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Alexander und Wiebke Otto
mit Puppen-Bauanleitung von Radieschenfieber

WENN IM WAL DIE PUPPEN TANZEN

24 Puppen-Theaterstücke zu Bibelgeschichten, Themen und Kirchenfesten für Kinder ab 6 Jahren

buch+musik

Impressum

© 1. Auflage 2018

ISBN Buch 978-3-86687-200-4

Lektorat: Natalie Enns, www.textgeeks.de, Marienheide

www.ejw-buch.de

INHALT

Vorwort

Zum Umgang mit dem Buch

Puppenspiel-Knowhow

Fünf Puppenfreunde

Puppen-Theaterstücke zu Bibelgeschichten

Die Qual der Wahl – Adam und Eva verstecken sich

Mord und Totschlag: im Schuhregal – David stellt sich Goliat

Auf der Suche nach Gott – Josia wird König

Verloren im Einkaufszentrum – Rufe mich an in der Not

Wenn im Wal die Puppen tanzen – Wie Jona nach Ninive kam

Ein abgefahrener Traum – Der blinde Bartimäus wird geheilt

Zwei Fische im See Genezareth – Jesus stillt einen Sturm

Ein Fremder hilft – Der barmherzige Samariter

Eine zweite Chance – Zachäus trifft Jesus

Puppen-Theaterstücke zu Lebensthemen

Nur Mut, Rut! – Zu seinen Fehlern stehen

Wie viel ist siebzigmal sieben? – Wie oft muss ich verzeihen?

Du gehörst in Gottes Team – Gemeinsam sind wir stark

Das Skateboard ist hin – Freundschaft ist wichtig

Die Geburtstagsparty – Einfach mal danke sagen

Ein Missverständnis – Der Lappen ist weg

Nachts im Wald – Ein Lied gegen die Angst

Versprechen kann sich jeder mal – Vertrauen in Freunde

Das Geburtstagsgeschenk – Einander verzeihen

Puppen-Theaterstücke zu Kirchenfesten

Der Stern ist hin – Die Heiligen Drei Könige

Eine Einladung für alle – Das Passafest

Ostern und die Zeitreise – Der Vorhang im Tempel reißt entzwei

Ohne Luther wär‘n wir alle katholisch – Martin Luther reformiert die Kirche

Ein Ausflug in den Park – Sankt Martin teilt seinen Mantel

Bischof Nikolaus – Warum wir Nikolaus feiern

Anhang

Der Bau einer Klappmaulpuppe

„Radieschenfieber“

Die Autoren

VORWORT

(MALAGA, KRÜMEL, FRED, STEVIE und SVEN stehen beieinander, überlegen)

FRED: Na, seid ihr auch alle da?

SVEN: Wir sind hier doch nicht beim Kasperletheater!

FRED: Hast ja recht. Aber wir wollten uns doch jetzt ein Vorwort überlegen. Wie wär’s mit (räuspert sich): Sehr geehrte Leserinnen und Leser, voller Freude über Ihr Interesse an diesem Buch möchten wir Ihnen vorab mitteilen, wem unser Dank und unser Lob gebühren.

(MALAGA, KRÜMEL, STEVIE und SVEN starren Fred mit offenem Mund an)

FRED: Ja, danke. Ich weiß. Ich habe Talent!

SVEN: (schüttelt den Kopf) Wir sind hier doch nicht bei „Deutschland sucht den Super-Klugscheißer“! So gestelztes Gelaber passt definitiv nicht zu unserem Buch!

STEVIE: (lacht) Allerdings! Schließlich bist du ja dabei, Sven.

KRÜMEL: (schüchtern) Also, ich bin mir auch nicht sicher – was schreibt man denn normalerweise so in ein Vorwort?

MALAGA: Man bedankt sich. Zum Beispiel bei Mama, Papa, Oma, Opa, Geschwistern, Freunden, Arbeitskollegen, Mitstudenten, der Ausbildungsstätte …

SVEN: (beginnt auf die Melodie von „Guantanamera“ zu grölen) Ein Johanneum, es gibt nur ein Johanneum, EIIIN JOOOHAAANNEEEUUUMMM, es gibt nur ein Joha…

MALAGA: (genervt) Boah, Sven! Dein Gejaule hält ja niemand aus!

FRED: Ja, ich spüre förmlich, wie meine Gehirnzellen flüchten.

MALAGA: Wo war ich noch mal? (überlegt kurz) Ach ja, und dann geht natürlich noch ein besonderer Dank an unseren größten Fan Lina, die kleine Marie und meine alten Freunde Sandra, Paule, Jasper und Daniel. Danke auch dem Verlag, der Lektorin, der Grafikerin, der Druckerei, dem Tintenhersteller …

STEVIE: (unterbricht Malaga) Ja, danke. Wir haben es verstanden, Malaga!

SVEN: Was er (zeigt auf Stevie) damit sagen will: Du schwafelst!

MALAGA: Oh, Tschuldigung. (kichert)

FRED: Außerdem: Interessiert das die Leserinnen und Leser?! Die kennen diese Leute doch gar nicht!

MALAGA: Dafür kennen wir sie – und für diese Leute ist es schön, wenn sie genannt werden. Da müssen die Leserinnen und Leser halt mal durch.

KRÜMEL: Na dann haben wir doch alles, oder?

FRED: Nein, da fehlt noch jemand!

SVEN: Wer denn?

FRED: Natürlich geht noch ein gigantisches Dankeschön an Matthias Jungermann!

SVEN: Der hat doch Radieschenfieber, oder?

KRÜMEL: (ängstlich) Ist das ansteckend?

FRED: Nee, der ist „Radieschenfieber“!

MALAGA: Quatsch! Geht doch gar nicht. Der isst Radieschen und hat Fieber.

FRED: Mensch, Leute! Das ist sein Künstlername – „Radieschenfieber“.

MALAGA, KRÜMEL, STEVIE, SVEN Ahhh.

FRED: Der hat Wiebke und Alex das Puppenspiel beigebracht und mit ihnen zusammen uns gebaut. Ohne ihn würde es uns also gar nicht geben.

MALAGA, KRÜMEL, STEVIE, SVEN (ehrfürchtig) Ohhh.

KRÜMEL: War das jetzt alles für unser Vorwort?

STEVIE: Ich denke schon!

SVEN: Na dann können wir endlich mit dem Buch beginnen!

(MALAGA, KRÜMEL, STEVIE, FRED und SVEN hüpfen wild herum, jubeln)

Warum wir immer noch mit Puppen spielen?

Ganz einfach: Puppen dürfen irgendwie alles! Sie können frech, verrückt, albern und auch mal übertrieben laut sein. Sie können aber auch ernsthaft sein, laut denken und Fragen stellen. Deshalb ist es auch nicht von ungefähr, dass sie über eine gewisse Anziehungskraft verfügen. Unsere Tochter beispielsweise war vom ersten Augenblick an völlig fasziniert („Puppentheater“ war ihr erstes fünfsilbiges Wort). Diese Faszination erleben wir bei vielen Kindern – aber auch bei Erwachsenen, die dabei wieder ein Stück weit zum Kind werden. Puppenspiel macht nicht nur Spaß – es kann auch eine wichtige Rolle ausfüllen: Puppen können zu wertvollen Wegbegleitern für Kinder werden, in denen sie sich wiederfinden. Das ist besonders in der Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben hilfreich, zum Beispiel in Kindergruppen, Schulstunden oder Gottesdiensten. Die alltäglichen Situationen, die die Puppen erleben, können dabei als Aufhänger dienen, in Impulsen aufgegriffen und mit biblischen Inhalten verknüpft werden. Mit einfachen Mitteln kann so ein kreatives Element geschaffen werden, das spielerisch vermittelt, was der Glaube eigentlich mit uns zu tun hat.

In diesem Sinne: viel Spaß beim Kreativsein!

Alex und Wiebke

ZUM UMGANG MIT DEM BUCH

Dieses Buch liefert 24 fertige Puppen-Theaterstücke zu biblischen Geschichten, Themen aus dem Leben und kirchlichen Festen. Das Zielpublikum sind Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren. Geeignet ist das Buch für Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer sowie Haupt- und Ehrenamtliche in der christlichen Arbeit mit Kindern. Der Großteil der Puppen-Theaterstücke in diesem Buch steht für sich und kann zum Beispiel als ein Baustein in Gottesdiensten oder Kindergruppen eingebaut werden. Zusätzlich zu jedem Stück gibt es einen Vorschlag zu einem möglichen anschließenden Impuls, der das Thema des Stückes verarbeitet.

Auf einen Blick

Zu jedem Puppen-Theaterstück gibt es eine Übersicht mit folgenden Informationen:

Kategorie (Bibelgeschichten, Lebensthemen oder Kirchenfeste)

Geschätzte Dauer in Minuten

Benötigte Anzahl an Spielerinnen/Spielern

Schwierigkeitsstufe (leicht, mittel oder schwer)

Bibelstelle

Benötigte Puppen (MALAGA, FRED, STEVIE, KRÜMEL, SVEN)

Requisiten, die zum Download bereitstehen, und solche, die darüber hinaus besorgt werden müssen

Wichtige Hinweise und Tipps zum Stück

Allgemeine Hinweise

In den Regieanweisungen der Stücke sind nur die Puppen farblich hervorgehoben, die in der jeweiligen Szene aktiv sind. Sollten die Rollennamen durch andere ersetzt werden, muss darauf geachtet werden, dass die Namen auch dort geändert werden, wo die Puppen nur passiv benannt und daher nicht hervorgehoben sind.

Ist in den Regieanweisungen davon die Rede, wo die Puppen stehen und in welche Richtung sie gehen oder schauen, ist damit stets die Perspektive der Spielerin / des Spielers gemeint, nicht die des Publikums.

Ein hilfreiches Werkzeug für jedes Puppen-Theaterstück ist Klebeband. Dieses wird benötigt, um Requisiten an der Bühne oder an den Puppen zu befestigen. Requisiten, die an den Puppen haften bleiben sollen, können bereits in der Vorbereitung mit Klebeband präpariert werden.

Es ist ratsam, neben den Spielerinnen / Spielern eine weitere Person hinter den Kulissen zu haben, die zum Beispiel beim Einsatz der Requisiten hilft.

Downloads

Zu diesem Buch können Requisiten unter www.ejw-buch.de/shop/wenn-im-wal-die-puppen-tanzen.html als digitale Daten heruntergeladen werden. Der Kauf des Buches berechtigt zum Downloaden, Ausdrucken, Kopieren und Verwenden dieser Daten, sofern sie zur Vorbereitung und Durchführung der Inhalte dieses Buches verwendet werden. Eine Vervielfältigung, Verwendung oder Weitergabe darüber hinaus ist ohne Erlaubnis ausdrücklich nicht gestattet.

PUPPENSPIEL-KNOWHOW

VON „RADIESCHENFIEBER“ MATTHIAS JUNGERMANN

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Übung macht den Puppenmeister

Kinder als Publikum sind nicht zu unterschätzen! Mal sitzen sie gebannt und mit offenen Mündern da. Und das, obwohl vielleicht Inhalt und Handhabung der Puppen nicht besonders gut sind. Irgendetwas am Medium „Puppe“ begeistert sie zutiefst. Und ein anderes Mal tut Kindermund unverblümt Wahrheit kund. Und so steht plötzlich jemand in der ersten Reihe auf und kräht: „Langweilig!“ Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich das Publikum – und Kinder noch viel stärker: zwischen „Entrücktsein“ vom Spiel und unbarmherziger Kritik. Es ist immer eine Herausforderung, Kinder abzuholen, in die Geschichte zu entführen und zu begeistern. Funkelnde, dankbare Augen sind jedoch der Lohn für alle Mühe!

Doch nicht nur Kinder wollen begeistert werden. Auch Jugendliche und Erwachsene lieben es, wenn man ihnen Geschichten erzählt. Wenn es in einem Stück nicht nur um Blümchen, Luftballons und Marienkäfer geht, sondern Motorroller, Klausuren und Knebelverträge darin vorkommen, kann Puppenspiel auch für Ältere ein Spaß sein. So mancher Erwachsener spürt insgeheim das Kind in sich und lässt sich gern von Stücken für Kinder entführen. Hierzu ist aber unabdingbar, dass Puppen technisch gut gespielt werden. Ein Erwachsener verliert schnell die Lust am Zuschauen, wenn es im Spiel Dinge gibt, die ihn irritieren. Zum Beispiel, wenn die Mundbewegungen der Puppe nicht zu dem passen, was sie angeblich sagt.

Puppenspiel ist daher anspruchsvoller, als man denkt: Das Spielen einer Puppe ist wie das Spielen eines Musikinstrumentes. Ich muss mich der Handhabung des Instrumentes erst Schritt für Schritt nähern, erkunden wie man es hält und wie man es bedienen muss, um darauf Töne zu erzeugen. Wenn ich einen Ton produziere, wird es nicht gleich ein schöner sauberer sein. Aber immerhin ein Ton! Doch je häufiger ich das Instrument zur Hand nehme und darauf übe, desto schöner wird mein Ton.

Puppenspiel übt sich ebenfalls, indem man die Puppe möglichst oft zur Hand nimmt. Wenn sie nur hübsch auf dem Regal sitzt, wird das Spiel mit ihr nicht besser. Und auch, wer alles nur im Kopf durchgeht oder am Schreibtisch sitzend aufschreibt, bekommt kein Gefühl für die Handhabung der Puppe – und wird keine Einheit mit ihr. Spielerin/Spieler und Puppe sollten deshalb möglichst viel gemeinsam „erleben“. Die Puppe muss sich dabei auf der Hand befinden und „mitproben“ – so kann sich auch die Hand an die Puppe gewöhnen, die auf ihr sitzt. Und nur so lernt die Spielerin / der Spieler die Puppe als „Instrument“ kennen und übt ein, sich damit auszudrücken.

Also runter damit vom Regal, Zeit mit der Puppe verbringen und erst dann ab vors Publikum! Niemand würde sich ohne Übung mit einer Geige vor ein Publikum stellen und ihm etwas „vorgeigen“. Mit einer Puppe hingegen machen das die Leute! „So ein bisschen Puppenspiel – das kann doch nicht so schwer sein. Ist doch sicher alles ganz easy!“ Beim Puppenspiel gibt es aber vieles zu beachten. Trotzdem können wir entspannt sein! Denn in diesem Buch geht es um eine Puppenart, die relativ einfach zu erlernen ist. Gleichzeitig hat sie einen enormen Effekt und Erfolg beim Publikum. Seit Jim Henson in Sesamstraße und The Muppet Show im TV mit seinen Puppen auftauchte, ist diese Puppenart aus den Kinderprogrammen nicht mehr wegzudenken: die Klappmaulpuppe. Los geht’s: zur Puppe greifen, sie mit Neugier und Spaß beobachten, kennenlernen und die folgenden Tipps und Tricks ausprobieren!

Das Einmaleins beherrschen

Sprechen

Ihr Name deutet es bereits deftig-charmant an: Die wichtigste Bewegung der Klappmaulpuppe ist ihre Mundbewegung. Nicht umsonst ist ihr Mund überdurchschnittlich groß. Dieses klappende Maul geht beim Sprechen auf und zu – am besten in einer Weise, die wir kennen und einordnen können: Denn die Wörter, die das Publikum hört, verknüpft es nur dann mit der Puppe, wenn die Artikulation der Wörter glaubhaft zu den Bewegungen ihres Klappmauls passt. Jeder hat von Kindheitstagen an anderen beim Sprechen zugeschaut und Bewegung und Stimme zu „lesen“ gelernt. Alles, was wir über das Sprechen wissen, haben wir bei anderen beobachtet, von den Lippen abgelesen und dann selbst umgesetzt. Nun gilt es, dies noch einmal wahrzunehmen und dann bei der Puppe umzusetzen. Nachahmung führt zum Erfolg!

Übung: Schaue die Puppe beim Wörtersprechen an. Hierbei merkst du intuitiv, was richtig ist und natürlich aussieht. Durch Beobachtung und Korrektur kannst du der Puppe glaubhafte Sprechbewegungen geben. Die Koordination von „Hirn“ mit „Hand“ wird trainiert und miteinander verbunden. Man wundert sich manchmal, was die eigene Hand macht – oder eben nicht macht, obwohl man es doch will!

Es gibt drei Grundregeln für gutes Sprechen einer Klappmaulpuppe:

Pro Silbe einmal aufmachen

Hierfür muss man jedes Wort in seine Silben aufteilen und dann den Mund der Puppe pro Silbe einmal öffnen. Das Wort „Haus“ hat nur eine Silbe, also gibt es nur eine Öffnung des Mundes. „Tür-öff-ner“ hingegen hat drei Silben, also wird der Mund dreimal dazu geöffnet. Wer diesen ersten Tipp umsetzt, hat schon viel gewonnen!

Übung: Sprich mit deiner Puppe mehrsilbige Wörter. Fange mit einem einsilbigen Wort an: „Ohr“. Setze die Übung mit Wörtern fort, die jeweils eine Silbe mehr haben als das vorherige Wort: „Ohr-ring“, „schwer-hö-rig“, „Son-nen-bril-le“, „Füh-rer-schein-prü-fung“, „Hals-na-sen-oh-ren-arzt“ usw. Schaue dabei auf den Mund der Puppe und kontrolliere jede Silbe.

Wer diese erste Regel zum Sprechen verfeinern möchte, kann zusätzlich Folgendes beachten: Bei allen Silben, die den Buchstaben „A“ beinhalten, öffnet sich der Mund der Puppe etwas weiter als bei allen anderen Vokalen.

Übung: Um die größere „A-Öffnung“ zu üben, sprich mit deiner Puppe diese Wörter und öffne bei den Silben unterschiedlich weit: „A-bend-MAHL“, „A-bend-brot“, „MA-ler-werk-STATT“, „KRAN-ken-WA-gen“, „Ge-burts-TAGS-ein-LA-dung“, „Gut-ten TAG“.

Bei den Übungen sollte der Puppenmund bewusst geöffnet und geschlossen werden, um die Silben mitzählen zu können. Bei längeren Wörtern klingt dies künstlich, weil es eine unnatürliche Sprechweise ist. Schneller sprechen allein hilft allerdings nicht: Die Puppe kann dabei zu „klappern“ anfangen und unschön mit dem Kopf wackeln. Es hilft, ihren Mund nach jeder Silbe nur halb zu schließen und bei der nächsten Silbe einen neuen Impuls zur Öffnung zu geben. Erst wenn das Wort oder der Satz beendet ist, schließt sich der Mund wieder komplett.

Durch das Bewusstmachen der einzelnen Silben verbindet die Spielerin / der Spieler in der Übung die Sprache mit der Handbewegung. Doch darf die Puppe sich später im Spiel nicht wie ein Roboter anhören, der jede Silbe einzeln spricht (es sei denn, sie ist ein Roboter). Ein Satz sollte immer eine flüssige, natürliche Sprachmelodie haben, der man gern zuhört. Je natürlicher die Puppe spricht, desto besser. Natürlich ist, wie wir uns jeden Tag miteinander unterhalten – unnatürlich dagegen ist, wie man in der Grundschule oder vor dem Weihnachtsbaum auswendig gelernte Gedichte herunterleiert.

Das richtige Öffnen und Schließen

Der Impuls der Silbe ist ein Öffnen des Puppenmundes, kein Schließen! Am Anfang ist der Mund immer geschlossen. Mit der Silbe öffnet er sich und schließt sich weich zum Ende der Silbe. Mit ihrem Verklingen ist der Mund also wieder komplett geschlossen – oder nur halb geschlossen, wenn sofort weitere Silben folgen sollen. Ober- und Unterkiefer sind wie mit einem unsichtbaren Gummiband miteinander verbunden. So wird der Mund nach jeder Öffnung immer wieder automatisch geschlossen. Man kann sich auch vorstellen, dass die Silbe wie eine Seifenblase ist, die mit der Öffnung der Hand ausgehaucht und auf die Reise geschickt wird. Liegt hingegen der Impuls der Silbe auf dem Schließen, hat die „Silben-Seifenblase“ keine Zeit, ausgehaucht zu werden und platzt noch, bevor sie fliegen kann. Wie sie platzt auch die Illusion, dass die Puppe spricht.

Übung: Nimm deine Hand aus der Puppe und simuliere, wie sie in ihr steckt, indem du die Hand entsprechend formst. Stell dir vor, dass um Finger und Daumen ein unsichtbares Gummiband locker gewickelt ist. Beobachte deine Hand beim pantomimischen „Tennisball-Wegschmeißen“, „Matsch-gegen-die-Wand-Klatschen“, „Superpowerstrahlen-aus-der-Handfläche-Herumschießen“ – im Gegensatz zum „Pflaumenpflücken“, „Moos-von-der-Wand-Zupfen“ oder „Meerschweinchen-wilde-Frisuren-Stylen“. Die Hand geht nach vorne und öffnet sich, anstatt geschlossen nach hinten zu gehen.

Mit dem Unterkiefer sprechen

Beobachtet man andere beim Sprechen, stellt man fest: Wir sprechen hauptsächlich mit dem Unterkiefer und nur wenig mit dem Oberkiefer bzw. dem ganzen Kopf. Das ist bei der Puppe genauso: Um den Unterkiefer der Puppe zu öffnen, muss der Daumen der Spielerin / des Spielers in der Puppe nach unten gehen. Dies geht aber nur bis zu einem gewissen Grad. Kippt die Spielerin / der Spieler das Handgelenk leicht nach vorne, geht der ganze Puppenkopf dabei nach unten. Das wiederum erlaubt dem Daumen mehr Spielraum nach unten, der Mund kann weiter geöffnet werden. Der Oberkopf darf aber nicht stillstehen, er sollte bei jeder Öffnung mitschwingen und sich leicht nach oben bewegen. Die größere Bewegung sollte allerdings der Unterkiefer machen. Wenn stattdessen die Finger nach oben geklappt werden, wird der Oberkopf zu weit nach hinten geschmissen. Das Publikum hat es schwer, das Gesicht der Puppe zu erfassen, da es immerzu nach oben wegklappt. Außerdem verwuscheln dabei die Haare der Puppe. Besonders für langhaarige Puppen und solche, die einen großen Oberkopf haben, ist es wichtig, dass der Unterkiefer aktiver ist als der Oberkopf. Puppen mit kleineren Köpfen dürfen ihren Oberkopf durchaus mehr bewegen, das sieht glaubhafter aus.

Bewegung

Bewegung ist Leben. Deshalb braucht es Bewegung in den Puppen! Wenn eine Puppe nur steht und spricht, stört einen die Textlastigkeit des Auftritts irgendwann, selbst wenn es sich um einen guten Text handelt. Daher gilt es, so oft und so viel Bewegung ins Spiel einzubauen wie möglich. Ebenso wie beim Thema „Sprechen“ sollte man sich dabei am Menschen orientieren. Je natürlicher die Bewegungen der Puppe sind, desto besser kann das Publikum sie „lesen“.

Werden verschiedene Bewegungen gleichzeitig gemacht, kann es schnell undeutlich werden und das Publikum kann diese nicht mehr „lesen“. Es sollte immer jeweils nur eine Bewegung gespielt werden. So kann jede für sich angeschaut und gedeutet werden, bevor die nächste wahrgenommen wird. Auch für die Spielerin / den Spieler ist es eine Erleichterung, die Bewegungen nacheinander zu spielen. Es gibt unterschiedliche Bewegungen:

Sprechbewegung: äußert sich im Unterkiefer und Oberkopf der Puppe

Laufbewegung: äußert sich im Körper der Puppe

Blickbewegung: äußert sich im Kopf und Körper der Puppe

Handbewegung: äußert sich in konkreten Gesten der Puppenhand

Sprechbewegung

Sprache braucht einen Adressaten. Das Gesagte wird nicht in die leere Luft hineingesprochen, sondern zu jemandem „geschickt“, der das hören soll: zu einem Gegenüber, zum Publikum, zu sich selbst. An wen ein Inhalt gerichtet ist, kann auch durch Bewegung sichtbar gemacht werden. Und zwar indem sich die Puppe dem Adressaten zuwendet, etwa mit dem Kopf oder sogar mit dem ganzen Körper, was eine stärkere Zuwendung bedeutet. Innerhalb eines Textes kann es mehrere Adressaten geben, die durch diese Körpersprache angesprochen werden. Körperbewegung beim Sprechen ist nicht zu unterschätzen: Sie sorgt für Dynamik im Puppenspiel.

Laufbewegung

Damit eine Puppe richtig läuft, muss sie klare Schritte setzen. Dabei sollte das Schrittmaß in erster Linie zur Puppe passen – nicht zur Spielerin / zum Spieler! Wenn es an der Bühne möglich ist, empfiehlt es sich, selbst echte Schritte zu machen, die sich am Schrittmaß der Puppe orientieren. Der Schrittimpuls kann auf diese Weise durch den Körper der Spielerin / des Spielers bis in den Puppenkörper ausstrahlen – der Gang wirkt dadurch natürlicher. Außerdem wird dabei ein echtes Schrittgeräusch für die Schritte der Puppe erzeugt.

Die Spielerin / der Spieler ordnet sich mit den eigenen Körperbewegungen der Puppe also unter und tut alles, um unentdeckt zu bleiben. So glaubt das Publikum, bei der Puppe handele es sich um ein unabhängiges Wesen. Wenn sich die Puppe dreht, dann um ihre eigene Achse, nicht um die der Spielerin / des Spielers. So vermeidet man, sich als Person hinter der Bühne zu „verraten“ – und die Puppe wird auch nicht unschön herumgeschleudert.

Blickbewegung

Bei der Puppe gibt es keine Augenbewegungen, sodass jeder Blick mit einer Kopfbewegung gespielt werden muss. Die Blicke der Puppe sollten klar gesetzt sein und nicht „schwimmen“. Nur so kann das Publikum deuten, wen oder was sie gerade anschaut. Durch klar fokussierte Blicke kommuniziert die Puppe auch auf der nonverbalen Ebene: Es steckt zum Beispiel eine Aussage dahinter, in welche Richtung sie blickt, was oder wen sie anschaut – oder auch nicht anschaut – und wie lange ihr Blick auf etwas verweilt. Schaut sie jemandem zum Beispiel nur kurz ins Gesicht, aber immer wieder auf den Bauch, sagt sie etwas damit aus, ohne es auszusprechen – etwa „Hast du zugenommen?“.