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HAUS JUSTINE

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Das schwere Kreuz der Freiheit

 

 

Jürgen Bruno Greulich

 

 

 

Cover: Giada Armani

Copyright: BERLINABLE UG

 

 

Berlinable lädt dich ein, alle deine Ängste hinter dir zu lassen und in eine Welt einzutauchen, in der Sex der Schlüssel zur Selbstbestimmung ist.

Unsere Mission: Die Welt verändern - Seele für Seele.

Akzeptieren Menschen ihre eigene Sexualität, formen sie eine tolerantere Gesellschaft.

Worte der Inspiration, des Mutes, der Veränderung.

Öffne deinen Geist und befreie deine tiefsten Begierden.

 

 

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Das schwere Kreuz der Freiheit

 

Sie fuhr mit dem Taxi zum Café Marquis und wurde von Christine der Vierten in Empfang genommen. Das Café war gut gefüllt, ein einziger Tisch nur frei, auf dem Podest saß ein blondes Mädchen im roten Kleid, langes Haar, grazile Figur, banger Blick, sie fühlte sich ebenso beklommen wie alle anderen auf dem einsamen Präsentierteller. Christine wusste über den Grund von Cornelias Erscheinen natürlich Bescheid, sie half ihr aus dem Mantel und führte sie nach oben. Ziel war das Zimmer drei, ein großer Raum ohne Fenster, rot beleuchtet, eine Folterkammer. Peitschen hingen an den roten Wänden, es gab einen Luststuhl mit gedrungen kurzem Dildo, einen hohen engen Käfig mit dicken Gitterstäben, einen metallenen Pranger; von der Decke baumelten Ketten, niemand war hier.

»Die Herren werden drüben vorbereitet.« Christines Blick streifte eine rot tapezierte Tür, die sich kaum von der Wand unterschied. Die Herren? Hatte es Cornelia mit mehreren zu tun? »Mit zweien. Aber die beiden werden mehr mit sich selbst beschäftigt sein als mit dir. Allerdings lieben sie es, unter der Herrschaft einer Sklavin zu stehen, denn das stellt sie auf die tiefste Stufe der Erniedrigung und gibt ihnen damit die höchste Lust.«

Cornelia legte das Kleid und die Strümpfe ab. Dass es noch eine Stufe unter ihr gab, hätte sie nicht gedacht.

Christine öffnete die Tür einer schwarzen Vitrine und brachte ein trägerloses Korselett aus rosafarbenem weichen Leder hervor, half es ihr anzulegen, zurrte die Schnüre am Rücken fest, noch schmaler wurde die Taille, noch fülliger wirkten die unbedeckten Brüste, von den halben Körbchen nach oben geschoben. Wie beiläufig klang Christines Frage: »Dein Gebieter ist sehr streng, nicht wahr?« Es waren die ersten persönlichen Worte, die sie an Cornelia richtete.

»Du kennst ihn?«

»Es gibt kaum ein Mädchen des Hauses Justine, das ihn nicht kennt. Und natürlich kennt ihn jede, die schon einmal seine Sklavin war.«

»Was? Du warst seine Sklavin?«

»Ein Dreivierteljahr lang. Es gilt als Ehre, von ihm erwählt zu werden, er ist einer der angesehensten Freunde des Hauses. Allerdings wechselt er seine Sklavinnen rascher als andere ihren Wagen. Er hatte noch keine länger als ein Jahr.«

»Ach. Und dann?«

»Dann geht das Leben weiter. Es gibt für uns immer genug zu tun.« Sie entnahm der Vitrine einen Slip, auch er aus rosafarbenem Leder. Der breite Bund wurde mit einer silbernen Schnalle verschlossen, nahtlos angesetzt war das Höschenteil, das nach hinten hin zu einem dünnen Band wurde, damit verschmolzen war ein Godemiché mit faltigem Schaft und wulstiger Spitze, nach innen gerichtet. »Hast du so etwas schon einmal getragen?«

Cornelia verneinte stumm. Getragen nicht, auch nicht gesehen, nur davon gelesen, und zwar in Georgs Roman. Freudenslip wurde er dort genannt und Silvia hatte ihn jeden Tag anziehen müssen. Nun also sie selbst! Sie nahm ihn mit spitzen Fingern entgegen, streifte ihn über, richtete den Dildo auf, wies ihm den Weg und verschloss die Schnalle mit einem aufgewühlten Stöhnen. Es war anregend, oh ja, so aufreizend wie bei Georg beschrieben, mobile Stimulation, die sie auf jedem Schritt begleitete, jeder Bewegung antwortete, ein geschlossenes System der Lust, von äußeren Reizen unabhängig. Zur Ausstattung gehörten noch hochhackige Stiefel, die bis hoch über die Knie reichten, auch sie aus rosafarbenem Leder. Dieses Rosa! Es war so kitschig wie das des Debütantinnenkleids, machte aus ihr romantisches Mädchen, Femme fatal und Sklavin zugleich, nur keine Herrin, die sie doch sein sollte, wenn sie Christine richtig verstanden hatte.

Ja, sie hatte richtig verstanden, beschaute skeptisch die kurze dreischweifige Peitsche, die Christine ihr in die Hand drückte mit der Ermahnung: »Du darfst nicht zimperlich sein. Gehe so mit ihnen um, wie man es mit dir tut. Bist du zu rücksichtsvoll, werden sie nicht mit dir zufrieden sein.« Sie erklärte mit nüchternen Worten, wozu die Männer gezwungen zu werden wünschten, sprach unbeteiligt, als zitiere sie die Gebrauchsanweisung einer Waschmaschine. »Du weißt also Bescheid. Gib ihnen, was sie sich wünschen, und sie werden glücklich sein. Die Details bleiben dir überlassen.«

So einfach war das? Nein, so einfach war das nicht. Cornelia hatte keine Vorstellung von den Details, die sie sich würde ausdenken müssen, bezweifelte grundsätzlich ihre Brauchbarkeit als gestrenge Herrin und glaubte auch nicht, dass die Männer danach glücklich sein würden, höchstens für flüchtige Momente vielleicht, aber das war deren Problem, nicht ihres. Mit einem aufmunternden Lächeln verließ Christine den Raum, allein blieb Cornelia zurück, die Herrin im roten Schummerlicht, nein, die Sklavin, die sich als Domina aufspielen sollte; würde sie doch nur etwas weniger lächerlich aussehen in diesem obszönen Rosa, wäre das Gummi im Schoß doch nur etwas weniger dick und etwas weniger aufwühlend, es würde nichts ändern. Wie ein Fremdkörper lag die Peitsche in ihrer Hand, unpassend wie ein Reißzahn im Maul eines Schafes.

Mit kleinen behutsamen Schritten stöckelte sie zur Tapetentür, versuchte die Gefühle einzudämmen, was nicht gelingen konnte, öffnete die Tür vorsichtig wie den Eingang zu einer Schlangengrube. Der Raum nebenan war klein und rot beleuchtet, eine warme Zelle mit roten Wänden, die beiden Männer hockten auf niedrigen Schemeln und blickten ihr bang entgegen. Einer der beiden trug Rosa wie sie, einen Strapsgürtel und rosafarbene Strümpfe, der Saum mit rosenförmiger Spitze besetzt, unwillkürlich stellte sie sich Georg vor, aber nein, so wollte sie ihn nicht sehen, es sah komisch aus. Er war schlank und groß, Mitte vierzig vielleicht, sein Körper war von oben bis unten epiliert, glatt wie eine Statue, die Haut weiß wie Elfenbein. Seine Hand- und Fußgelenke wurden von metallenen Bändern umschlossen, die Hände waren im Nacken ans metallene Halsband gefesselt, die Arme in Höhe des Kopfes angewinkelt, die Knie geöffnet, er hatte braune Augen, kurzes braunes Haar, schmale Lippen, ein schmales, ernstes Gesicht ohne feminine Züge, er war nicht geschminkt, versuchte nicht weiblich auszusehen, war einfach nur ein Mann in rosafarbenen Strapsen, prachtvoll war sein Penis geschwellt.