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WILLIAM A. RICHARDS

HEILIGE ERKENNTNIS

Der psychedelische Weg zu Offenbarung und Heilung

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Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

Sacred Knowledge: Psychedelics and Religious Experiences bei Columbia University Press, New York

ISBN 978-0-231-17406-0

Copyright der Originalausgabe 2016:

Copyright © 2016 William A. Richards

All rights reserved

Copyright der deutschen Ausgabe 2019:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Übersetzung: Philipp Seedorf

Gestaltung Cover: Johanna Wack

Gestaltung und Satz: Martina Köhler

Lektorat: Elke Sabat

Druck: CPI books GmbH, Leck, Germany

eISBN 978-3-86470-607-3

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

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Für meine Söhne, Daniel und Brian

Man muss sagen, dass Offenbarungen universell menschlich sind. Religionen basieren auf etwas, das Menschen überall gegeben ist, egal wo sie leben, und zwar auf der Offenbarung, eine besondere Art der Erfahrung, die immer auch mit der Macht zur Erlösung verbunden ist. Man kann Offenbarung und Erlösung niemals trennen. Gott hat sich selbst nicht unbezeugt gelassen.

– PAUL TILLICH (1886-1965): „DIE ZUKUNFT DER RELIGIONEN“

Der Mensch ist immer mehr, als er von sich weiß.

– KARL JASPERS (1883-1969): „DER PHILOSOPHISCHE GLAUBE“

Vom Standpunkt der Religion aus betrachtet hat
der Mensch die Möglichkeit, Blitze der Erleuchtung
zu einem ständigen Licht zu machen.

– HUSTON SMITH (1919-2016):
„CLEANSING THE DOORS OF PERCEPTION“

INHALT

Vorwort von G. William Barnard

Einleitung: Eine Entdeckung der Transzendenz

Danksagungen

Einführung

Hinweis an den Leser

TEIL 1: Die Bühne bereiten

1.Der Tod und die Wiederauferstehung der psychedelischen Forschung

2.Orientierung, Definitionen und die Grenzen der Sprache

3.Offenbarung und Zweifel

TEIL 2: Mystische und visionäre Formen des Bewusstseins

4.Intuitives Wissen

5.Annäherungen an das Einheitsbewusstsein

6.Eine andere Wahrnehmung von Zeit und Raum

7.Visionen und Archetypen

TEIL 3: Personale und interpersonale Dynamik

8.Das Interpersonale und das Mystische

9.Erfahrungen von Bedeutungslosigkeit, Verzweiflung und körperlichem Unwohlsein

10. Religiöse Konversion und psychodynamische Erfahrungen

11. Disziplin und Integration

12. Reflexionen über den Tod

TEIL 4: Gegenwärtige und künftige Anwendungen von Entheogenen

13. Psychedelisches Neuland in der Medizin

14. Psychedelisches Neuland in der Bildung

15. Psychedelisches Neuland in der Religion

16. Sicherheit und Nutzen maximieren

TEIL 5: Vorwärts

17. Die Angst vor dem Erwachen

18. Ein neues Paradigma

19. Die Zukunft

Epilog:

Ein kurz gefasster Bericht über die Einsichten aus dem Grenzland, in dem sich Wissenschaft und Spiritualität treffen

Auswahlbibliografie

Eine Hopkins-Playlist für Psilocybin-Studien (Version 2008)

Vorwort

G. WILLIAM BARNARD

Das Buch, das Sie gleich lesen werden, ist ein echter Schatz. Aber bevor ich beschreibe, was Sie in diesem Text erwartet, will ich ein paar Worte über den Autor, Bill Richards, sagen, eine Person von entscheidender Bedeutung in der Tradition psychedelischer Forscher und Therapeuten.

Ich erinnere mich noch lebhaft daran, als ich das erste Mal das Glück hatte, Dr. Richards zu treffen. Er besuchte mich vor ein paar Jahren in Dallas auf seinem Weg nach Süd-Texas. Als ich ihn am Flughafen Dallas/Fort Worth abholte, kannte ich nur seine biografischen Eckdaten, wusste aber nicht, wie er aussah. Während ich also die Leute betrachtete, die zum Gepäckband strömten, um ihr Gepäck abzuholen, fragte ich mich, wie ich ihn jemals erkennen sollte.

Ich hätte mir keine Sorgen machen müssen. Es war sofort klar: „Das ist er.“ Ein großer Mann mit einem Büschel weißer Haare und einer Brille, der mit einem elfischen Grinsen auf dem Gesicht und (beinahe buchstäblich) funkelnden Augen dastand und eindeutig jeden Moment in der überfüllten und lauten Gepäckhalle zu genießen schien.

Ich wusste sofort, dass wir uns gut verstehen würden.

Und ich hatte recht.

Dr. Richards ist das seltene Beispiel eines rigoros wissenschaftlichen und ungemein gebildeten Intellektuellen, der gleichzeitig dieses enorme innere Leuchten zu besitzen scheint. Ein Mann, der nicht nur über heiliges Wissen, Psychedelika und religiöse Erfahrungen spricht, sondern der eindeutig seinen eigenen Rat zu Herzen genommen hat und, wenn ich das so frei heraus sagen darf, selbst zu einem leuchtenden Beispiel eines lebenden Mystikers wurde, ein laufender, redender, echter Weiser – während er gleichzeitig am Boden geblieben ist, geistreich und warmherzig.

Wenn Sie „Heilige Erkenntnis“ lesen, werden Sie sicher schnell feststellen, dass der Autor sehr lange über eine ganze Reihe komplexer und tiefgründiger Probleme nachgedacht und etwas dazu zu sagen hat, das er aller Mühen wert erachtet. Dieses Buch ist nicht nur extrem zeitgemäß und relevant; es spricht auch, mit anscheinend müheloser Leichtigkeit, viele der subtileren metaphysischen Implikationen von Psychedelika an – das heißt, es geht nicht nur um das enorme therapeutische Potenzial dieser Substanzen, sondern auch um das beträchtliche spirituelle Potenzial. Das sind keine Themen, die einfach zu behandeln sind, aber mit seinem klaren Schreibstil, seinem sanften, bescheidenen Humor und seiner charakteristischen Art zu schreiben (genial, aber gebildet, gefühlvoll, aber geradeheraus), lässt Dr. Richards es einfach aussehen, solche schwierigen Themen anzusprechen.

Als Veteran der psychedelischen Bewegung bietet Dr. Richards seinen Lesern etwas ganz Besonderes: jahrzehntelanges praktisches Erfahrungswissen auf dem Gebiet der psychedelischen Forschung. Er war in den frühen 1960er-Jahren dabei, eine Zeit, in der er zusammen mit vielen Freunden und Kollegen damit begann (voller Hoffnung und Optimismus), den potenziellen psychologischen und spirituellen Nutzen von Psychedelika zu erforschen. (Dr. Richards war ein enger Freund von Walter Pahnke, dem leitenden Forscher des „Karfreitagsexperiments“, das am 20. April 1962 in der Kapelle der Boston University stattfand. 20 Studenten der theologischen Fakultät Andover-Newton nahmen an einer Doppelblindstudie teil, die ergründen sollte, ob Psilocybin verlässlich eine mystische Erfahrung induzieren konnte.) Dr. Richards war auch 1977 anwesend, als er (wie er es nennt), die „zweifelhafte Ehre“ hatte, der letzte Forscher und Kliniker zu sein, der einem Patienten des Maryland Psychiatric Research Center – die einzige Institution zur damaligen Zeit in den Vereinigten Staaten, die legal Forschung an psychedelischen Substanzen durchführen durfte – eine Dosis Psilocybin verabreichte. Als dann im Jahr 1999 der Wind drehte und man wieder eine vernünftigere und differenziertere Herangehensweise an psychedelische Substanzen an den Tag legte, war Dr. Richards an vorderster Front, als es darum ging, wieder verantwortungsvolle und ernsthafte Forschung mit Psychedelika durchzuführen. Forschung, die an der Johns Hopkins School of Medicine begann und sich letztlich auch auf andere Studienzentren in Nordamerika und Europa ausbreitete und die bis heute fortgeführt wird.

In diesem Buch schöpft Dr. Richards immer wieder aus seinem reichen Erfahrungsschatz, er erläutert (sehr gewandt) die Höhepunkte der jahrzehntelangen wissenschaftlichen Erforschung von Psychedelika und behandelt außerdem sehr feinfühlig und detailliert eine große Bandbreite an tiefgehenden religiösen und metaphysischen Themen. Ich gebe gerne zu, dass es – zumindest für mich selbst – recht erfrischend zu lesen ist (zumal angesichts des aktuellen intellektuellen Klimas, das häufig von Sachlichkeit, Skepsis und Ironie bestimmt ist), wie leidenschaftlich und emotional Dr. Richards über Heilung, Sinnfindung oder spirituelles Erwachen schreibt, Themen, vor denen viele (wenn nicht die meisten) Akademiker zurückschrecken.

Diese Themen von entscheidender Bedeutung werden von drei verschiedenen Perspektiven aus beleuchtet. Zuerst erzählt Dr. Richards von seiner jahrzehntelangen klinischen Arbeit. Er hat legal und offen über 25 Jahre lang die Effekte verschiedener Psychedelika in einem therapeutischen Kontext genutzt und erforscht und kann daher viele packende Erzählungen aus erster Hand über die Erfahrungen seiner Patienten mit diesen Substanzen und den transformierenden Effekten auf ihr Leben beisteuern. Zweitens schreibt Dr. Richards über seine (ebenfalls) Jahrzehnte dauernde Vertiefung in und leidenschaftliche Auseinandersetzung mit der religiösen und philosophischen Literatur, die sich auf das Studium von Mystizismus und anderer „nicht-normaler“ Bewusstseinszustände konzentriert. Drittens steuert Dr. Richards einige sorgfältig ausgewählte und klar beschriebene eigene Erfahrungen mit Psychedelika bei. Geradeheraus und völlig ohne Ironie (aber nicht naiv) vertritt er die mutige und vielleicht (für einige Leute) überraschende These, dass psychedelische Substanzen, wenn man sie im richtigen Kontext und mit einem bestimmten Mindset oder in einer bestimmten Absicht einnimmt, ein verlässlicher Katalysator für echte mystische und visionäre Erfahrungen sein können.

Ich glaube, dass man diese sehr mutige Behauptung ernst nehmen muss. Meiner persönlichen Erfahrung nach – ich habe meine gesamte Karriere der detaillierten Erforschung der psychologischen und philosophischen Implikationen mystischer Erfahrungen und anderer „nicht-normaler“ Geisteszustände gewidmet und viele Jahre die Santo-Daime-Tradition studiert, eine Religion, die auf der zeremoniellen Einnahme der psychedelischen Substanz Ayahuasca basiert – sind starke psychedelische Erfahrungen nicht gleichzusetzen mit pathologischen halluzinatorischen Fehlzündungen unserer Hirnchemie. Es handelt sich stattdessen, zumindest potenziell, um echte Begegnungen nicht nur mit verborgenen Schichten unserer Psyche, sondern auch mit Realitätsebenen, die man – sofern dieser Begriff überhaupt auf irgendetwas zutrifft – nicht anders als „heilig“ nennen kann. Als Erforscher des Mystizismus ist für mich das Erstaunliche an diesem Text, dass Dr. Richards, nachdem er sich eindeutig tief in die Literatur vergraben hat, die dieses eher arkane (doch wichtige) Thema mit sich bringt, gründlich und fesselnd die erstaunlichen Ähnlichkeiten zwischen den Schlüsselqualitäten klassischer mystischer Bewusstseinszustände und denjenigen aufzuzeigen vermag, die entstehen, wenn zum Beispiel ein Freiwilliger in einer seiner Forschungsstudien eine hohe Dosis Psilocybin eingenommen hat. (Vielleicht ebenso beeindruckend, wenn nicht noch mehr, sind die Berichte über umwälzende Effekte solcher Erfahrungen im täglichen Leben derjenigen, die an diesen Studien teilgenommen haben.)

Und persönlich hoffe ich, dass dieses Buch dazu beitragen kann, den jahrzehntelang verbreiteten Schleier an völlig verzerrten Desinformationen (wenn nicht sogar bewussten Lügen) zu entfernen, der charakteristisch für die Unterdrückung der Psychedelika in unserem Land war. In diesem Buch gibt es nun endlich eine ausgleichende Stimme, eine klare Stimme, eine vernünftige Stimme zu diesem häufig reißerisch dargestellten Thema. Wie dieser Text so eindeutig zur Sprache bringt, sollte man Psychedelika in keinem Fall mit hochgradig suchterzeugenden, häufig toxischen Drogen wie Heroin, Kokain, Methamphetamin (und, lassen Sie es mich offen sagen, mit Alkohol und Nikotin) in einen Topf schmeißen. Anders als diese oft sehr zerstörerischen Drogen sind die Substanzen, auf die sich Dr. Richards in diesem Text konzentriert (zum Beispiel LSD, Meskalin, Psilocybin und DMT) nicht suchterzeugend und nicht toxisch. Außerdem haben diese Substanzen, wie dieses Buch so anschaulich zeigt, wenn sie verantwortungsbewusst eingenommen oder innerhalb eines professionellen psychotherapeutischen oder religiösen Kontexts verabreicht werden, potenziell einen enormen therapeutischen sowie spirituellen Wert.

Dr. Richards propagiert keineswegs Psychedelika als eine Art Allheilmittel. Er ist sich der Risiken deutlich bewusst, die durch einen verantwortungslosen, hedonistischen Missbrauch dieser mächtigen Substanzen entstehen können. Doch Dr. Richards kennt eben auch die Tausenden sorgfältigen Studien, die in über einem Jahrzehnt intensiver klinischer und wissenschaftlicher Forschung in den späten 1950er-, 1960er- und frühen 1970er-Jahren wieder und wieder gezeigt haben, dass diese Substanzen eindeutig psychotherapeutisches und medizinisches Potenzial haben (besonders die Behandlung von Alkoholismus erschien vielversprechend). Dr. Richards weiß aus seiner reichen Erfahrung als Kliniker auch um den enormen potenziellen Nutzen, der aus der sorgfältig überwachten Einnahme dieser Substanzen entstehen kann. Die Beschreibungen der psychotherapeutischen und spirituellen Durchbrüche seiner Forschungssubjekte und klinischen Patienten ist wohl einer der Höhepunkte dieses Buches.

In diesem Buch widmet sich Dr. Richards außerdem in bedeutendem Umfang den Implikationen einiger der bedeutendsten und erstaunlichsten Entdeckungen seiner Forschung. Wenn, wie es der Fall zu sein scheint, die Erfahrungen, die durch diese Substanzen katalysiert werden, sich nicht von den mystischen Berichten unterscheiden, die in den Schriften jeder großen religiösen Tradition beschrieben werden, dann haben Wissenschaftler und Gelehrte eine seltene und kostbare Möglichkeit: Mystische Erfahrungen, die normalerweise extrem kurzlebig und unvorhersehbar sind, können tatsächlich auf relativ verlässliche und replizierbare Weise ausgelöst werden, indem man die korrekten psychedelischen Substanzen nutzt (das heißt, wenn man sorgfältig vorbereiteten Freiwilligen mit hehren Zielen in einer komfortablen und angenehmen Umgebung die richtige Dosis verabreicht). Die bedeutenden Implikationen dieser Gelegenheit zum Studium des Mystizismus können gar nicht überbetont werden: Diese Zustände erhöhten Bewusstseins, die einst so selten und schwierig zu untersuchen waren, können nun relativ verlässlich zugänglich gemacht werden und daher von den Gelehrten, Wissenschaftlern, Klinikern und Vertretern der organisierten Religionen in sicherer und verantwortungsvoller Umgebung sorgfältig und respektvoll untersucht werden.

Dr. Richards schreckt auch nicht vor den Auswirkungen seiner Forschung auf fundamentale Fragen über die Natur des Selbst und sogar über die Realität zurück. Mit seiner ruhigen und klaren Prosa nähert er sich diesen Themen auf subtile, doch systematische Art. Seite um Seite entfaltet er seine Vision der wundersamen Tiefen der Psyche und der ebenso wundersamen darunterliegenden Schönheit der Welt – eine Vision, die in seinem Fall nicht nur erhabene, doch substanzlose metaphysische Spekulation ist, sondern untermauert von den fesselnden und detaillierten Berichten über Erfahrungen und Einsichten seiner Patienten und freiwilliger Studienteilnehmer (sowie durch die Schilderungen seiner eigenen, klar beschriebenen Erfahrungen, die er hier großmütig beisteuert).

Dieser Text liefert auch unaufgeregte und nüchterne Ratschläge, wie man mit psychosomatischem Stress fertigwird, der auftreten kann, wenn man psychedelische Substanzen einnimmt; wie man (bei der Einnahme dieser Substanzen) die Chancen für eine sichere, psychologisch und spirituell transformierende mystische Erfahrung maximiert; wie man am besten diese profunden Erfahrungen in seinen Alltag integriert; wie diese Substanzen sowohl dem alltäglichen Leben als auch dem Sterben potenziell tieferen Sinn verleihen; wie Psychedelika den Hinterbliebenen helfen können, mit der Trauer des Verlustes eines geliebten Menschen fertigzuwerden; und zu guter Letzt schildert er das erstaunliche Potenzial dieser Substanzen, wenn es darum geht, mit schweren Süchten umzugehen sowie mit klinischen Depressionen. (Die jüngste Studie der Johns Hopkins kam auf eine Abstinenzrate von 80 Prozent bei Nikotinabhängigkeit nach nur drei Behandlungen mit Psilocybin in Verbindung mit kognitiver Verhaltenstherapie, was zumindest meiner Meinung nach sehr faszinierend ist.) Dr. Richards steuert sogar, auf seine unheilbar optimistische Art, einige wohldurchdachte und interessante Reflexionen bei in Hinblick auf das Potenzial dieser Substanzen für gesteigerte Kreativität in den Künsten, der Wissenschaft und sogar der Religion.

Für jeden Leser, der an den therapeutischen und mystischen Implikationen von Psychedelika interessiert ist, wird dieses Buch ein Augenöffner und sehr lohnend sein. Viel Vergnügen beim Lesen!

Einleitung

EINE ENTDECKUNG DER TRANSZENDENZ

Bei meiner ersten Begegnung mit dem mystischen Bewusstsein war ich ein 23 Jahre alter Magisterstudent der Theologie und Psychiatrie. Ich studierte an der Universität Göttingen in Deutschland, deren offizieller Name Georg-August-Universität lautet, und hatte mich freiwillig gemeldet, an einem Forschungsprojekt über eine Droge teilzunehmen, von der ich noch nie gehört hatte und die Psilocybin hieß. Synthetisiert und an psychiatrische Forscher und Klinker verteilt vom pharmazeutischen Unternehmen Sandoz in der Schweiz, war diese neue Droge der Hauptwirkstoff der Pilzgattung Psilocybe, welche von den Urvölkern entweder „magisch“ oder „heilig“ genannt wurde und anscheinend schon seit mindestens 3.000 Jahren in religiösen Ritualen verwendet worden war, wenn nicht sogar schon 5.000 v. Chr. Am 4. Dezember 1963 lebten wir jedoch immer noch im dunklen Zeitalter der psychedelischen Forschung und im Kontext der westlichen pharmakologischen Forschung wurden Drogen wie Psilocybin zumeist ohne Vorbereitung oder Anleitung verabreicht.

Damals hoffte man, dass die radikal andersartigen, manchmal verwirrten oder psychotischen Geisteszustände, die oft daraus hervorgingen und zum Glück nur vorübergehend waren, unser Verständnis von Schizophrenie und ähnlichen Gemütsverfassungen vorantreiben würden. Hanscarl Leuner, der Professor der Psychiatrie, der die Untersuchungen in der Nervenklinik in Göttingen leitete, hatte gerade eine wissenschaftliche Monografie über seine Beobachtungen veröffentlicht: Die experimentelle Psychose. Damals waren psychedelische Drogen für qualifizierte Forscher in Europa und den Vereinigten Staaten noch frei verfügbar und wurden mit der Post verschickt. Psilocybin wurde als Indocybin vermarktet. Die Verteilung von LSD, bekannt als Delysid, wie in einem Pamphlet von Sandoz 1964 veröffentlicht, war nur „beschränkt auf Psychiater, um es in Nervenkliniken und psychiatrischen Kliniken einzusetzen“.

Ich hatte nicht nur keine Ahnung von Psilocybin, LSD oder Meskalin, ich hatte noch nicht einmal das Wort „psychedelisch“ gehört, auch wenn es schon sieben Jahre vorher von Humphry Osmond, einem britischen Psychiater, in einem Brief an Aldous Huxley geprägt worden war. Zwei meiner Freunde berichteten mir jedoch, dass sie sich freiwillig zu einem interessanten Forschungsprojekt in der nahe gelegenen psychiatrischen Klinik gemeldet hatten, bei dem man eine experimentelle Droge verabreicht bekam. Der Name war schwer zu merken, aber sie sollte angeblich einige Einblicke in die früheste Kindheit ermöglichen. Ein Freund hatte sich gefühlt, als würde er auf dem Schoß seines Vaters sitzen, und da sein Vater im Zweiten Weltkrieg gestorben war, war diese Erfahrung zutiefst tröstend und bedeutend für ihn gewesen. Der andere hatte eine Vision von SS-Soldaten gehabt, die durch die Straßen marschierten, und er hatte es eine „Halluzination“ genannt. Ich war fasziniert und da ich neugierig war, was die psychodynamischen Prozesse in meiner frühen Kindheit anging, und ich nie eine „echte Halluzination“ gesehen hatte, beschloss ich, zur Klinik zu gehen und zu fragen, ob ich ebenfalls als Teilnehmer an dem Forschungsprojekt infrage kam. Ich sah meinen eigenen Verstand damals als psychologisches Labor, nahm mich selbst viel zu ernst und ließ manchmal das Frühstück aus, um am Morgen meine Träume zu notieren. Diese Angewohnheit nannte ich etwas pompös „Sammlung meiner phänomenologischen Daten“. (Ich hatte damals eine Vorliebe für große Worte! Im Rückblick ist mir klar, dass ein gesundes Frühstück mir vermutlich besser getan hätte.)

Mir wurde gestattet, mich zu bewerben, und ich wurde einer flüchtigen medizinischen Untersuchung unterzogen. Ich kann mich noch erinnern, dass man mich fragte, ob ich häufig trinke (tat ich nicht). Dann, nachdem man mir gesagt hatte, dass ich für den Test zugelassen war, führte man mich in einen schummrigen, trostlosen Kellerraum, gerade groß genug für eine Pritsche, einen Nachttisch und einen Stuhl. Ich traf Gerhard Baer, einen netten psychiatrischen Assistenzarzt etwa in meinem Alter, der einen schicken weißen Kittel und ein Stethoskop trug. Nach einem kurzen Plausch injizierte er mir ein Psilocybin-Derivat in flüssiger Form. Auch wenn man während der nächsten drei Stunden gelegentlich nach mir sah, wurde ich im Grunde dann allein gelassen. Ich besann mich meines Kindheitsglaubens (ich war Methodist) und vertraute im Stillen darauf, dass Gott bei mir wäre, wenn irgendwelche schwierigen Kindheitserinnerungen an die Oberfläche kommen sollten.

Zu meiner absoluten Verblüffung sah ich bald, dass in meinem Sichtfeld unglaublich schöne, multidimensionale Netze komplizierter geometrischer Muster entstanden, die mich immer tiefer in ihren Bann zogen. Ich konnte sie mit offenen Augen sehen, stellte aber fest, dass sie noch lebhafter und genauer zu erkennen waren, wenn ich meine Augen schloss. Ich erkannte das Leben innerhalb dieser wogenden Formen und fühlte mich, als könnte ich irgendwie in die Energie eintreten, die durch sie hindurchströmte. Bald fand ich mich umgeben von unglaublich detaillierten Bildern, die ich am ehesten als islamische Architektur und arabische Schrift beschreiben kann (wobei ich von beidem keine Ahnung habe). Dann (entschuldigen Sie die poetischen Anleihen) schien ich in den multidimensionalen Mustern aufzugehen oder meine normale Identität in ihnen zu verlieren, während sich die externe Brillanz eines mystischen Bewusstseins manifestierte. Auf einmal wurde dieses Bewusstsein als außerhalb der Zeit stehend erfahren, ein Gipfel, von dem aus die Geschichte überblickt werden konnte. Mein Bewusstsein wurde von Liebe, Schönheit und Frieden überflutet, weit über das hinausgehend, was ich jemals empfunden oder auch nur für möglich gehalten hätte. „Ehrfurcht“, „Herrlichkeit“ und „Dankbarkeit“ waren die einzigen Worte, die noch wesentlich erschienen.

Für einen Moment fand ich mich „auf der Erde wieder“. Als Müllmänner die blechernen Mülltonnen der Klinik in der Gasse vor dem schmalen Fenster des Raumes leerten, hörte ich entfernt klingende Tempelglocken. Einmal kam auch Gerhard für ein paar Minuten herein und bat mich, mich mit überkreuzten Beinen an den Rand der Pritsche zu setzen, damit er meine Reflexe testen konnte. Ich erinnere mich, dass ich seiner Bitte entsprach und dabei die Arme mit den Handflächen nach oben ausstreckte. Er schlug gezielt mit seinem kleinen Hammer auf meine Patellarsehnen und schrieb auf, was er feststellte, während ich das empfand, was ich später „Mitleid mit der Kindheit der Wissenschaft“ nannte. Mir war bewusst, dass die Forscher anscheinend keine Ahnung hatten, was wirklich in meiner inneren Erfahrungswelt geschah, weder von der unaussprechlichen Schönheit noch von der potenziellen Bedeutung für uns alle.

Als man mich, versunken in mein Staunen, wieder allein ließ, setzte sich mein Ego beziehungsweise meine alltägliche Persönlichkeit wieder genügend zusammen, um zu fürchten, dass ich womöglich die völlig überzeugende Realität dieses wunderbaren Bewusstseinszustandes vergessen könnte. Vorsichtig versicherte ich mich erneut, dass mein Körper sich bewegen konnte. Dann streckte ich meinen rechten Arm aus, um ein Stück blaues Papier auf dem Nachttisch neben mir zu ergreifen, nahm einen Bleistift und schrieb: „Realität ist. Es ist wahrscheinlich nicht wichtig, was man darüber denkt!“ Ich unterstrich das erste „ist“ drei Mal.

Nachdem ich etwa vier Stunden nach der Injektion wieder einen normativen Geisteszustand erreicht hatte und vergeblich versuchte, meine Erfahrung, zumindest in Teilen, Gerhard zu schildern, ging ich langsam und nachdenklich zurück in meinen Schlafraum im Uhlhorn-Studienkonvikt, nur ein kleines Stück von der Klinik entfernt. Ich stieg in den vierten Stock, öffnete und schloss leise die Tür zu meinem Zimmer und legte mich sofort bäuchlings auf die breiten, rauen und gewachsten Fußbodenbretter wie ein Mönch vor dem Altar, sprachlos vor Ehrfurcht und Dankbarkeit. Ich war dankbar für die Privatsphäre, denn mir war bewusst, wenn andere mich beobachtet hätten, hätten sie mein Benehmen für seltsam, wenn nicht komplett verrückt, gehalten. Ich spürte intuitiv, dass alles in Ordnung war, und ich brauchte keine wohlmeinenden Freunde, die sich Sorgen um mich machten.

Einige Tage später, immer noch in Erstaunen, was in meinem Leben geschehen war, warf ich einen Blick auf das kleine Stück blaue Papier. „Was heißt das schon“, dachte ich mir. „Natürlich ist die Realität! Das weiß doch jeder Idiot!“ Ich fühlte mich, als hätte ich „Wasser ist nass“ aufgeschrieben und aus irgendeinem Grund gedacht, das sei eine tiefgehende Erkenntnis. Ich war zum ersten Mal an die Grenzen der Sprache gestoßen, wenn es darum geht, mystische Bewusstseinszustände auszudrücken. Ich hatte das grundlegende, ewige Sein ausdrücken wollen, was der christliche Theologe Paul Tillich „den Grund allen Seins“ genannt hatte oder vielleicht was die Buddhisten „das reine Land“ nennen, etwas zutiefst und äußerst Reales, das der gesamten zeitlichen Welt der Erscheinungen, die die meisten von uns im täglichen Leben erfahren, zugrunde liegt. Die Worte, die auf den blauen Zettel gekritzelt waren, waren nur ein inspiriertes Souvenir meines ersten tiefergehenden Ausfluges in die transzendentalen Formen des Bewusstseins.

Daher verlangen die Worte in diesem Buch manchmal einiges an Geduld ab, ebenso wie ein poetisches Verständnis von Ihnen als Leser, so sehr diese Worte auch darauf angelegt sind, etwas so umfassend und akkurat wie möglich im Rahmen meiner literarischen Fähigkeiten zu kommunizieren. Ich gebe mein Bestes, während wir die Randgebiete eines unglaublich faszinierenden und bedeutsamen Neulandes erforschen, auch wenn eine Stimme in mir es vorziehen würde, Ihnen stattdessen einfach ein wenig Musik vorzuspielen – vielleicht Chopins Nocturnes mit ihren vielen subtilen emotionalen Ausdrucksnuancen oder die enorm kraftvolle und doch fröhlich-verspielte Fantasie und Fuge in g-Moll von Johann Sebastian Bach.

Danksagungen

Mit großer Dankbarkeit möchte ich die wichtigsten Mentoren in meinem beruflichen Leben nennen: Huston Smith, Walter Houston Clark, Hanscarl Leuner und Abraham Maslow, sowie zwei, bei denen ich leider nie die Ehre hatte, sie persönlich zu treffen: Paul Tillich und Karl Jaspers.

Viele Kollegen haben mich in all den Jahren unterstützt, sich über ihre eigenen Visionen mit mir ausgetauscht und sich mit mir dafür engagiert, den verantwortungsvollen Einsatz psychedelischer Substanzen zu fördern. Erwähnt seien an dieser Stelle Charles Savage, Walter Pahnke, Stanislav Grof, Helen Bonny, Richard Yensen und John Rhead aus den Tagen der Forschung am Spring Grove Hospital und dem Maryland Psychiatric Research Center. Außerdem möchte ich meinen aktuellen Kollegen danken, Roland Griffiths, Mary Cosimano, Matthew Johnson, Margaret Kleindinst, Albert Garcia-Romeu, Frederick Barrett, Theresa Carbonaro und Annie Umbricht vom States-of-Consciousness-Forschungsteam an der Johns Hopkins School of Medicine. Robert Jesse, Vorsitzender des Council on Spiritual Practices, gebührt besonderer Dank für seine vielen, mit großem Können orchestrierten Beiträge zur Wiedergeburt der wissenschaftlichen Erforschung dieser heiligen Substanzen.

Auf persönlicher Ebene bin ich dankbar für die ständige Unterstützung durch meine wichtigste Gefährtin in dieser Phase meines Lebens, die Künstlerin Edna Kurtz Emmet, und ihre beiden erwachsenen Kinder, Nadav und Danielle. Und ich möchte meine beiden Söhne würdigen, Daniel und Brian, und ihrer Mutter, Ilse, die zwei Jahrzehnte lang, bevor sie gestorben ist, nicht nur meine Frau war, sondern auch als psychiatrische Krankenschwester an meiner Seite an der Umsetzung verschiedener Projekte der psychedelischen Forschung arbeitete. Ich bin dankbar für meine Eltern, Ruth und Robert Richards, und meine beiden Brüder, Robert und John, die – auch wenn sie eher verwundert über das waren, was mir in meiner akademischen Karriere wichtig war – weiter an mich glaubten, während ich meinen ganz eigenen Weg im Leben einschlug.

Die brillante neue Generation an psychedelischen Forschern inspiriert mich, unter anderem Stephen Ross, Anthony Bossis, Jeffrey Guss, Michael Bogenschutz, Paul Hutson, Karen Cooper, Randall Brown, Peter Hendricks, Michael und Annie Mithoefer, James Grigsby, Franz Vollenweider, Torsten Passie, Jordi Riba, José Carlos Bouso, Peter Gasser, Peter Oehen, Robin Carhart-Harris, David Nutt, David Erritzoe und viele weitere. Außerdem will ich meine Dankbarkeit gegenüber denen ausdrücken, die mich mit privaten Mitteln unterstützt haben durch das Heffter Research Institute und den Council in Spritual Practices sowie das Fetzer Institute, die Betsy Gordon Foundation, Beckley Foundation und Riverstyx Foundation. Ich stehe in ihrer Schuld.

Mit tiefer Wertschätzung möchte ich die vielen Hundert freiwilligen Forschungsteilnehmer und psychotherapeutischen Patienten erwähnen, die mich an den Tiefen ihres Lebens und an ihren einzigartigen Kämpfen und transformativen Erfahrungen teilhaben ließen. Jeder einzelne hat mein Leben und mein Denken beeinflusst.

Ich habe viele inspirierende und innovative Freunde und Gefährten in der stets wachsenden Forschungsgemeinde zu psychedelischen Substanzen, die alle auf ihre ganz eigene Weise einen Beitrag leisten. Luis Eduardo Luna, James Fadiman, Thomas Roberts, Charles Grob, Alicia Danforth, Rick Doblin, Neal Goldsmith, Iker Puente, Ben Sessa, David Nichols, George Greer, Dennis McKenna, Julie Holland, Amanda Feilding, Gabor Maté, Joshua Wickerham und mein Sohn, Brian Richards, fallen mir dabei als Erste ein. Besondere Erwähnung verdienen auch Autoren, die Gelehrsamkeit und mutige Kreativität kombinierten, wie Jeremy Narby, Michael Pollan und Simon Powell. Zudem waren die zweimal monatlich stattfindenden Essen mit meinem Freund Allan Gold, inklusive Sushi oder nepalesischer Gerichte, eine besondere Bereicherung. Und auch mein verstorbener Freund Wayne Teasdale, der mehr als irgendwer, den ich je getroffen habe, die Meditation liebte, verdient besondere Erwähnung. Mein besonderer Dank geht außerdem an Wendy Lochner, meine Herausgeberin bei Columbia University Press, die mich darauf hinwies, dass ich ein Buch in mir hatte, das das Licht der Welt erblicken wollte, und mich bravourös bei der Entstehung und Zusammenstellung desselben angeleitet hat. Aufgrund ihres Anstoßes habe ich versucht, in einem Stil zu schreiben, der auch einer breiten Leserschaft verständlich ist, statt mich in meinem Buch nur im traditionellen akademischen Format an meine Wissenschaftskollegen zu wenden, die entweder im Gesundheitsbereich oder religiösen Gemeinden arbeiten.

Zu guter Letzt geht es in diesem Buch auch um die Begegnung mit dem Heiligen und die Entdeckung zeitloser Bewusstseinszustände, daher ist es angebracht, die kreative Quelle dankend anzuerkennen, die uns alle ins Dasein ruft, unser Leben erhält und sich vielleicht über die Abenteuer unserer Ideen und unserer fortlaufenden Evolution freut, hier und jetzt.

Einführung

Dieses Buch ist eine bescheidene Zusammenstellung des Wissens und der Perspektiven, die ich glücklicherweise nach und nach entwickeln durfte aufgrund der einzigartigen Gelegenheit, über 25 Jahre meiner professionellen Karriere an der Durchführung legaler Forschungsprojekte mit psychedelischen Drogen beteiligt gewesen zu sein. Die unglaubliche Vielfalt an Freiwilligen, die ich während dieser enorm unterschiedlichen Bewusstseinszustände, die durch diese bewusstseinsverändernden Substanzen hervorgerufen werden können, begleiten und unterstützen durfte, beinhaltete Männer und Frauen zwischen 24 und 81 Jahren, mit unterschiedlichem ethnischen Hintergrund, Bildungsstand, aus allen Berufen und nationalen sowie religiösen Gruppen. Einige litten an Angstzuständen, Depressionen und anderen Manifestationen psychologischer Notlagen. Es waren auch Personen dabei, deren Leben durch Abhängigkeit von Alkohol oder Narkotika beeinträchtigt war. Wieder andere litten an rasch fortschreitenden Krebserkrankungen und versuchten, sich mit dem Leben zu arrangieren, das sie gelebt hatten, und sich auf den bevorstehenden Tod vorzubereiten.

Zu den Freiwilligen gehörten auch führende Autoritäten auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit und der Religion sowie andere aus vielen verschiedenen Berufen, die aufgrund eines Strebens nach persönlicher Entwicklung, Weiterbildung und spirituellem Wachstum an Forschungsstudien teilnehmen wollten. Fast alle diese völlig verschiedenen Freiwilligen hatten keine vorherigen persönlichen Erfahrungen mit psychedelischen Substanzen und hätten auch niemals ein Interesse daran gehabt, wenn die Teilnahme nicht unter legalen und medizinisch überwachten Umständen stattgefunden hätte. Deshalb hätten sie auch kein Interesse gehabt, sich als Teil der Gegenkultur zu sehen, oder an Drogenkonsum zum Spaß. Daher entstand dieses Buch auf Grundlage der psychedelischen Erfahrungen von ganz normalen Menschen, die zum gesellschaftlichen Mainstream gehören.

Ich schreibe als klinischer Psychologe mit einer formellen akademischen Ausbildung, zu der auch die Theologie, vergleichende Religionswissenschaft und Religionspsychologie gehörte. Außerdem schreibe ich als Psychotherapeut mit einer breiten Ausrichtung, die man als existenziell oder transpersonal beschreiben könnte. Wie viele Leser habe ich tiefschürfende Fragen gestellt, Sinnsuche betrieben und versucht, den Prozess persönlichen Wachstums zu entschlüsseln, mit dem die meisten von uns im alltäglichen Leben zu kämpfen haben. Da ich das Glück hatte, selbst psychedelische Substanzen in einem legalen Kontext erhalten zu haben, und bereitwillig andere an dem experimentellen Wissen teilhaben lasse, das ich dadurch erlangte, ist das Material für dieses Buch nicht nur aus der Beobachtung freiwilliger Forschungsteilnehmer und der Analyse wissenschaftlicher Daten entstanden, sondern basiert auch auf Entdeckungen, die ich in den gewundenen Korridoren meines eigenen Geistes machte.

Der Schatz an Wissen, der auf den folgenden Seiten ausgebreitet wird – sowohl Erfahrungswissen als auch wissenschaftliche Erkenntnisse –, beinhaltet unter anderem Einsichten in die menschliche Existenz und die Kämpfe und Leiden, die die meisten von uns erfahren. Er beschreibt Prozesse, die Heilung befördern und Sinn stiften, inklusive einiger, die zu einem spirituellen Erwachen führen. Die Entdeckungen, die von den Hunderten Menschen gemacht wurden, die ich in die Tiefen ihres psychologischen und spirituellen Lebens begleiten durfte, haben eine profunde Bedeutung für das Verständnis dessen, wer wir sind, wer wir werden können und vielleicht auch für die letztliche Natur der Realität. Diese Sammlung an Beobachtungen und Erfahrungen ist nicht nur für Philosophen, Psychologen, Anthropologen, Theologen, Mikrobiologen, Neurowissenschaftler und Quantenphysiker von Relevanz, sondern auch für alle von uns, die sich selbst entdecken in dem Prozess, den Buddhisten „ein wertvolles menschliches Leben“ nennen. Wie im Laufe des Buches offensichtlich werden wird, steht dieser wachsende wissenschaftliche Grenzbereich auch an der Schwelle zu religiösem und spirituellem Wissen.

Ein sekundärer Zweck dieses Buches ist es, Informationen zu liefern, die den Leser besser ins Bild setzen sollen, über das, was eine Reihe nachdenklicher und kritischer Menschen für das bemerkenswerte Versprechen psychedelischer Substanzen hält, solange sie verantwortungsvoll verabreicht und eingenommen werden. Dieses Wissen kann einige der verzerrten Überbleibsel der sensationsheischenden Presseberichte der 1960er-Jahre widerlegen, die nach wie vor die Einstellung in den medizinischen, religiösen und politischen Gemeinschaften sowie in der Bevölkerung insgesamt beeinflussen. Diese Einstellung, die oft auf Ignoranz, verzerrten Informationen, ungezügelter Ambition bei der Bekämpfung von Drogengebrauch und gesetzgeberischen Entscheidungen beruht, die Erkenntnisse der nüchternen Wissenschaft ignorieren, manifestiert sich in Gesetzgebungen auf nationaler und internationaler Ebene, die eine Erforschung dieser Grenzbereiche verbieten oder hemmen sollen.

Während der 45 Jahre des sogenannten Kriegs gegen Drogen, den einige mittlerweile einen Krieg gegen einige Drogen oder gegen Pflanzen nennen, wurde das Wissen der Normalbevölkerung immer weiter verzerrt. Für manche ist der Begriff „psychedelisch“, der einfach nur „den Geist manifestieren“ bedeutet, unauflöslich verbunden mit Batik-T-Shirts, Brillen mit rosa Gläsern, rebellischem Verhalten und den Risiken, die mit Drogengebrauch einhergehen. Die einsichtigen und inspirierenden Schriften über Psychedelika von angesehenen Gelehrten wie Aldous Huxley, Alan Watts und Huston Smith sind so gut wie vergessen. Zu häufig sind junge Erforscher des Geistes, beeinträchtigt durch impulsives Verhalten und Desinformation (wenn nicht durch Pillen zweifelhafter Zusammensetzung), in Notaufnahmen, in Gerichtssälen und manchmal auch im Gefängnis gelandet. Erwachsene Nutzer von Psychedelika neigen dazu, diskreter zu sein, und verheimlichen ihre Erfahrungen aus Angst vor sozialer Ächtung und negativen Auswirkungen auf ihre Karriere.

Es ist meine Hoffnung, dass die Breite und Tiefe der Erfahrungen, die in diesem Buch präsentiert werden, zusammen mit den Prinzipien, die zur Anwendung kommen, um die Sicherheit und den potenziellen Nutzen des Gebrauchs von Psychedelika zu maximieren, für die Leser nützlich sind, die versuchen, ihre eigenen Erfahrungen mit alternativen Bewusstseinszuständen, egal wie diese zustande kamen, umfassender zu verstehen, sowie die von Freunden oder Familienmitgliedern. Vielleicht können diese Informationen auch dazu beitragen, genauer zu untersuchen, woher dieses mächtige kulturelle Tabu stammt, unter dem wir gelebt haben. Darüber hinaus wird dieses Buch vielleicht ein sorgfältiges Nachdenken über verantwortungsbewusste und rationale Wege beflügeln, wie man einen sozial akzeptablen Zugang zu diesen Substanzen herstellen kann, um die Freiheit derjenigen zu schützen, die ein adäquates Wissen über die potenziellen Risiken und den Nutzen dieser Substanzen haben und den Wunsch verspüren, auf legale Weise den „inneren Raum“ ihres eigenen Geistes mithilfe des respektvollen Gebrauchs von Entheogenen zu erforschen.

Zum Thema Fußnoten: Der Verweisstil in diesem Buch sollte genügend Informationen im Text selbst liefern, um es dem Leser zu ermöglichen, weitere Informationen und Quellen der Bibliografie zu entnehmen. Diese bietet eine sorgfältig ausgewählte Liste relevanter Artikel, Bücher und Dokumentationen zur weiteren Urteilsbildung und Unterhaltung derjenigen Leser, die bestimmten Themen tiefer auf den Grund gehen wollen.

Wenn ich jetzt, im Alter von 74 Jahren, auf mein Leben zurückblicke, dann wird mir klar, dass ich wie andere im selben Alter in einer bemerkenswerten Ära des sozialen Wandels gelebt habe. Hätte mir jemand vor nicht allzu langer Zeit gesagt, dass die Sowjetunion zu existieren aufhören, die Berliner Mauer fallen und ein farbiger Präsident für zwei Amtszeiten im Weißen Haus sitzen würde oder Frauen und schwule und lesbische Bürger auf eine vollständige Gleichstellung zusteuern, hätte ich gesagt: „Bleibe mal ernsthaft und lebe in der wirklichen Welt.“ Da ich aktiv beteiligt war, als die psychedelische Forschung ihren ersten Aufschwung nahm, dann aufgrund von Unterdrückung in einen erzwungenen Winterschlaf eintrat und schließlich erneut erstarkte, glaube ich, nicht zuletzt aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse, die während dieser dramatischen Saga die Wahrscheinlichkeit einer sicheren und Nutzen bringenden Einnahme verbesserten, über Informationen zu verfügen, die helfen könnten, den Weg zu bereiten für eine Änderung der aktuellen Drogengesetze in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und auch in anderen Ländern. Aber über diesen Anstoß hin zu neuen Gesetzgebungen hinaus, der zu neuen Richtlinien für die Forschung und den Gebrauch dieser Stoffe im Bereich Medizin, Bildung und Religion führen könnte, ist es meine Hoffnung, dass dieses Buch ein Anstoß sein kann für die dringend benötigten verantwortungsvollen Forschungsprojekte mit diesen Substanzen, die noch geplant und durchgeführt werden sollten. Wie ich in meinem ersten veröffentlichten Artikel sagte, den ich 1966 zusammen mit meinem Freund Walter Pahnke schrieb: „Eine bedeutende Gefahr für unsere Gesellschaft könnte darin liegen, auf den Nutzen zu verzichten, der in einem verantwortungsbewussten Gebrauch dieser Drogen liegt.“

Hinweis an den Leser

Die Informationen in diesem Buch dienen ausschließlich den Interessen der Bildung, Geschichtsschreibung und Kultur und sollten nicht als Befürwortung des gegenwärtigen Gebrauchs psychedelischer Substanzen unter Bedingungen gesehen werden, die außerhalb einer rechtlich genehmigten Einnahme liegen, wie zum Beispiel für legale wissenschaftliche Forschungen. Weder der Autor noch der Herausgeber übernehmen irgendeine Verantwortung für körperliche, psychologische, rechtliche oder andere Konsequenzen, die aus dem Gebrauch dieser Substanzen entstehen.

HEILIGE ERKENNTNIS

Teil 1

DIE BÜHNE BEREITEN

1

Der Tod und die Wiederauferstehung der psychedelischen Forschung

Die Forschung mit diesen einzigartigen Substanzen florierte in vielen akademischen Laboren und psychotherapeutischen Behandlungszentren von Mitte der 1950er-Jahre bis zu den frühen 1970er-Jahren. Allein in den 1960er-Jahren erschienen über 1.000 Publikationen, die die Ansicht unterstützten, LSD könne auf sichere Weise eine Psychotherapie vertiefen und beschleunigen. Etwa 40.000 Menschen nahmen an diesen Untersuchungen teil. Es wurden sechs internationale Konferenzen zum Thema einberufen.

Dann wurde die psychedelische Forschung durch die Regierung in einer irrationalen Reaktion auf den Aufruhr durch kulturelle Verwerfungen (inklusive der Kontroverse über den Vietnamkrieg, sich verändernde soziale Bräuche besonders im Verhältnis verschiedener Ethnien, bei der Frauenbewegung und der Sexualität und vielleicht auch beeinflusst von den fehlgeleiteten Versuchen der CIA, das militärische Potenzial von LSD bei Verhören oder in der Kriegsführung zu erforschen) für 22 Jahre völlig auf Eis gelegt (mit Ausnahme einer einzigen, wenig umfangreichen Studie mit DMT an der University of New Mexico zwischen 1990 und 1995). Auf ähnliche Weise kam auch die Forschung in Großbritannien und den meisten anderen Ländern zum Erliegen, in Übereinstimmung mit UN-Abkommen von 1971 und 1988. Unabsichtlich hat man beim impulsiven Bestreben, den Gebrauch und Missbrauch von vielen verschiedenen Drogen einzudämmen, die Verheißungen der psychedelischen Substanzen für die Medizin – nicht zu vergessen ihre potenzielle Rolle im Bereich der Bildung und Religion – in den Winterschlaf verbannt. Es wurde für qualifizierte Forscher nahezu unmöglich, die nötigen Genehmigungen von Bundesbehörden und den örtlichen Institutional Review Boards zu erhalten, um an psychedelische Substanzen zu gelangen, diese herzustellen oder zu besitzen und Untersuchungen an menschlichen Freiwilligen durchzuführen.

1977, nachdem ich einem letzten Freiwilligen Psilocybin verabreicht hatte in einer Studie, die den psychischen Stress von Krebspatienten reduzieren helfen sollte, hatte ich die zweifelhafte Ehre, der Letzte zu sein, der das sinkende Schiff des Maryland Psychiatric Research Centers verließ, der einzige Ort in den Vereinigten Staaten, an dem man überhaupt weiter psychedelische Forschungen hatte durchführen dürfen. Der Todesstoß kam übrigens nicht von der Bundesregierung in Washington, sondern von der Universitätsleitung, die beschlossen hatte, ihre staatlichen Gelder für weniger kontroverse Forschungsbereiche auszugeben. Die Ergebnisse unzähliger psychedelischer Forschungsstudien an diesem wichtigen Ort wurden von Richard Yensen und Donna Dryer zusammengefasst, mehr oder weniger liebevoll in eine Zeitkapsel gesteckt, um sie in der Zukunft analysieren zu können, und schließlich 1994 im Jahrbuch des Europäischen Collegiums für Bewusstseinsstudien veröffentlicht.

Seit jedoch 1999 in Baltimore an der Johns Hopkins School of Medicine die Studien wieder aufgenommen wurden – eine Vorreiterrolle spielten dabei Roland Griffiths und ich selbst –, und dann zunehmend auch an anderen akademischen Zentren in Nordamerika und Westeuropa, durchläuft die psychedelische Forschung eine vielversprechende Wiedergeburt. Personen, die momentan in der Situation sind, nüchtern die Forschungsergebnisse abzuwägen und die öffentliche Gesetzgebung zu diesen Dingen zu beeinflussen – auch diejenigen, die selbst während ihrer Zeit am College nicht mit psychedelischen Drogen experimentiert haben –, neigen dazu, vernünftig darüber zu denken und dementsprechend zu handeln, mit Offenheit und Klarheit. In den Vereinigten Staaten braucht man zwar extrem kompetente Forscher und enorm viel Geduld, um die erforderliche Investigational New Drug Permit (IND) für eine Substanz, die in Schedule 1 gelistet ist, sowie die Genehmigungen der Forschungsvorschläge durch die Food and Drug Administration (FDA) und die Drug Enforcement Administration (DEA) zu bekommen, aber zumindest ist es wieder möglich geworden. Als die ersten Studienergebnisse dieser neuen Forschungswelle in den Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, haben die meisten Journalisten in Presse und Rundfunk über die Ergebnisse auf sachliche Art berichtet, ohne die Sensationslust, die einen Großteil der Presseberichte ein paar Jahrzehnte früher ausgezeichnet hatte.

Die erste unserer Studien an der Johns Hopkins führte einen Vergleich der alternativen Bewusstseinszustände durch, die mit dem Entheogen Psilocybin und durch das Stimulans Methylphenidat (Ritalin) hervorgerufen wurden. Teilnehmer der Studie waren 30 gesunde erwachsene Einwohner des Großraums Baltimore-Washington, die vorher noch keine psychedelischen Substanzen eingenommen hatten. Viele dieser Leute hatten Collegefreunde oder andere Menschen gekannt, die mit psychedelischen Substanzen experimentiert hatten, sich aber persönlich entschlossen, zu warten, bis es eine legale Möglichkeit gab, diese in bekannter Reinheit und Dosierung unter kompetenter Anleitung einzunehmen. Als sie von dem Forschungsprojekt der Johns Hopkins gehört hatten, bewarben sie sich um die Teilnahme. Alle experimentellen Sitzungen wurden einzeln durchgeführt, mit zwei Forschern und einer freiwilligen Testperson, in einer angenehmen Umgebung, die wie ein Wohnzimmer gestaltet war. Dort konnte sich jeder Teilnehmer auf eine Couch legen und trug normalerweise eine Schlafmaske, um Ablenkungen durch die Umwelt zu vermeiden, sowie Kopfhörer, die während der sechsstündigen Periode, in der die Drogen wirkten, unterstützende Musik abspielten.