Image

 

DER RING DER O

6 / 9

 

 

Die Erneuerung der Werte

 

 

Jürgen Bruno Greulich

 

 

 

Cover: Giada Armani

Copyright: BERLINABLE UG

 

 

Berlinable lädt dich ein, alle deine Ängste hinter dir zu lassen und in eine Welt einzutauchen, in der Sex der Schlüssel zur Selbstbestimmung ist.

Unsere Mission: Die Welt verändern - Seele für Seele.

Akzeptieren Menschen ihre eigene Sexualität, formen sie eine tolerantere Gesellschaft.

Worte der Inspiration, des Mutes, der Veränderung.

Öffne deinen Geist und befreie deine tiefsten Begierden.

 

 

Alle Rechte vorbehalten. Es ist nicht erlaubt, die Inhalte dieses eBooks ohne die ausdrückliche Genehmigung durch den Verlag zu kopieren, weiter zu verbreiten öffentlich vorzutragen oder anderweitig zu publizieren. Änderungen, Satzfehler und Rechtschreibfehler vorbehalten. Die Handlung und die handelnden Personen dieses Buchs sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ist nicht beabsichtigt und wäre rein zufällig.

Die Erneuerung der Werte

 

Das zweimalige kurze Klingeln seines Handys verkündete am Donnerstagabend um Punkt neun Uhr den Empfang einer SMS. Justines Termin. Natürlich wusste er, was sie ihm mitzuteilen hatte, und trotzdem war er immer wieder gespannt auf ihre Nachrichten, die ihm jedes Mal mit anderen wenigen Worten tiefe Freude bereitete: Mein geliebter Herr. Soeben habe ich ihn in mich genommen, wie es Eure Anweisung verlangt. Und ja, ich würde den Ring der O gerne als Zeichen meiner Ergebenheit für Euch tragen. Eure Sklavin Justine.

Ach, dass sie ihm das mitteilen würde, hatte er natürlich nicht gewusst, und auch nicht wirklich geglaubt, dass sie das Risiko eingehen würde, sich im Falle der Enttarnung einem wildfremden Mann hingeben zu müssen. Doch war wohl kaum damit zu rechnen, dass es tatsächlich geschah, da wohl nur die wenigsten der wenigen Eingeweihten sie darauf ansprechen würden, es sei denn, sie liefe einem Mann wie ihm über den Weg, der beim Anblick eines solches Rings derart elektrisiert war, dass er sie sofort anzubaggern begann. Dann hatte sie Pech gehabt oder auch Glück, je nachdem, wie man es sehen wollte.

Dass sie ihn als Zeichen ihrer Ergebenheit für ihn tragen wollte, glaubte er ihr allerdings nicht wirklich; wahrscheinlicher erschien es ihm, dass sie sich sehnte nach dem Kribbeln, das der Ring mit seiner Bedeutung ihr schenken würde. (Womit sie dem Soldaten eines friedliebenden Landes gliche, der gerne mit seinen Waffen prunkte und zugleich darauf hoffte, sie nie im Ernstfall einsetzen zu müssen.) Aber natürlich war ihr das Kribbeln gegönnt und die kleine Schwindelei verziehen, die ja einem guten Zweck diente, nämlich ihm zu schmeicheln. Sie sollte ihren Ring der O bekommen.

 

*

 

Die einfachste und billigste (nein, kostengünstigste) Lösung wäre gewesen, sie einfach den Ring wieder tragen zu lassen, den sie in die Schreibtischschublade verbannt hatte. Doch stand das außer Diskussion, da dieser in Verbindung mit Matthias stand und ewig an diesen erinnert hätte. Völlig unmöglich. Als Vorlage für Form und Größe konnte er allerdings dienen. Also nahm er ihn mit, als er Justine nach dem schmerzvollen Freitagabend und einem harmonischen Samstag am verregneten Sonntagmorgen wieder verließ. Ergeben lag sie ihm im Flur zu Füßen und leckte seine Schuhe und lächelnd hauchte sie ihm unten auf der Straße einen Kuss auf die Lippen, ehe sie unterm bunten Regenschirm zur Arbeit eilte. Sehnsüchtig schaute er ihr nach, vom herabprasselnden Regen allmählich in einen begossenen Pudel verwandelt, und dann, als ihn die Straßenbahn durch die trostlose graue Stadt schaukelte, hätte er weinen mögen wie der Himmel, weil er sich schrecklich alleine fühlte. Doch war Selbstmitleid einem Gebieter natürlich nicht erlaubt, nicht einmal einem sklavinnenlosen, so wie er momentan einer war.

Gleich am Montagmorgen schleppte er den Ring zu Emilia, einer flüchtigen Bekannten, die Goldschmiedin war und einen kleinen Schmuckladen in einer Seitenstraße ganz in der Nähe seiner Wohnung betrieb. Es gab bei ihr keine Fabrikware, nur von ihr selbst angefertigten Schmuck, sehr individuell, jedes Stück ein Unikat, und das zu einem erstaunlich günstigen Preis. (Über die Entlohnung für die Werbung würde er bei Gelegenheit mit ihr verhandeln müssen.) Sie war um die fünfzig, mittelgroß, schlank, und sah noch recht gut aus (für ihr Alter natürlich, was man aber niemandem sagen durfte, auch wenn es doch nur der Wahrheit entsprach). Ebenmäßig, fast aristokratisch war ihr Gesicht, kurz geschnitten das pechschwarze Haar und stets neugierig der Blick ihrer dunklen schmalen Augen. Auf Eleganz legte sie keinen Wert. Sie trug eine Jeans, einen Pullover und flache Schuhe, die Lippen waren ebenso wenig geschminkt wie die Fingernägel lackiert; sie war Handwerkerin und damit aufs Wesentliche konzentriert, nicht aufs Blendwerk des äußeren Scheins. (Natürlich konnte Georg einer solch abwertenden Bemerkung nicht zustimmen, wenn er an seine Justine dachte, an der ihm Lippenstift, Nagellack und so weiter ausgesprochen gut gefiel.)

Aber um das festzustellen, war er nicht hierhergekommen. Keine störende Kundin befand sich im kleinen Laden, in dem es einen Werktisch vor dem Fenster gab, einen gläsernen Verkaufstisch in Nähe des Eingangs und einige Vitrinen mit ihren Schmuckstücken.

In der Hoffnung, dass sie keine Frage nach der Bedeutung des seltsamen Rings stellen werde, hielt er ihn ihr vor die Nase. „So einen brauche ich!“

Rauchig und warm klang ihre Stimme. „Ach, ein Ring der O.“

Nach der Bedeutung würde sie also nicht fragen. „Du kennst ihn?“