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Inhaltsverzeichnis

VorwortVAN girls

STARKE FRAUEN UND IHR UNGEBUNDENES LEBEN IM CAMPERVAN

1. KapitelVan und Girls

ALS FRAU ALLEIN REISEN, UND DANN NOCH IM CAMPERVAN?

Vanlife – nur ein Trend oder ein Lebensstil?

Wie finde ich den perfekten Van?

Vanlife-Basics

Vanlife: Tipps & Tricks

Der Vanlife-Alltag

Das digitale Nomadentum – Arbeiten unterwegs

Hund und Van – eine gute Idee?

Vanlife sucks … sometimes. Die Realität abseits von Instagram

2. KapitelFrauen allein unterwegs

ERFAHRUNGEN & INTERVIEWS

Anita

Anja

Daria

Eileen

Heike

Jane

Lilli

Kerstin

Lisa

Liselle

Miriam

Nadia

Rebecca

Susanne

Tabea

Zoe

3. KapitelReiserouten

FÜR DEN START INS VANLIFE

Schweden: Die Südküste entlang

Portugal: Roadtrip durch den grünen Norden

Eine Reise ans Nordkap (von Rebecca)

Nordspanien: Traumstrände, Natur & Kultur

Streifzug durch die Türkei (von Lisa)

AbschlussUnd zum Schluss

REGISTER

IMPRESSUM

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Vanlife an der Westküste Portugals

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Treffen mit Freunden in Spanien

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Unterwegs auf dem Peloponnes in Griechenland

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Surfer in Portugal

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VORWORT

VAN Girls

STARKE FRAUEN UND IHR UNGEBUNDENES LEBEN IM CAMPERVAN

Seit 2016 lebe ich im Campervan und reise gemeinsam mit meinem Hund Marko Polo durch Europa. Von Schweden über Finnland und Norwegen, weiter nach Spanien, Portugal bis nach Griechenland … und es ist noch lange kein Ende in Sicht.

In den letzten Jahren unterwegs im Van konnte ich viele Erfahrungen sammeln, über das Leben im Van, über die Eigenarten des »Ständig-unterwegs-Seins«, ich habe Neues über mich selbst gelernt, mein Blick auf das Leben und meine Umwelt hat sich geweitet. Ein Lernprozess, der bis heute andauert und mich derart bereichert, dass ich jeden Tag dankbar darüber bin, die Freiheit des Vanlifes genießen zu dürfen.

In diesem Buch möchte ich dir einen Einblick in den Alltag des Unterwegsseins im Van geben und Impressionen und Erfahrungen anderer alleinreisender Frauen teilen.

Dazu erfährst du:

imagewarum ich mich für das Leben im Campervan entschieden habe,

imagewas so spannend ist an diesem Vanlife,

imagewie du den passenden Campervan für dich findest,

imagewelche Basics in keinem Van fehlen dürfen,

imageTipps & Tricks für das Leben auf Rädern,

imagewie der Alltag im Van aussieht,

imagewelche Möglichkeiten es gibt, von unterwegs aus zu arbeiten,

imagewarum es die beste Idee überhaupt ist, mit Hund zu reisen, und

imagewie das Vanlife abseits von Instagram wirklich aussieht.

Im zweiten Teil des Buches kommen 16 alleinreisende Frauen zu Wort, die ich zum Interview eingeladen habe. Sie erzählen über ihren Umzug in den Van, vom Leben unterwegs, von schönen Reisemomenten.

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Ob Surfen in Portugal oder Wandern in Griechenland – die Freiheit im Van bietet unendliche Möglichkeiten.

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Einsamkeit an einem Stausee in Nordspanien – ein perfekter Ort zum Durchatmen

Die Schilderungen zeigen, wie unterschiedlich die Motivation für den Umstieg ins Vanlife sein kann und auch die verschiedenen Lebensweisen und täglichen Herausforderungen unterwegs geben genug Stoff zum Träumen und Pläneschmieden!

Im dritten Teil findest du einige Reiseempfehlungen für deine erste Tour allein im Campervan. Dafür habe ich schöne und einfache Routen zusammengestellt, die von mir und zwei anderen Frauen bereits erkundet wurden und ideal für Vanlife-Anfängerinnen sind. Aber Vorsicht: Nach dem Lesen wirst du sehr wahrscheinlich den starken Drang verspüren, sofort in einen Van springen und loszufahren! Wenn du dieses Risiko in Kauf nehmen möchtest, wünsche ich dir jetzt viel Spaß!

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Pause machen und die Ruhe genießen – unterwegs beim Wandern in Nordspanien

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VAN UND GIRLS

Van und Girls

ALS FRAU ALLEIN REISEN, UND DANN NOCH IM CAMPERVAN?

Wie sieht es denn genau aus, dieses Vanlife? Ist es wirklich so toll? Kann das jeder, und vor allem: Wie ist das als allein reisende Frau? Was gibt es im Vorfeld alles zu beachten und vor allem: unterwegs? Hier erfährst du, welche Schritte notwendig sind, bevor du überhaupt losfahren kannst in deinem Van, welche Anforderungen dich unterwegs erwarten, wie sich das Alltagsleben im Van gestaltet und vieles mehr. Dazu teile ich mit dir alle Tipps und Tricks meiner dreijährigen Van-Erfahrung. Denn ich möchte, dass auch du, liebe Leserin, den Mut findest, deinen Traum vom Leben im Campervan zu verwirklichen. Du wirst schnell feststellen: So schwer ist der Start ins Vanlife nicht!

Vanlife – nur ein Trend oder ein Lebensstil?

Ganz ohne Stress unterwegs sein, die Freiheit und Flexibilität des Reisens genießen, sich auf Natur, Erlebnisse und Begegnungen einlassen, den materiellen Besitz auf das Wesentliche reduzieren – das alles ist Vanlife, das alternative Leben im Campervan.

Früher galt es noch als Randerscheinung, dass Aussteiger und Hippies im Bulli lebten und durch die Welt reisten. Heute stößt das Leben im Campervan auf immer breiteres Interesse. Viele sind mit ihrem Van am Wochenende unterwegs, andere unternehmen wochenlange Roadtrips und einige wenige verbringen ihr Leben im Van, ganz nach dem Motto »Heute hier, morgen dort – aber überall zu Hause«. Die Vanlife-Bewegung startete ursprünglich in den USA. Das Magazin The New Yorker schrieb 2017 in einem Artikel zum Thema Vanlife, es sei eine neue Social-Media-Bewegung von Bohemiens – ein neumodisches Aussteigerverhalten junger Menschen, die die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen und ihren Arbeitsplatz einfach mit auf Reisen nehmen. Da ist gewiss etwas dran, aber wie überall gibt es auch hier die unterschiedlichsten Konzepte und Lebensweisen, die auch in den Interviews im zweiten Teil des Buches zum Ausdruck kommen.

In Deutschland hat sich inzwischen eine recht große Community von Vanlife-Fans gebildet, die sich über Facebook, regionale Gruppen oder auf Vanlife-Events austauschen. So entstehen neue Bekanntschaften und Freundschaften, alle mit der gleichen Idee: das Reisen und die Freiheit des Vanlifes genießen. Das Wort »Van« ist dabei ein sehr weit gefasster Begriff. Ob unterwegs im stylishen VW Bulli, mit Dachzelt auf dem Pkw, im fertig ausgebauten Wohnmobil, dem selbst ausgebauten Lkw oder im Expeditionsmobil – letztendlich ist nur wichtig, dass der Van den eigenen Ansprüchen entspricht und man sich darin wohlfühlt. Es geht beim Vanlife um Mobilität, Flexibilität und die damit verbundene Freiheit, für die sich immer mehr Menschen begeistern.

Insassen der Campervans sind hauptsächlich Pärchen oder Familien. Doch inzwischen wagen immer mehr alleinreisende Frauen den Schritt in ein unabhängiges Leben im Van – ich bin eine von ihnen und seit 2016 in meinem mobilen Zuhause unterwegs. Nach über drei Jahren Vanlife stelle ich fest: Zwar interessieren sich immer mehr Frauen für diese Lebensweise, sie haben aber oft nicht den Mut, diesen Schritt allein zu gehen. Um Frauen darin zu bestärken, ihr Ding durchzuziehen, habe ich das Thema auch bereits in meinem Blog Movin’n’Groovin (movingroovin.de) aufgegriffen. Schließlich bin ich ein gutes Beispiel dafür, dass das Alleinreisen als Frau gar nicht so schwer ist.

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Mit Nima und Steve von abenteuer-unterwegs.de in den Bergen Griechenlands

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Der Weg ist das Ziel …

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Schönste Aussicht am Nordstrand von Nazaré in Portugal

WIE ICH AUF DIE IDEE KAM, IN EINEN CAMPERVAN ZU ZIEHEN

Jahrelang bin ich sehr viel gereist, habe per Flugzeug ein neues Reiseziel binnen weniger Wochen erkundet – Argentinien, Kolumbien, Israel, Marokko … – und so nach und nach meine Reise-Wunschliste abgehakt. Ich wollte immer öfter und länger und noch weiter weg verreisen, neue Länder und Kulturen erkunden und mich auf neue Abenteuer begeben. Doch eines hat immer gestört: So wirklich intensiv kennenlernen konnte ich ein Reiseziel nur selten, war die Zeit doch immer viel zu knapp. Was erfährt man schon von einem Land in nur zwei oder drei Wochen Rundreise?

Nach meinem Start in die Selbstständigkeit 2011 hatte ich bereits einen Plan im Hinterkopf, denn mein Job als Webdesignerin ermöglichte es mir, flexibel von überall aus zu arbeiten. So oft wie möglich nahm ich also meine Arbeit (das Notebook) mit auf Reisen. Im Reiseland mietete ich mir Apartments oder Zimmer, in denen ich in Ruhe arbeiten konnte. Dank meines flexiblen Jobs hatte ich nun mehr Zeit zum Reisen und konnte auf diese Weise das Unterwegssein viel entspannter genießen. Ich stand nicht mehr so unter Zeitdruck, in kurzer Zeit möglichst viel sehen und erleben zu müssen. Das gefiel mir schon sehr gut, allerdings war es noch nicht perfekt … Abgesehen von der anstrengenden und nicht sehr umweltfreundlichen Fliegerei war das Arbeiten auf Reisen weniger produktiv als gedacht. Manchmal eignete sich die Unterkunft einfach nicht ideal zum Arbeiten – schlechte Internetverbindung, zu viel Lärm … – oder ich konnte mich einfach nicht aufraffen, einen Arbeitstag einzulegen, gab es doch so viel Neues vor der Haustür zu entdecken. Auch brauchte ich immer ein paar Tage, um an einem neuen Ort wirklich »anzukommen«; in dieser Zeit war meine Motivation zum Arbeiten und Produktivität eher gering.

Hinzu kam, dass ich weiterhin die Miete und andere laufende Kosten für meine Wohnung in Berlin bestreiten musste. So stand ziemlich schnell die Frage im Raum: Wieso Miete zahlen, wenn ich viel lieber in der Welt unterwegs bin? Aus den anfänglichen Versuchen des digitalen Nomadentums heraus entwickelte sich der Wunsch, zwar viel zu reisen, aber mein Zuhause immer dabeizuhaben. Die logische Konsequenz lautete: Ich brauchte ein rollendes Zuhause, einen Campervan!

Die Idee vom Leben im Van passte einfach perfekt zu meiner Wunschvorstellung: frei und flexibel unterwegs sein, so schnell oder so langsam reisen, wie ich möchte, oder einfach mal gar nichts machen und tagelang am Meer oder in den Bergen bleiben und die Ruhe genießen, arbeiten, entspannen. Damit ist auch der Zeitdruck bei einer Reise kein Thema mehr, denn ich lebe unterwegs und muss nicht nach ein paar Wochen wieder zurück nach Hause.

Die Idee des Minimalismus – den Besitz auf das Wesentliche zu reduzieren – hatte mich schon lange zuvor begeistert und ich sah überhaupt kein Problem darin, mich von einer Zweizimmerwohnung auf einen etwa zwölf Quadratmeter kleinen Raum im Campervan zu beschränken. So war meine Vanlife-Idee geboren – und das, obwohl ich vorher noch nie in einem Wohnmobil unterwegs war! Auch wusste ich zu der Zeit noch nicht einmal, dass es den Begriff »Vanlife« gibt. Mein Beschluss stand also fest: Ich kaufe mir einen Campervan und fahre einfach mal los …

WAS IST SO TOLL AM VANLIFE?

Warum sich immer mehr Menschen für das Leben im Van begeistern, hat die unterschiedlichsten Gründe. Die einen suchen Freiheit, Unabhängigkeit, Abenteuer. Andere wollen aus dem Alltag ausbrechen, einfach losfahren, neue Wege beschreiten. Den gewohnten Trott hinter sich lassen und Neues ausprobieren, Neues lernen. Sich treiben lassen, sich selbst finden, das Leben reflektieren.

Für mich ist das Leben im Van die Erfüllung eines Traums, der schon lange in mir gearbeitet hatte. Die Freiheit und Unabhängigkeit, die Möglichkeit, jeden Tag neue Orte und neue Menschen kennenzulernen, in andere Kulturen einzutauchen … in meinen Augen die perfekte Lebensform, genau so hatte ich es mir immer gewünscht. Die vielen »Tapetenwechsel« unterwegs machen mir Spaß, neue Gegenden und neue Eindrücke geben mir neue Impulse und Ideen. Ich treffe auf neue Herausforderungen und im Idealfall auf nette Menschen, die mich bereichern.

Das Leben im Van hat in vielerlei Hinsicht positive Auswirkungen auf mich: Es zeigt mir immer wieder aufs Neue, mit wie wenigen Dingen ich zurechtkomme, wie unwichtig mir materielle Dinge sind und wie befreiend es ist, einfach und entspannt zu leben und jeden Tag dankbar für die Freiheit und die Möglichkeit zu sein, dort unterwegs sein zu können, wo es mir gefällt.

So lange habe ich davon geträumt, länger und intensiver reisen zu können und dennoch den Komfort meines Zuhauses immer dabeizuhaben. Mit der Zeit wird dieser Traum zur Normalität, aber indem ich mich ab und zu selbst kneife und mir bewusst mache, was hier gerade passiert, bin einfach zufrieden und dankbar dafür, dass ich meinen Traum vom Vanlife leben kann.

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Die Meteora-Klöster in Griechenland, ein Highlight meiner Rundreise durch den Norden des Landes!

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Mein erstes Mal Gleitschirm-Fliegen an der Küste bei Bilbao

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Das schönste »Funkloch« Griechenlands – Vlychada Beach auf dem Peloponnes

DIE VORTEILE VOM LEBEN IM CAMPERVAN

Das Leben im Van hat Vorzüge, die nicht von der Hand zu weisen sind. Vier Aspekte sind mir persönlich die wichtigsten:

Der Komfort des eigenen Zuhauses

Immer und überall hat man sein rollendes Zuhause dabei. Kein Hotel kann diesen Luxus bieten. Trotz meiner Liebe zur Freiheit und Unabhängigkeit brauche ich einen Rückzugsort, eine gewohnte Umgebung, in der ich mich wohlfühle. Dies bietet mir der Van, denn dort ist mein Zuhause.

Frei statt ortsgebunden

Die Freiheit zu reisen, wann und wohin und solange man möchte, ist für mich der größte Vorteil. Kein 9-to-5-Job in einem Büro, kein langwieriges Pendeln zum Arbeitsplatz, sondern arbeiten, wann und wo ich möchte. Da ich kein Fan kalter Temperaturen bin, ziehe ich in den Wintermonaten gern gen Süden, nach Spanien, Portugal oder Griechenland. Ade trister Berliner Winter – ¡hola!, Sonne!

Günstige Lebenshaltungskosten

Die Fixkosten für das Leben im Campervan sind im Gegensatz zur Mietwohnung vergleichsweise gering.

Miete und Nebenkosten fallen weg, hinzu kommen Steuern, Versicherung und regelmäßiger TÜV für den Campervan sowie Kosten für Sprit und Reparaturen. Hat man nicht gerade ein »Montagsauto« erwischt, halten sich die Kosten für die Instandhaltung des Vans in Grenzen und die laufenden Kosten sind wesentlich günstiger als das Leben in einer Wohnung.

Weniger ist mehr

Beim Leben im Campervan kommt automatisch Minimalismus ins Spiel. Schließlich bietet so ein Van nur begrenzt Platz. Diese Einschränkung empfinde ich als große Bereicherung: Recht schnell stellt man fest, dass man gar nicht viele Dinge zum Leben braucht. Dieser wenige Besitz führt dazu, dass ich mehr Zeit für mich habe, fokussierter bin und außerdem lösungsorientiert denke: Anstatt etwas neu zu kaufen, überlege ich zuerst, wie man das Problem mit den vorhandenen Mitteln lösen kann. Vanlife macht erfinderisch! Nach den ganzen schönen Vorteilen des Vanlifes dürfen auch die Nachteile nicht fehlen, um das Bild zu komplettieren. Eindrücke dazu findest du im Kapitel »Vanlife sucks … sometimes.

Die Realität abseits von Instagram«.

Wie finde ich den perfekten Van?

Nach der anfänglichen Euphorie über meinen Beschluss, in einen Van zu ziehen, ging es recht schnell ans Eingemachte. Mit wenig Fachwissen und umso größerer Neugierde begab ich mich auf die Suche nach meinem »perfekten« Campervan.

Doch gibt es den überhaupt? Und soll ich den Van selbst ausbauen, ein komplett eingerichtetes Wohnmobil kaufen oder ein Dachzelt aufs Auto schnallen? Nehme ich einen coolen Oldtimer oder doch lieber ein neueres Modell? Was muss unbedingt rein, worauf kann ich verzichten? Wohin will ich damit reisen? Wie viel Platz benötige ich im Van?

Diese und noch viele Fragen mehr werden dir vermutlich auch im Kopf herumschwirren, wenn du auf der Suche nach einem passenden Campervan bist. Hier erfährst du, welche Überlegungen für den Kauf eines passenden Vans wichtig sind und wie du bei der Auswahl am besten vorgehst.

DIE GELDFRAGE

Wie viel Geld will ich maximal für mein neues Zuhause ausgeben? Soll es ein Neu- oder ein Gebrauchtwagen werden? Das verfügbare Budget gibt bereits eine klare Limitierung vor, um die Finanzierung des Campervans zu planen, bevor du dich auf die Suche begibst, ist unumgänglich. Denn es ist nicht sinnvoll, sich die allerneuesten oder -größten Wohnmobile anzuschauen, wenn du nachher feststellst, dass dein Etat dafür überhaupt nicht ausreicht.

Bei der Recherche nach dem für mich passenden Campervan ergaben sich recht schnell einige wichtige Erkenntnisse: Die allseits beliebten VW Bullis sind wirklich wunderschön, aber eben alt und obendrein sehr teuer. Zudem bin ich keine Mechanikerin und möchte mich nicht mit den Macken eines alten Campers auseinandersetzen – zumindest nicht von Beginn an. Jüngere gebrauchte Campervans sind ebenfalls noch recht teuer. Diese Informationen führten mich letztendlich zu der Entscheidung, einen Neuwagen zu kaufen. Ein bisschen mehr Geld investieren und dafür mein Traumauto zu bekommen – das war es mir wert. Und zu wissen, dass der Wertverlust eines Campervans offenbar nicht so groß ist wie bei einem Pkw, ermutigte mich ebenso zum Kauf des Neuwagens.

Die Zinsen waren zu der Zeit (2015) im Keller, also beschloss ich, meinen Campervan zum Teil aus Erspartem – was mal für den Kauf einer Eigentumswohnung geplant war – sowie über einen Kredit zu finanzieren. Die Kalkulation zur Finanzierung des Campervans war recht einfach: Nach dem Auszug aus der Wohnung in Berlin fallen die Miet- und Nebenkosten weg. Dieses Budget konnte ich für die monatliche Ratenzahlung des Kredits verwenden. Neben der Kreditrate kommen natürlich noch weitere Kosten für den Van hinzu, wie Versicherung, Wartungskosten, Sprit und so weiter. Auch das ließ ich in die Kalkulation mit einfließen.

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Mein Van – nicht zu groß, nicht allzu auffällig und seit über drei Jahren sehr zuverlässig

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Das Innenleben meines Vans: ein fertiger Ausbau mit allem was ich brauche – Bett, Dusche, Toilette, Küche, Kühlschrank, Sitzgelegenheit und viel Stauraum

Den Kredit konnte ich ziemlich schnell abbezahlen und so bin ich nun stolze Besitzerin meines ganz eigenen Campervans. Ich hoffe, dass er mir noch sehr lange als gemütliches und mobiles Zuhause erhalten bleibt.

DIE GRÖSSE DES VANS

Wie viel Platz benötige ich im Van? Soll das Auto lieber klein und wendig sein, muss im Innenraum zwangsläufig auf Komfort verzichtet werden. Dafür passt der Van auch mal in eine kleine Parklücke. Je kleiner der Van, umso geringer ist auch der Spritverbrauch. Größere Campervans bieten mehr Komfort und Platz im Innenraum. Mit der Größe wächst natürlich auch der Preis, außerdem geht ein wenig die Flexibilität verloren. In manchen Gegenden wird es schwer, mit einem großen Camper zum Beispiel durch die kleinen Bergdörfchen zu fahren.

Die Stehhöhe im Van ist ein wichtiger Punkt, der mir erst im Nachhinein bewusst wurde. Inzwischen bin ich froh darüber, in meinem Van (ein Fiat Ducato) genug Platz zu haben, um aufrecht stehen zu können. Bei schlechtem Wetter verweilt man zwangsläufig länger im Van und dann ist es sehr angenehm, sich darin wenigstens ein bisschen bewegen zu können. Sogar Sport kann ich auf dem kleinen Raum machen, auch wenn die Höhe für den Sonnengruß dann doch nicht ausreicht. Und noch ein Gedanke zum »Wohnzimmer«: Wie viel Platz ist erforderlich, um sich bequem auch tagsüber im Van aufzuhalten? Ist ein Tisch notwendig oder genügt eine Sitzgelegenheit? Reist du mit Kindern, Enkeln, Freunden, Hunden …? Brauchst du Platz zum Arbeiten im Camper? Hier solltest du dir überlegen, wie viel Platz du wirklich benötigst, um dich im Van wohlzufühlen (ob allein oder mit Begleitung). Denn das Leben im Campervan findet nach meiner Erfahrung einen Großteil des Tages im Van statt, vor allem wenn du von unterwegs aus arbeitest.

DIE AUSSTATTUNG

Was gehört alles in den Campervan? Wie viel Komfort benötigst du, worauf kannst du verzichten?

Bett

Ein großes Bett war mir persönlich wichtig. Hierbei gibt es verschiedene Optionen. Ein fest verbautes Bett im Camper hat den Vorteil, dass es nicht jeden Tag umgebaut werden muss. Dies ist gleichzeitig auch der Nachteil, denn so ein Bett nimmt im Auto eine Menge Platz weg. In kleineren Campern wird das Bett meistens so verbaut, dass es tagsüber zur Sitzgelegenheit umgebaut werden kann. Das spart eine Menge Platz, mir persönlich wäre das jedoch zu lästig, jeden Abend das Bett aufbauen zu müssen.

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Die Betten im Van können quer oder längs eingebaut werden, also nimmt das Bett im schlimmsten Fall bis zu zwei Meter ein. Eine platzsparende Alternative ist der Alkoven: Das sind die Wohnmobile, bei denen sich der Schlafbereich über dem Fahrerhaus befindet.

Küche

Genügt ein Campingkocher für draußen oder soll ein eingebauter Herd im Camper sein? Willst du ein fest verbautes Spülbecken mit fließend Wasser in der Küche oder tut es auch die Schüssel zum Abspülen mit einem Wasserkanister? Muss ein Kühlschrank im Camper sein oder genügt eine kleine Kühlbox? Auch hier kommt es darauf an, wie viel Komfort dir beim Kochen wichtig ist. Draußen kochen kann schön sein bei warmen Temperaturen, bei Regen macht das sicher nur halb so viel Spaß.

Kühlschrank

Der Kühlschrank (oder wahlweise die Kühlbox) müssen je nach Platz im Van und entsprechend deinen Essgewohnheiten gewählt werden. Meine Erfahrung nach über drei Jahren unterwegs: Meistens ist der eingebaute 60-Liter-Kühlschrank nur zur Hälfte gefüllt, denn so viele Vorräte kaufe ich für mich selten ein. Der Kühlschrank hat ein kleines Eisfach, auf das ich gern ganz verzichten würde, denn ich benutze es wirklich nie. Im Winter wird der Kühlschrank sogar komplett abgeschaltet, denn ich habe kaum Lebensmittel dabei, die eine Dauerkühlung benötigen. Ich lebe größtenteils vegan und habe somit keine Milchprodukte oder Fleisch dabei.

Toilette

Ein Thema, das bei fast jedem Treffen mit anderen Vanlifern zur Sprache kommt: Braucht man eine Toilette im Campervan? Oder genügt es, mit dem Spaten ins Gebüsch zu verschwinden oder öffentliche Toiletten aufzusuchen? Auch hier gilt wieder: Es kommt darauf an, wie wichtig einem der Komfort einer eigenen Toilette ist. Für mich ist die Toilette im Camper ein Muss, denn ich möchte nicht nachts oder bei Regen vor die Tür müssen, wenn es mal dringend ist. Toilette ist aber nicht gleich Toilette, es gibt inzwischen viele Varianten. In den fertig ausgebauten Wohnmobilen sind meist Chemietoiletten verbaut. Hier wird unter Zugabe chemischer Substanzen das Geschäft in einem Behältnis gesammelt und muss nach ein paar Tagen an einer Entsorgungsstation geleert werden.

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Ein schöner Bulli – entdeckt in Lissabon, Portugal

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Der Toyota Land Cruiser von Lilli (siehe Interview Seite 159), Foto: Lilli

Die Nachteile sind offensichtlich: Man ist immer auf der Suche nach einer Möglichkeit zur Entsorgung. Die chemischen Zusätze sind zudem größtenteils nicht umweltfreundlich – deshalb die zwingende Entleerung in dafür vorgesehene Entsorgungsstationen, welche meist nur auf Camping- oder Stellplätzen zu finden sind. Wer oft auf Campingplätzen verweilt, wird mit diesem System gut zurechtkommen. Bist du jedoch wie ich lieber in der Natur unterwegs, schränkt die Chemietoilette die Flexibilität deutlich ein.

Als Alternative für die Chemie im Klo bietet sich das SOG-System an – ein spezieller Lüfter, der sich automatisch beim Öffnen des Toilettenschiebers einschaltet. Unliebsame Gerüche werden einfach absaugt, auf chemische Zusätze kann somit verzichtet werden. Ich bin inzwischen auf eine Trenntoilette umgestiegen. Hierbei werden Urin und Feststoffe voneinander getrennt, was dafür sorgt, dass es zu keinen unangenehmen Gerüchen kommt. Der Urinbehälter kann einfach in einer öffentlichen Toilette oder auch in der Natur entleert werden. Die Feststoffe landen in einer Mülltüte, die entweder im normalen Hausmüll oder – ohne Mülltüte – auch in der Natur entsorgt werden können (dann aber bitte den Spaten nehmen und ein großes Loch irgendwo im Wald graben). Damit wird das Reisen im Camper entspannter, besonders in Ländern, in denen es nur wenige Campingplätze gibt.

Trenntoiletten sind von günstig bis sehr teuer zu haben – angefangen beim einfachen Eimer mit Trenn-Einsatz, worüber Flüssiges und Festes in getrennte Behälter im Eimer geleitet werden. Alternativ gibt es Komplettangebote, bei denen die Trenntoilette mit allem Zubehör geliefert wird, das für den Einbau im Camper notwendig ist. So eine Trenntoilette kann dann schon mal über 1000 Euro kosten.

Stromversorgung

Das Leben im Camper besteht bei mir zumindest tagsüber aus ein paar Stunden Arbeit am Laptop. Für ausreichend Strom muss also gesorgt sein, auch wenn ich irgendwo ohne Stromanschluss in der Natur stehe. Deshalb ist eine Solaranlage auf dem Dach montiert, die zumindest an sonnigen Tagen für eine ausreichende Stromzufuhr sorgt. Neben der Solaranlage sollte auch auf die Qualität und Leistung der Zusatzbatterie geachtet werden. Ich bin darin wahrlich keine Expertin, empfehle aber unbedingt, einen Fachmann bzw. eine Fachfrau zu diesem Thema zu befragen.

Standheizung

Kuschelige Wärme im Campervan – und das auch bei kalten Außentemperaturen? Dann muss unbedingt eine Standheizung her. Im Winter fahre ich meistens in den warmen Süden. Selbst dort kann es jedoch vor allem nachts recht kalt werden und dann bin ich sehr dankbar für den Luxus einer Heizung im Van.

Falls noch nicht vorhanden, kann die Standheizung einfach nachgerüstet werden. Es gibt verschiedene Modelle und Heizverfahren. Weit verbreitet sind Diesel-Heizungen. Diese werden meist direkt mit dem Dieseltank des Vans verbunden. Ältere Wohnmobile verfügen oft über eine Gasheizung. Der Nachteil: Eine Gasflasche hält beim vielen Heizen im Winter nur ein paar Tage, dann muss eine neue organisiert werden.

Dusche

Muss eine Dusche fest in den Van verbaut werden oder genügt eine mobile Außendusche? Oder kannst du ganz darauf verzichten und gehst lieber im Fluss, See bzw. Meer baden oder auf dem Rastplatz oder im Schwimmbad duschen?

Eine Solardusche ist eine praktische und platzsparende Alternative zur fest verbauten Duschkabine. Hierfür wird ein schwarzer Wassertank mit Wasser befüllt, in die hoffentlich scheinende Sonne gelegt und auf diese Weise das Wasser erwärmt. Die Dusche kannst du dann entweder außen am Van anbringen oder an einen Baum hängen.

FERTIG AUSGEBAUT ODER SELBST AUSBAUEN?

Die einen möchten ihren Van ganz nach ihren eigenen Ideen und Wünschen ausbauen und gestalten, andere wollen einfach nur einen fertigen Campervan kaufen und losfahren.

Da ich weder handwerklich sonderlich geschickt bin noch viel Zeit in den Ausbau eines Campervans stecken wollte, fiel meine Wahl auf einen Campervan »von der Stange«. Der Nachteil ist klar: Die Inneneinrichtung entspricht nicht ganz meinen Vorstellungen, hier und da hätte ich mir eine andere Lösung oder ein anderes Design gewünscht.

Wer seinen Camper selbst ausbauen möchte, findet online eine große Community von Bastlern, die das gleiche Ziel verfolgen: den Van genau so zu gestalten, wie es für die eigenen Bedürfnisse am besten passt. Das ist in den meisten Fällen sicherlich günstiger als ein fertig ausgebauter Van, kostet jedoch eine Menge Zeit, Geduld und Nerven. Wer handwerklich begabt ist, kann sich beim Ausbau wunderbar selbst verwirklichen und seinen ganz individuellen Ausbau gestalten. Gewisse Regeln gibt es natürlich – hier hilft ein guter Draht zum TÜV, um sich vorab über die Möglichkeiten und Begrenzungen zu informieren. Vor allem, wenn es um die Themen Strom und Gas geht, sind gewisse Vorschriften durchaus sinnvoll.

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Bad & Küche in einem älteren Wohnmobil (siehe Interview auf Seite 131), Fotos: Anja

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Das bunt bemalte Zuhause von Heike (siehe Interview auf Seite 147), Foto: Heike

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Meine erste Reise im Van führte nach Schweden.

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Anja lebt im Citroën Berlingo mit Dachzelt (siehe Interview auf Seite 131). Foto: Anja

Alternativ bieten einige Unternehmen an, den Camper nach den individuellen Wünschen für den Kunden auszubauen. Das kann teuer werden, aber das Ergebnis ist im Idealfall dein perfekter, individuell gestalteter Traum-Van!

TIPPS FÜR DIE SUCHE

Nach all den Überlegungen, was in deinen Van muss und worauf du verzichten möchtest, kannst du nun schauen, welches Campervan-Format für deine Bedürfnisse geeignet ist. Vom Dachzelt über Kastenwagen bis hin zum Luxusliner gibt es viele Optionen für jeden Geschmack und Geldbeutel. Die Entscheidung für den »richtigen« Campervan kannst nur du selbst treffen. Dann geht’s auf die Suche nach dem passenden Gefährt. Ein paar Tipps, wo du fündig werden könntest:

imagebei einschlägigen Onlineanbietern wie mobile.de oder autoscout24.de

imagebei eBay-Kleinanzeigen gibt es eine Kategorie für Wohnwagen & -mobile

imageIn Facebook-Gruppen zum Thema Vanlife werden ebenfalls ab und an Vans zum Verkauf angeboten.

Geduld und ein Quäntchen Glück gehören wohl dazu, um den perfekten Van zu finden. Ich drücke dir die Daumen!

MEIN VAN-KAUF – VON DER PLANUNG BIS ZUM VERTRAGSABSCHLUSS

Welche Art rollendes Zuhause sollte es also für mich werden? Ein dickes Wohnmobil wollte ich nicht, so viel Platz benötige ich nicht. Ich suchte etwas Kleineres, Wendigeres und weniger Auffallendes. Schon recht früh bei meiner Recherche hatte ich einen Favoriten ausgemacht: einen ausgebauten Transporter. Das sind Wohnmobile, die auf den üblichen Modellreihen von Transportern basieren, also zum Beispiel Mercedes Sprinter, Fiat Ducato, Peugeot Boxer und so weiter. Diese sogenannten Kastenwagen sind kompakt, fallen nicht direkt als Wohnmobile ins Auge (erst auf den zweiten Blick) und man findet damit auch in der Stadt mal einen Parkplatz.