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Catherine Eve Bauer, Larissa Maria Troesch, Dilan Aksoy

ÜBER UMWEGE ZUM LEHRBERUF

Berufliche Entwicklung und Berufsverbleib von Lehrpersonen
auf dem zweiten Bildungsweg

ISBN Print: 978-3-0355-0848-2

ISBN E-Book: 978-3-0355- 0849-9

1. Auflage 2017

Alle Rechte vorbehalten

© 2017 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.com

Inhaltsverzeichnis

1Einleitung: Warum dieser Band?

2Das Forschungsfeld im Überblick

2.1Wer sind Berufswechslerinnen und Berufswechsler in den Lehrberuf?

2.2Frühere Berufserfahrungen: Für den Lehrberuf relevant?

2.3Berufswechsler und Quereinsteigende: Lückenbüsser oder vollwertige Lehrkräfte?

3Berufsleute als Lehrpersonen: Die Studie in Kürze

3.1Vorgehen und Stichprobe

3.2Theoretisches Rahmenmodell

4Herausforderungen von Berufswechslerinnen und Berufswechslern

4.1Herausforderungen in den ersten Berufsjahren

4.2Studienresultate

4.3Schlussbetrachtung

5Die Bedeutung der Vorberufserfahrungen für den Lehrberuf

5.1Vorberufserfahrung als Ressource

5.2Handlungskompetenzen von Lehrpersonen

5.3Studienresultate

5.4Schlussbetrachtung

6Kompetenzeinschätzung, Beanspruchung und subjektive Bedeutung konkreter Berufsanforderungen

6.1Berufsbiografie, Ressourcen und berufliche Beanspruchung

6.2Anforderungen im Lehrberuf

6.3Studienresultate

6.4Schlussbetrachtung

7Berufszufriedenheit und berufliche Belastung

7.1Bisheriger Wissensstand

7.2Studienresultate

7.3Schlussbetrachtung

8Berufsverbleib und Ausstiegsgründe

8.1Berufsverbleib: Bisheriger Wissensstand

8.2Wer gilt als Lehrperson? Operationalisierung des Berufsverbleibs in der vorliegenden Studie

8.3Studienergebnisse

8.4Schlussbetrachtung

9Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die Praxis

9.1Kurze Zusammenfassung der Ergebnisse

9.2Schlussfolgerungen für die Praxis

10Literatur

11Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

1Einleitung: Warum dieser Band?

Sind Lehrpersonen mit Vorberufserfahrung die besseren Lehrpersonen? Dies ist oft eine der ersten Fragen, die von Medienschaffenden, Vertreterinnen und Vertretern aus Bildungspolitik, Schulpraxis oder Lehrerinnenund Lehrerbildung an Forschende gerichtet wird, die sich mit Lehrkräften auf dem zweiten oder späteren Bildungsweg befassen. Quereinsteiger, Berufswechslerinnen, Berufsumsteigende, Lehrerinnen und Lehrer auf dem zweiten Bildungsweg: Die Bezeichnungen für Lehrpersonen mit vorherigen beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen sind vielfältig. Allen gemeinsam ist, dass sie ein besonderer Nimbus umgibt: In der Öffentlichkeit gelten diese spätberufenen Lehrerinnen und Lehrer oft als besonders volksnah und welterfahren, als Leute aus der Praxis, die die «echte» Welt in die Schulstube bringen. Sind Lehrpersonen mit früherer Berufsausbildung also automatisch besser qualifiziert für den Lehrberuf?

Wenn überhaupt, muss die nüchterne wissenschaftliche Antwort lauten: Nein – zumindest nicht generell. Denn aus wissenschaftlicher Sicht ist dies weder die wirklich zentrale noch eine sinnvoll beantwortbare Frage. Zweifelsohne werden aus vielen Berufswechslerinnen und Quereinsteigern hochkompetente, engagierte Lehrpersonen; dasselbe gilt aber auch für Lehrerinnen und Lehrer im Erstberuf. Wie die in diesem Band vorgestellten Studienergebnisse zeigen werden, haben Berufswechslerinnen und Berufswechsler beim Einstieg in den Lehrberuf sowohl Vorals auch Nachteile im Vergleich zu ihren Berufskollegen auf dem ersten Bildungsweg. Unbestritten ist, dass spätberufene Lehrpersonen aus ihrer Vorbildung und ihren bisherigen Arbeitsstellen reiche Wissens- und Erfahrungsschätze mitbringen. Doch lassen sich diese Erfahrungen aus dem früheren beruflichen Umfeld überhaupt auf die neue Berufssituation übertragen? Wirken sie sich in jedem Fall positiv aus? Welche Erwartungen bringen diese Lehrpersonen in ihren neuen Beruf mit, und wie hängen diese mit dem Berufsverbleib zusammen? Dies sind einige der Fragen, die in diesem Band behandelt werden sollen – und die Antworten darauf sind komplexer, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Denn weder führen Erfahrungen automatisch zu Expertise, noch ist Expertise ohne Weiteres auf neue Arbeitskontexte übertragbar, wie in Kapitel 2 ausführlicher dargelegt wird. Zudem können bestehende Wissensbestände, Kompetenzen und Überzeugungen neue Lernprozesse fördern – oder auch hemmen. Berufswechslerinnen und Berufswechsler bringen also eine vielseitige und vielversprechende, aber auch komplexe Ausgangslage mit. Ziel dieses Bandes ist also kein qualitatives «Ranking», sondern vielmehr, wissenschaftlich fundierte Antworten auf die Frage zu geben, welche Voraussetzungen Berufswechslerinnen und Berufswechsler in den Lehrberuf mitbringen, wie sie sich im neuen Beruf etablieren, ob sie im Lehrberuf verbleiben und welche Gründe allenfalls zum erneuten Berufsausstieg führen. Diese Fragen sind wichtig, da erhebliche Ressourcen in die Rekrutierung, Auswahl und Ausbildung von Berufswechslern und Quereinsteigerinnen investiert werden, ohne dass man viel über diese Personen weiss. Dieser Band möchte darum einen Beitrag dazu leisten, diese Wissenslücken zu füllen und die gewonnenen Erkenntnisse für die Praxis nutzbar zu machen. Weitere Informationen zu diesen Fragen sind auch dem Sammelband «Berufswechsel in den Lehrberuf» zu entnehmen, in dem Resultate aus der vorliegenden Studie sowie aus anderen Untersuchungen an Schweizer Hochschulen zusammengefasst und im Rahmen aktueller Entwicklungen im Forschungsfeld diskutiert werden (Bauer, Bieri Buschor & Safi, 2017). Dem Thema Quereinstieg und Berufswechsel in den Lehrberuf widmet sich ausserdem auch eine im Sommer 2016 publizierte Sondernummer der Zeitschrift Lehrerbildung auf dem Prüfstand (Rothland & Pflanzl, 2016). Aus der nachfolgend vorgestellten Studie wurden dort Ergebnisse zu Kompetenzeinschätzungen und Beanspruchung von Lehrpersonen mit Vorberuf veröffentlicht (Bauer, Troesch, Aksoy & Hostettler, 2016).

Für wen sind die Ausführungen in diesem Band von Bedeutung? Zum einen sind hier Bildungspolitik und Bildungsverwaltung zu nennen. Seit Jahren gibt es in der Schweiz Bemühungen, erfahrene Berufsleute aus anderen Berufen mittels speziell zugeschnittener Angebote für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung zu gewinnen. Häufig kann dabei ein Teil der regulären Zulassungskriterien oder Ausbildungsteile durch Berufserfahrung ersetzt werden. Diese spezifischen Angebote und die damit verbundenen Anrechnungs- und Eignungsabklärungen sind ressourcenintensiv. Lohnen sich diese Investitionen? Führen sie in die gewünschte Richtung? Der vorliegende Band umfasst keine Evaluation dieser Angebote und kann diese Fragen daher nicht direkt beantworten. Er kann jedoch Hintergrundinformationen liefern, die für die Einschätzung und Weiterentwicklung von Angeboten für Berufswechslerinnen und Quereinsteiger von Bedeutung sind.

Auch für Schulen beziehungsweise deren Leiterinnen und Leiter sind die Ergebnisse und Schlussfolgerungen von Belang. Bei der Diskussion der vorliegenden Studienergebnisse zeichneten viele Schulleitende ein sehr positives Bild von Lehrpersonen mit Vorberufserfahrung, die sie häufig als besonders engagiert und motiviert erleben; gleichzeitig stellten sie sich aber auch die Frage, welche Bedürfnisse Berufswechslerinnen und Quereinsteiger insbesondere in den ersten Berufsjahren haben und ob sie anfällig dafür sein könnten, bei Schwierigkeiten rasch in den angestammten Beruf zurückzukehren. Die präsentierten Informationen können auch hier eine Grundlage bieten.

Schliesslich können die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen auch für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung bedeutsame Rückschlüsse darüber geben, welche Voraussetzungen Studierende und Lehrkräfte mit Vorberufserfahrungen ins Studium und den Beruf mitbringen, welche Herausforderungen sich ihnen stellen und welche Unterstützung sie benötigen. Die Kapitel dieses Bands sind entlang der Fragestellungen des Forschungsprojekts «Berufsleute als Lehrpersonen» aufgebaut, das von 2013 bis 2015 an der Pädagogischen Hochschule Bern durchgeführt wurde und dessen Ergebnisse hier zusammengefasst und im Kontext ihrer praktischen Relevanz diskutiert werden sollen. Wie Abbildung 1 zeigt, haben wir die Fragestellungen in mehrere inhaltliche Facetten gegliedert, denen die einzelnen Kapitel folgen. So kann jedes Kapitel als in sich geschlossen und für sich verständliche Einheit gelesen werden. Zunächst folgen in Kapitel 2 eine Übersicht der relevanten Hintergründe des Themen- und Forschungsfelds sowie in Kapitel 3 die wichtigsten Stichworte zum Forschungsprojekt, bevor in Kapitel 4 bis 8 die Studienergebnisse zu den einzelnen Facetten dargelegt werden. Zum Abschluss bietet Kapitel 9 eine Integration der verschiedenen Erkenntnisse zu einem Gesamtbild sowie konkrete Schlussfolgerungen für die Praxis.

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Abbildung 1: Der Band im Überblick

2Das Forschungsfeld im Überblick

Welche Kompetenzen und Ressourcen bringen Berufswechslerinnen und Quereinsteiger in die Ausbildung und den Beruf mit? Welche spezifischen Herausforderungen und Schwierigkeiten stellen sich ihnen? Inwiefern sind diese für die berufliche Entwicklung und den weiteren Karriereverlauf bedeutsam? Diese Fragen sind für Bildungspolitik und Lehrerbildung relevant, da für Berufswechsler und Berufswechslerinnen in der Schweiz wie auch in vielen anderen Ländern mit beträchtlichem Aufwand spezifisch konzipierte Zugangswege und Ausbildungsprogramme geschaffen werden. Implizit geht man davon aus, dass Quereinsteigerinnen und Berufswechsler berufsrelevante Kenntnisse mitbringen, die eine Verkürzung der Ausbildung oder eine Aufweichung der regulären Aufnahmekriterien – in der Schweiz die Matura – rechtfertigen. Diese Praxis ist in verschiedener Hinsicht sinnvoll und notwendig: Um die Durchlässigkeit des Bildungs-systems zu erhöhen, um Lücken im Personalbedarf zu füllen und um zusätzliche für den Lehrberuf attraktive Kandidatinnen und Kandidaten anzuziehen.

Die wissenschaftlichen Grundlagen für diese Praxis sind jedoch relativ dünn, denn es existieren bisher nur wenige gesicherte, systematische Erkenntnisse zum Wissen, Können und der beruflichen Entwicklung von Lehrpersonen auf dem zweiten oder späteren Bildungsweg. Dementsprechend vage ist die wissenschaftliche Datenlage, aus der Anforderungen an Programme für Quereinsteigende oder Hinweise für die Anrechnung von Vorleistungen abgeleitet werden könnten. Entsprechende Kriterien und Standards zu definieren, ist nicht Aufgabe der Forschung, sondern der Bildungspolitik und der Lehrerbildungsinstitutionen. So wurden von der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) im Jahr 2012 ein neues Anerkennungsreglement für Quereinsteigende in den Lehrberuf geschaffen und die Reglemente aus den neunziger Jahren entsprechend ergänzt (EDK, 1999a; EDK, 1999b; EDK, 2012). Wissenschaftliche Studien können aber dazu beitragen, den Wissensstand über die Merkmale und die professionelle Entwicklung von Berufswechslerinnen und Berufswechslern in den Lehrberuf zu erweitern und zu ergänzen und damit bei solchen Entwicklungsprozessen unterstützend wirken.

Bevor die Resultate der Studie «Berufsleute als Lehrpersonen» dargelegt werden, möchten wir drei sehr grundlegende Fragen ansprechen, die das Forschungsfeld zu Quereinstieg und Berufswechsel in den Lehrberuf stark prägen und deren Klärung hilft, die Ergebnisse breiter einordnen zu können:

Wer sind Berufswechsler und Berufswechslerinnen oder auch Quereinsteigende? Was verbindet beziehungsweise unterscheidet sie?

Können frühere Berufserfahrungen auf das Studium und den neuen Beruf übertragen werden? Tragen sie also positiv zum Prozess der Professionalisierung als Lehrperson bei?

Welche Funktionen werden Berufswechslerinnen und Berufswechslern im Bildungssystem zugedacht: Sind sie primär Lückenbüsser bei Personalmangel – oder können und sollen sie ein fester Bestandteil des Schulsystems sein?

2.1Wer sind Berufswechslerinnen und Berufswechsler in den Lehrberuf?

Angehende Lehrpersonen, die bei Eintritt in die Lehrerinnen- und Lehrerbildung bereits berufliche Qualifikationen und Erfahrungen in einem anderen Berufsfeld erworben haben, sind keine einheitliche Gruppe. Die beruflichen Hintergründe und/oder Studienabschlüsse, das Altersspektrum und die Art der Zugangswege und Ausbildungsprogramme, in die diese angehenden Lehrkräfte eintreten, können ebenso unterschiedlich sein wie ihre längerfristigen Laufbahnziele. Das kann ein 23-jähriger Schneider sein, der gestalterische Fächer auf der Sekundarstufe I unterrichten möchte und daher die Aufnahmeprüfung für einen regulären Studiengang absolviert. Eine Mitdreissigerin mit kaufmännischem Hintergrund, die sich für ein Quereinsteigerprogramm bewirbt mit dem Wunsch, später vielleicht Schulleiterin zu werden. Oder ein 50-jähriger Mathematiker, der im letzten Berufsabschnitt sein Wissen an die jüngere Generation weitergeben möchte.

Diese Heterogenität widerspiegelt sich in den zahlreichen Bezeichnungen für diese Gruppe von angehenden und praktizierenden Lehrkräften. Während sich im englischsprachigen Kontext relativ einheitlich die Begriffe «second career teachers» und «career switchers» etabliert haben, findet sich im deutschen Sprachraum eine verwirrende Vielfalt von Begriffen: Berufwechslerinnen und Berufswechsler, Lehrpersonen mit Vorberuf, Quereinsteigende, Seiteneinsteigende, Berufsumsteigende, nicht-traditionelle Studierende, alternativ zertifizierte Lehrkräfte, Lehrpersonen auf dem zweiten Bildungsweg oder zuweilen auch berufserfahrene Lehrpersonen. All diese Begriffe beziehen sich in der Regel auf Studierende oder Lehrpersonen, die bereits über einen früheren Berufs- oder Studienabschluss verfügen und mehrheitlich Berufserfahrung in diesem Feld aufweisen. Eine Übersicht für Deutschland, Österreich und die Schweiz bieten Puderbach, Stein und Gehrmann (2016) in ihrer Bestandsaufnahme zu sogenannt nicht-grundständigen Wegen in den Lehrberuf. Die Autoren klären die Unterschiede zwischen den verschiedenen Bezeichnungen und legen die spezifischen Ausbildungsprogramme dar, die für diese unterschiedlichen Zielgruppen angeboten werden.

Bei aller Heterogenität gibt es aber auch verbindende Elemente, die Quereinsteigerinnen und Berufswechsler teilen. Mit einer beruflichen Neuorientierung ist zudem in der Regel ein Wechsel vom Experten- zurück zum Novizenstatus verbunden sowie die Herausforderung, Denkmuster, Arbeitsroutinen, Erwartungen und Kenntnisse aus dem alten Beruf in die neue Berufssituation zu übertragen. Zudem fällt der zweite Berufseinstieg oft in die Phase der Familiengründung, was zu Doppelbelastungen, aber auch zu einem gegenseitigen Transfer von Kompetenzen führen kann, wie Keller-Schneider, Arslan und Hericks (2016) ausführen. Desweiteren haben Lehrkräfte mit Vorberufserfahrung die Entwicklungsaufgabe «Berufseinstieg» im Sinne eines zentralen Rollenübergangs (Oerter & Dreher, 2002) schon mindestens einmal vollzogen und sind damit den Lehrpersonen im Erstberuf einen Schritt voraus, was die Bewältigung berufsunspezifischer Entwicklungsaspekte des Berufseinstiegs angeht. Dazu wird vor allem die berufliche Sozialisation gezählt und damit der Wechsel von der klar strukturierten Ausbildungssituation in eine offenere, weniger strukturierte Arbeitswelt, der Umgang mit noch unbekannten Handlungsfeldern und Rollenerwartungen, die Eingliederung in ein Arbeitsteam sowie die allmähliche Übernahme der Hauptverantwortung für eine berufliche Funktion (Ganser & Hinz, 2007). Schliesslich ist neben dem höheren Alter auch der Aspekt verbindend, die notwendigen finanziellen, personellen und oft auch sozialen Ressourcen für einen Berufswechsel mobilisiert zu haben. Diese Gemeinsamkeiten legen nahe, dass Berufswechslerinnen und Quereinsteiger möglicherweise über besonders hohe Ressourcen verfügen, die ihnen im Lehrberuf zugutekommen könnten. Ob diese Hypothese tatsächlich bestätigt werden kann, ist unter anderem Inhalt dieses Bandes.

Im vorliegenden Band wird von Berufswechslerinnen und Berufswechslern in den Lehrberuf oder von Lehrpersonen mit Vorberuf gesprochen. Dies sind relativ neutrale Bezeichnungen, da sie generell Personen umfassen, die aus einem anderen Beruf in den Lehrberuf wechseln – unabhängig davon, welche Art der Ausbildung sie im Rahmen der Lehrerinnen- und Lehrerbildung absolvieren. Zudem treffen sie auf die Stichprobe der präsentierten Studie gut zu: Untersucht wurden Lehrpersonen, die mindestens eine Berufsausbildung absolviert und entsprechende berufliche Erfahrung erworben hatten, anschliessend über eine Aufnahmeprüfung an die Pädagogische Hochschule Bern gelangten und einen regulären Studienabschluss auf der Vorschul-, Primar- oder Sekundarstufe I erwarben (Details zur Stichprobe vgl. Kapitel 3 die Studie in Kürze, S. 20).

2.2Frühere Berufserfahrungen: Für den Lehrberuf relevant?

Zur Entwicklung von Expertise in einem bestimmten Feld ist umfangreiches Fachwissen vonnöten, das gemäss Expertiseforschung nur durch ein grosses Ausmass an Erfahrung erworben werden kann (Gruber & Mandl, 1996). Berufswechslerinnen und Berufswechsler waren bereits einmal Experten in einem anderen Tätigkeitsfeld – oder auf dem Weg dazu –, bevor sie in den Lehrberuf und damit wieder in den Novizenstatus wechselten. Viele Wissens- und Erfahrungsbestände, die sie in ihren früheren Tätigkeiten erworben haben, können potenziell für den Lehrberuf nutzbringend sein: konkretes Fachwissen, Kommunikations- und Verhandlungskompetenzen, Wissen und Erfahrungen im Projektmanagement, in der Handhabung von Computerprogrammen etc. Doch können Lehrpersonen mit Vorberufserfahrung ihre Expertise, das heisst ihr Wissen und Können aus ihrer früheren Tätigkeit tatsächlich auf den neuen Beruf übertragen – sind also ihre Erfahrungen für den Lehrberuf überhaupt relevant? Eine positive Antwort scheint naheliegend, ist aber nicht immer zutreffend, wie die Forschung zeigt.