof. Dr. Rita Süssmuth

Vorstandspräsidentin von EDUCATION Y und ehemalige Familienministerin und Bundestagspräsidentin

Einleitung

EINLEITUNG

Die Bildung ist in vieler Munde und Gegenstand zahlreicher Debatten, Diskussionen, Essays und Parteiprogramme. Während die einen optimistisch sind und ihr weiterhin ein gutes Zeugnis ausstellen, ist das Bildungswesen für andere eine Baustelle. Begriffe wie «Bildungsreform», «Bildungsrevolution» oder «Bildungsschock», «Bildungsblockade» und «Bildungschaos» zeugen davon. Es erweckt den Anschein, als sei der Begriff «Bildung» zur Worthülse verkommen und jeder ein (Bildungs-)Experte, jede eine (Bildungs-)Expertin.

Das Schweizer Bildungssystem ist zweifellos ein Exportschlager. Es gibt weltweit 17 Schweizerschulen im Ausland, in denen längst nicht mehr nur die Kinder von Auslandschweizerinnen und -schweizern unterrichtet werden. Das Ausland interessiert sich für das Schweizer Berufsbildungsmodell, viele Projekte der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit sind Belege dafür. Die anhaltend geringe Jugendarbeitslosigkeit wird zu einem großen Teil der dualen Berufsbildung zugeschrieben. Und auch bei der aktuellen PISA-Studie schneiden die Schweizer 15-Jährigen größtenteils gut ab. In der Mathematik belegt die Schweiz einen Spitzenplatz, und in den Naturwissenschaften ist sie signifikant besser als der OECD-Durchschnitt.

Aber ist das Schweizer Bildungssystem so gut, wie es sein könnte? Die Tatsache, dass bis zu 25 Prozent der Lehrverträge aufgelöst werden und dass laut der Stiftung für Alphabetisierung und Grundbildung Schweiz (SAGS) rund 800 000 Personen einen einfachen Text nicht verstehen, obwohl sie die obligatorischen Schuljahre absolviert haben, lässt aufhorchen. Muss deswegen aber gleich von einer Bildungskrise gesprochen werden? Viele selbsternannte Schulreformer behaupten genau das in ihren Populärpublikationen, vereinfachen aber auch nur komplexe Bildungsthemen und kommen über simple Weisheiten und Worthülsen nicht hinaus.

Unbestritten müssen sich Bildungsinstitutionen heute vielen Herausforderungen stellen: Arbeit 4.0, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Chancengleichheit und Selektion, Wandel der Berufe – um nur einige zu nennen. Wie gelingt Bildung und mit welchen Kompetenzen werden Lernende und Studierende fit für das 21. Jahrhundert gemacht?

Die National Education Association, die größte amerikanische Gewerkschaft, der Lehrerinnen und Lehrer aller Schulstufen angehören, befragte vor einigen Jahren Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Feldern, was aus ihrer Sicht im 21. Jahrhundert die zentralen «Skills» im Bildungsbereich sein werden. Vier spezifische Kompetenzen werden künftig im Zentrum stehen, so die nahezu einhellige Meinung der Befragten. Die vier Kompetenzen wurden schnell bekannt als «Four Cs», die 4K: Kooperation, Kommunikation, Kreativität und Innovation sowie kritisches Denken und Problemlösen. Die 4K sind ein Kondensat aus einem ganzen Bündel wichtiger Kompetenzen und ein Rüstzeug für unsere (Arbeits-)Welt. Für Lernende aller Schulstufen bleiben namentlich Sprachen, Literatur, Künste, Mathematik, Naturwissenschaften, Geschichte und andere Fächer selbstverständlich weiterhin bedeutsam. Bildungsinstitutionen sollen Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen vermitteln, die die Grundlagen für eine moderne Gesellschaft darstellen und mündige Persönlichkeiten hervorbringen.

Das vorliegende Buch zeigt auf, warum mit den 4K ein Bildungsschritt in die Zukunft gelingt. Nach einer Zeitdiagnose in Teil I, in dem wir gesellschaftliche Strukturen und Prozesse herausarbeiten, beschäftigen wir uns in Teil II mit Bildung und Arbeit im 21. Jahrhundert und deren Folgen. Teil III bildet das Kernstück des Buches. Darin stellen wir das 4K-Modell vor, einen an der Pädagogischen Hochschule Zürich entwickelten Studiengang, der angehenden Lehrerinnen und Lehrern an Berufsfachschulen eine fundierte didaktisch-pädagogische Ausbildung bietet. In diesem Studiengang wird nach den geschilderten 4K gelehrt und gelernt. Konkret heißt dies unter anderem: Studierende der Ausbildungsgänge «Berufskundlicher Unterricht» und «Allgemeinbildender Unterricht» werden gemeinsam ausgebildet. Im letzten Teil des Buches wagen wir einen Ausblick und zeigen Konsequenzen auf, die sich aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel und den 4K für die Berufsbildung ergeben.