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Nr. 746

 

Der Retter von Jomon

 

Das Schicksal einer Welt entscheidet sich

 

von Peter Terrid

 

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Seit der Jahreswende 3818/19, als Atlan unvermittelt in die Galaxis Manam-Turu versetzt wird, ist nach terranischer Zeitrechnung inzwischen fast ein ganzes Jahr vergangen. Der Arkonide hat in dieser Spanne, zumeist begleitet von Chipol, dem jungen Daila, und Mrothyr, dem Rebellen von Zyrph, mit seinem Raumschiff STERNSCHNUPPE schon manche Gefahr bestanden – immer auf der Spur jener Kräfte, die schon an anderen Orten des Universums verheerend wirkten.

In dieser Zeit hat Atlan neben schmerzlichen Niederlagen auch Erfolge für sich verbuchen können. So ist zum Beispiel die Zusammenarbeit der verbannten Daila mit den Bewohnern ihrer Ursprungswelt gewährleistet – was sich auf den Kampf der Daila gegen ihre Unterdrücker positiv auswirken dürfte.

Es bei dem bisher Erreichten zu belassen, wäre grundfalsch. Atlan weiß das – und seine Gefährten ebenfalls. Und so folgen sie verbissen selbst der kleinsten Spur des Erleuchteten und der seines mysteriösen Werkzeugs EVOLO.

Die Verfolgung dieser Fährte bringt es mit sich, dass Chipol Dharys, seinem verschollenen Vater, begegnet. Doch der junge Daila kann keine Freude darüber empfinden, denn Dharys ist zum Werkzeug des Erleuchteten geworden.

Werkzeuge können aber auch anders als vorgesehen operieren. Das beweisen die Geschehnisse um den RETTER VON JOMON ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan, Chipol und Dharys – Der Arkonide und die Daila als Gefangene.

Hellenker – Kommandant der Ligriden auf Jomon.

Drasthor und Drastim – Hellenkers verräterische Stellvertreter.

Boorschon – Ein falscher Jomoner.

Plodar – Ihm soll ein Denkmal gesetzt werden.

1.

 

Chipol hielt sich unglaublich gut. Nur sein schnelles Atmen verriet, wie es um den jungen Daila stand.

Nervenkraft war in unserer Lage auch dringend vonnöten. Selten zuvor hatte ich mich in einer derart aussichtslosen Lage befunden.

Während eines Weltraumspaziergangs, den ich mit Chipol unternommen hatte, um ihn von seinen unerfreulichen Grübeleien abzulenken, waren unversehens ligridische Schiffe im System des Planetoidenrings aufgetaucht – und die STERNSCHNUPPE war in Panik geraten. Vermutlich lag das an den Ereignissen der letzten Zeit, die STERNSCHNUPPE noch nicht hatte verarbeiten können. Das Auftauchen der Ligriden hatte das Schiff so geschockt, dass es die Flucht ergriffen hatte. Mrothyr hatte diese Flucht nicht verhindern können – wenn ich seinen letzten Funkspruch richtig aufgefangen hatte, war er von der STERNSCHNUPPE betäubt oder gar getötet worden.

Chipol und ich waren zurückgeblieben. Zur Verfügung standen uns nur unsere Raumanzüge mit ihren Lebenserhaltungssystemen – und so, wie es im Augenblick aussah, hätte man diese Produkte hochentwickelter Technik auch als Todeskampfverlängerungsanlagen bezeichnen können.

Die Systeme funktionierten einwandfrei. Filter nahmen das beim Ausatmen anfallende Kohlendioxyd auf und spalteten es in Kohlenstoff und Sauerstoff auf, der dem Kreislauf wieder zugeführt wurde. Flüssige Körperausscheidungen wurden ebenfalls perfekt aufgearbeitet, feste Ausscheidungen getrocknet und komprimiert.

Im Klartext bedeutete das, dass wir etliche Zeit zur Verfügung hatten, bevor der Tod nach uns griff.

Versagten als erstes die Batterien, mussten wir ersticken oder erfrieren; hielten sie länger durch als wir, würde uns der Hunger umbringen.

Aber weitaus gefährlicher – wenigstens für Chipol – war die psychische Belastung dieser Zeit. Es gab viele Raumfahrer, die Rettungsanzüge nur mit äußerstem Widerwillen anlegten. Sie kamen sich vor, als seien sie lebendig eingesargt. Dass man sich mit einem solchen Anzug recht gut bewegen konnte, zählte nicht, verglichen mit der Tatsache, dass man darin zur Bewegungslosigkeit verdammt war. Ich konnte mich an erfahrene Raumfahrer erinnern, die fast in den Wahnsinn getrieben worden waren, weil es sie am Hinterkopf juckte und sie sich nicht kratzen konnten. Diese Anfälle konnten sich bei längerem Tragen steigern – und manchmal führten sie dazu, dass der Träger den Anzug öffnete, um sich kratzen zu können.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Chipol über Funk. Ich konnte seiner Stimme die mühevolle Beherrschtheit anhören, zu der er sich zwang.

»Ich sehe zwei Möglichkeiten«, antwortete ich. »Die eine ist vergleichsweise sicher, die andere spekulativ.«

»Nenn zuerst die sichere«, bat Chipol.

»Wir nehmen unsere Rückstoßaggregate und unsere Waffen. Der Energieausstoß ist so groß und charakteristisch, dass man uns mit Sicherheit anpeilen wird. Die Ligriden sind neugierig, sie werden uns an Bord nehmen.«

Ich hörte, wie Chipol schluckte.

»Hältst du es für möglich, dass wir einen von den Ligriden kennen?«, fragte er halblaut. »Ich werde den verrückten Gedanken nicht los, dass da draußen Halphar herumschwirrt.«

»Ich weiß«, gab ich zurück. »Mir geht Ähnliches durch den Kopf.«

Die Wahrscheinlichkeit war verschwindend gering, das bestätigte mir der Logiksektor – aber der Rest reichte völlig aus, Alpdrücken hervorzurufen. Halphar hasste uns, vor allem mich, und er war ein Feind von bemerkenswerter Intelligenz. Die Fehler, die er bei unseren ersten Kontakten gemacht hatte, würde er mit Sicherheit nicht wiederholen. Und was uns blühte, wenn Halphar uns zu fassen bekam, wagte ich mir gar nicht auszumalen.

»Und die andere Möglichkeit?«

»Wir hoffen darauf, dass die Ligriden abziehen und die STERNSCHNUPPE zurückkehrt, um uns wieder aufzunehmen.«

Chipol antwortete nicht. Er war klug genug, sich auszurechnen, wie gering unsere Hoffnungen waren, an Bord der STERNSCHNUPPE zurückzukehren.

Ich hatte inzwischen gelernt, das Hintergrundrauschen geistig auszublenden, das in unseren Lautsprechern zu hören war. Es stammte von den energetischen Turbulenzen, die den Planetoidenring durchzogen. Wenn man sich darauf konzentrierte, nahm man diese Funkstörung kaum noch wahr.

Plötzlich geriet sie wieder in den Vordergrund meiner Wahrnehmung. Irgend etwas hatte sich verändert – es waren Töne dazugekommen, die es vorher nicht gegeben hatte. Ein gleichmäßiges Brausen war zu hören ...

Eine gleichmäßige, starke Energieentwicklung im System, analysierte das Extrahirn. Atombrand.

Die Ligriden waren gründlich. Wahrscheinlich vermuteten sie, dass es außer der STERNSCHNUPPE noch andere versteckte Schiffe in dem Gewirr von Trümmern und Energiefeldern gab – und dies war ein probates Mittel, solche Schiffe ins Freie zu treiben.

Für uns kam das einem Todesurteil gleich – mit den Rückstoßaggregaten konnten wir niemals genug Geschwindigkeit entwickeln, um den 20.000 Kilometer durchmessenden Planetoidenring verlassen zu können.

Ich vermutete, dass Chipol die Veränderung nicht bemerkt hatte – und wenn, war er ohne Extrahirn wohl nicht in der Lage, den Wechsel zu analysieren. Ich beschloss, ihm nichts von dieser neuen Gefahr zu sagen.

Wir hatten uns nur wenig von dem großen Planetoiden entfernt, den wir bei unserem Spaziergang untersucht hatten. Das Mitbringsel von dem Trümmerstück, ein sehr seltsames, biegsames Schwert, hatte ich in einer Tasche meines Anzuges verstaut.

»Hast du dich entschieden?«, fragte Chipol an.

»Noch nicht«, gab ich zurück. »Vielleicht fällt uns noch eine andere Lösung ein.«

»Du glaubst daran?«

»Ich gebe nie auf«, antwortete ich.

Was konnten wir tun, ohne uns den Ligriden auszuliefern? Es sah ganz danach aus, als hätten wir keine Alternative.

Wenn das aber geschah, konnte es Folgen haben, nicht nur für die Bewohner von Manam-Turu.

Hinter den Ligriden standen die Hyptons. Beide zusammen bildeten das Neue Konzil – und die Hyptons gierten danach, die frühere Niederlage in der Milchstraße auszugleichen. Von mir würden sie keine Hinweise bekommen, das wusste ich. Aber Chipol hatte sich im Umgang mit mir ein Wissen angeeignet, das den Hyptons nicht zugänglich gemacht werden durfte.

Wieder änderte sich das Hintergrundgeräusch in den Lautsprechern. Es klang fast so, als würde uns jemand anfunken.

Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf die Botschaft, die von den Hintergrundstörungen fast unkenntlich gemacht wurde.

»...pol«, konnte ich verstehen. »... nicht wechseln.«

Die Stimme war verzerrt, aber der drängende Tonfall war nicht zu überhören. Wer immer da nach uns suchte, er kam allmählich näher. Die Verständigung wurde besser.

Und dann erkannte ich den Sprecher.

Dharys, Chipols Vater!

Auch Chipol hatte die Stimme erkannt, er stieß einen Schrei aus.

Dharys war jetzt gut verständlich.

»Chipol, bleib an deinem Standort. Nicht wechseln. Ich weiß, wo du bist. Hier ist Dharys.«

Chipol stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Ich konnte ihn gut verstehen, aber ich war mir auch über die Schwierigkeiten klar, die auf uns zukamen.

Immerhin hatte Dharys mich töten wollen. Er war ein Werkzeug in der Hand des Erleuchteten – sein Auftauchen in dieser bedrängten Situation für uns daher alles andere als eine ungetrübte Freude.

»Atlan?«

»Ja, Chipol?«

»Ich werde auf der Hut sein«, sagte Chipol leise. »Auch wenn er mein Vater ist, vielleicht gerade deswegen.«

»Ich verstehe dich«, antwortete ich.

Wir hatten die Scheinwerfer ausgeschaltet, um Energie zu sparen. Vom Licht der Doppelsonne war hier nichts zu bemerken. Wir schwebten frei in der Leere und Dunkelheit des Raumes – unter diesen Umständen hatte der kurze Dialog mit Chipol etwas Gespenstisches an sich.

Zu all den anderen Sorgen und Nöten kam nun auch das Problem Dharys dazu. Gern hätte ich Chipols Vater davon überzeugt, was für ein Spiel der Erleuchtete wirklich trieb. Die Wahrscheinlichkeit, dass er mir glaubte, war allerdings gering – dem Einfluss des Erleuchteten entkam man nicht so schnell und leicht, wie ich es mir gewünscht hätte. Und Dharys war geschickt und gerissen, im Zweifelsfall auch ein vorzüglicher Schauspieler.

Im Grunde konnte ich erst dann sicher sein, dass uns von Dharys keine Gefahr drohte, wenn der Erleuchtete tot war, unter Umständen nicht einmal dann.

Kam Dharys als Freund oder als Feind? In Chipols Fall konnte ich mir sicher sein – ich hatte nie den geringsten Zweifel daran gehabt, dass Dharys seinen Sohn liebte und für sich zurückgewinnen wollte.

Die Stimme des Daila war nun sehr klar zu hören. Er musste in unserer Nähe sein.

»Atlan an Dharys. Wenn du eine Außenbeleuchtung an deinem Schiff ...«

»Dharys an Chipol. Ich habe kein Schiff.«

Auch ein Verfahren, mit mir umzugehen. Er tat so, als existierte ich gar nicht.

»Kein Schiff?«

Ich konnte das Erschrecken in Chipols Stimme hören, und auch meine jäh erwachte Hoffnung sank wieder auf den Nullpunkt herab.

Die Lage hatte sich keineswegs verbessert – es saßen jetzt nur drei statt zwei Opfer in der Falle.

 

*

 

Mit großer Zufriedenheit betrachtete Hellenker die Lage. Die acht Raumschiffe der Zwillinge flogen in das System zurück. Das Raumschiff, das sie dort aufgestöbert und gejagt hatten, war verschwunden, es hatte sich absetzen können.

Ein Erkundungstrupp war unterwegs, um das zweite Raumschiff zu untersuchen, das von Hellenkers Flaggschiff flugunfähig geschossen worden war. Der Pilot – es schien nur ein Besatzungsmitglied zu geben – hatte das Schiff verlassen und steuerte genau jenen Ort an, von dem aus das erste Raumschiff seine Flucht angetreten hatte. Das hatte Hellenker von den Zwillingen erfahren. Drasthor und Drastim waren beeindruckend freundlich gewesen. Kein Wunder, sie wussten, in wessen Hand nun ihr Schicksal lag.

»Fremdschiff erreicht. Scheint verlassen zu sein!«

»Durchsuchen und abschleppen«, bestimmte Hellenker sofort. Der Typ war ihm unbekannt und daher von beträchtlichem Interesse. Vielleicht entdeckte man in diesem seltsamen Ringsystem die erste Spur, die zu einem neuen raumfahrenden Volk führte, das die Ligriden sich unterwerfen konnten – oder als Verbündete gewinnen. Das würde von der militärischen Stärke des Volkes abhängen.

Das Aufblitzen einer Detonation ließ Hellenker zusammenfahren.

»Fremdschiff explodiert, offenbar Selbstzerstörung. Suchmannschaft getötet.«

Die Meldung kam ruhig und gelassen. Hellenker nahm sich vor, ein Auge auf den Sprecher zu haben. Wer solche Nachrichten mit so beeindruckender Sachlichkeit vortragen konnte, musste fähig sein.

»Bedauerlich«, sagte Hellenker. »Ist die Spur des Piloten aufgenommen?«

»Zwei Beiboote verfolgen ihn. Sie halten Abstand, wie befohlen.«

»Gut so«, meinte Hellenker zufrieden. Wenn der fremde Pilot nicht völlig verrückt war, musste seine Handlungsweise einen Sinn ergeben – und den wollte Hellenker ergründen.

»Die Flotte soll zu mir aufschließen«, ordnete er an. Es geschah den ehrgeizbesessenen Zwillingen nur recht, wenn sie nun zusehen mussten, wie Hellenker den Erfolg einheimste, den sie für sich bestimmt hatten.

»Beiboot an Flaggschiff. Haben zwei weitere Personen ausgemacht, die im Raum treiben.«

»Schiffe zu sehen?«, fragte Hellenker nach.

»Keines. Die drei scheinen völlig ohne Hilfsmittel zu sein.«

Hellenker überlegte einen Augenblick lang.

»Gefangennehmen, aber mit größter Vorsicht. Ich will die Personen lebend – wer einen von ihnen tötet, kann seinen Helm bei mir abgeben.«

Diese Drohung mit einer vollkommen gesellschaftlichen Vernichtung des Betroffenen würde wohl ausreichen, um Hellenkers Befehl den gebührenden Nachdruck zu verleihen.

Die ganze Aktion verlief undramatisch. Die Besatzung des Beiboots spürte die drei treibenden Raumfahrer auf und gab ihnen mit ein paar Warnschüssen zu verstehen, dass sie keine Chance mehr hatten. Sobald die drei vom Traktorstrahl erfasst und in eine Schleuse gezerrt worden waren, sorgte eine Lähmwaffe dafür, dass sie keinen Widerstand mehr leisteten.

»Zwei Daila und ein Fremder«, gab die Besatzung an das Flaggschiff durch.

»Beschreibung«, forderte Hellenker knapp.

Die knappe Schilderung des Äußeren des Fremden ließ Hellenkers Puls schneller gehen – und erfüllte ihn mit abgründiger Freude.

Entweder war er es selbst oder ein Angehöriger seines Volkes – auf jeden Fall lieferte der aufgefischte Raumfahrer eine erste Spur, die zur Ergreifung des Mannes Atlan führen konnte, nach dem aus dem Hauptquartier fieberhaft gefahndet wurde.

Hellenker stieß einen Seufzer der Befriedigung aus.

»Flaggschiff an Beiboot – zurückkehren.«

Wieder einmal hatte sich die Philosophie von Hellenker bestätigt. Was immer auch geschah, es war vorbestimmt. Und seine Gward-Schulung war letztlich für diesen Erfolg verantwortlich.

Hellenker grinste in sich hinein. Die Zwillinge würden platzen vor Wut. Ungewollt hatten sie den Triumph für Hellenker herbeigeführt, aber sie durften sich darauf nicht berufen, da der Start ihrer Schiffe ohne den Befehl von Hellenker geschehen war.

»Beiboot angedockt«, lautete die nächste Meldung.

Hellenker zwang sich zur Gelassenheit. Es bestand eine gewisse Hoffnung, dass der fremde Raumfahrer tatsächlich Atlan war. Wenn es stimmte, hatte Hellenker endlich eine Möglichkeit, höchst ruhmvoll aus dem Militärdienst auszuscheiden und sich ausschließlich seinen philosophischen und künstlerischen Neigungen hinzugeben.

»Schafft die Gefangenen in die Zentrale«, befahl Hellenker seinen Offizieren.

Es dauerte nicht lange, bis der Befehl ausgeführt war. Auf Schwebetragen wurden die drei Betäubten in die Zentrale transportiert, jeder von einem Kampfrobot bewacht.

Hellenker beugte sich über den ersten Körper. Man hatte den dreien die Raumanzüge gelassen, nur die Helme geöffnet.

»Ein Daila, unverkennbar«, murmelte Hellenker. Er warf einen Blick auf den zweiten Daila. »Könnte sich um Vater und Sohn handeln.«

Sorgfältig verglich Hellenker in Gedanken das Signalement des Gesuchten mit den äußeren Daten des dritten Gefangenen. Die Übereinstimmung war so groß, dass Hellenker keinen Zweifel hatte – Atlan war sein Gefangener.

Hellenker überlegte einen Augenblick. Nein, es war noch nicht die Zeit, den Triumph an das Hauptquartier zu melden. Möglich, dass Atlan einen Doppelgänger hatte. Der Gedanke schien Hellenker zwar reichlich absurd, aber man konnte nie wissen. Hellenker war ein Ligride, der keine unnötigen Risiken einging.

»Schafft sie in sicheren Gewahrsam«, ordnete er an. »Bringt sie getrennt voneinander unter, die beiden Daila in eine Zelle.«

Hellenker ließ sich nichts anmerken. Seine Offiziere kannten die Suchmeldung natürlich auch, und sie hatten Augen im Kopf. Mit keinem Wort ging Hellenker darauf ein, dass Atlan gefasst war. Mit freundlicher Zurückhaltung wandte sich Hellenker an den Piloten seines Flaggschiffs.

»Rückkehr nach Jomon«, befahl er und machte es sich in seinem Sessel bequem.

Das Flaggschiff nahm Fahrt auf und entfernte sich aus dem System der Doppelsonne. Hinter sich ließ es den Materiegürtel, der vermutlich einmal ein Planet gewesen war. Vor vielen Jahrtausenden war der Planet vermutlich von Naturgewalten zerrissen worden – jetzt bereitete der von den Ligriden entfesselte Atombrand den Überresten dieser Welt den Garaus. Wenn später einmal Raumfahrer dieses System anflogen, würden sie nur noch Staub finden.

Hellenker war mit sich zufrieden. Ein paar Tage noch, dann konnte er sich anderen Dingen widmen.

Er nahm sich vor, sich mit dem Verhör des Gefangenen Zeit zu lassen. Sein Triumph konnte noch größer und beeindruckender werden, wenn er nicht nur den Gefangenen dem Hauptquartier überstellte, sondern auch noch allerlei geheimes Wissen, über das der Gefangene verfügte.

Hellenker hatte von Halphar gehört, dem ersten ligridischen Kommandanten, der Atlan begegnet war. Atlan war Halphar entkommen, mitten aus der Raumfestung BASTION-V heraus. Bei Hellenker würde Atlan das nicht schaffen.

»Er wird sagen, was er weiß«, murmelte Hellenker kaum hörbar.

Halphar war kein übler Kommandant, unter den Militärgeistern der Gwyn-Schule war er einer der besten. Aber er war Militär, kein Mann des Geistes. Hellenker nahm sich vor, den fanatischen Gwyn-Anhängern eine eindrucksvolle Demonstration zu bieten –