Impressum - Kontakt 


andersseitig Verlag

Johannes Krüger

Helgolandstraße 2

01097 Dresden

info@new-ebooks.de 


www.andersseitig.de 


Kontakt:

Telefon: 03517928282

E-Mail: info@new-ebooks.de

Alexandre Dumas

 

 

Berühmte Verbrechen

 

1. Band

 

Impressum

Covergestaltung: Gunter Pirntke

Übersetzer: Hans-Jürgen Huber, Gunter Pirntke,

Martina Sophie Pankow

Digitalisierung: Gunter Pirntke

BROKATBOOK Verlag Gunter Pirntke


2017 andersseitig.de


ISBN

9783961185290 (ePub)

9783961185306 (mobi)



andersseitig Verlag

Dresden

www.andersseitig.de


info@new-ebooks.de


(mehr unter Impressum-Kontakt)

Inhalt

Impressum

Die Borgia

Prolog

Konklave

Wandel der Perioden

Rodrigo

Gesandschaften

Invasion der Franzosen

Neuordnung

Die Borgias setzen sich durch

Cesare

Savonarola

Wieder die Franzosen

Geldsorgen

Cesare schlägt zu

Eroberungen

Nach dem Tod des Papstes

Gefangenschaft

Epilog

Die Cenci

Besuch in Rom

Das Mordkomplett

Ermittlungen

Urteil und Vollstreckung

Die Marquise de Brinvilliers

Die Festnahme

„Die Bastille!“

Der erste Giftmord

Sainte-Croix

Die nächsten Morde

Die Todesfälle in Paris

Verhaftung der Marquise

Die Vernehmung

Das Urteil

Die Hinrichtung


Die Borgia

 

Prolog1

 

Am 8. April 1492, in einem Schlafzimmer des Palazzo Carneggi, etwa drei Meilen von Florenz, waren drei Männer um ein Bett gruppiert, worauf ein vierter im Sterben lag.

 

Der erste dieser drei Männer, saß am Fuße des Bettes, und war halb von den Goldbrokatvorhängen verdeckt, um seine Tränen zu verbergen. Es war Ermolao Barbaro, der Autor einer Abhandlung über den Zölibat, und von Studien zu Plinius. Im Jahr zuvor, als er in Rom im Amte des Botschafters der Republik Florenz war, wurde er von Innozenz VIII. zum Patriarchen von Aquileia ernannt.

 

Der zweite, knieend und eine Hand des Sterbenden zwischen seinen Händen haltend, war Angelo Poliziano, der Catull des fünfzehnten Jahrhunderts. Ein Klassiker der leichteren Art, der in seinen lateinischen Versen als Dichter der augusteischen Zeit hätte missverstanden werden können.

 

Der dritte, stehend und sich gegen eine der gedrechselten Säulen des Bettkopfes lehnend und mit tiefer Traurigkeit den Fortschritt der Krankheit verfolgend, die er im Gesicht seines dahinscheidenden Freundes las, war der berühmte Pico della Mirandola. Dieser konnte im Alter von zwanzig Jahren zweiundzwanzig Sprachen sprechen, und behauptete, in jeder dieser Sprachen alle siebenhundert Fragen, die ihm von den zwanzig gelehrtesten Männer in der ganzen Welt vorgebracht würden, beantworten zu können, wenn sie in Florenz versammelt werden könnten.

 

Der Mann auf dem Bett war Lorenzo der Prächtige, der zu Beginn des Jahres von einem schweren und tief sitzende Fieber angegriffen worden war, zu dem die Gicht hinzukam, einer Erbkrankheit in seiner Familie. Er hatte letztlich befunden, dass die Mixturen mit den aufgelösten Perlen, die der Quacksalber, Leoni di Spoleto, für ihn verschrieben hatte (als ob er sich wünschte, seine Heilmittel eher auf den Reichtum seiner Patienten, als auf seine Bedürfnisse anzupassen) nutzlos und vergeblich waren. So verstand er, dass er von seinen sanftzüngigen Frauen, diesen süßstimmigen Poeten, seinen Palästen und ihren reichen Wandbehängen scheiden musste. Daher hatte er, um ihm die Absolution für seine Sünden - die ein weniger hoch gestellter Mann Verbrechen genannt hätte - den Dominikaner Giralamo Francesco Savonarola gerufen.

 

Er war jedoch nicht ohne eine innere Angst, gegen die das Lob von seinen Freunden nichts half, mit der der Genießer und Usurpator den strengen und düsteren Prediger erwartete, dessen Worte alle Florentiner erregten und, an dessen Begnadigung fortan alle seine Hoffnung auf eine andere Welt hing.

 

Tatsächlich war Savonarola einer jener Männer aus Stein, wie die Figur des Commandante, an der Tür des Don Giovanni klopfend, um mitten in Fest und Orgie, zu verkünden, dass es jetzt an der Zeit sei, an den Himmel zu denken. Er war in Ferrara geboren, wohin seine Familie, eine der berühmtesten von Padua, von Niccolo, Marchese d'Este gerufen wurde, und im Alter von dreiundzwanzig Jahren, durch eine unwiderstehliche Berufung, aus seines Vaters Haus geflohen, und hatte die Gelübde im Kloster der Dominikanermönche in Florenz abgelegt. Dort, wo er von seinen Vorgesetzten beauftragt wurde, Unterricht in der Philosophie zu geben, hatte der junge Novize von der ersten Stunde an gegen die Eigenart seiner Stimme, die sowohl rau als auch schwach war, zu kämpfen und vor allem gegen die Verringerung seiner körperlichen Kräfte, erschöpft durch zu strenge Abstinenz.

 

Von da an verurteilte Savonarola sich selbst zu absoluter Abgeschiedenheit und verschwand in den Tiefen seines Klosters, als ob die Platte seiner Gruft bereits über ihn gefallen sei. Dort, knieend auf den Fliesen, unaufhörlich betend vor einem Holzkreuz, durch Mahnwachen und Bußen fiebernd, schwebte er bald von Kontemplation in Ekstase, und begann, in sich selbst das Gefühl zu erkennen, diesen inneren prophetischen Impuls, der ihn auffordertet, die Reformation der Kirche zu predigen.

 

Nichtsdestoweniger ist die Reformation des Savonarola, ehrfurchtsvoller als Luthers, der etwa fünfundzwanzig Jahre später folgte, die Sache respektierend, den Menschen angreifend, hatte er zum Ziel, die Lehre zu ändern, der Mensch, nicht der Glaube, sei von Gott. Er wirkte nicht, wie der deutsche Mönch, durch Denken, sondern durch Begeisterung. Für ihn stand die Logik der Inspiration nach.

 

Er war kein Theologe, sondern ein Prophet. Doch obwohl er bis dahin sein Haupt vor der Autorität der Kirche gebeugt hatte, hatte er es bereits gegen die weltliche Macht erhoben. Für ihn erschienen Religion und Freiheit gleich zweier Jungfrauen, gleichermaßen heilig, sodass aus seiner Sicht, Lorenzos Unterwerfung der einen so schuldhaft war, wie die Entehrung der anderen durch Papst Innozenz VIII.

 

Das Ergebnis daraus war, dass, so lange Lorenzo in Reichtum, Glück und Pracht lebte, Savonarola nie bereit gewesen war, gleich wie viel gefleht wurde, durch seine Anwesenheit eine Macht zu sanktionieren, die er als illegitim ansah.

 

Aber Lorenzo schickte nach ihm auf seinem Sterbebett, und das war eine andere Sache. Der asketische Prediger machte sich unverzüglich auf den Weg, barhäuptig und barfuß, in der Hoffnung, nicht nur die Seele des Sterbenden, sondern auch die Freiheit der Republik zu retten.

 

Lorenzo, wie gesagt, erwartete die Ankunft von Savonarola mit einer Mischung aus Ungeduld und Unbehagen; sodass, als er das Geräusch seiner Schritte hörte, sein blasses Gesicht eine noch totenähnlichere Tönung annahm, während er sich gleichzeitig auf den Ellbogen stützte und seine drei Freunde fort befahl.

 

Sie gehorchten sofort, und kaum hatten sie durch die eine Tür das Gemach verlassen, als der Vorhang der anderen Tür erhoben wurde, und der Mönch, blass, unbeweglich, feierlich, auf der Schwelle erschien.

 

Als er ihn wahrnahm, auf dessen marmorner Stirn die Inflexibilität einer Statue lesend, fiel Lorenzo de’ Medici zurück auf sein Bett, einen so tiefen Seufzer atmend, dass man hätte meinen können, es wäre sein letzter.

 

Der Mönch sah sich im Zimmer um, als wollte er sich vergewissern, dass er wirklich allein mit dem Sterbenden war; dann ging er mit langsamem, feierlichem Schritt in Richtung Bett. Lorenzo sah sein Näherkommen mit Schrecken, dann, als er dicht neben ihm war, rief er:

„O mein Vater, ich war ein sehr großer Sünder!“      

 

„Die Barmherzigkeit Gottes ist unendlich“, sagte der Mönch, „und ich kam zu dir, beladen mit der göttlichen Barmherzigkeit.“

 

„Du glaubst also, dass Gott meine Sünden vergeben wird?“, rief der Sterbende, seine Hoffnung erneuernd, als er von den Lippen des Mönchs solch unerwartete Worte hörte.

 

„Deine Sünden und auch deine Verbrechen, Gott wird sie alle vergeben“, antwortete Savonarola. „Gott wird deine Eitelkeiten, deine ehebrecherischen Vergnügungen, deine obszöne Festivitäten vergeben; so viel zu deinen Sünden. Gott wird dir vergeben für das Versprechen von zweitausend Florin Belohnung für den Mann, der dir den Kopf von Dietisalvi, Nerone Nigi, Angelo Antinori, Niccalo Soderini bringen sollte und das doppelte Geld, wenn sie lebend überbracht würden; Gott wird dir vergeben, dass du den Sohn Papi Orlandis, Francesco di Brisighella, Bernardo Nardi, Jacopo Frescobaldi, Amoretto Baldovinetti, Pietro Balducci, Bernardo di Banding, Francesco Frescobaldi und mehr als dreihundert andere, deren Namen Florenz nicht weniger lieb waren, weil sie weniger bekannt waren, zum Schafott oder den Galgen verdammt hast; so viel zu deinen Verbrechen“.

 

Und jeden dieser Namen, die Savonarola langsam ausgesprochen hatte, die Augen auf den Sterbenden fixiert, antwortete dieser mit einem Stöhnen, was zeigte, dass das Gedächtnis des Mönches sich als nur zu wahr erwies. Dann endlich, als er fertig war, fragte Lorenzo in zweifelndem Ton:

„Dann glaubst du, mein Vater, dass Gott mir alles verzeiht, sowohl meine Sünden als auch meine Verbrechen?“

 

„Alles“, sagte Savonarola, „aber unter drei Bedingungen.“

 

„Welche sind dies?“ fragte der Sterbenden.

 

„Die erste“, sagte Savonarola, „ist, dass du vollständigen Glauben in die Macht und die Barmherzigkeit Gottes hast.“

 

„Mein Vater“, antwortete Lorenzo eifrig, „ich habe diesen Glauben in der Tiefe meines Herzens.“

 

„Die zweite“, sagte Savonarola, „ist, dass du das Eigentum der Anderen, das du zu Unrecht beschlagnahmt und behalten hast, zurück gibst.“

 

„Mein Vater, werde ich Zeit haben?“ fragte der Sterbenden.

 

„Gott wird sie dir geben“, antwortete der Mönch.

 

Lorenzo schloss die Augen, als wollte er seine Erleichterung zum Ausdruck bringen; dann, nach einem Moment des Schweigens, antwortete er:

„Ja, mein Vater, ich werde es tun.“

 

„Die dritte,“ nahm Savonarola seine Liste wieder auf, „ist, dass du der Republik ihre alte Unabhängigkeit und ihre ehemaligen Freiheiten wieder herstellst.“

 

Lorenzo setzte sich im Bett auf, geschüttelt von der krampfhaften Bewegung und seine Augen fragend auf die Augen des Dominikaners richtend, als wollte er herausfinden, ob er sich getäuscht und nicht recht gehört hatte. Savonarola wiederholte die gleichen Worte.

„Niemals! Nie!“ rief Lorenzo, auf sein Bett zurückfallend und den Kopf schüttelnd, - „Nie!“

 

Der Mönch, ohne ein einziges Wort zu antworten, machte einen Schritt zurück.

 

„Mein Vater, mein Vater“, sagte der Sterbende, „verlass mich nicht so, hab Erbarmen mit mir“.

 

„Habe Mitleid mit Florenz“, sagte der Mönch.

 

„Aber, mein Vater,“ rief Lorenzo, „Florenz ist frei, Florenz ist glücklich.“

 

„Florenz ist ein Sklave, Florenz ist arm“, rief Savonarola, „arm an Genialität, arm an Geld und arm an Mut; arm an Genialität, weil, nach dir, Lorenzo, dein Sohn Piero kommen wird, arm an Geld, denn mit den Mitteln der Republik hast du die Pracht deiner Familie und das Ansehen deiner Geschäftshäuser erhalten, arm an Mut, weil du die rechtmäßigen Magistrate ihrer Autorität beraubt hast, die verfassungsrechtlich ihnen gehörte, und die Bürger vom rechten Weg abgebracht hast im militärischen und zivilen Leben, obwohl sie, bevor sie von deinem Luxus entkräftet wurden, Tugenden der Alten gezeigt hatten; und daher, wird der Tag anbrechen, der nicht mehr weit entfernt ist“, fuhr der Mönch, seine Augen starr und glühenden, als ob er in der Zukunft lesen würde, „an dem die Barbaren von den Bergen herabsteigen, und die Mauern unserer Städte, wie die von Jericho, beim Schall ihrer Trompeten fallen werden.“

 

„Und du wünscht, dass ich auf meinem Sterbebett die Macht, die den Ruhm meines ganzen Lebens ausgemacht hat, aufgebe?“ rief Lorenzo de’ Medici.

 

„Ich bin es nicht, der es wünscht, es ist der Herr“, antwortete Savonarola kalt.

 

„Unmöglich, unmöglich!“ murmelte Lorenzo.

 

„Nun gut, dann stirb, wie du gelebt hast!“ rief der Mönch, „in der Mitte deiner Höflinge und Schmeichler; lasse sie deine Seele ruinieren, wie sie deinen Körper ruiniert haben!“

 

Und bei diesen Worten, verließ der strenge Dominikaner, ohne die Schreie des Sterbenden zu hören, das Zimmer wie er es betreten hatte, Gesicht und Schritt unverändert; weit über den menschlichen Dinge schien er zu schweben, ein Geist bereits von der Erde gelöst.

 

Beim Schrei, der aus Lorenzo de’ Medici brach, als er ihn verschwinden sah, kehrten Ermolao, Poliziano und Pico del Mirandola, die alles gehört hatten, in das Zimmer zurück und fanden ihren Freund ein herrliches Kruzifix krampfhaft mit seinen Armen umklammernd, das er gerade vom Kopf des Bettes genommen hatte.

 

Vergeblich versuchten sie, ihn mit freundlichen Worten zu beruhigen. Lorenzo der Prächtige antwortete nur mit Schluchzen, und eine Stunde nach der Szene, die wir gerade verfolgt haben, seine Lippen an den Füßen des Christus klebend, hauchte er in den Armen der drei Männer seinen letzten Atemzug, von denen der glücklichste, wenn auch alle drei jung waren, nicht dazu bestimmt war, ihn um mehr als zwei Jahren zu überleben.

 

„Obwohl sein Tod viele Katastrophen bringen wird“, sagt Niccolo Machiavelli, „war es der Wille des Himmels ihn durch nur zu deutliche Vorzeichen zu zeigen. Die Kuppel der Kirche Santa Regarata wurde vom Blitz getroffen, und Rodrigo Borgia wurde zum Papst gewählt.“

 

 

Konklave

 

Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts, das heißt, in der Epoche, in der unserer Geschichte beginnt, war die Piazza von St. Peter in Rom weit von der Pracht entfernt, die sich in unserer Zeit jedem, der sich von der Piazza die Rusticucci nähert, geboten wird.

 

Tatsächlich existierte die Basilika des Konstantin nicht mehr, während die von Michelangelo, das Meisterwerk von dreißig Päpsten, die die Arbeit von drei Jahrhunderten, und Kosten von zweihundertsechzig Millionen verursachen wird, existiert noch nicht.

 

Das antike Gebäude, das seit elf hundertundfünfundvierzig Jahre bestand hatte, hatte um 1440 damit gedroht, in sich zusammen zu fallen, und Nikolaus V, künstlerischer Vorläufer Julius II. und Leo X., hatte es niederreißen lassen, zusammen mit dem Tempel des Probus Anicius, der sich ihm anlehnte.

 

An deren Stelle hatte er die Fundamente eines neuen Tempels von den Architekten Rossellini und Battista Alberti legen lassen; aber einige Jahre später, nach dem Tod von Nikolaus V., war Paul II., der Venezianer, nicht in der Lage, mehr als fünftausend Kronen aufzubringen, um das Projekt seines Vorgängers fortzusetzen, und so wurde der Bau eingestellt, als er sich kaum über den Boden erhob, und präsentierte das Aussehen eines totgeborenen Gebäudes, noch trauriger als das einer Ruine.

 

Genauso hatte die Piazza selbst, wie der Leser aus, der vorhergehenden Erklärung verstehen wird, weder die feinen Kolonnaden des Bernini, noch die tanzenden Brunnen, noch den ägyptischen Obelisken, der nach Plinius, vom Pharao zu Heliopolis gesetzt wurde, und von Caligula nach Rom gebracht, der ihn in Neros Circus setzte, wo er bis 1586 blieb.

 

Jetzt, da Neros Circus auf dem Boden war, wo St. Peter heute steht, und die Basis dieses Obelisken die Fläche bedeckt, die heute die Sakristei einnimmt, sah er aus wie eine riesige Nadel die aus der Mitte der Säulenstümpfe, der Wände ungleicher Höhe und der halb behauenen Steinen schießt.

 

Auf der Rechten Seite des Gebäudes, einer Ruine in ihrem Gerüst, entstand der Vatikan, ein prachtvoller Turm zu Babel, dem all die berühmten Architekten der römischen Schule ihre Arbeit für tausend Jahre widmeten.

 

In dieser Epoche existierten die beiden prächtigen Kapellen noch nicht, noch die zwölf großen Hallen, die zweiundzwanzig Höfe, die dreißig Treppenhäuser, und die zweitausend Schlafgemächer; für Papst Sixtus V., der erhabene Schweinehirt, der so viele Dinge in seiner fünfjährigen Regierungszeit getan hatte, war es nicht möglich, das riesige Gebäude an die östlichen Seitentürme über dem Hof von St. Damasius anzufügen.

 

Noch waren es wirklich die alten heiligen Gebäude, in ihren ehrwürdigen Vereinigungen, in denen Karl, der große Gastfreundschaft empfangen hatte, als er von Papst Leo III zum Kaiser gekrönt wurde.

 

Trotzdem, am 9. August 1492 schien das ganze Rom, vom Volkstor zum Kolosseum und von den Thermen des Diokletian bis zur Burg von Sant' Angelo, ein Treffen an diesem Platz vereinbart zu haben. Die Menge war so groß, dass sie sich in alle angrenzenden Straßen drängte, die von diesem Zentrum wie die Strahlen eines Sterns abgingen.

 

Die Massen von Menschen, die aussahen wie ein bunter, sich bewegender Teppich, kletterten bis in die Basilika, auf die Steine, hängten sich an die Säulen, stellten sich gegen die Wände; sie betraten die Türen von Häusern und erschien wieder an den Fenstern, so zahlreich und so dicht gepackt, dass man hätte sagen können jedes Fenster wurde mit Köpfen zugemauert.

 

All diese Vielzahl hatte jetzt seine Augen auf einen einzigen Punkt im Vatikan fixiert, denn im Vatikan war das Konklave und da Innozenz VIII. seit 16 Tage tot war, war das Konklave im Begriff, einen Papst zu wählen.

 

Rom ist die Stadt der Wahlen: Seit ihrer Gründung bis in unsere Tage - das heißt, im Laufe von fast sechsundzwanzig Jahrhunderten – hat sie ständig ihre Könige, Konsuln, Tribunen, Kaiser und Päpste gewählt. Dieses Rom erscheint in den Tagen des Konklave von einem seltsamen Fieber ergriffen, das jeden zum Vatikan oder auf den Monte Cavallo treibt, je nachdem in welchem der beiden Paläste die Versammlung der scharlachroten Roben abgehalten wird.

 

Es ist in der Tat so, weil das Erhöhen eines neuen Pontifex ein großes Ereignis für alle ist; denn, bezogen auf den Durchschnitt in der Periode zwischen Petrus und Gregor XVI., dauerte jedes Pontifikat etwa acht Jahre, und diese acht Jahre sind ein Zeitraum, je nach dem Charakter des Mannes, der gewählt wird, entweder der Ruhe oder der Unordnung, der Justiz oder der Bestechlichkeit, des Friedens oder des Krieges.

 

Nie, vielleicht seit dem Tag, als der erste Nachfolger des heiligen Petrus seinen Platz auf dem päpstlichen Thron einnahm, bis zu dem Interregnum, das jetzt eingetreten ist, hatte sich eine so große Aufregung gezeigt, wie in diesem Moment, in dem, wie wir gezeigt haben, alle diese Menschen sich auf dem Petersplatz und in den Straßen, die dahin führten drängen.

 

Es ist wahr, dass dies nicht ohne Grund geschah, denn Innozenz VIII. - der Vater seines Volkes genannt wurde, weil er seinen Untertanen acht Söhne und die gleiche Anzahl an Töchtern hinzugefügt hatte – gerade, wie wir sagten, nach einem Leben in Maßlosigkeit, gestorben war, nach einem Todeskampf, während dessen, wenn der Chronik des Stefano Infessura geglaubt werden kann, zweihundertzwanzig Morde in den Straßen von Rom verübt worden waren.

 

Die Macht wurde dann in der üblichen Weise auf den Kardinal Camerlengo übertragen, der während des Interregnums hoheitliche Befugnisse hatte; doch da ihm all die Aufgaben dieses Amtes oblagen, das heißt, Geld in seinem Namen prägen zu lassen, das sein Wappen trug, den Fischerring vom Finger des toten Papstes zu nehmen, ihn zu kleiden, zu rasieren und malen zu lassen, die Leiche einzubalsamieren, den Sarg nach neun Tagen Trauerfeierlichkeiten in die vorläufige Gruft zu senken, in der der kürzlich verstorbene Papst zu bleiben hat bis sein Nachfolger kommt, um seinen Platz einzunehmen und ihn seinem letzten Grab zu übergeben.

 

Letztendlich oblag es ihm, die Tür des Konklaves zumauern zu lassen sowie das Fenster des Balkons, von dem die päpstliche Wahl verkündet wurde. Er hatte nicht einen Augenblick Zeit, um sich um Polizeiaufgaben zu kümmern, sodass die Morde in stattlicher Weise fortgesetzt wurden, und es laute Rufe nach einer energischen Hand gab, die all diese Schwerter und alle diese Dolche in ihre Scheiden zurückschicken solle.

 

Jetzt waren diese Vielzahl an Augen, wie wir gesagt haben, auf den Vatikan gerichtet, und insbesondere auf den Schornstein, aus dem das erste Signal kommen würde, als plötzlich in der Stunde des „Ave-Maria“, das heißt, in der Stunde, wenn der Tag zu schwinden beginnt, Schreie aus der Menge, gemischt mit Gelächter anschwollen, ein dissonantes Murmeln von Drohungen und Spott, dessen Ursache ist, dass sie gerade an der Spitze des Schornsteins einen dünnen Rauch wahrgenommen hatte, der wie eine leichte Wolke senkrecht in den Himmel zu steigen schien.

 

Dieser Rauch verkündete, dass Rom immer noch ohne Herrn, und dass die Welt immer noch ohne Papst war, denn dies war der Rauch der Stimmzettel, die verbrannt wurden, ein Beweis, dass die Kardinäle noch nicht zu einer Einigung gekommen waren.

 

Kaum war dieser Rauch erschienen, um fast sofort wieder zu entschwinden, als die ganze zahllose Menge, wissend, dass es nichts anderes mehr zu erwarten gab, und dass alles bis um zehn Uhr am nächsten Morgen gesagt und getan war.

 

Die Zeit, wenn die Kardinäle ihre erste Abstimmung abhalten würden, ging; in einem Tumult aus lautem Scherz, so wie sie es nach der letzten Rakete eines Feuerwerkes getan hätte; sodass von einer Minute zur anderen niemand mehr dort war, wo eine Viertelstunde zuvor eine aufgeregte Menschenmenge gewesen war, außer ein paar neugierigen Nachzüglern, die in der Nachbarschaft wohnten oder auf der Piazza selbst; die weniger in Eile, als der Rest waren, um wieder in ihre Häuser zu kommen.

 

Nach und nach, verringerten sich diese letzten Gruppen unmerklich, da es gerade halb zehn geschlagen hatte, und zu dieser Stunde die Straßen von Rom bereits begannen weit davon entfernt zu sein, als sicher zu gelten; dann, nach diesen Gruppen folgten, einige einsame Passanten eilenden Schrittes; eine Tür nach der anderen wurde geschlossen, eine Fenster nach dem anderen verfinsterte sich; schließlich, als es zehn Uhr schlug, wurden alle Häuser, Plätze und Straßen in tiefste Dunkelheit gestürzt, mit der einzigen Ausnahme eines Fensters im Vatikan, wo eine Lampe gesehen werden konnte, die hartnäckig Mahnwache hielt.

 

In diesem Moment stand ein Mann, in einen Mantel gehüllt, wie ein Geist gegen eine der Säulen der unvollendeten Basilika gelehnt, und glitt langsam und vorsichtig zwischen den Steinen durch, die rund um das Fundament der neuen Kirche lagen, rückte bis zum Brunnen vor, welcher die Mitte des Platzes bildete, der Ort, wo der Obelisk jetzt errichtet ist, von dem wir bereits gesprochen haben, als er diese Stelle erreichte, blieb er stehen, doppelt durch die Dunkelheit der Nacht und den Schatten des Monuments verborgen, und nach einer Umschau, um zu sehen, ob er wirklich allein war, zog er sein Schwert und zog mit seiner Spitze drei Mal über das Pflaster des Platzes, dass die Funken flogen.

 

Dieses Signal war, wie für Signale üblich, nicht unbeantwortet geblieben. Die letzte Lampe, die im Vatikan noch Virgil gehalten hatte, ging aus, und im gleichen Augenblick wurde ein Objekt aus dem Fenster geworfen, das ein paar Schritte von dem jungen Mann im Mantel landete. Er, durch den silbrigen Ton bei der Berührung mit den Fliesen geleitet, verlor keine Zeit, seine Hände trotz der Finsternis auf es zu legen, und eilte, als er es in seinem Besitz hatte schnell weg.

 

So ging der Unbekannte ohne sich umzudrehen den halben Borgo Vecchio entlang; dann aber bog er sich nach rechts und nahm eine Straße an deren anderem Ende eine Madonna mit einer Lampe stand.

 

Er näherte sich dem Licht, und zog aus seiner Tasche den Gegenstand, den er aufgehoben hatte. Es war nichts anderes als eine römische Kronenmünze, aber diese Krone konnte aufgeschraubt werden. In einem Hohlraum verborgen verbarg sich ein Brief, den der Mann, an den er gerichtet war zu lesen begann. Die Gefahr erkennend, hier erkannt zu werden, war groß. Doch auch in seiner Eile wollte er wissen, was der Brief enthielt.

 

Wir sagen, auf die Gefahr, erkannt zu werden, denn in seinem Eifer hatte der Empfänger dieses nächtlichen Schreibens die Kapuze seines Umhangs zurückgeworfen; und da sein Kopf vollständig im Lichtkreis der Lampe war. Es war leicht, den Kopf eines schönen jungen Mannes von etwa fünf- oder sechsundzwanzig Jahren, in ein lila Wams gekleidet, dessen Schultern und Ellenbogen so geschlitzt war, dass das Hemd durchschien, und auf dem Kopf eine Kappe der gleichen Farbe tragend mit einer langen schwarzen Feder die auf seine Schulter fiel, zu unterscheiden.

 

Es ist wahr, dass er dort nicht lange stand, denn kaum hatte er den Brief, oder besser die Nachricht, die er gerade auf so seltsame und geheimnisvolle Art und Weise erhalten hat, gelesen, als er sie in ihren silbernen Behälter zurücklegte, und seinen Umhang so richtete, dass er den unteren Teil seines Gesichts verbarg. Dann setzte er seinen Spaziergang mit schnellem Schritt fort, überquerte den Borgo San Spirito, und nahm die Via Longara, der er bis zur Kirche von Regina Coeli folgte.

 

Als er an diesem Ort angekommen war, klopfte er mit drei schnelle Schläge an die Tür eines Hauses von gutem Aussehen, die sofort geöffnet wurde; dann, nach langsamem Erklimmen der Treppe, trat er in ein Zimmer, in dem zwei Frauen ihn mit so offener Ungeduld erwarteten, dass sie zusammen ausriefen, als sie ihn sahen:

„Nun, Francesco, was gibt es Neues?“

 

„Gute Nachrichten, meine Mutter, gut, meine Schwester“, antwortete der junge Mann, die eine küssend und der anderen seine Hand gebend. „Unser Vater hat heute drei Stimmen gewonnen, aber er braucht noch sechs, um die Mehrheit zu haben.“

 

„Dann gibt es keine Möglichkeit, sie zu kaufen?“ rief der ältere der beiden Frauen, während die jüngere, statt zu sprechen, mit ihrem Blick fragte.

 

„Sicher, meine Mutter, sicher“, antwortete der junge Mann, „und es ist genau das, worüber mein Vater nachgedacht hat. Er gibt Kardinal Orsini seinen Palast in Rom und seine zwei Burgen von Monticello und Soriano; Kardinal Colanna seine Abtei von Subiaca, er gibt Kardinal Sant' Angelo das Bistum Porto, samt Ausstattung und Vorräten, dem Kardinal von Parma die Stadt Nepi, dem Kardinal von Genua die Kirche Santa-Maria-in-Via-Lata, und schließlich, Kardinal Savelli die Kirche Santa-Maria-Maggiore und die Stadt Civita Castellana. Soweit es Kardinal Ascanio Sforza betrifft, weiß dieser bereits, dass wir vorgestern zu seinem Haus vier Maultiere, beladen mit Silber und Geschirr schickten, und aus diesem Schatz sollen fünftausend Dukaten an den Kardinal Patriarch von Venedig gegeben werden.“

 

„Aber wie sollen wir die Anderen die Absichten Rodrigos wissen lassen?“, fragte die ältere der beiden Frauen.

 

„Mein Vater hat für alles vorgesorgt, und schlägt eine einfache Methode vor; Du weißt, meine Mutter, mit welcher Zeremonie das Abendessen der Kardinäle hineingetragen wird?“

 

„Ja, auf einer Trage, in einem großen Korb mit dem Wappen des Kardinals, für den das Essen zubereitet wurde.“

 

„Mein Vater hat den Bischof, der sie durchsucht bestochen: Morgen ist ein Fest-tag für die Kardinäle Orsini, Colonna, Savelli, Sant' Angelo, und die Kardinäle von Parma und Genua, Hühner werden als heißes Fleisch geschickt werden, und jedes Huhn enthält eine ordnungsgemäße Schenkungsurkunde über die Häuser, Paläste oder Kirchen, die für sie bestimmt sind, die von mir im Namen meines Vaters erstellt wurde.“

 

„Kapital“ sagte die ältere der beiden Frauen, „jetzt bin ich mir sicher, alles wird gut gehen.“

 

„Und durch die Gnade Gottes“, fügte die jüngere, mit einem seltsam spöttischen Lächeln hinzu, „wird unser Vater Papst sein.“

 

„Oh, es wird ein schöner Tag für uns sein!“ rief Francesco.

 

„Und für die Christenheit“, entgegnete seine Schwester, mit einem noch ironischeren Ausdruck.

 

„Lucrezia, Lucrezia,“ sagte die Mutter, „Du hast das Glück, das zu uns kommen wird, nicht verdient.“

 

„Was macht das, wenn es so kommt? Außerdem, kennst Du das Sprichwort, Mutter: 'Kinderreiche Familien sind vom Herrn gesegnet', und noch mehr unsere Familie, die so patriarchalisch ist.“

 

Zur gleichen Zeit warf sie auf ihren Bruder einen Blick, so mutwillig, dass der junge Mann unter ihm errötete. Aber im Moment hatte er an andere Dinge zu denken, als an seine verbotene Liebe. Er befahl, dass vier Diener geweckt werden sollten, und während sie bewaffnet wurden, um ihn zu begleiten, erstellte und unterzeichnete er die sechs Schenkungsurkunden, die am nächsten Tag den Kardinälen gebracht werden würden.

 

Da er nicht wünschte in ihren Häusern gesehen zu werden, dachte er, er würde von der Nacht profitieren, um sie selbst zu bestimmten Personen seines Vertrauens zu tragen, die sie weitergegeben würden, so wie es arrangiert worden war, zur Stunde des Abendmahls. Dann, als die Urkunden gerade fertig waren und auch die Knechte, ging Francesco mit ihnen, die beiden Frauen zurücklassend, goldene Träume ihrer künftigen Größe träumend.

 

Von der ersten Morgendämmerung an eilten die Menschen aufs neue, genauso leidenschaftlich und interessiert wie am Abend zuvor, zur Piazza des Vatikans, wo, zur normalen Zeit, das heißt, um zehn Uhr am Morgen, der Rauch wieder wie gewohnt aufstieg, Gelächter und Gemurmel hervorrufend, da er bekannt gab, dass keiner der Kardinäle die Mehrheit sichern konnte.

 

Ein Bericht fing an, sich zu verbreiten. Er besagt, dass die Chancen zwischen drei Kandidaten aufgeteilt lagen, diese waren Rodrigo Borgia, Giuliano della Rovere und Ascanio Sforza; das Volk wusste noch nichts von den vier Maultieren, beladen mit Geschirr und Silber, die zu Sforzas Haus geführt wurden, weswegen er seine eigenen Stimmen zugunsten seines Rivalen aufgab.

 

Inmitten der Erregung, die dieser neue Bericht in der Menge hervorrief, war ein feierlicher Gesang zu hören; er ging von einer Prozession aus, die vom Kardinal-Camerlengo angeführt wurde, mit dem Ziel, vom Himmel die schnelle Wahl eines Papstes zu erflehen.

 

Diese Prozession, beginnend an der Kirche Ara Coeli auf dem Kapitol, machte Station vor den wichtigsten Madonnen und meistbesuchten Kirchen. Sobald das silberne Kruzifix wahrgenommen wurde, welches voranging, herrschte die tiefste Stille, und jeder fiel auf die Knie; sodass eine tiefste Ruhe dem Tumult und Aufruhr, der ein paar Minuten zuvor zu hören war und der bei jedem Erscheinen von Rauch einen bedrohlicheren Charakter angenommen hatte, folgte.

 

Es war nicht zu verhehlen, dass die Prozession, ebenso wie sie ein religiöses Ende in Sicht hatte auch eine politische Aufgabe hatte und dass ihr Einfluss auf Erden ebenso groß sein sollte wie im Himmel. In jeden Fall, wenn solches die Absicht des Kardinal-Camerlengo war, hatte er sich nicht getäuscht, und die Wirkung war, was er wollte. Als der Zug vorbei war, ging das Lachen und Scherzen weiter, aber die Schreie und Drohungen hatten völlig aufgehört.

 

Der ganze Tag verlief so, denn in Rom arbeitet niemand. Man ist entweder ein Kardinal oder ein Lakai, und man lebt, niemand weiß wie. Die Menge war immer noch sehr zahlreich, als gegen zwei Uhr am Nachmittag, ein anderer Zug, der ganz so viel Macht zu provozierendem Lärm hatte als der erste zu imposanter Stille, die Piazza von St. Peter durchquerte. Dies war die Abendmahlprozession.

 

Die Menschen begrüßten sie mit dem üblichen Ausbruch von Gelächter, ohne zu ahnen, bei all ihrer Respektlosigkeit, dass diese Prozession, wirksamer als die vorherige, die Wahl des neuen Papstes entschieden hatte.

 

Die Stunde des Ave Maria kam wie am Abend zuvor, aber, wie am Abend zuvor, war das Warten des ganzen Tages umsonst; denn als es halb neun schlug, erschien wieder an der Spitze des Schornsteins der tägliche Rauch.

 

Aber als im gleichen Moment Gerüchte, die aus dem Inneren des Vatikan kamen, nach draußen verbreitet wurden, ankündigend, dass aller Wahrscheinlichkeit nach, die endgültige Wahl am nächsten Tag stattfinden würde, behielten die guten Leute ihre Geduld. Außerdem war es sehr heiß gewesen an diesem Tag, und sie waren so geschlagen mit Erschöpfung und von der Sonne gebraten, diese Bewohner von Schatten und Müßiggang, dass sie keine Kraft mehr übrig hatten, sich zu beschweren.

 

Der Morgen des nächsten Tages, dem 11. August 1492, erhob sich stürmisch und dunkel; dies hinderte die Menge nicht daran, sich auf den Plätzen und Straßen, in Türen, Häusern und Kirchen zu drängen. Darüber hinaus war diese Disposition des Wetters ein wahrer Segen des Himmels, denn auch wenn es warm war, gab es zumindest keine Sonne.

 

Gegen neun Uhr häuften sich bedrohliche Gewitterwolken über ganz Trastevere auf, aber was zählte Regen, Blitz oder Donner für diese Menge? Sie waren von einer ganz anderen Sache eingenommen, sie wartete auf ihren Papst. Ein Versprechen war ihnen für heute gegeben worden, und es konnte von allen erkannt werden, dass, wenn der Tag ohne Wahlergebnis vorübergehen sollte, er aller Wahrscheinlichkeit nach in einem Aufruhr enden würde; daher wurde die Unruhe in dem Maße, in dem die Zeit fortschritt, größer.

 

Es schlug neun Uhr, halb zehn, ein Viertel vor zehn, ohne dass etwas passierte, das ihre Hoffnungen bestätigte oder zerstörte. Endlich, der erste Zehnuhrschlag war zu hören, richteten sich alle Augen auf den Schornstein: Es schlug langsam zehn Uhr, jeder Schlag schwang in den Herzen der Menge. Endlich bebte der zehnte Schlag, entschwand dann schaudernd ins All; und, der Stille folgend, brach gleichzeitig aus hunderttausend Brüsten ein großes Geschrei: „Non v'e fumo! Es gibt keinen Rauch!“ Mit anderen Worten: „Wir haben einen Papst.“

 

In diesem Moment begann der Regen zu fallen; aber niemand kümmerte darum, so groß waren Freude und Ungeduld unter all den Menschen. Endlich wurde ein kleiner Stein aus dem zugemauerten Fenster gelöst, das die Öffnung zum Balkon war, auf den nun alle Augen fixiert waren. Ein allgemeiner Ruf begrüßte seinen Fall; nach und nach wurde die Öffnung größer, und nach ein paar Minuten war sie groß genug, um es einem Mann zu ermöglichen, auf den Balkon heraus zu kommen.

 

Der Kardinal Ascanio Sforza erschien; aber in dem Moment, als er drauf und dran war, heraus zu treten, zögerte er einen Augenblick, durch Regen und Blitz erschreckt, und zog sich schließlich wieder zurück. Sofort brach die Menge ihrerseits wie ein Sturm in Schreie, Flüche, Heulen und Drohungen, den Vatikan niederzureißen und sich ihren Papst selbst zu suchen, aus.

 

In diesem Lärm, mehr erschrocken vom Sturm des Volkes denn vom Sturm des Himmels, bewegte sich Kardinal Sforza auf den Balkon, und zwischen zwei Donnerschläge, in einem Moment der Stille, erstaunlich für jeden, der den Lärm zuvor gehört hatte, machte er folgende Proklamation:

„Ich verkünde euch eine große Freude. Seine Eminenz und ehrwürdiger Herr Rodrigo Lenzuolo Borgia, Erzbischof von Valencia, Kardinal-Diakon von San Nicolo-in-Carcere, Vizekanzler der Kirche, wurde zum Papst gewählt und hat den Namen Alexander VI. angenommen.“

 

Die Nachricht von dieser Ernennung wurde mit seltsamer Freude aufgenommen. Rodrigo Borgia hatte den Ruf eines ausschweifenden Mannes, das war wahr, aber Zügellosigkeit hatte den Thron mit Sixtus IV. und Innozenz VIII. bestiegen, sodass für die Römer die einzigartige Situation eines Papstes mit einer Geliebten und fünf Kinder nichts Neues war. Die wichtigste Sache für den Moment war, dass die Macht in starke Hände fiel, und es war für die Ruhe von Rom wichtiger, dass der neue Papst das Schwert des heiligen Paulus erbte, als dass er die Schlüssel von St. Peter geerbt.

 

Und so wurden die Feste, die zu dieser Gelegenheit gegeben wurde, viel mehr von kriegerischem als religiösem Charakter dominiert; und erschienen eher geeignet, die Wahl eines jungen Eroberers, denn die Erhöhung eines alten Pontifex zu begehen.

 

Es gab keine Grenzen der Höflichkeiten und prophetischen Epigramme auf den Namen Alexander, der zum zweiten Mal den Römern ein Weltreich zu versprechen schien; und am selben Abend, in der Mitte brillanter Illuminationen und Freudenfeuern, die die Stadt in einen Flammensee zu verwandeln schienen, wurde das folgende Epigramm verlesen, während der Beifallsbekundungen des Volkes:

 

„Rom unter Cäsars Herrschaft in der antiken Geschichte

Zu Hause und über die Welt siegreich geschritten;

Aber Alexander seine Herrlichkeit noch erweitert:

Cesare war ein Mann, aber Alexander Gott.“

 

Was den neuen Papst betraf: Kaum hatte er die Formalitäten der Etikette, die seine Erhöhung ihm auferlegte, und jedem Mann den Preis seiner Simonie bezahlt hatte, warf er seine Augen von der Höhe des Vatikan auf Europa, ein großes politisches Schachspiel, bei dem er die Hoffnung schätzte es nach seinem Willen und seiner eigenen Genialität steuern zu können.

 

 

Wandel der Perioden

 

Die Welt war nun an einem dieser überragenden Momente angelangt, wenn alles sich zwischen dem Ende einer Periode und dem Beginn der andere wandelt. In Osten die Türkei, im Süden Spanien, im Westen Frankreich und im Norden Deutschland, alle gingen davon aus, alle zusammen mit dem Titel Großmacht, diesen Einfluss, für den sie bestimmt waren, in der Zukunft in den zweitrangigen Staaten auszuüben.

 

Dementsprechend werden wir auch, zusammen mit Alexander VI., einen raschen Blick auf sie werfen, um zu sehen, was ihre jeweilige Situation in Bezug auf Italien, das sie alle als Preis begehrten, war.

 

Konstantin XI., Palaeologos Dragozes, von dreihunderttausend Türken belagert, nachdem er vergeblich auf Hilfe an die ganze Christenheit appellierte, war nicht bereit gewesen, den Verlust seines Reiches zu überleben, und wurde in der Mitte all der Toten, in der Nähe des Tophana Tors gefunden; und am 30. Mai 1453, hatte Mohammed II. seinen Einzug in Konstantinopel, wo er, nach einer Regierung, mit der er den Beinamen „Fatile“ oder der Eroberer verdient hatte, starb, zwei Söhne hinterlassend, deren älterer den Thron unter dem Namen des Bayezit II. bestiegen hatte.

 

Der Amtsantritt des neuen Sultans ging jedoch nicht mit der Ruhe vonstatten, die sein Recht als älterer Bruder und die Auswahl seines Vaters versprochen haben sollte. Sein jüngerer Bruder, D'jem, besser bekannt unter dem Namen Zizimeh, hatte argumentiert, dass, während er in der Zeit des Purpurs geboren war – das heißt, während der Herrschaft von Mohammed - Bayezit vor dieser Zeit geboren wurde, und damit der Sohn einer Privatperson war.

 

Das war eher ein fauler Trick, aber wo Kraft alles und Recht nichts ist, genügte es, um einen Krieg zu schüren. Die beiden Brüder, jeweils an der Spitze einer Armee, trafen sich daher in Asien im Jahr 1482. D'jem wurde nach sieben Stunden Kampf geschlagen, und von seinem Bruder, der ihm keine Zeit, seine Armee zu sammeln gab, verfolgt. Was ihn veranlasste, sich in Kilikien einzuschiffen und auf Rhodos Zuflucht zu suchen, wo er den Schutz der Johanniter erflehte.

 

Diese, die es nicht wagten ihm Asyl auf ihrer Insel, so nahe an Asien, zu gewähren, schickten ihn nach Frankreich, wo sie ihn sorgfältig in einer ihrer Kommandanturen beschützten, ungeachtet des Drängens des Kait Bey, Sultan von Ägypten, der gegen Bayezit revoltierte, und den jungen Prinzen in seiner Armee haben wollte, um seiner Rebellion das Aussehen einer legitimen Kriegsführung zu geben.

 

Die gleiche Forderung, mehr oder weniger mit der gleichen politischen Absicht, hatten nacheinander Matthias Corvinus, König von Ungarn, Ferdinand, König von Aragon und Sizilien, und Ferdinand, König von Neapel gestellt.

 

Auf seiner Seite, Bayezit, der von der Bedeutung eines solchen Rivalen wusste, falls dieser sich einmal mit einem der Fürsten, mit denen er im Krieg war, verbündete, hatte Botschafter zu Karl VIII. geschickt, ihm das Angebot zu machen, falls er einverstanden wäre, D'jem bei sich zu behalten, ihm eine erhebliche Rente zu gewähren, und Frankreich die Souveränität über das Heilige Land zu geben, so bald Jerusalem durch den Sultan von Ägypten erobert werden würde. Der König von Frankreich hatte diese Bedingungen akzeptiert.

 

Aber dann hatte Innozenz VIII. interveniert, und Ansprüche auf D'jem erhoben, vorgeblich, um Unterstützung durch die Ansprüche des Flüchtlings zu einem Kreuzzug, den er gegen die Türken predigte zu erhalten, aber in Wirklichkeit, um sich die Rente von 40.000 Dukaten anzueignen, die Bayezit dem christlichen Fürsten geben wollte, der sich verpflichtete der Kerkermeister seines Bruders zu sein.

 

Karl VIII. hatte nicht gewagt, dem geistigen Oberhaupt der Christenheit ein Verlangen, von solch heiligen Gründen unterstützt, zu versagen, und daher hatte D'jem Frankreich verlassen, begleitet vom Großmeister d'Aubusson, unter dessen direkter Aufsicht er war; aber sein Beschützer hatte nur für den Preis eines Kardinalhutes zugestimmt, auf seinen Gefangenen zu verzichten.

 

So hatte, am 13. März 1489, der unglückliche junge Mann, Anziehungspunkt so vieler interessierter Augen, seinen feierlichen Einzug in Rom, auf einem prächtigen Pferd sitzend, in ein prächtiges orientalisches Kostüm gekleidet, zwischen dem Prior der Auvergne, Neffe des Großmeisters d'Aubusson, und Francesco Cibo, dem Sohn des Papstes.

 

Danach blieb er dort, und Bayezit, treu seines Versprechens, um seine Interessen zu wahren, hatte pünktlich dem regierenden Pontifex die Rente von 40.000 Dukaten bezahlt.

So viel zur Türkei.

 

Ferdinand und Isabella regierten in Spanien, und legten das Fundament dieser ungeheuren Macht, die dazu bestimmt war, fünfundzwanzig Jahre später, Karl V. Erklären zu lassen, dass die Sonne in seinem Reiche nie unterginge.

 

In der Tat, diese beiden Souveräne, denen die Geschichte den Namen die Katholischen verliehen hat, hatten sukzessive fast das ganze Spanien zurückerobert, und die Mauren aus Granada vertrieben, deren letzte Bastion; während zwei Männer von Genie, Bartolome Diaz und Christopher Columbus, erfolgreich waren, sehr zum Gewinn von Spanien, der eine bei der Wiederentdeckung einer verlorenen Welt, der andere bei der Eroberung einer Welt, die bis dahin noch unbekannt war.

 

Sie hatten demnach durch ihre Siege in der Alten Welt und ihre Entdeckungen in der neuen, einen Einfluss am Hof von Rom erworben, den keiner ihrer Vorgänger genossen hatte.

 

So viel zu Spanien.

 

In Frankreich war Charles VIII. seinem Vater Louis XI, am 30. August 1483 auf den Thron gefolgt. Louis hatte sein Reich durch Hinrichtungen beruhigt und den Weg für ein Kind geebnet, das den Thron unter der Regentschaft einer Frau bestieg. Und die Regentschaft war eine Glorreiche gewesen, und hatte die Ansprüche von Prinzen von Geblüt niedergeschlagen, beendete die Bürgerkriege, und vereinte unter der Krone alle, die noch von den großen unabhängigen Lehen übrig geblieben waren.

 

Das Ergebnis war, dass in der Epoche, in der wir jetzt sind, hier war Charles VIII, an die zweiundzwanzig Jahre alt, ein Prinz (wenn wir La Tremouille glauben) wenig an Körpergröße, aber viel an Herz, ein Kind (wenn wir Commines glaubten) erst jetzt seinen ersten Flug aus dem Nest machend, mittellos sowohl an Sinn als auch an Geld, schwach an Persönlichkeit, voller Eigenwillen und sich lieber mit Narren, als mit Weisen umgebend; und schließlich, wenn wir Guicciardini glauben, der ein Italiener war, und vielleicht ein etwas differenzierteres Urteil über den Gegenstand brachte, ein junger Mann von wenig Geist für die Handlungen der Menschen aber getragen von einer Sehnsucht nach Herrschaft und die Erringung von Ruhm, ein Wunsch basierend weit mehr auf seinem seichten Charakter und Ungestüm denn auf jedem Vorhandensein von Genialität.

 

Er war ein Feind aller Erschöpfung und aller Geschäfte, und wenn er versuchte, seine Aufmerksamkeit darauf zu legen, zeigte er sich immer völlig mangelhaft in Klugheit und Urteilsvermögen. Wenn irgendetwas an ihm auf den ersten Blick lobenswert zu sein schien, konnte bei näherer Betrachtung festgestellt werden, dass es eher mit Laster denn mit Tugend verwandt war. Er war liberal, dies ist wahr, aber ohne Gedanken, ohne Maß und ohne Unterschied. Er war manchmal im Willen unflexibel, aber eher durch Hartnäckigkeit als durch konstantes Denken; und was seine Schmeichler Güte nannten, verdient weit mehr den Namen der Gefühllosigkeit für Verletzungen und Armut des Geistes.

 

Was seine körperliche Erscheinung anging, wenn wir den selben Autoren glauben, war diese noch weniger bewundernswert, und entsprach wunderbar seiner Schwäche an Geist und Charakter. Er war klein, mit einem großen Kopf, einem kurzen, dicken Hals, breiter Brust und hohen Schultern, seine Oberschenkel und Beine waren lang und dünn, und sein Gesicht war ebenso hässlich - und wurde nur von der Würde und der Kraft seines Blickes wettgemacht - und alle seine Glieder waren unverhältnismäßig zueinander, er hatte eher das Aussehen eines Monsters denn eines Menschen. So war er, den Fortuna dazu bestimmt hatte, ein Eroberer zu werden, für den der Himmel mehr Ruhm vorrätig hatte, als er die Kraft hatte ihn zu tragen.

 

So viel zu Frankreich.      

 

Der kaiserliche Thron wurde von Friedrich III. besetzt, der zu Recht den Namen der Friedfertige trug, nicht aus dem Grund, dass er immer den Frieden aufrechterhalten hätte, sondern weil, nachdem er ständig geschlagen worden war, er immer gezwungen war Frieden zu machen. Den ersten Beweis dieser sehr philosophischen Nachsicht hatte er gegeben, während er auf seiner Reise nach Rom war, wohin er sich begab um gekrönt zu werden. Bei der Überquerung des Apennin wurde er von Räubern angegriffen. Sie raubten ihn aus, aber er verfolgte sie nicht.

 

Und so, durch das Beispiel der Straffreiheit für geringere Diebe ermutigt, nahmen bald die größeren an den Überfällen Teil. Murad nahm Teile von Ungarn ein. Matthias Corvinus nahm Niederösterreich und Friedrich tröstete sich über diese Anmaßungen durch Wiederholung der Maxime, Vergesslichkeit ist das beste Heilmittel für die Verluste, die wir zu erleiden haben.

Zu der Zeit, die wir nun erreicht haben, hatte er gerade, nach einer Regierungszeit von dreiundfünfzig Jahren, seinen Sohn Maximilian mit Marie von Burgund verlobt und seinen Schwiegersohn, Albert von Bayern, der Anspruch auf den Besitz von Tirol erhob, mit der Reichsacht belegt. Er war daher auch zu sehr von seinen Familienangelegenheiten eingenommen, um sich über Italien zu sorgen. Außerdem war er damit beschäftigt, ein Motto für das Haus Österreich zu suchen, einer Beschäftigung von höchster Bedeutung für einen Mann mit dem Charakter Friedrichs III.

 

Dieses Motto, das Karl V. fast wahr gemacht hatte, wurde schließlich entdeckt, zur großen Freude des alten Kaiser, der urteilte, dass er auf Erden nichts mehr zu tun hatte, nachdem er diesen letzten Beweis von Scharfsinn bewiesen hatte, so starb er am 19. August 1493, das Reich seinem Sohn Maximilian überlassend.

 

Dieses Motto wurde einfach auf die fünf vokale a, e, i, o, u, gegründet, den Anfangsbuchstaben dieser fünf Worte

„Austriae est imperare orbi universo“

Das heißt:

„Es ist das Schicksal Österreichs, über die ganze Welt zu herrschen.“

So viel zu Deutschland.      

 

Jetzt, da wir einen Blick auf die vier Nationen geworfen haben, die auf dem Weg waren, wie gesagt, die europäischen Großmächte zu werden, wollen wir unsere Aufmerksamkeit auf die Sekundärstaaten, die einen Kreis unmittelbar um Rom bildeten und deren Geschäft es war als Rüstung zu dienen, um es so zu nennen, um die spirituelle Königin der Welt; sollte es irgend einem dieser politischen Riesen, die wir gerade beschrieben haben, gefallen für einen Angriff auf die See oder die Berge, den adriatischen Golf oder die Alpen, das Mittelmeer oder den Apennin, vorzudringen.

 

Diese waren das Königreich von Neapel, das Herzogtum Mailand, die prächtige Republik von Florenz, und die allerdurchlauchtigste Republik von Venedig.

 

Das Königreich Neapel war in den Händen des alten Ferdinand, dessen Geburt nicht nur illegitim war, sondern wohl auch innerhalb verbotener Grenzen. Sein Vater, Alfonso von Aragon, erhielt seine Krone von Johanna von Neapel, die ihn als ihren Nachfolger adoptiert hatten. Aber da, in der Angst, keinen Erben zu haben, nannte die Königin auf ihrem Sterbebett zwei statt einem Namen, sodass Alfonso seine Rechte gegen Rene aufrecht zu erhalten hatte.