Cover

Hinweise zur E-Book-Ausgabe

Die E-Books des Reclam Verlags verwenden entsprechend der jeweiligen Buchausgabe Sperrungen zur Hervorhebung von Textpassagen. Diese Textauszeichnung wird nicht von allen Readern unterstützt.

Enthält das E-Book in eckigen Klammern beigefügte Seitenzählungen, so verweisen diese auf die Printausgabe des Werkes.

Fußnoten

1

Hermann Fränkel, Ovid. A Poet between Two Worlds, Berkeley / Los Angeles 1956, S. 3: »he was born a true child of an age of transition, and thus he could not help feeling as he did and betraying the forces that were at work. […] Ovid […] was not a philosopher, but a mere poet.«

2

Georg Luck, Die römische Liebeselegie, Heidelberg 1961, S. 153.

3

Belege bei Markus Janka / Michael Stierstorfer, Von Arkadien über New York ins Labyrinth des Minotaurus. Mythologische Orte in Ovids Metamorphosen und aktueller Kinder- und Jugendliteratur, in: Gymnasium 122 (2015) S. 145, hier S. 17.

4

Etwa unter: http://www.azquotes.com/quote/1149895 (zuletzt abgerufen am 17.01.2017).

5

Zu diesem Konzept vgl. Markus Janka, Neue Rhapsoden braucht das Land. Christoph Martin und Raoul Schrott auf der Suche nach einem deutschen Homer der Postmoderne, in: Hermann Korte (Hrsg.), Homer und die deutsche Literatur, Text+Kritik, Sonderband, Göttingen 2010, S. 242261.

6

Vgl. Siegmar Döpp, Artikel »Ovidius«, in: Reallexikon für Antike und Christentum 16, Stuttgart 2014, Sp. 634685, hier 635 f.: »Als wichtigste Quellen für das Leben des Dichters bleiben […] O.’ Selbstzeugnisse, bei deren Interpretation freilich das fiktionale Element der poetischen Gestaltung bedacht werden muss.«

7

Vgl. dazu Ulrich Schmitzer, Ovid, Hildesheim / Zürich / New York 2001, S. 11 f.

8

Vgl. Ulrich Schmitzer, Strategien der Selbstkanonisierung bei Ovid, in: Ders. (Hrsg.), Enzyklopädie der Philologie. Themen und Methoden der Klassischen Philologie heute (Vertumnus, Bd. 11), Göttingen 2013, S. 5179.

9

Vgl. besonders Gerlinde Bretzigheimer, Ovids Amores. Poetik in der Erotik, Tübingen 2001, als zentrales Referenzwerk.

10

In den Übersetzungen wurde die metrische Form auch der Pentameterverse zwar nachgebildet, auf deren oft zu Unübersichtlichkeit führende Einrückung aber verzichtet.

11

Ausführlich zur postmodernen Ovidrezeption Janka/Stierstorfer 2015 (s. Anm. 3), S. 1217.

12

Gedankt sei an dieser Stelle meinem studentischen Mitarbeiter Tobias Schlecht für die verlässliche Hilfe bei der Erstellung der Druckvorlage sowie insbesondere des Eigennamenverzeichnisses.

Vorwort

Zu Beginn des Jahres 2017, an dessen Ende sich der Tod oder jedenfalls das letzte literarische Lebenszeichen Ovids zum 2000. Mal jährt, zeichnet sich der Dichter aus Sulmo (heute Sulmona) in Mittelitalien durch eine beeindruckende Medienpräsenz vor anderen Größen aus Geschichte und Geisteswelt des Altertums aus. Am 14. Januar 2017 schaffte er es sogar auf die Titelseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In einem Leitartikel mit dem programmatischen Titel »Nicht ohne Ovid« lotet Heike Schmoll das unerschöpfliche Potential des modernsten Dichters des Altertums auch für die Gegenwartskultur aus. Ansprechend führt sie dessen vielschichtiges und wirkmächtiges Opus als »Grundbuch der literarischen und bildlichen Motive« aller nachfolgenden Epochen bis in unsere Zeit vor. Naso magister oder »Lehrmeister Nase«, wie er sich selbst in seinen Liebesratgebern bezeichnet, wird somit zum Leitbild nicht nur der Rezeption, sondern auch der Metarezeption, also der über Zwischenstufen vermittelten Weitergabe antiker Geschichten um Götter, Helden, Kunst, Liebe, Leid und Leidenschaften geadelt. Diese jüngste Zuneigungsgeschichte entwickelte sich aus der Neuentdeckung des seit dem 19. Jahrhundert als unoriginell, unernst und rhetorisierend abgewerteten Poeten ab der Mitte des 20. Jahrhunderts. Den »Dichter zwischen zwei Welten« (Hermann Fränkel) als echten Zeugen eines Zeitalters des historischen und kulturellen Übergangs1 erschlossen sich forschende wie kreative Rezipienten insbesondere nach seinem viel beachteten 2000. Geburtstag 1958 in stets erfrischter, erneuerter und den Zeitläuften angepasster Form. In seinem Kapitel »Augusteisches Rokoko« weist ihm Georg Luck eine wahrhaft enzyklopädische Stellung in der Weltliteratur zu: »Während der Kaiser ein politisches Imperium gründete und verwaltete, eroberte Ovid für Rom ein Weltreich der Phantasie, in dem alles bisher Dagewesene oder Ersonnene seinen festen Platz fand.«2

Unsere Epoche seit den späten 1980er-Jahren hat sich sogar zu einer neuen aetas Nasonis entwickelt. Seit Christoph Ransmayrs postmodernem Ovidkaleidoskop Die letzte Welt (erstmals erschienen 1988) blühen die hochliterarischen wie populärkulturellen Werke um Ovids Biographie (»Biomythographien«), sein erotisches Œuvre (etwa Jane Alison, The Love Artist [2001; dt.: Der Liebeskünstler, 2003]) und seine Verwandlungsdichtung (»New Metamorphosis«). Im neuen Millennium hat sich durch die Verbindung von verjüngten antiken Mythen und phantastischer Literatur ein bis heute anhaltender Ovid-Boom im Bereich der Kinder- und Jugendmedien entfaltet.3

Folgerichtig erfreuen sich Ovids Person und Werk auch im Medium des Internet größter Beliebtheit. Zum Thema »Ovid zum Vergnügen« findet sich auf diversen Zitatenplattformen der folgende englischsprachige Eintrag: »The poet’s labors are a work of joy, and require peace of mind.«4 Da dieses Zitat indes nirgends im Internet belegt wird, spürt nur der Kenner über lateinische Signalwörter den Originaltext auf. Dieser stammt aus dem fünften Buch der »Trauerelegien« aus der Verbannung (Tristia), wo Ovid zu Beginn eines poetischen Briefes einem wohlmeinenden Freund erwidert: »Du schreibst, ich soll aufheitern durch Arbeit verweinte Stunden, / dass nicht hässlich vergeht mein Talent und verfällt. / Schwierig ist, was, mein Freund, du rätst, weil Gedichte heiter / sind als ein Werk, das stark inneren Frieden verlangt« (Ovid, Tristien 5,12,14). Die letzten beiden Verse lauten auf Lateinisch: difficile est, quod, amice, mones, quia carmina laetum / sunt opus, et pacem mentis habere volunt.

Vergleicht man Ovids Original mit der hier neu vorgelegten Verdeutschung, so stellt man fest, dass diese, so weit irgend möglich, um formal wie inhaltlich äquivalente Wiedergabe des lateinischen Textes bemüht ist. Nur durch eine entsprechend disziplinierte Vermittlung sowohl der Wort- und Gedankenfolge als auch der metrischen Gestaltung wird das Wesen der Ovidischen Dichtkunst wenigstens ansatzweise auch in unserer Sprache erlebbar. Denn überall bezeugt Ovids Formwille und Stilbewusstsein, dass seine klang- und bildgewaltige Sprachdramaturgie ein solches Experiment lohnt, ja erfordert. Prosaische Wiedergaben neigen hingegen zu Umstellungen und Normalisierungen, die den Eindruck des Originals auf Leser und Hörer der Entstehungszeit verfälschen. Pointen würden auf diese Weise entkräftet oder gar verdeckt, während der intellektuelle Reiz von Ovids raffinierter Vielschichtigkeit etwa durch paraphrasierendes oder durch Zusätze erläuterndes Übersetzen eine schwerwiegende Minderung erführe. Die bei den Übersetzungen in diesem Band verfolgte Ausgangssprachenorientierung lässt sich aber durchaus mit einer möglichst eleganten Wiedergabe in deutsche Verse vereinbaren und will sich durch behutsame Modellierungen syntaktisch-grammatischer Phänomene vor Sperrigkeit und gesuchter Fremdheit schützen. Nicht zuletzt dieser ästhetische Zugang, der bei einem gewissermaßen neurhapsodischen lauten Vortrag noch eine zusätzliche, den antiken Rezeptionsgewohnheiten entsprechende Facette gewinnen kann,5 möge eine vergnügliche Lektüre von Schlüsselpassagen aus Ovids Hauptwerken befördern.

Dass es sich dabei nicht immer um leichte Kost, also um ein leicht zugängliches und unmittelbar sich erschließendes Vergnügen handeln kann, ergibt sich aus Ovids Wesen als gelehrter Dichter oder Bildungspoet (poeta doctus). Als solcher wusste er seine allumfassende Belesenheit und Souveränität im Umgang mit dem griechisch-römischen Literaturkanon indes vielfach mit lockerer Verspieltheit auf der Textoberfläche zu kaschieren. Gerade in den Selbstaussagen des verbannten Dichters (poeta exul) greifen wir die Doppelnatur der Poesie als carmen laetum (heitere Dichtung). Auf seine bereits veröffentlichten und vom Publikum gefeierten Schöpfungen gründet er die ebenso stolze wie berechtigte Hoffnung auf ein Nachleben. So kann er auch als gekränkter und an der Rückkehr in das ihm angestammte intellektuelle Milieu Roms gehinderter Verbannter am Schwarzen Meer die Tröstung durch die Musen zur Selbsttherapie nutzen und diese etwa als »Medikament« und Linderung des Schmerzes wertschätzen. Andererseits bekundet er in der bereits zitierten Stelle das Dilemma, dass poetische Produktivität zur Aufhellung der düsteren Stimmung schwerlich tauge, da diese inneren Frieden verlange, den die äußere und innere Aufwühlung in Tomis am Ende der Welt oder – in Ovids Stilisierung – jenseits des römischen Zivilisationsraumes vereitele. Und doch findet Ovid während dieser langjährigen Lebenskrise, die sein letztes Jahrzehnt überschattet, zu einer gründlichen Selbstbesinnung.

In den ersten fünf Jahren seiner Verbannung verfasst Ovid jeweils ein Buch Tristien (812 n. Chr.). Zwischen 13 und 17 n. Chr. folgen noch vier Bücher »Briefe vom Schwarzen Meer« (Epistulae ex Ponto) an Verwandte, Bekannte und Freunde. In dieser betrübten Stimmung schreibt Ovid die einzige poetische Autobiographie, die wir von einem antiken Dichter besitzen. Die Elegie Tristien 4,10, als Handreichung zum Verständnis der Werkbiographie gedacht, dient der Forschung mangels zeitnaher externer Quellen bis zum heutigen Tag als Hauptzeugnis für die Rekonstruktion auch der Autorenbiographie.6 Dichterische Einkleidung und Spuren von Fiktivierung des eigenen Erlebens mahnen zwar zur Vorsicht hinsichtlich durchgehender historischer Verlässlichkeit. Doch sprechen chronologische und genealogische Bezüge für einen durchaus dokumentarischen Kern dieses in elegischer Stimmung verfassten Lebensberichtes (siehe den ersten Text in Kapitel I).7

Ovids Erzählung zufolge ist er am 20. März des Jahres 43 v. Chr., in dem beide Konsuln (Hirtius und Pansa) im Bürgerkrieg gefallen sind, geboren. Schon diese Verbindung seines Eintritts ins Erdenleben mit dem gewaltsamen Abtritt wichtiger Exponenten der Bürgerkriegsgeneration aus der großen Politik verweist auf Ovids Lebensspanne als Epoche des Übergangs von den Zerwürfnissen der untergehenden Republik zur relativen Stabilität der zur pax Augusta überhöhten faktischen Alleinherrschaft des Princeps Octavian (seit 27 v. Chr. mit dem Augustustitel dekoriert). Diese »augusteische« Zeit prägt Ovids Leben und Schaffen nahezu allumfassend. Als Jugendlicher wechselte er aus seiner paelignischen Heimat in den Abruzzen auf Wunsch seines Vaters, der einem alten Rittergeschlecht entstammte, zum Rhetorikstudium nach Rom, um sich auf eine politische Laufbahn vorzubereiten. Obwohl Ovid bei den berühmten Professoren Arellius Fuscus und Porcius Latro zum Meisterschüler avancierte, faszinierten ihn öffentliche Rede und Jurisprudenz nicht annähernd so stark wie seinen Bruder. Bildungsreisen nach Griechenland scheinen Publius’ Neigung zur Poesie noch befördert zu haben. Schon früh suchte er in Rom den Kontakt zu Dichterkreisen, wo er die Stars wie Horaz und Vergil erleben und insbesondere unter den Liebeselegikern sogar Anschluss finden konnte. Auf erste poetische Gehversuche, die oftmals seinen schon damals hohen Qualitätsansprüchen als poeta doctus nicht gerecht wurden, folgte dann der Durchbruch insbesondere als Liebeselegiker und poetischer Liebeslehrer. Diesen musste er seinem Vater abtrotzen, der ihn von der schon seit Homer brotlosen Kunst inständig abzubringen trachtete. Als gehorsamer Sohn habe Ovid zunächst versucht, der väterlichen Anordnung Folge zu leisten. Doch »ganz von selbst« (sponte sua) gerieten ihm alle Prosaversuche zum Vers. Einer derartigen Intervention der ansonsten ja um Beistand zu bittenden Inspirationsgottheit hatte offenbar auch der gestrenge Erziehungsberechtigte nichts mehr entgegenzusetzen. Nach dem Tod von Vergil, Tibull, Horaz und später Properz steigt Ovid als jüngster Augusteer auch zum absoluten Star und Primus auf. Durch ausgelassenes, innovatives und vielfach respektloses Spiel mit Traditionen, Autoritäten und Ideologien, das sich etwa auch in poetischen Seitenhieben auf die Ehegesetzgebung des Kaisers und andere Nadelstiche gegen Vergöttlichungstendenzen staatlicher Machthaber niederschlug, geriet er beim Princeps in Misskredit. Im Jahr 8 n. Chr. bestrafte ihn dieser wegen eines Gedichtes (carmen mit Hauptbezug auf die »Liebeskunst«, die als »Schule des anrüchigen Ehebruchs« bezichtigt wurde) und einer den Herrscher persönlich verletzenden »Verfehlung« (error, nicht verlässlich zu konkretisieren) mit der Relegation. Das bedeutete seine Verbannung aus Rom nach Tomis an der Westküste des Schwarzen Meeres, allerdings ohne Vermögenseinzug und ohne Publikationsverbot. Aus den öffentlichen Bibliotheken Roms wurden Ovids Erfolgsbücher allerdings entfernt. Alle Gnadengesuche des Verbannten, durch apologetisches Dichten (besonders Tristia 2) und elegisch werbende, direkt ausgesprochene und über Mittelspersonen überstellte Appelle an die Principes Augustus und Tiberius blieben vergeblich. Am oder kurz nach dem Ende des Jahres 17 n. Chr. ist Ovid an seinem Verbannungsort gestorben.

Doch schon vor seinem physischen Tod, der ihm während der Leidensphase oft vor Augen steht, ist er sich dank seines immensen dichterischen Erfolges eines geistigen Überlebens im Sinne des Fortwirkens seiner als »unsterblich« empfundenen Werke gewiss. Durch sein Schicksal bedingt, begründete er die bis heute lebendige Tradition des exilierten Dichters. Seine Selbstkanonisierung bereits zu Lebzeiten, die indes weiter ausgreift und durch die Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte eindrucksvoll bestätigt wurde, bereitet der Dichter von langer Hand vor.8 So wie in Ovids Lebenswerk die Gattungen munter und lustvoll ineinandergreifen, so verbinden die Selbstinszenierungen des auctor/poeta sein Corpus zu einem bewusst modellierten Ganzen. Dies ermöglicht uns einen erstaunlich konsequenten und kohärenten Blick auf Kontinuitäten und Weiterentwicklungen in seinen Werken, obgleich deren absolute und relative Datierung gerade wegen der in ihnen angelegten metapoetischen Verzahnung schwankend ist und mangels äußerer Evidenzen auch bleiben muss.

Als Jugendwerk gelten die »Liebeselegien« (Amores), auch wenn Ovid die vorliegende, von fünf auf drei Bücher (libri) oder Schriftrollen (volumina) verdichtete »zweite Auflage« erst mit rund 40 Jahren veröffentlicht hat (etwa um 2 v. Chr.). Dieses Alter des realen Dichters passt gut zur autofiktiven erotischen Abenteuergeschichte in der Rolle des ständig und zumeist leidvoll verliebten Poeten (amator/poeta), die Ovid in einem Stück in Stücken vorführt. Dieses Ich blickt offensichtlich auf eine längere und überaus prägende Phase seines »Lebens« und Wirkens zurück. Das Werk bietet Szenen einer Beziehung zu einer dichterisch wie emotional angebeteten Frau mit dem schillernden Pseudonym »Corinna«, das freilich nur in erstaunlich wenigen Gedichten genannt ist, sodass mitunter auch andere »Flammen« beteiligt sind oder sein könnten. Die insgesamt 46 Einzelelegien sind gemäß jüngeren, nicht unwidersprochenen »Story-Thesen«9 mehr oder minder passgenau in die größere Linie einer literarischen wie amourösen Lebensabschnittsbiographie eingebettet. Die in elegischen Distichen (Doppelverse oder Kurzstrophen mit je einem Hexameter und Pentameter10) verfassten Einzelgedichte oder erotischen Miniaturen lassen sich zusammengenommen als Schlussreflexion und Überwindung der ebenso kurzlebigen wie einflussreichen Gattung der subjektiven römischen Liebeselegie lesen. Diese fußt auf griechischen Vorbildern aus Archaik und Hellenismus, wurde von Catull vorgeprägt und von Gallus, Tibull und Properz zur Blüte entfaltet. Intellektuell-ästhetisch-psychologische Umdeutung und Gegenspiegelung Ovids rückt die elegischen Grundbedingungen der kompromisslosen und allumfassenden Liebesergebenheit eines Ich-Sprechers an das selten erreichbare und mühselig haltbare Ziel seiner Begierden in stetig neues Licht. Aus Komödie und Posse abgeleitete Züge des verplanten verliebten Jünglings, dessen Glück durch oft aberwitzige Hindernisse verbaut und erst durch Sklavenintrigen turbulent zu ertrotzen ist, sorgen in den carmina laeta für das Amüsement der Leserschaft, auch und gerade wenn der Erzähler heftig von seinen Liebesqualen gepeinigt erscheint.

Die hier vorgelegte Auswahl erschließt mit dem kurzen Begleitepigramm gewissermaßen Ovids eigenen Klappentext zur zweiten Auflage seines Erstlings, sodann mit dem witzigen Eröffnungsgedicht die programmatische Einleitung zum Gesamtwerk. In dieser Inszenierung raubt der Liebesgott Amor persönlich dem in die Höhen der Eposdichtung strebenden Jungdichter einen Versfuß und »degradiert« ihn zum Herold der eigenen Affären oder Unartigkeiten (nequitia). Unterhaltungswert besitzt auch die rhetorisch brillante, mit Blick auf die hohe Politik durchaus provokative Gleichsetzung eines galanten Lebensentwurfes mit dem Soldatenleben (»Kriegsdienst leistet, wer liebt«). Bereits im Nachwort seines ersten veröffentlichten Buches postuliert Ovid in teilweise noch komisch wirkender Heldenpose Ewigkeit für seine Person und sein Werk unter dem Motto »AmoresAmores